Ausbau Freiflächenphotovoltaik in der Bundesrepublik Deutschland, im Land Nordrhein-Westfalen und in der Stadt Kamen
hier: Bericht der Verwaltung zum aktuellen Sachstand
Bund
Die
Bundesregierung strebt einen Zubau von rund 11 GW PV-Freiflächenanlagen pro
Jahr ab 2026 an. Damit soll neben dem weiteren Ausbau von Dachflächen-PV die
Hälfte des künftigen Zubaus auf Freiflächen erfolgen. Zur Erreichung der
Ausbauziele sind zentrale Maßnahmen zur Beschleunigung des Zubaus sowie zur
Erweiterung der Flächenkulisse notwendig. Ziel des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sind daher unter anderem Anpassungen bei den
benachteiligten Gebieten (landwirtschaftliche Flächen, die sich nur erschwert
bewirtschaften lassen), die weitere Stärkung von besonderen Solaranlagen wie
Schwimmende-PV-Anlagen oder Agri-PV-Anlagen, die deklaratorische Öffnung von
Industrie- und Gewerbegebieten sowie die Berücksichtigung von stillgelegten
landwirtschaftlichen Flächen. Gesamtwirtschaftlich wird es als notwendig
erachtet, dazu Solar-Fertigungskapazitäten in nationaler oder europäischer
Produktion zu schaffen.
Die
Bundesregierung hat bereits folgende Maßnahmen zum Ausbau der Freiflächen-PV
beschlossen:
-
Die
Förderhöhe wurde angepasst, die Degression entfällt und im EEG besteht durch
eine Verordnungsermächtigung eine Korrekturmöglichkeit, falls die Förderhöhen
nicht zum Kostenniveau passen. Im Bereich der Höchstwerte verfügt die Bundesnetz-agentur
(BNetzA) über eine Festlegungskompetenz, von der Gebrauch gemacht wurde.
-
Die
Seitenrandstreifen entlang von Autobahnen und Schienenwegen, auf denen
PV-Anlagen errichtet werden können und
für die Fördergebote zulässig sind, wurden im EEG von 200 auf 500 Meter
erweitert. Bei benachteiligten Gebieten ist jetzt sowohl die alte als auch die
neue dazu definierte Flächenkulisse zugelassen und es kommen neue Kategorien
wie Agri-PV, Parkplatz-PV, Floating-PV und entwässerte landwirtschaftliche
Flächen auf dauerhaft wiederzuvernässenden ehemaligen Moorböden (sog.
„Moor-PV“) hinzu.
Bestimmte
„Agri-PV“- sowie „Moor-PV“-Anlagen erhalten aufgrund ihrer höheren
Kostenstruktur einen Bonus in den Ausschreibungen, um wettbewerbsfähig zu sein.
-
Die
eingeschränkte Außenbereichsprivilegierung von Vorhaben zur Nutzung der solaren
Strahlungsenergie in § 35 Absatz 1 Nummer 8 BauGB wurde maßvoll
erweitert. Nunmehr sind PV-Freiflächenanlagen auf
Flächen längs von Autobahnen und mindestens zweigleisig ausgebauten
Schienenwegen des übergeordneten Netzes bis zu einer Entfernung von bis zu 200
Metern im Außenbereich privilegiert. PV-Anlagen mit einer Entfernung zwischen
200 und 500 m Entfernung finden zwar Berücksichtigung in den Förderbestimmungen
des EEG, hier bedarf es aber weiterhin einer zweistufigen Bauleitplanung gem.
Baugesetzbuch. Gegebenenfalls sind eine Änderung des Flächennutzungsplans sowie
die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich.
-
Zur
kurzfristigen Beschleunigung des Ausbaus von Solaranlagen wurde die maximale
Gebotsgröße für Ausschreibungen im Jahr 2023 von 20 auf 100 MW erhöht. Hiermit
ist auch eine entsprechende Erweiterung bestehender Anlagen möglich.
-
Die
Kommunen können bei der finanziellen Beteiligung von geförderten wie auch ungeförderten
Freiflächenanlagen naturschutzfachliche Vorgaben machen. So ist beim Ausbau der
Freiflächen-PV die Vereinbarkeit mit dem Naturschutz gewähr-leistet.
-
Weitere
Erleichterungen und Klarstellungen im Baugesetzbuch und in der
Baunutzungsverordnung sollen folgen.
Bundesministerium
für Wirtschaft und Klimaschutz, Photovoltaik-Strategie:
Land NRW
Die
Landesregierung von Nordrhein-Westfalen will den PV-Ausbau in den nächsten
Jahren weiter voranbringen. So formuliert sie in der
Energieversorgungsstrategie und deren Fortschreibung das Ziel, die installierte
Leistung der Solarenergie bis zum Jahr 2030 auf 18 bis 24 GW zu verdrei- bzw.
vervierfachen. Dieses Ziel ist laut Landesregierung nur zu erreichen, wenn Solaranlagen
nicht nur auf Dächern, sondern auch auf Feldern, auf Brachflächen, entlang von Schienenwegen
oder an Randstreifen von Autobahnen errichtet werden. Der Anteil von
Freiflächen-PV an der Gesamtphotovoltaikleistung beträgt derzeit nur ca. 5 Prozent.
Die
Vorteile von Freiflächen-PV, auf die seitens des Landes NRW hingewiesen wird,
sind:
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Kostengünstiger
Strom: PV-Freiflächenanlagen können aufgrund ihrer gesunkenen
Investitionskosten und der technologischen Fortschritte mittlerweile kostengünstig
Strom erzeugen.
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Finanzielle
Beteiligung der Kommunen: Kommunen können nach § 6 EEG 2023 an den Erträgen der
PV-Anlage beteiligt werden und so einen unmittelbaren Nutzen aus den Anlagen
erhalten.
https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/__6.html
-
Steigerung
der regionalen Wertschöpfung: Die Errichtung und der Betrieb von Freiflächen-PV
steigert regionale Wertschöpfungseffekte und macht eine Region attraktiver für
Unternehmen. Denn grüner, kostengünstiger Strom ist ein entschei-dender Standortfaktor.
-
Geringerer
Flächenbedarf bei hoher Leistung: Im Vergleich zu anderen Energieträgern ist
der Flächenbedarf von PV-Freiflächenanlagen geringer. Gleich-
zeitig weisen solche Anlagen hohe Energieerträge
je Hektar auf. Aktuell liegt der Flächenbedarf der Technologie bei etwas unter
einem Hektar je MW installierter Leistung – Tendenz sinkend.
-
Einfache
Weiternutzung der Flächen: PV-Freiflächenanlagen können am Ende ihrer
Nutzungsdauer einfach und kostengünstig rückgebaut werden. So sind die entsprechenden
Flächen vergleichsweise schnell für eine Weiternutzung frei. Außerdem können
bei guter, naturverträglicher Planung der Anlagen Rückzugsge-
biete für heimische Tierarten entstehen und die
lokale Flora berücksichtigt werden.
Von
der Planung bis zur Inbetriebnahme einer Freiflächen-PV-Anlage sind folgende
Oberthemen zu beachten:
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Flächenauswahl – die förderrechtlichen
Voraussetzungen und die genehmigungs-rechtlichen Rahmenbedingungen sind zu
prüfen. In Frage kommende Standorte sind detailliert vor zu prüfen.
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Bauleitplanung – PV-Freiflächenanlagen
im Außenbereich sind, anders als Dachanlagen, zumeist keine privilegierten
Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB. Daher herrscht zunächst ein Bauverbot im
Außenbereich. Damit eine Anlage errichtet
werden darf, bedarf es eines gültigen
Bebauungsplans, der das entsprechende Baurecht schafft.
Seit dem 1. Januar 2023 gibt es von dieser
Regel eine Ausnahme und somit eine räumlich begrenzte Privilegierung der PV im
Außenbereich. Wenn sich die Fläche innerhalb eines 200-Meter-Korridors entlang von
Autobahnen oder Schienenwegen mit zwei Hauptgleisen befindet, ist gemäß § 35
Abs. 1 Nr. 8 b) BauGB keine Bauleitplanung mehr erforderlich.
https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/__35.html
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Genehmigungsverfahren - Neben den
planungsrechtlichen Voraussetzungen ist für
die Errichtung einer PV-Freiflächenanlage auch
eine Baugenehmigung gemäß § 63 Abs. 1 BauO NRW notwendig.
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Errichtung und
Inbetriebnahme -
PV-Freiflächenanlagen werden auf Unterkonstruktionen aus Stahl oder Aluminium
auf dem Boden aufgeständert und durch Bodenverankerungen im Boden befestigt.
Zur Errichtung der Anlagen gehört außerdem die Verlegung der Kabel, die
Sicherung der Kabeltrasse sowie die Aufstellung der Trafostation.
Stadt Kamen
Der
Rat der Stadt Kamen hat auf seiner Sitzung am 08.12.2022 beschlossen, dass die
Verwaltung, neben der grundsätzlichen Prüfung der Eignung für Freiflächen-PV
auf dem ehemaligen Freibadgeländes in der Ortschaft Kamen-Heeren-Werve, auch
prüfen soll, welche Dächer, Parkplätze und Freiflächen in städtischem Besitz
darüber hinaus für eine Photovoltaik-Nutzung geeignet sind.
Hierzu
hat die Verwaltung zunächst anhand sämtlicher in städtischem Eigentum
befindlicher Flächen eine Vorprüfung vorgenommen, zur Identifizierung der
Flächen, die sowohl die Förderkriterien des EEG (Flächeneignung gem. Kriterien
aus dem ersten Segment § 37 (1) Nr. 2 EEG sowie Flächeneignung besondere Solaranlage
gem. § 37 (1) Nr. 3 EEG)
https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/__37.html als auch die
Anforderungen des Baugesetzbuches (BauGB) erfüllen. Zu unterscheiden ist
hierbei, ob eine Flächennutzungsplanänderung oder/und die Erstellung eines
Bebauungsplanes erforderlich ist. Daneben wurden Flächen ausgeschlossen für die
eine mögliche andere Nutzung sinnvoller erscheint. Darüber hinaus wurden auch
Flächen betrachtet, die sich zwar nicht in Eigentum der Stadt Kamen, aber in
öffentlicher Nutzung befinden.
Als
nächsten Schritt werden die bisher identifizierten Flächen im Detail geprüft
(Pachtverhältnisse, Wirtschaftlichkeit, etc.). Die Steckbriefe der einzelnen
Flächen werden im Anschluss den politischen Gremien der Stadt Kamen
vorgestellt.