1. Ausgangslage
Am 16.03.2013 ist
ein geändertes Landeswassergesetz NRW (LWG NRW) in Kraft getreten und durch die
konkretisierende Rechtsverordnung „Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasserleitungen“
– SüwVO Abw NRW 2013, die seit dem 09.11.2013 in Kraft getreten ist, ergänzt.
Diese Änderungen machen es erforderlich, auch die Entwässerungssatzung auf
kommunaler Ebene anzupassen.
Zudem hat der
Lippeverband zum Schutze der Verbandsanlagen eine Einleitungssatzung beschlossen,
die am 01.01.2014 in Kraft getreten ist. Aufgrund der Verbandsmitgliedschaft
muss die Abwassersatzung auch an die Einleitungssatzung des Lippeverbandes
angepasst werden.
Weitere Änderungen
wurden aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des OVG NRW in den Satzungsentwurf
eingepflegt.
Neben weiteren rein
redaktionellen Anpassungen wurden Begriffsdefinitionen korrigiert und
sprachlich präzisiert; der Wortlaut wurde unter dem Aspekt der Verständlichkeit
überarbeitet.
Aufgrund der
genannten umfangreichen Anpassungsnotwendigkeiten wird seitens der Verwaltung
vorgeschlagen, die Abwassersatzung in enger Anlehnung an die Mustersatzung des
Städte- und Gemeindebundes (Stand: 29.11.2013) neu zu fassen.
2. Gesetzliche
Grundlagen
Das Bundeswassergesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) und das in 2013 zuletzt geänderte Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen (LWG NRW) bilden zusammen mit der konkretisierenden Landesrechtsverordnung Selbstüberwachungsverordnung Abwasser (SüwVO Abw NRW 2013) den rechtlichen Rahmen für die Ausgestaltung kommunaler Entwässerungs- oder Abwasserbeseitigungssatzungen in Nordrhein-Westfalen. (Die grundlegenden Paragraphen von WHG und LWG NRW sind auszugsweise der Anlage 1 zu entnehmen, die SüwVO Abw NRW 2013 wird vollständig in Anlage 2 dargestellt.)
Ziel der Gesetzgebung ist es, den Boden und das Grundwasser vor Verunreinigungen aus undichten Abwasserleitungen zu schützen und das Eindringen von Grundwasser in Entwässerungsanlagen zu verhindern. Zusätzlich zur Betriebssicherheit tragen die gesetzlichen Anforderungen zum Werterhalt von Grundstücksentwässerungsanlagen und sonstigem Haus- und Grundstückseigentum und zum Schutz vor Schädigungen Dritter und entsprechender Haftungsansprüche bei.
3 Bundesgesetzebene
Nach § 60 WHG sind
Abwasseranlagen so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten, dass die
Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Auch private
Abwasseranlagen dürfen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik
errichtet, betrieben und unterhalten werden.
Zudem verpflichtet das WHG in § 61 (Selbstüberwachung bei Abwassereinleitungen
und Abwasseranlagen), diejenigen, die eine Abwasseranlage betreiben (hierzu
zählen auch private Anlagen) dazu, den Zustand, die Funktionsfähigkeit, die
Unterhaltung und den Betrieb ihrer Anlage selbst zu überwachen und hierüber
nach Maßgabe der entsprechenden Landesrechtsverordnung Aufzeichnungen
anzufertigen, aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Behörde
vorzulegen.
Hinweis: Nach § 324 Strafgesetzbuch StGB wird, wer unbefugt ein Gewässer (hierzu
zählt auch das Grundwasser) verunreinigt oder sonst dessen Eigenschaften
nachteilig verändert, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft.
4. Landesgesetzgebung
4.1 Landeswassergesetz NRW
§ 61 Abs. 1 LWG NRW (Selbstüberwachung von Abwasseranlagen) greift die o. g. Bundesvorschriften nach dem WHG auf: Abwasseranlagen sind nach Maßgabe der §§ 60 Absatz 1 und 2, 61 Absatz 2 WHG zu betreiben.
Bei der Änderung des Landeswassergesetzes in 2013 wurde insbesondere der § 61 a LWG NRW a. F (Dichtheitsprüfungen an privaten Abwasserleitungen) gestrichen und in § 61 Abs. 2 LWG NRW eine Ermächtigung für eine Rechtverordnung geschaffen, welche die Einzelheiten zur Zustands- und Funktionsprüfung bei öffentlichen, gewerblichen und privaten Abwasserleitungen regelt. Diese Rechtsverordnung (Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasserleitungen – SüwVO Abw NRW 2013) wurde am 17.10.2013 vom Landtag NRW endgültig beschlossen. Sie ist am 09.11.2013 in Kraft getreten.
Neben der Änderung des § 61 und dem Wegfall des ehemaligen § 61 a, der insbesondere feste Fristen für die Dichtheitsprüfung auch von privaten Abwasserleitungen forderte, wurde das Landeswassergesetz um den § 53 (1e) erweitert, der den Kommunen die Möglichkeit einräumt, zur Erfüllung ihrer Abwasserbeseitigungspflicht durch Satzung
- Fristen für die Prüfung von Haus- und/oder
Grundstücksanschlüssen festzulegen,
- wenn die SüwVO Abw NRW 2013 keine Fristen für die erstmalige Prüfung vorsieht oder
- wenn Sanierungsmaßnahmen an öffentlichen Abwasseranlagen zu planen oder durchzuführen sind oder
- wenn die Gemeinde für abgegrenzte Teile ihres Gebietes die Kanalisation im Rahmen der Selbstüberwachungsverpflichtung überprüft,
- festzulegen, dass ihr
eine Bescheinigung über das Ergebnis der Prüfung vorzulegen ist
- und die Errichtung und den Betrieb von Inspektionsöffnungen oder Einsteigeschächten mit Zugang für Personal auf privaten Grundstücken vorzuschreiben.
Der § 53 (1e) Nr. 3
erlaubt es auch, dass bereits vor dem Inkrafttreten des neuen Landeswassergesetzes
erlassene Satzungen zur Regelung von Fristen für Dichtheitsprüfungen fortbestehen
können. Zudem verpflichtet dieser Paragraph die Stadt, die
Grundstückseigentümer über ihre Pflichten nach § 60 und 61 des Wasserhaushaltsgesetzes
zu unterrichten und zu beraten.
In § 53
c Satz 2 Nr. 4 LWG NRW wurde zudem eine zusätzliche Finanzierungsoption für die
Gemeinden geschaffen, da die Stadt auch Grundstücksanschlüsse (bis zur privaten
Grundstücksgrenze) prüfen kann, die kein Bestandteil der öffentlichen Anlage
sind. Die Kosten der Stadt für diese Überprüfung können über die
Abwassergebühren umgelegt werden.
4.2 Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasseranlagen
- Selbstüberwachungsverordnung
Abwasser - SüwVO Abw NRW 2013
(Gesetzestext in Anlage 2)
Diese Landesrechtsverordnung konkretisiert und ergänzt das
Wasserhaushaltsgesetz und das Landeswassergesetz NRW. Sie gliedert sich in 3
Teile:
Geltungsbereich für Teil 1 (§§ 1 - 6) ist die
öffentliche Abwasserbeseitigung und die private Abwasserbeseitigung von befestigten
gewerblichen Flächen die größer als drei Hektar sind. Die Vorgaben und Fristen
für die Selbstüberwachung des öffentlichen Abwassernetzes und großer
gewerblicher Flächen/Betriebe wurden aus der alten Selbstüberwachungsverordnung
Kanal SüWV Kan (1995) übernommen und führt bei der kommunalen Satzung nicht zu
wesentlichen Änderungen.
Teil 2 (§§ 8 - 14) regelt die
Selbstüberwachung privater Abwasserleitungen, wobei dieser Teil in die
Einzelkapitel: Anforderungen an die Selbstüberwachung, Anforderungen an die
Sachkunde und Ordnungswidrigkeiten unterteilt wurde.
Teil 3 (§ 15) umfasst lediglich Inkraftreten und Außerkrafttreten.
Von besonderer Bedeutung ist Teil 2 der Verordnung, da er den Rahmen für die Ausgestaltung der vorgeschriebenen Zustands- und Funktionsprüfungen für private Abwasseranlagen innerhalb der kommunalen Satzungen am stärksten prägt. Zunächst wird in § 7 SüwVO Abw festgelegt, dass nur private Abwasserleitungen zu prüfen sind, die Schmutzwasser oder mit Schmutzwasser vermischtes Niederschlagswasser führen, wobei die Selbstüberwachungspflicht auch für schmutzwasserführende Leitungen zu Kleinkläranlagen und abflusslosen Gruben gilt.
§ 8 Abs. 1 der SüwVO Abw NRW 2013 verweist wieder auf die Anforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes §§ 60 und 61 und verpflichtet dazu, auch private Abwasserleitungen so zu errichten und zu betreiben, dass diese die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung einhalten, diese nur nach dem Stand der Technik errichtet betrieben und unterhalten werden und ihr der Zustand und die Funktionsfähigkeit überwacht werden.
Sowohl die bisherige Abwasserüberlassungspflicht wie auch die Selbstüberwachungsverpflichtung für private Abwasseranlagen bleiben somit weiterhin bestehen.
Geändert haben sich die Fristsetzungen zur Zustands- und Funktionsprüfung. War nach der alten Fassung des LWG NRW noch eine feste Frist zur Dichtheitsprüfung aller privaten Anlagen vorgesehen, so müssen nach § 8 Abs. 2 der Selbstüberwachungsverordnung Abwasser Eigentümer von Grundstücken mit im Erdreich oder unzugänglich verlegten Abwasserleitungen zum Sammeln oder Fortleiten von Schmutzwasser oder mit diesem vermischten Niederschlagswasser, diese nur noch nach deren Errichtung oder nach wesentlicher Änderung, dann aber unverzüglich und von Sachkundigen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik auf deren Zustand und Funktionsfähigkeit prüfen lassen. Nur für Wasserschutzgebiete gelten weitere zwingende Prüfungsfristen (§ 8 Abs. (3) SüWVO Abw).
Außerhalb von Wasserschutzgebieten orientieren sich die Prüfpflichten an dem Gefährdungspotential. Bestehende Abwasserleitungen, die zur Fortleitung industriellen oder gewerblichen Abwassers dienen, für das Anforderungen in einem Anhang der Abwasserordnung festgelegt sind, sind erstmals bis spätestens 31. Dezember 2020 auf Zustand und Funktionsfähigkeit prüfen zu lassen.
Für die Prüfung anderer Abwasserleitungen wird gemäß § 8 Abs. (4) keine landesweit geltende Frist zur Erstprüfung vorgegeben, den Gemeinden jedoch eine Satzungsermächtigung nach § 53 Abs. (1e) eingeräumt, selbst Fristen zusetzen (siehe Ausführungen unter 4.1 zu § 53 Abs. (1e)). Auch kann die Stadt per Satzung festlegen, dass ihr eine Bescheinigung über das Ergebnis der Zustands- und Funktionsprüfung vorzulegen ist (gemäß § 53 (1e) Satz 1 Nummer 2).
Gemäß § 9 SüwVO werden hohe Anforderungen an die Überwachung gestellt. Zustands- und Funktionsprüfung müssen danach den allgemein anerkannten Regeln der Technik folgen und das Ergebnis ist in einem vorgegebenen Bescheinigungsformular zu dokumentieren, dem zusätzlich weitere vorgeschriebene Anlagen zuzufügen sind. Sowohl optische Prüfungen (TV-Befahrung) wie auch Prüfungen mit Luft oder Wasser sind zulässig.
§ 10 SüwVO nimmt
Bezug auf § 60 Abs. 2 WHG, wonach für Abwasseranlagen, die nicht nach den
allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten
werden die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen innerhalb angemessener Fristen
durchzuführen sind. Große Schäden an Abwasserleitungen sind kurzfristig zu
sanieren, mittelgroße Schäden in einem Zeitraum von zehn Jahren und
Bagatellschäden nicht vor der Wiederholungsprüfung (nach 30 Jahren). Über
mögliche Abweichungen von den Sanierungsfristen kann die Stadt nach
pflichtgemäßem Ermessen im Einzelfall entscheiden.
Da Zustands- und
Funktionsprüfungen ausschließlich von anerkannten Sachkundigen durchgeführt
werden dürfen, werden die Anerkennung von Sachkundigen und Anforderungen an die
Sachkundigen in §§ 12 und 13 SüwVO Abw NRW 2013 genau festgelegt.
5. Satzung des Lippeverbandes zur Benutzung verbandlicher Abwasseranlagen (Einleitungssatzung)
Die Satzung
des Lippeverbandes zur Benutzung verbandlicher Abwasseranlagen (Einleitungssatzung)
ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Die Satzung gibt sehr genau vor, was
und in welcher Menge und Qualität Abwasser seitens der Verbandsmitglieder
eingeleitet werden darf. Auf diese Vorgaben sind durch ortssatzungsrechtliche
Bestimmungen seitens der Kommune als Verbandsmitglied auch alle zu
verpflichten, die in die kommunale Abwasseranlage einleiten.
6. Entwurf Abwassersatzung für die Stadt Kamen
Neben den angeführten rechtlichen Grundlagen wird der beigefügte Verwaltungsentwurf für eine neue Abwassersatzung (siehe Anlage 4) von folgenden Leitlinien geprägt:
- Gewährleistung einer
ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung auf kommunalem Gebiet: Damit alle
Grundstücksentwässerungsanlagen dauerhaft funktionieren und von ihnen
keine Gefährdungen für die Umwelt ausgehen, müssen sie fachgerecht
geplant, ausgeführt und regelmäßig überprüft werden.
- Die Eigentümer/Betreiber von Abwasseranlagen sollen hierdurch nur soviel wie notwendig finanziell belastet werden und vor unseriösen Anbietern von Kanaluntersuchungen und –sanierungen geschützt werden.
Der Entwurf orientiert sich sehr eng an der Musterabwassersatzung des Städte- und Gemeindebundes vom 29.11.2013.
Die Verwaltung empfiehlt, von den neuen Satzungsermächtigungen gemäß § 53 (1e) in Bezug auf Festlegung eigener Fristen, der Vorlage von Prüfbescheinigungen und der Finanzierung von Untersuchungen von privaten Grundstücksanschlussleitungen über Schmutzwassergebühren Gebrauch, zu machen.
Der Satzungsentwurf sieht somit vor, das seitens der Stadt im Rahmen der vorgeschriebenen Untersuchungen der öffentlichen Abwasseranlagen nach SüwVO Abw NRW 2013 auch Grundstücksanschlussleitungen mit überprüft werden können und wenn der Zustand dieser untersuchten Anlagen es notwendig macht, auch die anliegenden Eigentümer zu unterrichten und zu beraten und sie aufzufordern, eine Zustands- und Funktionsprüfung ihrer häuslichen Abwasseranlagen durchführen zu lassen. Die Kosten für die Untersuchung der Grundstückshausanschlüsse fließen in die Schmutzwassergebühr ein, Kosten für die Untersuchung der Hausanschlussleitungen trägt der Eigentümer.
Die gleiche Verfahrensweise wird vorgesehen, wenn die Stadt konkrete Kanalbau- oder Sanierungsmaßnahmen durchführt. In der Vergangenheit hat sich die direkte Unterrichtung und Beratung und Abstimmung mit den Grundstückseigentümern im Vorfeld öffentlicher Baumaßnahmen sehr bewährt. Für die Anlieger konnten durch Beratung und Koordination der Stadtentwässerung oftmals günstigere Konditionen für fachkompetente Kanaluntersuchung und notwendige Sanierung erreicht werden.
Da die Selbstüberwachungspflicht für Abwasseranlagen sich auch auf Anschlussleitungen für Kleinkläranlagen und abflusslose Gruben bezieht, wird auch hierfür ein Satzungsentwurf vorgelegt (Anlage 3).
Der § 53 (1e) Nr. 3 LWG NRW erlaubt es, dass bereits vor dem Inkrafttreten des neuen Landeswassergesetzes erlassene Satzungen zur Regelung von Fristen für Dichtheitsprüfungen fortbestehen können. Somit besteht keine Notwendigkeit, die kommunale Entwässerungssatzung sofort an die Änderungen des Landeswassergesetzes anzupassen (Frist für Dichtheitsprüfungen in geltender Entwässerungssatzung der Stadt Kamen: spätestens 31.12.2023). Um eine ausreichende Beteiligung der politischen Gremien sicherzustellen, wird diese Mitteilungsvorlage zunächst zur Beratung an die Fraktionen weitergeleitet.
Die wesentlichen Änderungen zur geltenden
Entwässerungssatzung werden in der Synopse in Anlage 4 dargestellt.
Anlagen:
- Auszüge Bundeswassergesetz / Wasserhaushaltsgesetz WHG und
Landeswassergesetz Nordrhein-Westfalen LWG NRW
- Verordnung zur Selbstüberwachung von Abwasserleitungen – SüwVO Abw
NRW 2013
- Entwurf: Fünfte Satzung zur Änderung der Satzung über die Entsorgung
(des Inhaltes) von Grundstücksentwässerungsanlagen
- Synopse zum Entwurf der neuen Abwassersatzung und der geltenden
Entwässerungssatzung der Stadt Kamen
- (Hinweis: Aufgrund der Größe stehen die Anlagen 3 (Entwurf Satzung
für Kleinkläranlagen) und 4 (Synopse)
nur als Anlage im Ratsinformationssystem voraussichtlich ab
Sitzungstermin des Betriebsausschusses am 30.06.2014 zur Verfügung und
wird nicht in gedruckter Form vorgelegt.)