Beschlussvorschlag:
Der Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss der Stadt Kamen nimmt die
geplante Bewerbung des Welterbe-Projektes „Industrielle Kulturlandschaft
Ruhrgebiet“ für die Fortschreibung der deutschen Tentativliste zur Nominierung
für die UNESCO Liste des Kultur- und Naturerbes „UNESCO-Welterbe“ zur Kenntnis
und beschließt, dass die Stadt Kamen die Bewerbung im weiteren
Verfahrensverlauf unterstützen wird.
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
Die UNESCO unterstützt die Erfassung, den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern,
Ensembles und Stätten von außergewöhnlichem Wert. Nach den Durchführungsrichtlinien
zur Welterbe-Konvention zählt neben dem Natur- auch das Kulturerbe zu den unschätzbaren
und unersetzlichen Gütern nicht nur jedes Volkes, sondern der ganzen
Menschheit. Teile dieses Erbes können wegen ihrer außergewöhnlichen
Eigenschaften einem besonderen Schutz unterliegen. Durch die Aufnahme in die
Liste des UNESCO-Welterbes verpflichten sich die Vertragsstaaten, zu denen auch
Deutschland gehört, diese Güter besonders zu schützen. Über die Aufnahme in die
Liste entscheidet das Welterbe-Komitee.
In Deutschland beschließt die Kultusministerkonferenz, welche Stätten
bei der UNESCO zur Aufnahme in die Welterbe-Liste nominiert werden. Nominierte
Stätten werden auf der deutschen Tentativliste geführt. Die Kultusministerkonferenz
der Länder hat am 16.10.2019 beschlossen die Tentativliste „UNESCO-Welterbe“
zum 01.02.2024 fortzuschreiben und alle Bundesländer um entsprechende
Vorschläge gebeten. Für die Fortschreibung kann jedes Bundesland zwei
Bewerbungen für die deutsche Tentativliste einreichen. Die Stiftung Industriedenkmalpflege
und Geschichtskultur arbeitet zusammen mit weiteren Akteuren an der Bewerbung
der „Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ für die deutsche Tentativliste.
Das Projekt „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ hat hierbei auf
Landesebene einen Sonderstatus. Insgesamt sind Industrielle Kulturlandschaften
vom internationalen Rat für Denkmalpflege bereits 2004 als in der Welterbe-Liste
unterrepräsentiert eingestuft worden. Seitdem hat sich wenig an der Ausgewogenheit der Liste geändert, sodass
dem Projekt „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ gute Chancen zur
Aufnahme in die Liste zugerechnet werden können.
Die Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur hat am
14.01.2021 die Bewerbung „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ im Rahmen
des Interessenbekundungsverfahrens des Landes NRW zur Fortschreibung der
deutschen Tentativliste für das UNESCO-Welterbe beim Ministerium für Heimat,
Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (MHKBG)
eingereicht.
Für eine Bewerbung zur Aufnahme der „Industriellen Kulturlandschaft
Ruhrgebiet“ in die deutsche Tentativliste zur Fortschreibung des
UNESCO-Welterbes bedarf es einer Aussage zum außergewöhnlichen universellen
Wert (Outstanding universal Value = OUV). Der OUV ist durch materielle
Zeugnisse zu belegen, die authentisch und/oder echt sind. Außerdem muss er
einem internationalen Vergleich standhalten und – bei einem vorgeschlagenen
Kulturerbe – durch mindestens eins von sechs UNESCO-Kriterien gestützt werden.
Die Be-wahrung der materiellen Zeugnisse muss durch einen Schutz- und
Managementplan gesichert sein. Im Falle der vorgeschlagenen „Industriellen
Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ sind (Um)-Nutzung und Weiterentwicklung der
Landschaft wesentliche Bestandteile des OUV.
Der Entwurf der Darstellung zum außergewöhnlichen universellen Wert
(Outstanding Universal Value, OUV) der „Industriellen Kulturlandschaft
Ruhrgebiet“ (entsprechend den formalen Vorgaben des Submissionsformats für
Welterbe-Anträge) ist als Anlage beigefügt.
Um bei einer Kulturlandschaft wie dem Ruhrgebiet den außergewöhnlichen,
universellen Wert (OUV) für das Kulturerbe der Menschheit zu begründen, bedarf
es entsprechender materieller Zeugnisse. Da es innerhalb des Ruhrgebietes eine
Vielzahl in Frage kommender Siedlungen, Halden und denkmalgeschützter Zechen
gibt mussten solche Standorte ausgewählt werden, die diesen außergewöhnlichen
universellen Wert des Projektes angemessen repräsentieren.
In Kamen ist dies die überregional bedeutsame, lineare Vernetzungsstruktur
der Köln-Mindener-Eisenbahn (siehe Übersichtskarte und Datenblatt G 1.1.1).
Einschränkungen sind mit der Aufnahme in die Welterbe-Liste für Kamen nicht
verbunden, da die Linearität der Köln-Mindener-Eisenbahn im Vordergrund der
Unterschutzstellung steht. Daher bedarf es keines besonderen Schutzes der
Umgebungen, keiner Pufferzonen oder Sichtachsen.
Die Aufnahme auf die Welterbe-Liste bietet große Möglichkeiten für den
Bekanntheitsgrad der Region Ruhrgebiet und hat u.a. auch erhebliche wirtschaftliche
Potentiale. Allerdings kann die Aufnahme neben finanziellem und personellem
Aufwand auch Einschränkungen in den Entwicklungsmöglichkeiten der Stätten und
ihrer Umgebung bedeuten.
Als Voraussetzung für eine Einreichung als Vorschlag auf die deutsche Tentativliste
hat daher das MHKBG die politische Willensbildung und Unterstützung der
beteiligten Kommunen und Landkreise eingefordert.
Für Kamen bedeutet eine mögliche Eintragung in die Welterbe-Liste einen
zusätzlichen Imagegewinn für die Region, von dem auch Kamen wirtschaftlich und
vor allem als bedeutender Standortfaktor profitieren kann. Die
voraussichtlichen Einschränkungen und Belastungen sind zwar derzeit nicht zu
beziffern, dürften aber im Verhältnis zur Profitabilität nur marginal sein.
Die Verwaltung der Stadt Kamen schlägt daher vor, die Bewerbung des
Welterbe-Projektes „Industrielle Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ für die
Fortschreibung der deutschen Tentativliste zur Nominierung für die UNESCO Liste
des Kultur- und Naturerbes „UNESCO-Welterbe“ zu unterstützen.