Betreff
Einrichtung eines weiteren Familienzentrums nach § 21 Abs. 7 KiBiz
Vorlage
028/2020
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendhilfeausschuss beschließt, dass die AWO-Kindertageseinrichtungen „Brausepulver“ und „Gänseblümchen“ zum Familienzentrum im Verbund ausgebaut werden sollen.

 


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Ausgangslage

Die Landesregierung wird auch im Kindergartenjahr 2020/21 die Einrichtung neuer Familienzen­tren fördern. Ziel von Familienzentren ist es, die gesellschaftliche Teilhabe insbesondere be­nachteiligter Familien zu fördern, Bildungschancen zu eröffnen und damit einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit leisten. Familienzentren sollen Kindern und Familien niedrigschwellige Unterstützung im Alltag bieten und in der Lebenswelt von Eltern verankert sein, um eine de­zentrale und wohnortnahe Versorgung zu ermöglichen. Das Land NRW empfiehlt, Familienzen­tren prioritär in benachteiligten Gebieten aufzubauen. Bei einer Bedarfsdeckung in den entspre­chenden Gebieten wird den örtlichen Jugendämtern auch die Möglichkeit eröffnet, Familienzen­tren in anderen Stadtteilen zu etablieren.

 

Die Verteilung der Kontingente für neue Familienzentren erfolgt seit dem Kindergartenjahr 2018/19 nach einem Index, der demographische und soziale Bedarfslagen berücksichtigt. Auf dieser Grundlage hat die Stadt Kamen die Möglichkeit, zum Kindergartenjahr 2020/21 ein neues Familienzentrum einzurichten.

 

Interessenbekundungsverfahren

Alle Kamener Kindertageseinrichtungen hatten die Möglichkeit, im Rahmen eines Interessen­bekundungsverfahrens ihr Interesse zu formulieren, die jeweilige Kindertageseinrichtung nach § 21 Abs. 7 KiBiz zum Familienzentrum auszubauen. Bis zum Stichtag 15.01.2020 sind die fol­genden Interessenbekundungen eingegangen:

 

·         AWO-Kita „Brausepulver“ und AWO-Kita „Gänseblümchen“ im Verbund (Kamen-Methler)

·         Kita Familienbande (Kamen-Mitte)

 

Auswahl auf der Grundlage der örtlichen Jugendhilfeplanung – Kriterien

Die Auswahl der Kindertageseinrichtung, welche im Kindergartenjahr 2020/21 zum Familien­zentrum ausgebaut werden soll, erfolgt auf der Grundlage der örtlichen Jugendhilfeplanung. Als Entscheidungshilfe werden soziale und demographische Daten zu Grunde gelegt, die sich (im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten, insb. Datenverfügbarkeit) an der Arbeitshilfe „Klein­räumige Auswahlkriterien zur Förderung von Kindertageseinrichtungen und Familienzentren mit besonderem Unterstützungsbedarf – Hinweise für Städte, Kreise und Gemeinden“ des MKFFI NRW orientieren. Es wurden die folgenden Kriterien berücksichtigt und vergleichend ausgewertet.

 

Sozialraumbezogene Daten:

·         Einwohner/-innen

·         Altersstruktur der Einwohner/-innen

·         Geburtenentwicklung

·         Bedarfsgemeinschaften mit Bezug von Leistungen nach SGB II

·         HzE-Quote bei Kindern unter 6 Jahren

·         Versorgung mit Familienzentren im Sozialraum

 

Einrichtungsbezogene Daten:

·         Befreiung von Elternbeiträgen aufgrund geringen Einkommens

·         Durchschnittliches Elternbeitragsaufkommen pro Kind und Monat

 

Sozialraumbezogene Daten beziehen sich jeweils auf die Sozialräume Kamen-Mitte und Ka­men-Methler, einrichtungsbezogene Daten auf die einzelnen Kindertageseinrichtungen.

 

Auswertung

Die ausführliche vergleichende Auswertung der genannten Daten ist als Anlage beigefügt. An dieser Stelle werden die Kernergebnisse zusammenfassend dargestellt. Die Auswertung der Daten erfolgt zum Stichtag 31.12.2018, sofern nicht explizit anders ausgewiesen.

 

Sozialraumbezogene Daten

Im Sozialraum Kamen-Mitte leben mit 20.838 Einwohner/-innen beinahe doppelt so viele Men­schen wie in Kamen-Methler (11.413). Der Anteil unter 6-jähriger Kinder liegt in Kamen-Mitte bei 4,9% und in Kamen-Methler bei 5%.

Die soziale Lage der Sozialräume wird durch das Kriterium SGB II-Bezug abgebildet. Auf dieser Grundlage ist für den Sozialraum Kamen-Mitte von stärkeren sozialen Belastungen der Ein­wohner/-innen auszugehen. Der Anteil von Kindern unter 18 Jahren in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II ist mit 26% beinahe doppelt so hoch wie in Kamen-Methler mit 13,7%. Mit Bezug­nahme auf die absoluten Zahlen spiegeln auch die Anzahl der Alleinerziehen­den-Bedarfsgemeinschaften mit 202 in Kamen-Mitte und 67 in Kamen-Methler sowie die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern insgesamt mit 448 in Kamen-Mitte und 120 in Ka­men-Methler eine stärkere Belastung des Sozialraums Kamen-Mitte wider. Schließlich ist für den Stadtteil Kamen-Mitte eine höhere HzE-Quote bezogen auf 100 unter 6-jährige Kinder dokumen­tiert als für Kamen-Methler.

Wird der Blick auf die Versorgung mit familienunterstützenden Angeboten in beiden Sozialräumen geworfen, dann stehen hier aktuell fünf Familienzentren in Kamen-Mitte einem Familienzentrum in Kamen-Methler gegenüber. In Bezug auf die demographische Situation in den Stadtteilen ist ein Familienzentrum in Kamen-Mitte rechnerisch für 205 unter 6-jährige Kinder zuständig, ein Fami­lienzentrum in Kamen-Methler für 566 unter 6-jährige Kinder. Auch im Hinblick auf die soziale Lage stellt sich eine bessere Versorgung im Sozialraum Kamen-Mitte dar: Hier ist ein Familien­zentrum rechnerisch für 169 unter 18-jährige Kinder in SGB II-Bedarfsgemeinschaften und für 40 Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaften zuständig. In Kamen-Methler ist ein Familienzentrum rechnerisch für 229 unter 18-jährige Kinder in SGB II-Bedarfsgemeinschaften und 67 Alleiner­ziehenden-Bedarfsgemeinschaften zuständig.

 

Einrichtungsbezogene Daten

In der Kita Familienbande liegt im Kita-Jahr 2019/20 für 13,8% der Kinder eine Befreiung von Elternbeiträgen für die Kindertagesbetreuung aufgrund geringen Einkommens vor. Für die AWO-Kita „Gänseblümchen“ liegt dieser Anteil bei 14,1% und für die AWO-Kita „Brausepulver“ bei 14,7%. Auch das durchschnittliche Elternbeitragsaufkommen liegt für die Kita Familienbande mit 152,43 € pro Kind und Monat über dem durchschnittlichen Elternbeitragsaufkommen der AWO-Kita „Gänseblümchen“ mit 140,50 € und der AWO-Kita „Brausepulver“ mit 133,22 € pro Kind und Monat.

Die einrichtungsbezogenen Daten sind insofern zu relativieren, als dass alle drei Einrichtungen im stadtweiten Vergleich eher höhere Elternbeitragsaufkommen zu verzeichnen sind, sodass jeweils von einer im Vergleich eher einkommensstarken Elternschaft auszugehen ist.

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Sozialraum Kamen-Mitte durch eine höhere Zahl unter 6-jähriger Kinder und stärkere soziale Belastungen geprägt ist als der Sozial­raum Kamen-Methler. Dem wurde in der Vergangenheit durch die Einrichtung von fünf Famili­enzentren Rechnung getragen. In der Zusammenschau der Ergebnisse ist infolgedessen für den Sozialraum Kamen-Methler sowohl im Hinblick auf die absolute Anzahl der Einrichtungen als auch in Relation zur demographischen und sozialen Lage eine insgesamt geringere Versorgung mit Familienzentren festzustellen.

 

Empfehlung

Auf der Grundlage der oben dargestellten Daten und der örtlichen Jugendhilfeplanung empfiehlt das Jugendamt, die AWO-Kindertageseinrichtungen „Brausepulver“ und „Gänseblümchen“ zum Familienzentrum im Verbund auszubauen. Damit wird insbesondere der geringeren Versor­gungslage im Sozialraum Kamen-Methler Rechnung getragen. Mit der Einrichtung eines weiteren Familienzentrums soll die Versorgung von Familien mit bedarfsgerechten, niedrigschwelligen und wohnortnahen familienunterstützenden Angeboten verbessert werden.

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

– Keine –

Es handelt sich um eine reine Landesmittelförderung ohne kommunalen Anteil, die in voller Höhe an die Träger weitergegeben wird.