Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Kamen beschließt, auch die Jahresverluste der
Eigengesellschaft Kamener Betriebsführungsgesellschaft mbH auszugleichen, die
die satzungsmäßige Begrenzung auf das 20-fache des Stammkapitals übersteigen,
soweit sie durch Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der
COVID-19-Pandemie bedingt sind.
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
Die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr aufgrund der Corona-Pandemie machen es
der Kamener Betriebsführungsgesellschaft mbH (kurz: KBG) derzeit nicht möglich,
ihren Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten.
Die weltweite Ausbreitung der Atemwegserkrankung COVID-19 wurde am
11.03.2020 von der WHO zu einer Pandemie erklärt. Es handelt sich global und auch
lokal um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation. Die Krankheitsverläufe
sind zum Teil schwer und auch tödlich.
Wegen der als hoch eingeschätzten Gefährdung für die Gesundheit der
Bevölkerung in Deutschland und NRW, die für Risikogruppen sogar sehr hoch ist,
wurden insbesondere durch die Landesregierung NRW Maßnahmen getroffen, die den
Betrieb der KBG erheblich beeinträchtigt haben. Diese Gegenmaßnahmen zielten
auf Kontaktvermeidung, soziale Distanzierung, Hygieneaufklärung und Isolierung
zur Unterbrechung der Infektionsketten.
Seit 13. März 2020 wurden vom Landeskabinett verschiedene
Maßnahmenpakete zur Eindämmung des Coronavirus in Nordrhein-Westfalen
verabschiedet. So wurden u. a. die Schließung von Grund- und weiterführenden
Schulen vom 16. März bis zum 19. April 2020 sowie von Kindertageseinrichtungen
und -pflegestellen beschlossen. Veranstaltungen auch mit weniger als 1.000
Teilnehmern sollten abgesagt werden.
Ab dem 16. März mussten alle sogenannten „Amüsierbetriebe“ beispielsweise Bars, Clubs, Diskotheken, Spielhallen, Theater, Kinos, Museen schließen. Ab dem Folgetag wurden ebenso Zusammenkünfte in Sportvereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wahrnehmung von Angeboten in Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich verboten. Der Betrieb auch von Restaurants wurde an sehr strenge Auflagen gebunden, um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen. Messen, Ausstellungen, Freizeitaktivitäten und Spezialmärkte waren ab dem 18.03.20 verboten. All dies galt zunächst bis zum 19.04.20.
Zum 15.04.20 trat das „Epidemiegesetz“ NRW in Kraft, welches der Landesregierung und ihren Behörden in Zeiten wie der Corona-Krise deutlich mehr Befugnisse einräumte.
Aufgrund
der sehr dynamischen Lage in Bezug auf die amtlicherseits verkündeten Maßnahmen
und Empfehlungen zur Eindämmung der vom Coronavirus (SARS-CoV-2) verursachten
Atemwegserkrankung musste mit verschiedenen Absagen durch die Veranstalter, die
untere Ordnungsbehörde Stadt Kamen wie auch die KBG selbst reagiert werden. Der
Geschäftsbetrieb musste zunächst eingestellt werden. Davon betroffen sind
derzeit (Stand 15.04.20) 21 Veranstaltung mit einer Gesamtgästeanzahl von
14.050 und einem Umsatz von 166.700 € bis Mitte Juli. Die Geschäftsführung hat
bei einer Wirkung von acht Wochen hierzu bereits eine Ergebnisverschlechterung
von ca. 90.000 € berechnet.
Die
Lage wird weiterhin als sehr dynamisch und schlecht kalkulierbar eingeschätzt.
Ein Ende der Maßnahmen und damit des Geschäftseinbruchs bis zur gänzlichen
Schließung ist nicht absehbar. Zu bedenken ist auch, dass so verlorene Umsätze
nicht nachgeholt werden können, weil die künftigen Kapazitäten (noch)
ausgelastet sind.
Wegen
des hohen Anteils an fixen Kosten ist mit einem sehr viel schlechteren
Jahresergebnis für 2020 zu rechnen. Geplant waren 345.300 €.
Folgende
Maßnahmen zur Minderung der Folgen wurden durch die Geschäftsführung eingeleitet
oder bereits ergriffen:
-
Anpassung der Aufträge zur Material- und Dienstleistungsbeschaffung
-
Verringerung der Vorauszahlung auf Ver- und Entsorgungsleistungen
-
Antrag auf Verminderung der Pachtzahlungen für Stadthalle und
Konzertaula wg. Nutzungsausfall
-
Abbau von Mehrarbeitszeiten und „altem“ Urlaubsanspruch
-
Reduktion des Engagements der unstetig Beschäftigten
-
praxistaugliche Lösungen für diejenigen, die ihre Kinder zuhause
betreuen müssen oder einer Gesundheitsrisikogruppe angehören
-
Beantragung von Soforthilfen des Staates (25.000 €), die schon
eingegangen sind
- Anzeige für Kurzarbeit ab dem 20.04.20 für alle Bereiche bei 95-%-iger Aufstockung
Die Satzung (Gesellschaftsvertrag) der KBG bestimmt in § 13
„Verlustübernahme“, dass soweit
die Deckung von Verlusten nicht anderweitig sicher gestellt werden kann, sich
die Stadt Kamen verpflichtet, einen eventuellen Jahresfehlbetrag in Höhe von
maximal des zwanzigfachen des Stammkapitals abzudecken. Dieses beträgt
25.564,59 €. Das Zwanzigfache davon wären 511.291,80 €.
Die Geschäftsführung der KBG geht derzeit von einem Standardjahresergebnis von ca. 330.000 € aus. Da bereits in den ersten vier Wochen des Wirkens der Maßnahmenbündel eine Ergebnisverschlechterung von ca. 90.000 € erwartet wird und eine deutliche Verbesserung der Situation für den Betrieb von Stadthalle, Restaurant, Gastronomie in der Konzertaula und weiteren Kulturveranstaltungen nicht absehbar ist, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Grenze des ausgleichbaren Verlustes im Jahr 2020 überschritten werden könnte. Es kann sogar vermuten werden, dass reine Feierlichkeiten für Monate verboten bleiben.
Entstehen im Jahr 2020 Verluste über die Übernahmegrenze von 511.291,80 € hinaus, die dann nicht ausgeglichen werden, müsste die Geschäftsführung einen Insolvenzantrag stellen. Um dies zu vermeiden, den Betrieb der KBG und damit auch die Arbeitsplätze zu sichern sowie der besonderen Situation der aktuellen Coronapandemie Rechnung zu tragen, ist eine Verlustübernahme über diese Obergrenze hinaus gegebenenfalls notwendig.