Die Regionale
Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet beleuchtet die Biologische Vielfalt des Ballungsraums
aus verschiedenen Blickwinkeln und leitet Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und
Förderung ab. Sie soll in Zukunft einen Rahmen für biodiversitätsfördernde Maßnahmen
sowie eine Abwägungsgrundlage für verschiedene räumliche Planungsinstrumente
(Regionalplanung, Landschaftsplanung, Bauleitplanung) und
Entscheidungsprozesse darstellen. Dabei wird zwischen den urbanen Kernräumen
(Verdichtungszone) und den weniger dicht besiedelten Randbereichen der
Metropole Ruhr (Übergangszone und Außenzone) differenziert. Die Stadt Kamen
befindet sich innerhalb der Übergangszone durchzogen von Grünzügen und
solitären Naturschutzgebieten.
Die Regionale Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet wurde seit 2020 als
Teilprojekt der „Offensive grüne Infrastruktur 2030“ durch die Biologische
Station westliches Ruhrgebiet, Universität Duisburg-Essen und Ruhr-Universität
Bochum erarbeitet.
Die Konzeption der
Regionalen Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet erfolgt in drei Arbeitsphasen.
In der ersten Phase
(Juni 2020 - März 2021) wurden für neun Handlungsfelder:
1.
Arten- und Biotopschutz,
2.
Industrienatur,
3.
Urbane Landwirtschaft,
4.
Urbane Waldnutzung,
5.
Freiflächen und Biotopverbund,
6.
Klimawandel und Klimaanpassung,
7.
Stadtgrün und sozialer
Zusammenhalt,
8.
Urbanes Grün und
Gesundheitsvorsorge und
9.
Umweltbildung und
Umweltbildungszentren
Positionspapiere erarbeitet, in denen die
grundsätzliche Problematik, die fachlich-inhaltlichen Grundlagen, Entwicklungschancen,
Lösungsvorschläge und Best-Practice-Beispiele aufgezeigt werden. Sie bilden
das strukturelle und inhaltliche Konzept der Regionalen Biodiversitätsstrategie
Ruhrgebiet und wurden im Frühjahr 2021 veröffentlicht [1].
Basierend auf den Positionspapieren
wurde in der zweiten Phase (Juni 2021 - Juni 2022) die Regionale
Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet erarbeitet. Im Unterschied zu den
Positionspapieren sind die fachlichen Ausführungen knapper gehalten. Aus den
neun Handlungsfeldern der Positionspapiere wurden die zehn Themenfelder für die
Strategie entwickelt:
1.
Biotop- und Artenschutz
2.
Industrienatur
3.
Wildnis in der Stadt
4.
Öffentliche Grünflächen
5.
Private Grünflächen
6.
Agrarlandschaft
7.
Wald
8.
Gewässer
9.
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
10.
Biodiversitätsmonitoring
Querschnittsthemen wie Umweltbildung und
Klimawandel wurden dabei in den jeweiligen Kapiteln berücksichtigt. Zudem sind
in der Strategie die Themenkomplexe Gewässer, Biodiversitätsmonitoring sowie
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ergänzt worden.
Für jedes Themenfeld
werden die Grundlagen kurz erläutert und ein Leitbild formuliert. Den
überwiegenden Teil nehmen konkrete Ziele und Maßnahmenvorschläge ein, die so
weit wie möglich quantifiziert werden und mit messbaren Kriterien zur Zielerreichung
hinterlegt sind. Zudem werden die Adressaten konkret benannt, entweder bezogen
auf einzelne Ziele und Maßnahmen oder zusammenfassend für Themenfelder.
Adressaten der Biodiversitätsstrategie sind regionale und lokale Akteure
im administrativen und gesellschaftlichen/privaten Bereich. Anspruch der
Strategie ist es, regional abgestimmte Ziele und Maßnahmen zum Schutz und zur
Steigerung der Biodiversität in der Metropole Ruhr zu formulieren und
zukünftige Maßnahmen zu steuern.
Die Strategie ist das
Resultat eines intensiven und offenen Beratungs- und Beteiligungsprozesses in
der Region. Zahlreiche Expert*innen aus Fach- und Genehmigungsbehörden, Naturschutzverbänden
und Fachverbänden, aber auch viele interessierte Bürger*innen berieten in der
zweiten Jahreshälfte 2021 intensiv über Konzeption und inhaltliche Details.
Dazu erfolgte am
24.06.2021 eine Auftaktveranstaltung als Online-Workshop: „Regionale
Biodiversitätsstrategie – eine Chance für das Ruhrgebiet!“ und im September und
Oktober 2021 wurden 13 Workshops zu zehn verschiedenen Themen durchgeführt, an
denen sich insgesamt 200 Personen beteiligten. Basierend auf ersten Entwürfen
der Kapitel wurden in diesem breit aufgestellten Beteiligungsprozess
Anmerkungen, Ergänzungen sowie Forderungen und Kritiken aufgenommen. Die
resultierenden überarbeiteten Versionen der Kapitel wurden den
Workshop-Teilnehmer*innen anschließend online über fünf Wochen zur Verfügung
gestellt und erneut kommentiert (500 Adressaten und mehrere hundert
Bearbeitungskontakte).
Darüber hinaus wurden
umfangreiche Stellungnahmen des Landesamts für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz NRW (LANUV), der Landwirtschaftskammer NRW und des Bundes für
Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND e.V.) berücksichtigt und in separaten
Terminen mit den kommentierenden Institutionen diskutiert.
Im April 2022 wurde die Regionale Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet
fertiggestellt [2] und am 24. Juni 2022 von der Verbandsversammlung des
Regionalverbandes Ruhr (RVR) – Ruhrparlament – beschlossen. Darüber hinaus
wird angestrebt, dass auch einzelne Kommunen und Kreise die Strategie
beschließen, so dass Schutz und Förderung der Biodiversität ein hohes Maß an
Verbindlichkeit erlangen.
Die
Biodiversitätsstrategie bietet ein großes Portfolio an kommunalen Strategien
und Maßnahmenvorschlägen für die angesprochenen Themenfelder. Viele davon
betreffen nicht nur die Verdichtungszone des Kernruhrgebiets, sondern sind auch
anwendbar und übertragbar auf den suburbanen Raum.
In der aktuell laufenden
dritten Phase erfolgt die planungsrelevante Erarbeitung einer Flächenkulisse
„Industrienatur“, die Umsetzung erster Maßnahmenvorschläge in 2022 mit Fördermitteln
der Grünen Infrastruktur und die Erarbeitung eines regionalen Handlungsprogramms
in Kooperation mit den adressierten Akteuren (Kommunen, Kreisen und Privaten).
Hierin werden Handlungsoptionen und konkrete Maßnahmen im Hinblick auf eine
praktische Umsetzung zusammengestellt. Dafür werden beispielgebende bestehende
Projekte und neue Projektideen zum Schutz und Förderung der Biodiversität
gesucht, die dazu beitragen, die in der „Regionalen Biodiversitätsstrategie
Ruhrgebiet“ genannten Ziele zu realisieren. Diese sollen in einem
Handlungsprogramm bis Ende 2022 thematisch sortiert und gebündelt werden.
Die Sicherung der
Biodiversität ist ein wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Neuaufstellung
des Integrierten Klimaschutzkonzeptes der Stadt Kamen, insofern wird die
Regionale Biodiversitätsstrategie Ruhr dabei berücksichtigt.
Für die Stadt Kamen
besteht noch die Möglichkeit Projekt- und Maßnahmenvorschläge in die dritte
Phase einzubringen. In diesem Rahmen befasst sich das Team Klimaschutz mit der
vorliegenden Biodiversitätsstrategie und nimmt unter Einbeziehung FB 70 eine
fachliche Bewertung bezogen auf das Gemeindegebiet der Stadt Kamen vor.
[1] Positionen zu einer
Regionalen Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet. https://urbane-biodiversitaet.de/files/urbane_biodiv/downloads/Positionen_zu_einer_Regionalen_Biodiversitaetsstrategie_Ruhrgebiet.pdf
[2] Regionale
Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet Beschlussvorlage. https://urbane-biodiversitaet.de/files/urbane_biodiv/downloads/Regionale_Biodiversitaets_Strategie_Ruhrgebiet__Beschlussvorlage.pdf