Betreff
Gebundener Ganztag a) Städt. Hauptschule Kamen b) Käthe-Kollwitz-Schule - Förderschule im Verbund
Vorlage
075/2006
Art
Mitteilungsvorlage

Ausgangslage

 

Zwischen der Stadt Kamen als Schulträger und den Schulleitungen der Städt. Hauptschule Kamen sowie der Käthe-Kollwitz-Schule als Förderschule im Verbund wurden bereits wiederholt Gespräche über die Einrichtung des erweiterten Ganztagsbetriebes geführt. Über die aktuelle Erlasslage und mögliche Auswirkungen auf die Haupt- und Förderschule wurde der Schul- und Sportausschuss in seiner Sitzung am 23.03.2006 ausführlich informiert. Die aktuelle Situations­beschreibung erfolgt vor dem Hintergrund der zeitlich befristeten Fördermöglichkeiten.

 

 

Rechtsgrundlagen

 

Der Erlass über “Ganztagsschulen in der Primarstufe und in der Sekundarstufe I” vom 23.10.2003 wurde durch Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NRW vom 25.01.2006 insbesondere im Hinblick auf neue erweiterte Ganztagshaupt- und Ganz­tagsförderschulen geändert.

 

 

Zielgruppe

 

Bewerben können sich alle Hauptschulen des Landes. Voraussetzung ist eine nach schulfach­licher Einschätzung voraussichtlich dauerhaft gesicherte Schulgröße mit mindestens 2 Parallel­klassen in den Jahrgangsstufen 7 – 10. Vorrangig berücksichtigt werden Hauptschulen, die ihren Bildungsauftrag unter besonders schwierigen Bedingungen erfüllen. Indikatoren hierfür sind insbesondere ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migra­tionshintergrund, besonders schwierige sozialräumliche Gegebenheiten am Schulstandort oder ein hoher Anteil von Schülerinnen und Schülern mit besonders ausgeprägtem individuellen Förderbedarf, der sich z.B. in hohen Quoten von Klassenwiederholungen, Abgängern ohne Schulabschluss oder der Zahl der Hilfen zur Erziehung niederschlägt.

 

Bewerben können sich auch grundsätzlich alle Förderschulen. Unter den Förderschulen sollen jedoch in diesem Pilotprojekt vor allen anderen die Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen sowie emotionale und soziale Entwicklung berücksichtigt werden, ebenso die ent­sprechenden Verbünde.

 

 

Finanzierung

 

-        Personalkosten
Im Rahmen der Qualitätsoffensive Hauptschule stellt das Land gem. RdErl. vom 25.01.2006 seit 2006 nach Maßgabe des Haushalts aufbauend bis zum Jahr 2012 Mittel für die Einrichtung erweiterter, gebundener Ganztagsangebote an Hauptschulen und gem. der besonderen Regelungen im Rahmen der Beteiligung von Förderschulen am Ausbau erweiterter Ganztagsangebote lt. RdErl. vom 20.04.2006 auch für landesweit ca. 20 Förderschulen bereit. Die Mittel des Ganztagszuschlags sind für die Bereiche Lehrkräfte und für die personellen Kosten von pädagogischen Angeboten vorgesehen. Die Finan­zierung der sächlichen Ausstattung ist ausgeschlossen.


-        Investive Kosten des Schulträgers
Zu den erforderlichen investiven Maßnahmen für die Durchführung des Ganztagsbetriebs erhält der Schulträger nach Maßgabe verfügbarer Haushaltsmittel auf Antrag Zuwen­dungen im Rahmen des Investitionsprogramms des Bundes ”Zukunft Bildung und Betreu­ung” (IZZB). Diese Mittel wurden bisher für Maßnahmen im Rahmen der offenen Ganz­tagsgrundschule bereitgestellt. Seit dem Jahr 2006 werden Zuwendungen auch für den erweiterten Ganztagsbetrieb an Haupt- und Förderschulen gewährt.


-        Höhe der Förderung
Die Bezuschussung erfolgt als Festbetrag zu den tatsächlichen Ausgaben – wie bisher auch für die offenen Ganztagsschulen – in den Bereichen Baumaßnahmen, Ersteinrich­tung und Renovierung sowie Außenanlagen. Die Berechnung erfolgt nach den jeweiligen Schülerzahlen.

Hauptschulen
*   bis 200 Schüler             für jeweils 20 Schüler                                  115.000,00 €
*   über 200 Schüler          für jeweils weitere 20 Schüler                       62.500,00 €

Förderschulen
*   bis 200 Schüler             für jeweils 12 Schüler                                  115.000,00 €
*   über 200 Schüler          für jeweils 12 Schüler                                    62.500,00 €

Der Festbetrag darf 90 % der tatsächlichen Gesamtkosten nicht überschreiten. Der Schul­träger hat einen Eigenanteil von 10 % der Gesamtkosten zu erbringen. Fördermittel, die bereits für Investitionen einer “offenen Ganztagsschule im Primarbereich” gewährt wurden, werden angerechnet.


-        Zeitschiene
Gefördert werden Maßnahmen in und an Haupt- und Förderschulen, die im Zeitraum zwischen dem 01.02.2006 und dem 01.08.2008 den erweiterten Ganztagsbetrieb auf­nehmen. Die Investitionen sind bis zum 31.08.2008 durchzuführen. Antragsfrist ist der 31.01. bzw. 30.04. eines Jahres. Die letztmalige Antragsfrist ist somit der 30.04.2008. Im Hinblick auf die Durchführung umfangreicher Baumaßnahmen mit dem Fertigstellungs­termin 31.08.2008 müsste eine Zuschussbeantragung spätestens zum 30.04.2007 erfolgen.

 

 

Positionierung des Schulträgers

 

Die vorstehenden Ausführungen – insbesondere im Hinblick auf die Zeitschiene bezüglich der Landesförderung -  verdeutlichen, dass zumindest mittelfristig über die Einrichtung des Ganz­tagsbetriebes an der Städt. Hauptschule und/oder der Käthe-Kollwitz-Schule als Förderschule im Verbund zu entscheiden ist.

Die Verwaltung hat den gebundenen Ganztag daher bereits in der Sitzung des Schul- und Sportausschusses am 23.03.2006 thematisiert und die Positionen der genannten Schulen eingetragen.

 

Das Schulministerium hat dem Städte- und Gemeindebund NRW mitgeteilt, dass im Jahr 2006 keine weiteren Ganztagshauptschulen mehr gefördert werden. Insgesamt seien bereits 39.000 von 50.000 Plätzen entstanden (davon 7.000 Plätze im Bereich der Förderschulen). Dies habe zur Folge, dass landesweit noch ca. 35 Hauptschulen in den Ganztagsbereich überführt werden können.

 

 

a)      Einrichtung des gebundenen Ganztages an der Städt. Hauptschule

 

Die Schulleitung der Städt. Hauptschule hat in erneuten Gesprächen ihre Überlegungen, die für eine Umwandlung in eine Ganztagsschule, aber auch diejenigen, die gegen die Einrichtung des Ganztags sprechen, verdeutlicht. Für die Einrichtung sprechen einerseits wichtige pädagogische Gründe, die einen Ganztagsbetrieb sinnvoll und notwendig erscheinen lassen. Zu bedenken sei andererseits aber der Elternwille, der noch nicht eruiert sei. Die Schule hat den Eindruck, dass viele Eltern die Städt. Hauptschule wählen, gerade weil sie keine Ganztagsschule ist. Dies zeigt sich auch an dem geringen Bedarf in der Übermittagsbetreuung 13+. Die Zahl der teilneh­menden Schülerinnen und Schüler liegt seit Jahren bei ca. 12 und ist angesichts der wach­senden Schülerzahlen somit eher rückläufig. Finanzielle Gründe sind hier nicht ausschlag­gebend, da sich die Betreuungsmaßnahme über den Landeszuschuss finanziert.

 

Ein weiterer Ablehnungsaspekt ist der Aufbau eines Netzwerkes von außerschulischen Partnern, die im außerunterrichtlichen Bereich Angebote machen, die persönlichkeitsbildend wirken. Hierzu gehört auch die im Schuljahr 2005/06 begonnene Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Stadt Kamen. Diese Zusammenarbeit ermöglicht eine flexible Betreuung, die auch in den Nachmittagsbereich hinein organisiert werden kann. An dieser Stelle sieht die Schule noch viele Möglichkeiten der Ausweitung, die auch notwendige lern- und entwicklungs­anregende Angebote sowie eine Förderung der Sprachkenntnisse umfassen kann.

Die Städt. Hauptschule Kamen wünscht sich zunächst die Fortsetzung ihres erarbeiteten Schulprogramms. Die Umstellung auf einen Ganztagsbetrieb bedeutet die Erarbeitung eines völlig neuen Konzeptes, das derzeit nicht erwünscht ist. Die Schule sieht zudem auch den erheblichen Kostenfaktor. Die Umstellung auf einen Ganztagsbetrieb verlangt – und dies nach Fertigstellung des Um- und Neubaues von mehr als 5 Mio. € – weitere bauliche Maßnahmen. Benötigt werden u.a. eine Mensa mit einer Versorgungsküche, pädagogische Fachräume, die Erweiterung des Verwaltungstraktes aufgrund der steigenden Zahl der Lehrkräfte.

 

Die Verwaltung schließt sich den Argumenten der Schule an, ohne eine Bewertung der päda­gogischen Erfordernisse vornehmen zu wollen. Die Schulaufsicht des Kreises Unna wurde beteiligt.

 

Durch die Einrichtung des gebundenen Ganztags entsteht zusätzlicher Raumbedarf für den Ganztagsbereich, z.B. Mensa mit Einrichtung einer Versorgungsküche, Spielraum, Musikraum, Aufenthaltsraum, Ausweitung des Verwaltungstrakts etc. Die Umbaukosten belaufen sich auf weit mehr als 1 Mio. €. Von den förderfähigen Kosten muss die Stadt Kamen mind. 10 % Eigenanteil tragen. 

 

Die für einen Ganztagsbetrieb erforderliche räumliche Situation ist in Relation zu den Schüler­zahlen zu betrachten. Die Städt. Hauptschule Kamen wurde als 3-zügige Schule errichtet. Die Schülerstatistik weist im 5. und 6. Jahrgang eine 2-Zügigkeit, im 7. und 8. Jahrgang eine 3-Zügigkeit und im 9. und 10. Jahrgang eine 5-Zügigkeit aus. Die Entwicklung in den letzten 4 Jahren lässt eine Wiederholung dieser 5-Zügigkeit nicht erwarten. Vielmehr sind die Schüler­zahlen im 5. Jahrgang im Vergleich zum Schulgutachten, das im Jahr 2005 eine Schülerzahl von 60 (43) und im Jahr 2006 von 66 (34) angibt, eher als rückläufig einzuschätzen. Hinzu kommt die Verbesserung der individuellen Förderung in allen Schulformen. Die Schule muss den Bedürfnissen von Schülerinnen und Schülern mit Entwicklungsverzögerungen ebenso gerecht werden wie den besonders begabten. Sie hat den Unterricht so zu gestalten und die Schüle­rinnen und Schüler so zu fördern, dass die Versetzung der Regelfall ist. Sie hat hierfür stärker als bisher Förderkonzepte und Förderangebote zu entwickeln. Inwieweit es durch diesen Anspruch auf Förderung in der jeweiligen Schulform zu Veränderungen in der Zahl der Über­gänger kommen wird, ist derzeit nicht vorhersehbar.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Schule zunächst nicht den Wunsch und Bedarf für eine Einrichtung des Ganztagsbetriebs vorträgt. Vor diesem Hintergrund und im Hin­blick auf die ungewisse Einschätzung des künftigen Raumbedarfs sind zusätzliche Investitionen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu verantworten.

 

 

b)      Einrichtung des gebundenen Ganztags an der Käthe-Kollwitz-Schule – Förderschule im Verbund

 

Die Schulkonferenz der Käthe-Kollwitz-Schule hat bereits vor einigen Jahren die Einrichtung eines Ganztagsbetriebs beantragt. Im Rahmen der Gespräche zur Erweiterung der Käthe-Kollwitz-Schule zu einer Förderschule im Verbund ab 01.02.2006 wurde seitens der Schulleitung erklärt, dass sich mit der Erweiterung in eine Verbundschule der Antrag auf Einführung eines Ganztagsbetriebes für die Käthe-Kollwitz-Schule erledigt habe. In weiteren Gesprächen wurde aber der unveränderte Wunsch der Schule auf Einrichtung des gebundenen Ganztags in der Sekundarstufe I deutlich. Der offene Ganztag wird als Übergang angesehen.

 

Die Verwaltung hat bereits in der Sitzung des Schul- und Sportausschusses am 23.03.2006 dargelegt, dass die Einführung des gebundenen Ganztags aktuell für nicht erforderlich erachtet werde und die Entwicklung bis zum Jahr 2009 abgewartet werden sollte. Die Zusammenarbeit zwischen der Jugendhilfe und der Schule wird von der Schule als qualifiziert und beispielhaft bezeichnet. Die offene Ganztagsschule im Primarbereich (bis einschl. 6. Jahrgang) sowie die Betreuung im Rahmen von 13+ für die Schülerinnen und Schüler ab 7. Jahrgang wird gut angenommen. Der Förderverein für Jugendhilfe als Träger der Maßnahme stellt eine qualifizierte Betreuung in den Nachmittagsstunden sicher.

 

Ein wesentlicher Aspekt für die Entscheidung über die Einrichtung des gebundenen Ganztags ist die Entwicklung der Schülerzahlen. In den Abstimmungsgesprächen über die Erweiterung zur Verbundschule bestand Übereinstimmung in der Annahme, dass durch die Einrichtung der Verbundschule kein nennenswerter Schülerzuwachs zu erwarten ist, da die Schülerzahl im Förderbereich Lernen rückläufig sein wird. Im Vergleich zum Vorjahr ist ein leichter Rückgang der Schülerzahl von 222 auf 210 zu verzeichnen. Mit Blick auf die demographische Entwicklung und die Veränderungen in der Schulgesetzgebung ist ein weiterer Rückgang der Schülerzahl auf ca. 180 nicht auszuschließen.

 

Im Rahmen der Genehmigung der Förderschule im Verbund hat es angesichts der als ”aus­kömmlich” bezeichneten räumlichen Situation eine Ortsbesichtigung unter Beteiligung der Bezirksregierung, der Unteren Schulaufsicht, der Schulleitung sowie des Schulträgers gegeben. Der Beschluss des Rates auf Erweiterung wurde genehmigt, allerdings sind der Bezirks­regierung über 3 Schuljahre hinweg die aktuellen Schülerzahlen mitzuteilen.

 

Im Gegensatz zur Städt. Hauptschule mit ihrem neuen Schulgebäude erfordert das Gebäude der Käthe-Kollwitz-Schule einen hohen Sanierungsaufwand. Hier stellt sich die Frage nach einer möglichen Verbindung zwischen Sanierung und Erweiterung unter Fördergesichtspunkten. Unabhängig von einer Erweiterung in einen Ganztagsbetrieb ist festzustellen, dass die Sanie­rungskosten für das bestehende Gebäude in unveränderter Höhe von ca. 800.000,00 € anfallen. In welcher Höhe Neubaukosten für die Erweiterung in den Ganztagsbetrieb anfallen, ist abhängig von dem in Relation zur Schülerzahl geforderten Raumkonzept. Wie bei der Städt. Hauptschule ist von einem Kostenumfang von mehr als 1 Mio. € auszugehen. Der Eigenanteil für den Schulträger beträgt auch hier mind. 10 %.

 

Eine verantwortbare Finanzplanung muss die demographische Entwicklung und die hierdurch veränderten Bedarfe berücksichtigen. Unter diesem Gesichtspunkt ist abzuwarten, inwieweit in späteren Jahren, nach Weiterentwicklung des offenen Ganztages und vor dem Hintergrund der Erfahrung zur Entwicklung der Käthe-Kollwitz-Schule zum Förderzentrum, für einen danach erneut zu diskutierenden gebundenen Ganztag über die aktuell genutzten Räume hinaus Investitionen erforderlich sind.

 

Die Verwaltung empfiehlt in Kenntnis der bisherigen Gespräche unter Beteiligung der Schulaufsicht, an der vereinbarten Linie  è  OGS  è  Förderzentrum  è  spätere Prüfung gebundener Ganztag, festzuhalten. Allein aus finanziellen Erwägungen wegen ggf. verfügbarer Bundesmittel eine andere Entscheidung zu treffen, ist nach Einschätzung der Verwaltung nicht verantwortbar.