Betreff
Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums „MVZ Klinikum Westfalen GmbH" durch die Klinikum Westfalen GmbH
Vorlage
010/2020
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Rat der Stadt Kamen schließt sich der Empfehlung des Aufsichtsrates der KW GmbH vom 26.08.2019 an und stimmt zu, dass die Vertreter in der Gesellschafterversammlung der KW GmbH folgende Beschlüsse fassen:

 

a.    der Gründung der MVZ Klinikum Westfalen GmbH am Standort Klinik am Park, Lünen-Brambauer auf der Grundlage des vorgestellten Gesamtkonzepts und des vorgelegten Gesellschaftsvertragsentwurfs wird zugestimmt,

 

b.    die Bürgermeisterin der Stadt Kamen wird als Vertreterin der Gemeinde in den Aufsichtsrat der MVZ Klinikum Westfalen GmbH entsendet,

 

c.    die Geschäftsführer der Klinikum Westfalen GmbH werden beauftragt, alle dazu erforderlichen Verfahren einzuleiten und den Abschluss und/oder Eintritt in sämtliche(r) Verträge herbeizuführen, die im Rahmen dieser Gründung erforderlich sind und werden.

 

2.    Der Rat der Stadt Kamen beauftragt die Verwaltung, die Gründung der Gesellschaft und die damit verbundene mittelbare Beteiligung der Stadt Kamen an der MVZ Klinikum Westfalen GmbH im Rahmen des kommunalrechtlichen Anzeigeverfahrens bei der Kommunalaufsicht anzuzeigen.

 


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

1. Ausgangssituation

 

Der Krankenhausmarkt ist seit vielen Jahren von einem erheblichen Verdrängungswettbe­werb geprägt. Während im Jahr 2008 noch 2.083 Krankenhäuser im Bundesgebiet vorgehalten wur­den, betrug die Zahl der Akutkrankenhäuser im Jahr 2017 noch 1.942. Durch eine voran­schreitende Ambulantisierung ist die Anzahl der stationären Krankenhausfälle trotz einer älter werdenden Bevölkerung seit dem Jahr 2017 erstmals rückläufig. Diese Entwicklung wird den Wettbewerbsdruck auf die Krankenhäuser weiter erhöhen. Bisher konnten die Knappschafts­kliniken dieser Entwicklung durch eine konsequente Spezialisierung und Diversifizierung des medizinischen Leistungsangebotes entgegenwirken. Nach wie vor verzeichnen die Knapp­schaftskliniken durchgehend positive Leistungsentwicklungen. Da die Knappschaftskliniken jedoch in Regionen mit besonders hoher Krankenhausdichte (Ruhrgebiet und Saarland) liegen, sind für die Knappschaftskliniken Strategien zur langfristigen Standortsicherung umzusetzen.

 

 

2.  Medizinische Versorgungszentren (MVZ) an Krankenhäusern

 

Seit dem Jahre 2004 dürfen Krankenhäuser Medizinische Versorgungszentren (MVZ) gründen. Die wesentlichen Regelungen hierzu finden sich im § 95 SGB V. Nach den gesetzlichen Grund­lagen handelt es sich bei dem MVZ um eine ärztlich geleitete Einrichtung, in der Vertragsärzte und/oder angestellte Ärzte tätig werden können. Durch ein oder mehrere MVZ erhalten Krankenhäuser regelhaften Zugang zum ambulanten Gesundheitsmarkt und können Leistungen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen abrechnen.

 

Die Gründung von MVZ liegt deutschlandweit im Trend. So steigt die Anzahl von MVZ und mit ihr die der MVZ in Krankenhausträgerschaft stetig an. Zwischen 2004 und 2017 hat sich die Gesamt­zahl kontinuierlich von unter 100 auf über 2.800 erhöht. 1.163 oder 41,5 % waren davon in Träger­schaft eines Krankenhauses. Dabei ist der Betrieb eines MVZ durch ein Krankenhaus mit beson­deren Herausforderungen verbunden, da das Krankenhaus in Kon­kurrenz zu den niedergelasse­nen Krankenhauseinweisern tritt und die MVZ-Funktion für das Krankenhaus u. a. gerade in der Sicherstellung der Krankenhauseinweisung liegt. Bei einer MVZ-Gründung durch Knappschafts­kliniken sind zudem die besonderen Rahmenbedingun­gen aufgrund der Integrierten Versorgung zu berücksichtigen.

 

 

3.  Gründung eines MVZ durch die Klinikum Westfalen GmbH

 

Im Januar 2019 sind Pneumologen an die Geschäftsführung der Klinikum Westfalen GmbH mit der Absicht herangetreten, ihre Gemeinschaftspraxis zeitnah an die Klinikum Westfalen GmbH zu veräußern und auf ihre Vertragsarztzulassungen zugunsten eines Anstellungsverhältnisses in einem von der Klinikum Westfalen GmbH zu gründenden MVZ zu verzichten.

 

Die Gemeinschaftspraxis betreibt zwei Praxisstandorte in angemieteten Räumen. Die Praxis­räume befinden sich in Lünen und damit in unmittelbarer Nähe zu der von der Klinikum Westfalen GmbH betriebenen Klinik am Park. Bei der Gemeinschaftspraxis handelt es sich um eine inter­nistische Fachpraxis mit dem Schwerpunkt Pneumologie, Allergologie und Umweltmedizin. Aufgrund der Nähe zu den pneumologischen Kliniken der Klinikum Westfalen GmbH in Lünen-Brambauer sowie auch Dortmund-Brackel hält die Geschäftsführung einen Ankauf der Gemeinschaftspraxis im Hinblick auf eine optimale Steuerung von Patientenströmen sowie die Synergien, die sich aus der Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung ergeben, für strategisch zielführend und zukunftsweisend. Für den Standort Klinik am Park als Lungen­fach­zentrum würde mit der Gründung eines entsprechenden MVZ sichergestellt, dass dauerhaft pneumologische Zuweisungen in ausreichender Zahl erfolgen, da es sich bei der Praxis schon heute um einen der Hauptfacheinweiser für die Pneumologie handelt und im Falle des Nichter­werbs zudem das Risiko besteht. Ein Erwerb ist dringend angeraten.

 

Die Geschäftsführung der Klinikum Westfalen GmbH beabsichtigt, eine MVZ-Träger GmbH zu gründen, die das bilanzierte Anlagevermögen sowie den ideellen Wert der pneumologischen Gemeinschaftspraxis erwirbt. Zudem ist beabsichtigt, die Ärzte unter Verzicht ihrer Vertragsarzt­zulassung in der MVZ-Träger GmbH zu beschäftigen.

 

Es wird ein wirtschaftlicher Betrieb des MVZ prognostiziert, in dessen Rahmen der Kaufpreis innerhalb von acht Jahren über den Cashflow (Jahresergebnis zzgl. Abschreibungen) erwirt­schaftet wird.

 

Die Geschäftsführung der Klinikum Westfalen GmbH hat das konkrete Konzept, eine umfassende Wirtschaftlichkeitsberechnung sowie die weiteren erforderlichen Umsetzungsschritte in der Sitzung des Aufsichtsrates der Klinikum Westfalen GmbH am 26.08.2019 detailliert vorgestellt.

 

Der Aufsichtsrat der Klinikum Westfalen GmbH hat in der Sitzung folgenden Beschluss gefasst:

 

Vorbehaltlich der Zustimmung des Vorstandes der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, der Räte der Städte Kamen und Lünen und der erforderlichen Anzeige­ver­fahren beim Bundesversicherungsamt (BVA) sowie der Kommunalaufsicht, hat der Aufsichtsrat wie folgt beschlossen:

 

1.   Der Aufsichtsrat der Klinikum Westfalen GmbH empfiehlt der Gesellschafterversammlung der Klinikum Westfalen GmbH, die Geschäftsführung mit der Gründung der MVZ Klinikum Westfalen GmbH am Standort Klinik am Park Lünen-Brambauer auf der Grundlage des vorgestellten Gesamtkonzepts und der vorgelegten Vertragsentwürfe zu beauftragen und die Geschäftsführer der Klinikum Westfalen GmbH in diesem Zusammenhang zu ermächtigen, alle dazu erforderlichen Verfahren durchzuführen.

2.   Der Aufsichtsrat der Klinikum Westfalen GmbH stimmt der Anzahl und der Zusammen­setzung der Mitglieder des im Gesellschaftsvertrag der MVZ Klinikum Westfalen GmbH verankerten Aufsichtsrates zu.

 

4. Bewertung

 

Das MVZ-Konzept zeigt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Gründung und zum Betrieb in Krankenhausträgerschaft erfüllt werden und die Investitions- und Anschubfinanzierung sichergestellt werden kann. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers GmbH (PwC) prognostiziert einen wirtschaftlichen Betrieb des MVZ.

 

Die umsatzsteuerliche Organschaft im KBS-Organkreis und die unmittelbare Steuerungsmöglichkeit durch die Verantwortlichen der Klinikum Westfalen GmbH werden sichergestellt.

 

Der besonderen Konkurrenzsituation eines MVZ in Krankenhausträgerschaft wurde durch eine frühzeitige Einbindung der Knappschaftsärzte Rechnung getragen. Seitens des Bundesverbandes der Knappschaftsärzte wurden keine grundsätzlichen Bedenken geäußert.

 

Trotz verbleibender Risiken aus der Konkurrenz zum niedergelassenen Bereich befürwortet der Aufsichtsrat der Klinikum Westfalen GmbH nach sorgfältiger Prüfung die MVZ-Gründung zur Sicherstellung von Krankenhauszuweisungen und zur Weiterentwicklung der Verzahnung der ambulanten und stationären Behandlung. Durch den Betrieb des MVZ in Trägerschaft der Klinikum Westfalen GmbH wird in Lünen die Versorgungssicherheit der Patienten auf dem Gebiet der Pneumologie dauerhaft sichergestellt. Außerdem wird durch die Klinik für Pneumologie sichergestellt, dass qualitativ hochwertige ausgebildete Ärzte auch in Zukunft die ambulante Versorgung gewährleisten.

 

 

5. Zusammensetzung Aufsichtsrat

 

Aus dem Entwurf des Gesellschaftsvertrages (Anlage 1) folgt, dass der Aufsichtsrat der MVZ Klinikum Westfalen GmbH aus fünf Aufsichtsratsmitgliedern bestehen soll, wobei drei der Mitglieder aus den Reihen der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS) und jeweils ein Mitglied aus den Reihen der Städte Lünen und Kamen zu entsenden sind, wobei die Mitglieder aus dem Kreise des Aufsichtsrates der Klinikum Westfalen GmbH zu wählen sind. Seitens der DRV KBS wurden die Erste Direktorin sowie zwei weitere Aufsichtsratsmitglieder der Klinikum Westfalen GmbH in den Aufsichtsrat der MVZ Klinikum Westfalen GmbH entsendet. Die Stadt Kamen beabsichtigt, ihre Bürgermeisterin als Aufsichtsratsmitglied für die MVZ Klinikum Westfalen GmbH zu benennen. Die Geschäftsführung der Klinikum Westfalen GmbH schlägt in Bezug auf die Stadt Lünen vor, das städtische Aufsichtsratsmitglied der Klinikum Westfalen GmbH in den Aufsichtsrat der MVZ Klinikum Westfalen GmbH zu entsenden. Die kommunalr­echtlichen Anforderungen gemäß § 108 Abs. 5 GO NRW werden sichergestellt. Der Gesell­schafts­vertrag wird entsprechend angepasst.

 

 

6. Weiteres Vorgehen

 

Der Vorstand der DRV KBS hat die Gründung des MVZ befürwortet. Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS vormals Bundesversicherungsamt) hat dem Vorhaben ebenfalls zugestimmt (Anlage 2). Derzeit stimmt die Geschäftsführung der Klinikum Westfalen GmbH die Verträge (Mietverträge, Arbeitsverträge etc.) mit den Praxisinhabern ab, um einen reibungslose Übergang der Praxis  zu gewährleisten.

 

Im Folgenden werden die Entscheidungen der Ausschuss- und Ratssitzungen der Städte Kamen und Lünen abgewartet, die zwischen dem 25.02.2020 und dem 12.03.2020 stattfinden.

 

Nach Zustimmung der Räte zur MVZ-Gründung soll zeitnah an die letzte Ratssitzung eine Gesellschafterversammlung der Klinikum Westfalen GmbH einberufen werden. Im Rahmen dieser Gesellschafterversammlung wird die MVZ Klinikum Westfalen GmbH gegründet.

Nach Gründung der MVZ Klinikum Westfalen GmbH sollen die Gespräche mit den Mitarbeitern der Praxis geführt werden, um diese über den bevorstehenden Betriebsübergang zu informieren. Weiterhin werden weitere Akteure des Gesundheitswesens (Prospervorstand, Konkurrenzhäuser etc.) über das Vorhaben informiert.

 

Geplant ist dann, dem Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) am 02.04.2020 die erforderlichen Unterlagen zum MVZ zu übermitteln. Am 14.05.2020 wird eine positive Entscheidung des Zulassungsausschusses der KVWL erwartet.

 

Unter Einhaltung der vorbenannten zeitlichen Abfolge wird das MVZ zum 01.07.2020 in Betrieb genommen.

 


Anlagen:

 

 

1.    Entwurf Gesellschaftsvertrag

2.    Schreiben des BVA vom 10.12.2019