Betreff
Änderungen im Denkmalrecht Nordrhein-Westfalen durch Inkrafttreten des neuen Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen am 01. Juni 2022
Vorlage
077/2022
Art
Mitteilungsvorlage

Am 1. Juli 1980 trat erstmals ein eigenständiges, zeitgemäßes Denkmalschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Bis zum Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes erfolgte der Schutz der Denkmäler in Nordrhein-Westfalen auf Basis von Landespartikularrecht, etwa dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 und dem Preußischen Ausgrabungsgesetz von 1914 mit seinen Ausführungsbestimmungen.

 

Nach mehr als vier Jahrzehnten Bestand des Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen ohne wesentliche Änderungen und Anpassungen wurde eine Neufassung des Gesetzes noch durch die vorherige Landesregierung, insbesondere zur Anpassung an die denkmalschutzrechtliche Rechtsprechung, an Erfahrungen aus der Anwendung des Gesetzes und zur Berücksichtigung gesellschaftlicher und umweltpolitischer Erforderlich-keiten initiiert. Am 06. April 2022 wurde das Gesetz im nordrhein-westfälischen Landtag beschlossen und trat am 01. Juni 2022 in Kraft (Gesetz- und Verordnungsblatt (GV. NRW.)

Ausgabe 2022 Nr. 26 vom 6.5.2022 Seite 661 bis 710). Gleichzeitig wurde das Denkmalschutzgesetz aus dem Jahre 1980 außer Kraft gesetzt.

 

Durch die Neuaufstellung wurde laut Aussage der Landesregierung der Denkmalschutz in NRW vollständig neu aufgestellt und somit eine praxisorientierte Weiterentwicklung erreicht.

 

Die Neufassung des Denkmalschutzgesetzes sieht u.a. folgende Änderungen vor:

 

  • § 2 Abs. 4

Der Begriff des Gartendenkmals wird erstmals eigenständig definiert und damit die Bedeutung dieser Denkmalkategorie hervorgehoben. Gartendenkmäler sind Grün-, Garten- oder Parkanlagen, Friedhöfe oder sonstige Zeugnisse der Garten- und Landschaftsgestaltung

 

Anmerkung: In Kamen ist unter der Listennummer 110 der Jüdische Friedhof als Teilbereich des Friedhofs im OT Kamen-Mitte eingetragenes Baudenkmal.

 

  • § 4

Der vorläufige Schutz ist ab Beginn des Unterschutzstellungsverfahrens der Regelfall, wodurch sich schädliche Veränderungen vermeiden lassen. Bisher löste der Beginn eines Unterschutzstellungsverfahrens noch keine vorläufige Unterschutzstellung aus. Die vorläufige Unterschutzstellung war stets ein eigenständiges Verfahren.

 

  • § 6

Die Anzeigepflicht bei der Veräußerung von Baudenkmälern wurde konkretisiert.

 

  • § 8 Abs. 1

Die Nutzbarkeit von Denkmälern wurde durch eine gesetzlich geregelte abgestufte Vorgehensweise, ohne den Denkmalwert zu gefährden, gestärkt.

 

  • § 8 Abs. 2

Baudenkmäler oder Teile derselben sind der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, soweit dies möglich und zumutbar ist. Dabei ist den Belangen von Menschen mit Behinderung Rechnung zu tragen.

  • § 9

Die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit werden nun ausdrücklich als im Abwägungsprozess zu berücksichtigende Aspekte benannt.

 

  • §§ 10 und 11

Das Verfahren zur Unterschutzstellung von Denkmalbereichen wurde klarer strukturiert und präzisiert.

 

  • §§ 12, 13 und §§ 19, 20

Für die Erhaltung und Nutzung von Gartendenkmälern und beweglichen Denkmälern sowie für erlaubnispflichtige Maßnahmen daran sind eigene Vorschriften eingeführt worden.

 

  • § 15 Abs. 1

 

Die Neuregelung zu den erlaubnispflichtigen Maßnahmen an Bodendenkmälern knüpft ausschließlich an objektive Tatbestandsmerkmale an, um Schutzbehauptungen bei Raubgrabungen entgegenzuwirken.

 

  • § 15 Abs. 2

 

Die Erlaubnis zur Suche und Grabung nach Bodendenkmälern sowie deren Bergung wird an die Voraussetzung der erforderlichen Zuverlässigkeit des Antragstellenden geknüpft.

 

  • § 21 Abs. 2

 

Gemeinden und Gemeindeverbände können zur gemeinsamen Wahrnehmung einzelner Aufgaben nach diesem Gesetz öffentlich-rechtliche Vereinbarungen gemäß den Regelungen des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit in der jeweils geltenden Fassung abschließen. Übernimmt ein Gemeindeverband Aufgaben nach diesem Gesetz von einer kreisangehörigen Gemeinde, so hat er bei der Umlage eine einheitliche ausschließliche Belastung in Höhe der ihm durch die übernommene Aufgabe verursachten Aufwendungen festzusetzen. Dies gilt auch für die Aufwendungen, die dem Gemeindeverband durch Einrichtungen für diese Gemeinden entstehen. Differenzen zwischen Plan und Ergebnis können im übernächsten Jahr ausgeglichen werden.

 

  • § 23

Um Bodendenkmäler noch effektiver schützen zu können, wird für diese in Abkehr von dem für Baudenkmäler weiterhin geltenden konstitutiven Schutzsystem das sogenannte deklaratorische Verfahren eingeführt, wonach die Eintragung in die Denkmalliste lediglich nachrichtlich erfolgt und davon der Schutz nach diesem Gesetz nicht abhängt.

 

  • § 24

Die Beteiligung der Landschaftsverbände wurde zur Verfahrensvereinfachung

und -beschleunigung gegenüber der bisherigen Rechtslage neu gefasst und durch Fristen klar geregelt. Die Stellungnahme des Landschaftsverbandes muss innerhalb von zwei statt wie bisher drei Monaten erfolgen. Lediglich im Falle von Eintragungen oder Löschungen von Denkmälern in oder aus der Denkmalliste beträgt die Frist zur Stellungnahme weiterhin drei Monate.

 

 

  • § 28

Zur Beratung der obersten Denkmalbehörde (zuständiges Ministerium) soll ein Landesdenkmalrat eingesetzt werden.

 

  • § 29

Leistungen der Denkmaleigentümer, der Bauplanenden und Ausführenden sollen zukünftig durch einen Landesdenkmalpreis gewürdigt werden.

 

  • § 31

Für Gemeinden wurde ein Vorkaufsrecht beim Kauf von Grundstücken, auf denen sich eingetragene Denkmäler oder ortsfeste Bodendenkmäler befinden, eingeführt. Auf Verlangen ist ein Negativtestat für nicht betroffene Grundstücke auszustellen.

 

  • § 37

Das UNESCO Welterbe und die damit zusammenhängenden Anforderungen wurden erstmals im Gesetz verankert und einheitlich behandelt.

 

  • § 38

Die Regelungen für Denkmäler, die der Religionsausübung dienen, wurden neu gefasst.