hier: Rechtskraft Regionalplan Ruhr
Verfahren:
Am 21.Oktober 2009
wurde dem Regionalverband Ruhr (RVR) per Gesetz die Regionalplanung
übertragen.
Nach der Übernahme
der Regionalplanung für die Metropole Ruhr beauftragte die Verbandsversammlung
in ihrer Sitzung am 04.April.2011 die Regionalplanungsbehörde, einen
einheitlichen, flächendeckenden Regionalplan, den „Regionalplan Ruhr“ (RP
Ruhr), aufzustellen. Der Regionalplan sollte nicht nur in einem rein formalen
Verfahren erarbeitet werden, sondern in einem diskursiven, auf Transparenz und
Kommunikation angelegten Prozess – dem „Regionalen Diskurs“, der in den
Folgejahren im Rahmen verschiedener Veranstaltungen und verschiedenen
Diskussions- und Beteiligungsprozessen durchgeführt wurde.
Am 06.Juli 2018
wurde durch die Verbandsversammlung der Erarbeitungsbeschluss das formelle
Verfahren zur Aufstellung des RP Ruhr eingeleitet. Die Verbandsversammlung beauftragte
die Regionalplanungsbehörde, den RP Ruhr zu erarbeiten und die Öffentlichkeit
sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen zu beteiligen. Der
Planentwurf, seine Begründung, der Umweltbericht und weitere Unterlagen wurden
im Rahmen einer ersten Beteiligung für die Dauer von sechs Monaten vom
27.August 2018 bis einschließlich zum 27.Februar 2019 öffentlich ausgelegt.
Während der
Aufstellung zum RP Ruhr wurde die Thematik der „Regionalen Kooperationsstandorte“
in einen Sachlichen Teilplan ausgelagert. Damit sollten für die wirtschaftliche
Entwicklung der Region wichtige, große und zusammenhängende Gewerbeflächen umgehend
planerisch gesichert werden, die sich für die Ansiedlung von großflächigen
Betrieben eignen. Mit Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das
Land NRW erlangte der Sachliche Teilplan am 14.Dezember 2021 Rechtskraft. Im
Gemeindegebiet der Stadt Kamen wurde eine 68 ha große Fläche als
„Kooperationsstandort Unna/Kamen“ festgesetzt. Gemeinsam mit den Flächen der
Stadt Unna ist dieser 118 ha groß.
Nach der
Auswertungsphase der Stellungnahmen aus der ersten Beteiligung zum RP Ruhr, der
Erarbeitung des Sachlichen Teilplans und umfangreichen Änderungen an den
Planentwurfsunterlagen wurde eine zweite Beteiligung zum RP Ruhr vom 24.Januar
2022 bis zum 29.April 2022 durchgeführt.
Nach Anpassungen
der Regionalplanungsbehörde an den Festlegungen, Erläuterungen und
Erläuterungskarten, der Begründung und dem Umweltbericht wurde eine dritte
Beteiligungsphase vom 06.Februar 2023 bis zum 31.März 2023 durch Beschluss der
Verbandsversammlung veranlasst.
Mit Beschluss vom
16.Juni 2023 verzichtete die Verbandsversammlung auf die Durchführung einer
Erörterung der Stellungnahmen aus dem Kreis der öffentlichen Stellen und der
sog. Personen des Privatrechts i.S.d. § 4 ROG. Sie erkannte an, dass sich die
Stellungnahmen aus den drei Beteiligungsrunden entweder überholt hatten oder
dass sie keinen Anlass zur Erörterung boten, und nutzte die gesetzlichen
Möglichkeiten zur Beschleunigung von Regionalplanaufstellungsverfahren.
Am 10.November 2023
hat die Verbandsversammlung den neuen einheitlichen Regionalplan Ruhr
beschlossen (Feststellungsbeschluss). Im Anschluss reichte die
Regionalplanungsbehörde das Planwerk beim Ministerium für Wirtschaft,
Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW (MWIKE NRW) als übergeordnete
Landesplanungsbehörde zur Rechtsprüfung ein.
Mit
Bekanntmachungserlass vom 16.Februar 2024 wurde bestätigt, dass im Rahmen der
Rechtsprüfung keine Einwendungen erhoben werden. Mit der anschließenden
Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land NRW ist der
Regionalplan Ruhr am 28.Februar 2024 in Kraft getreten.
Mit Inkrafttreten
des Regionalplans Ruhr wurden die vier bislang im Verbandsgebiet geltenden
Regionalpläne der Bezirksregierungen Arnsberg, Münster und Düsseldorf
(Regionalplan Düsseldorf – GEP 99, Regionalplan Münster – Teilabschnitt
Emscher-Lippe, Regionalplan Arnsberg – Oberbereiche Bochum und Hagen,
Regionalplan Arnsberg – Teilabschnitt Oberbereich Dortmund westlicher Teil)
und der regionalplanerische Teil des Regionalen Flächennutzungsplans (RFNP)
der Planungsgemeinschaft Städteregion Ruhr abgelöst. Zudem wurden die Inhalte
des Sachlichen Teilplans „Regionale Kooperationsstandorte“ in das Gesamtplanwerk
des Regionalplans Ruhr integriert. Somit ging der als zeitlicher Übergangsplan
konzipierte Sachliche Teilplan in dem planerischen Gesamtkonzept des
Regionalplans Ruhr auf.
Mit Inkrafttreten
des RP Ruhr sind die Festlegungen des RP Ruhr gemäß §§ 4 und 5 Raumordnungsgesetz
(ROG) zu beachten bzw. zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die
kommunale Bauleitplanung, Landschafsplanung und weitere fachrechtliche
Verfahren.
Der RP Ruhr kann
unter folgendem Link eingesehen werden:
https://www.rvr.ruhr/themen/staatliche-regionalplanung/aufstellungsverfahren-des-regionalplans-ruhr/
Wesentliche Festsetzungen in Kamen:
Allgemeine
Siedlungsbereiche (ASB):
Im Sinne einer
nachhaltigen und flächensparenden Raumentwicklung ist die Siedlungsentwicklung
auf das abgestufte Siedlungssystem ausgerichtet und verhindert somit eine ausufernde
Ausbreitung der Siedlungsbereiche in den Freiraum. Neben den gekennzeichneten
ASB werden nunmehr auch die sogenannten Eigenentwicklungsortslagen (EWO) und
Splittersiedlungen dargestellt. Sie sind klar und nachvollziehbar definiert
und schreiben eine Eigenentwicklung bzw. keine Entwicklung (bei
Splittersiedlungen) vor.
In Kamen sind die
Ortslagen Wasserkurl (südl. der Körne), Westick (östl. des Heidkamps/südl. der
Westicker Straße) und der Bereich Heidestraße als EWOs ausgewiesen.
Splittersiedlungen ohne weitere Entwicklungsmöglichkeiten befinden sich zum
Beispiel in den Bereichen Lanstroper Straße, Kupferberg, Friedhofstraße (nördl.
BAB 1), Hammerstraße (nördl. BAB1) und östlich der Werver Mark südlich der
Mühlenstraße.
Im Gegensatz zu
anderen Regionalplänen in NRW geht der Regionalplan Ruhr bei der Ausweisung
von Siedlungsbereichen äußerst konservativ und flächensparsam vor. Er
verzichtet auf großzügige Flexibilisierungsquoten, nutzt regionaltypische
Dichtewerte und gibt kommunenscharfe Flächenkontingente vor. Für die Stadt
Kamen wurde eine Überdeckung der planungsrechtlich ausgewiesenen Flächen von
23,6 ha festgestellt. Gemäß Ziel 6.1-1 des Landesentwicklungsplans sind in
Regional- oder Flächennutzungsplänen für Siedlungszwecke vorgehaltene
Flächen, für die
kein Bedarf mehr besteht, wieder dem Freiraum zuzuführen, so-
fern sie noch nicht
in verbindliche Bauleitpläne umgesetzt sind.
Für die Stadt Kamen
bedeutet das, dass lediglich noch die sich im ASB befindlichen Wohnbauflächen
zukünftig entwickelt werden können. Flächen, die sich außerhalb der ASB befinden,
bleiben Freiraum. Im Falle einer zukünftigen Neuaufstellung des
Flächennutzungsplans werden die Flächen außerhalb der ASB zurückgenommen.
Bereiche für
gewerbliche und industrielle Nutzung
Die Sicherung von
Bauflächen und Baugebieten über 0,2 ha, die sich zur
Entwicklung
gewerblicher bzw. industrieller Flächennutzungen eignen, erfolgte bedarfsgerecht.
Für die Ermittlung
der gewerblich-industriellen Flächenbedarfe gibt es zur Berücksichtigung der
Staffelung in lokal-, regional- und landesbedeutsame Flächen je nach
Flächenkategorie
unterschiedliche
Modelle der Bedarfsberechnung.
Es handelt sich um:
•
Lokale
Gewerbeflächen
(Bedarfsermittlung über die Siedlungsflächenbedarfsberechnung Ruhr)
•
Regionale
Kooperationsstandorte
(Bedarfsermittlung über die Siedlungsflächenbedarfsberechnung Ruhr)
•
Landesbedeutsame
Häfen
(Bedarfsermittlung durch das Land im Rahmen
des Wasserstraßen-, Hafen- und
Logistikkonzepts des Landes Nordrhein-Westfalen in jeweils aktueller
Fassung)
•
Standorte
für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben
(Bedarfsermittlung durch das Land; siehe auch Ziel 6.4-1 LEP NRW)
Betriebsgebundene Erweiterungen ortsansässiger Betriebe (bzw.
betriebsgebundene Reserven) und Flächen unterhalb von 0,2 ha können generell
außerhalb der Bedarfsbetrachtung entwickelt werden, es ist demzufolge kein
Bedarf nachzuweisen.
In der Stadt Kamen
wurden zwei Flächenkategorien festgesetzt:
•
Lokale
Gewerbeflächen
(Gewerbegebiete: Technopark, Hemsack, Kamen Karree (nördl.
Teilabschnitt), Mühlbach und Südfeld)
•
Regionaler
Kooperationsstandort
(Unna-Kamen – südlich BAB 1, östlich Unnaer Straße südlich und nördlich
Schattweg bis Klöcknerbahnweg)
Im hoch
verdichteten Raum der Metropole Ruhr sind große zusammenhängende Gewerbeflächen,
die sich für die Ansiedlung von flächenintensiven Betrieben eignen, von
besonderer Bedeutung. Mit dem Instrument der Regionalen Kooperationsstandorte
sollen daher Flächen für die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben mit
einer Mindestgröße von 5 ha betrieblicher Netto-Grundstücksfläche
regionalplanerisch gesichert werden. Um dies zu gewährleisten, wird die
Ansiedlung kleinerer Betriebe im Umkehrschluss über den textlich festgelegten
Schwellenwert weitgehend begrenzt. In Kamen gibt es den Kooperationsstandort
Unna-Kamen mit einer Gesamtgröße von 118 ha. Auf Kamener Gemeindegebiet liegen
hiervon ca. 68 ha. Der Kooperationsstandort ist seit 2020 als sachlicher
Teilplan des Regionalplans rechtskräftig und fließt nunmehr in den Gesamtplan
ein.
Kamen hat im
Regionalplan Ruhr insgesamt eine Unterdeckung von 1,4 ha Gewerbeflächenbedarf.
Von Kommunen mit
Bedarfsunterdeckungen ist spätestens im Rahmen von Flächennutzungsplanneuaufstellungsverfahren
die planerische Umsetzung des „virtuellen Bedarfes“ zu prüfen. Auch bei der
Erstellung von Gewerbeflächenkonzepten haben sich die Kommunen mit der
planerischen Verortung der „virtuellen Bedarfe“ auseinanderzusetzen. Zudem ist
bei Aufgabe siedlungsräumlicher Nutzungen, etwa von Gemeinbedarfsflächen,
regelmäßig zu überprüfen, ob sich diese Flächen zur Reduzierung der
Bedarfsunterdeckung eignen.
Freiraum- und
Biotopverbundsystem
Die regionalen
Freiraumbereiche und ihre vielfältigen Funktionen werden durch den Regionalplan
Ruhr langfristig in ein Freiraumverbundsystem überführt. Dadurch wird ein
funktionsfähiger Biotopverbund, günstigere Klimaverhältnisse, nachhaltige
Waldbereiche und attraktive Erholungslandschaften geschaffen.
Kompensationsflächen für den Ausgleich von Eingriffen sollen im Biotopverbund
verortet werden und ihn somit weiter qualifizieren. Darüber hinaus werden mit
dem Regionalplan Ruhr unzerschnittene verkehrsarme Räume vor weiterer
Zerschneidung und Fragmentierung besser geschützt. Die Bereiche zum Schutz der
Natur (BSN) werden in den Aufbau des regionalen Freiraum- und
Biotopverbundsystem integriert. In den BSN sind Planungen und Maßnahmen, die
dem Schutz und der Entwicklung wertvoller Lebensräume und
Lebensraumgemeinschaften zuwiderlaufen, ausgeschlossen. Die Bereiche zum
Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung (BSLE) ermöglichen
schutzwürdige und entwicklungsfähige Landschaftsteile im Einklang mit dem
Landschaftsbild, dem Biotopverbund und der Erholung.
Das Gemeindegebiet
der Stadt Kamen ist Teil dieses gesamträumlichen Verbundsystems und weist
vielfältige Teilbereiche unterschiedlicher Freiraum-, Biotop- und Erholungsverbundsysteme
auf. In Kooperation mit dem RVR und dem Kreis Unna wird das vorhandene
Freiraumsystem geschützt und weiterentwickelt.
Ausblick:
Die Landesregierung
hat im Dezember 2023 die Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) zum Ausbau
Erneuerbarer Energien beschlossen. Die
Änderung des Landesentwicklungsplans ist nun dem Landtag zugeleitet. Im
Anschluss werden die Dokumente des Verfahrens veröffentlicht. Das
Landesplanungsgesetz sieht vor, dass der Landesentwicklungsplan mit Zustimmung
des Landtags als Rechtsverordnung beschlossen wird. Die Beratung im Landtag war
für Anfang 2024 vorgesehen. Nach in Kraft treten der Änderung des LEP werden
die Regionalplanungsbehörden beauftragt die Änderung in den Regionalplänen umzusetzen.
Zur Beschleunigung des Verfahrens wurde parallel bereits an der Änderung des Regionalplans
gearbeitet. Beteiligungsverfahren hierzu wurden durchgeführt. Es ist davon auszugehen,
dass eine zeitnahe Anpassung des Regionalplans Ruhr erfolgen wird.