Beschlussvorschlag:
Der Rat beschließt die vorgelegte „Satzung zur Abrechnung der Anlage „Nordring“ in dem Abschnitt zwischen Kämerstraße und Nordstraße nach § 8 KAG NRW“
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
Die Stadt Kamen
war gemäß § 44 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 4 StrWG NRW als
Straßenbaulastträger für die Teilanlagen Gehwege und Parkplätze finanziell an
der Baumaßnahme
„54.01.01/0505.783100 B233 / L663 – LSA“
beteiligt. Aus
der finanziellen Beteiligung der Stadt Kamen an dieser Baumaßnahme resultiert
für die Stadt Kamen die Pflicht Straßenbaubeiträge nach § 8 KAG NRW zu erheben,
wenn und soweit den Eigentümern und Erbbauberechtigten der von der Anlage
erschlossenen Grundstücke durch die Straßenbaumaßnahme ein wirtschaftlicher
Vorteil erwachsen ist. Der wirtschaftliche Vorteil ist in aller Regel ein
Erschließungsvorteil.
Zunächst ist
daher zu klären, in welchen Abschnitten der Nordring (B 233) die Funktion einer
Erschließungsanlage hat. Ob ein Grundstück von einer Anlage erschlossen wird,
richtet sich nach den zum Erschließungsbeitragsrecht entwickelten Kriterien.
Es muss, um eine Erschließung annehmen zu können, grundsätzlich rechtlich und
tatsächlich möglich sein, mit Privat- und Versorgungsfahrzeugen an die
Grundstücksgrenze heranzufahren und von da ab das Grundstück unbeschadet eines
dazwischen liegenden Gehweges, Radweges oder Seitenstreifens zu betreten. Für
Gewerbe- und Industriegrundstücke wird ein Herauffahrenkönnen gefordert.
Diese
Voraussetzungen sind bezüglich der Anlage „Nordring“ nur in dem Teilbereich
zwischen Kämerstraße und Nordstraße und nur auf südlicher Seite erfüllt. Anlage
in straßenbaubeitragsrechtlichem Sinne ist daher der Nordring in dem Abschnitt
zwischen Kämerstraße und Nordstraße. Aber auch im Bereich der so definierten
Anlage sind nicht alle Grundstücke von der Anlage „Nordring“ erschlossen. Zwei
Grundstücke sind nicht von der Anlage „Nordring“ erschlossen; es sind dies:
-
Nordring 31 (1351-14-599) und
-
Nordring 27, 29 (1351-14-343 und 344).
In Höhe dieser
beiden Grundstücke kann weder gehalten werden, noch kann man über die Anlage
„Nordring“ auf diese Grundstücke fahren. Nordring 27, 29 und Nordring 31 sind
somit nicht von der Anlage „Nordring“ erschlossen.
Durch Erlass
einer Sondersatzung, die dem Umstand, dass die Anlage „Nordring“ teilweise
keine Erschließungsfunktion aufweist, kann einer atypischen
Erschließungssituation Rechnung getragen werden (OVG NRW, Urteil vom 9.
Mai 1995 -15 A 2545/92). Einer Sondersatzung bedarf es nicht wegen der Tatsache, dass es
sich bei der Anlage „Nordring“ in dem Bereich zwischen Kämerstraße und
Nordstraße um eine einseitig anbaubare Anlage handelt, denn es wird auch nur
ein Parkstreifen und ein Gehweg abgerechnet werden. Aber atypisch ist, dass
mehr als 20 vom Hundert der Frontlänge der Anlage keine Erschließungsfunktion
aufweisen.
Die Anlage
„Nordring“ weist von der Kämerstraße bis zur Nordstraße eine Frontlänge von 267
m (100 %) auf. Die Frontlänge der beiden nicht erschlossenen Grundstücke zur
Anlage beträgt 57 m (21,3 %). Da die Frontlänge der nicht erschlossenen
Grundstücke die 20-Prozent-Marke überschreitet, ist die Verteilung des
umlagefähigen Aufwands durch eine Sondersatzung zu regeln.
§ 4 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach
§ 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der Stadt Kamen vom 08.07.2021 sieht
für die Teilanlagen Parkstreifen und Gehwege einer Hauptverkehrsstraße einen
Anteil der Beitragspflichtigen in Höhe von je 50 vom Hundert vor. Die
Sondersatzung sieht die Reduzierung des 50-vom-Hundert-Anteils um 20 vom
Hundert vor. Beispiel:
umlagefähiger Aufwand 50 % > 500 €
abzgl. 20 % >
100 €
Die Satzung muss
eine annähernd vorteilsgerechte Verteilung des Aufwands für alle in der
Gemeinde vorkommenden Verteilungskonstellationen vorsehen. Mangelt es in einem
Einzelfall an einer vorteilsgerechten Verteilungsregelung ist die
Verteilungsregelung in diesem Einzelfall unwirksam. Dieser Mangel muss, dies
folgt aus der Beitragserhebungspflicht, beseitigt werden. Der Mangel ist durch
Erlass einer rückwirkend in Kraft zu setzenden Satzung zu heilen (OVG NRW, U.
v. 22.08.1995 – 15 A 3907/92).
Da die aktuelle
satzungsrechtliche Verteilungsregelung der Satzung
über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen der
Stadt Kamen vom 08.07.2021 die besonderen Umstände der Anlage „Nordring“
nicht umfasst, ist eine Sondersatzung rückwirkend zum Tag vor Eintritt der
Beitragspflicht zu erlassen.
Mit Abnahme der
Baumaßnahme am 30.10.2020 ist die Beitragspflicht entstanden (vgl. OVG
NW, Urteil vom 22. August 1995 - 15 A 3907/92 -). Die Sondersatzung ist folglich zum
29.10.2020 in Kraft zu setzen.
Anlagen:
Satzung