Der
nordrhein-westfälische Landtag hat am Mittwoch, 6. April 2022, mit dem
Landeskinderschutzgesetz und der Änderung des Kinderbildungsgesetzes ein
zentrales Vorhaben der Landesregierung verabschiedet.
Nordrhein-Westfalen
erhält nun das bundesweit stärkste Kinderschutzgesetz. Die Landesregierung
verfolgt das Ziel, Kinder und Jugendliche noch besser vor Gefährdungen für ihr
Wohl zu schützen.
Mit dem Gesetz hat
Nordrhein-Westfalen zentrale politische und fachliche Forderungen aus der
Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt – insbesondere in jüngerer
Vergangenheit – aufgegriffen und formuliert konkrete Maßnahmen, die die
Qualität des Kinderschutzes stärken und die strukturellen Rahmenbedingungen
verbessern.
Das Gesetz wird in
Zukunft kontinuierlich weiterentwickelt.
Die getroffenen Maßnahmen stellen erstmals
in Nordrhein-Westfalen auf gesetzlicher Basis Mittel für den Kinderschutz
bereit. Die Gesamtausgaben der Neuregelungen werden für das Jahr 2022 auf rund
53 Millionen Euro, für 2023 auf rund 85,3 Millionen Euro und für die Jahre ab
2024 auf rund 85,8 Millionen Euro pro Jahr prognostiziert. Damit investiert das
Land Nordrhein-Westfalen in den kommenden drei Jahren insgesamt rund 224
Millionen Euro in die Umsetzung des Gesetzes.
Das Landeskinderschutz ist mit Ausnahme der
§§ 6 bis 8 am 1. Mai 2022 in Kraft getreten. Die §§ 6 bis 8 treten am 1. Juli
2023 in Kraft.
Kernpunkte
des Gesetzes
·
Zur Umsetzung des
Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdungen (§ 8a SGB VIII) sollen in den
Jugendämtern fachliche Mindeststandards beachtet werden.
·
Mit einem Turnus
von fünf Jahren soll in jedem Jugendamt ein landesweites
Qualitätsentwicklungsverfahren der Kinderschutzpraxis durchgeführt werden.
·
Für das
Qualitätsentwicklungsverfahren und zur Qualitätsberatung zur Kinderschutzpraxis
in den Jugendämtern wird das Land eine zuständige Stelle einrichten.
·
In allen
Jugendamtsbezirken sollen interdisziplinäre Netzwerke zum Kinderschutz
aufgebaut und mit einer Netzwerkkoordinierung ausgestattet werden.
·
Es sollen Leitlinien
zu Kinderschutzkonzepten in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und
Jugendhilfe etabliert werden.
·
Für das
Fachpersonal soll es eine umfassende Qualifizierungsoffensive geben.
·
Kinderschutz und
Kinderrechte sind untrennbar miteinander verbunden. Daher ist Basis für einen
wirksamen Kinderschutz, den Rechten von Kindern und Jugendlichen auf Gehör und
auf Berücksichtigung ihrer Meinung – entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife –
zur Geltung zu verhelfen. Dies zieht sich wie ein roter Faden durch den Gesetzentwurf.
Konkrete
Umsetzungsanforderungen an das Jugendamt
·
Stärkung der
Rechte und des Schutzes von Kindern und Jugendlichen
·
Umsetzung
fachlicher Standards in Verfahren zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung,
hier insb. die verbindliche Umsetzung der „Empfehlung Schutzauftrag.
Gelingensfaktoren bei der Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII.
Empfehlungen für die Jugendämter“ der Landesjugendämter Rheinland und
Westfalen-Lippe von Dezember 2020 in der jeweils aktuellen und
weiterentwickelten Fassung
·
Mitwirkung an
Qualitätsentwicklungsverfahren in Form einer Evaluation und fachlichen
Einordnung konkreter Fallanalyse sowie Merkmalen zur Strukturqualität in
Zusammenarbeit mit der durch die oberste Landesjugendbehörde bestimmten Stelle
in einem wiederkehrenden Turnus von 5 Jahren
·
Entwicklung
interdisziplinärer Netzwerke Kinderschutz:
o
Koordinierungsstelle Netzwerk Kinderschutz
o
Koordinierung von Maßnahmen zur Sicherstellung der
Netzwerkstrukturen
o
Organisation von Fortbildungen für Netzwerkpartner
(drei pro Jahr)
o
Informationstransfer in andere Netzwerke
o
Sicherstellung der Rahmenbedingungen für eine
effektive und schnelle Zusammenarbeit bei möglicher Kindeswohlgefährdung
o
Durchführung anonymer Fallkonferenzen
o
Einbeziehung vielfältiger Einrichtungen und
Berufsgruppen verschiedenster Rechtskreise und Arbeitsfelder entlang der
Meilensteine des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen
·
Entwicklung von
Kinderschutzkonzepten in der Pflegekinderhilfe
·
Entwicklung von
Kinderschutzkonzepten in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und
Jugendhilfe bzw. Beratung der verantwortlichen Träger, u.a. in den folgenden
Bereichen:
o
Kindertageseinrichtungen
o
Kindertagespflege
o
OGS
o
Einrichtungen der
stationären Jugendhilfe
o
Einrichtungen
oder Angebote nach dem Kinder- und Jugendförderungsgesetz, z.B. Einrichtungen
der offenen Kinder- und Jugendarbeit
Erwartete
finanzielle Zuschüsse für die Stadt Kamen
Die Angaben zur Höhe der zu erwartenden Zuschüsse sind
Schätzwerte auf der Grundlage eigener Berechnungen vorbehaltlich des
Bescheides!
§ 5 – Fachliche
Standards in Verfahren zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung
Aufgabe:
·
Verbindliche Umsetzung der „Empfehlung
Schutzauftrag. Gelingensfaktoren bei der Wahrnehmung des Schutzauftrages gem. §
8a SGB VIII. Empfehlungen für die Jugendämter“ der Landesjugendämter
·
Annahme: Erhöhter Aufwand und damit verbunden
Personalbedarf im ASD bzw. PKD
Geschätzte Höhe
des Zuschusses:
~ 120.000 € pro Jahr
Berechnungsgrundlage: Anteil U18 in Kamen an U18 in NRW = 0,22% von
54.487.654 €
Anteilige Auszahlung in 2022 (s.u.), Auszahlung zum 01.09.2022, in
Folgejahren zum 01.07. eines Jahres
Inkrafttreten: 01.05.2022
§ 8 –
Qualitätsentwicklungsverfahren
Aufgabe:
·
Alle 5 Jahre Evaluation des Jugendamtes in
Kinderschutzverfahren durch die Landesjugendämter
Geschätzte Höhe
des Zuschusses:
4.368 € pro Jahr
Berechnungsgrundlage: Pauschale für alle Jugendämter in gleicher Höhe;
Angenommener Aufwand für die Mitwirkung an der turnusmäßigen Evaluation
gleichmäßig auf 5 Jahre verteilt;
Anteilige Auszahlung (50%) in 2023 (s.u.)
Inkrafttreten: 01.07.2023
§ 9 – Netzwerke
Kinderschutz
Aufgabe:
·
Einrichtung und Umsetzung der Netzwerke
Kinderschutz sowie der Koordinierungsstelle gem. der o.g. Aufgaben
Geschätzte Höhe
des Zuschusses:
50%-Stelle für Koordination (S 14, Stufe 6) (Sockelbetrag)
Sachkostenpauschale, Verwaltungsgemeinkosten: 5.000 € (Sockelbetrag)
Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen, Fortbildungen: 5.000 €
(Sockelbetrag)
Inkrafttreten: 01.07.2023
Änderung des
Kinderbildungsgesetzes
Erhöhung der Zuschüsse für die Fachberatung Kindertagesbetreuung, davon:
·
Fachberatung Kindertageseinrichtungen: Erhöhung des
Zuschuss von 1.000 € auf 1.100 € je Kita, Weiterleitung an die Träger der
Einrichtungen
·
Fachberatung Kindertagespflege: Erhöhung des
Zuschusses von 500 auf 550 € je Kindertagespflegeperson
Gesetzestext,
Kostenfolgeabschätzung, Begründung:
https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-16232.pdf