Betreff
Ladeinfrastruktur für Elektromobilität
hier: Prüfbericht der Verwaltung
Vorlage
039/2019
Art
Mitteilungsvorlage

In der Sitzung des Umwelt- und Klimaschutzausschusses am 27.04.2017 wurde die Verwaltung beauftragt, Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die Erstellung eines Konzeptes zur Installation und zum Betrieb von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Kamen zu prüfen und über die Ergebnisse dem Umwelt- und Klimaschutzausschuss zu berichten.

Die Verwaltung hat die Erstellung eines Konzeptes zur Installation und zum Betrieb von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Kamen umfassend geprüft und stellt im Ergebnis eine kurzfristige Erarbeitung eines konkreten Konzeptes zunächst zurück.

Es ist aus heutiger Sicht sehr unverhältnismäßig, eine notwendige Analyse des kurz- bis mittelfristigen Bedarfs (2019 bis 2022) an Ladeinfrastruktur durchzuführen. Die zu beachtenden Parameter und die dazugehörigen Daten liegen überhaupt nicht vor und müssten aufwendig von deutschlandweiten Daten auf die Stadt heruntergebrochen werden bzw. selber erhoben werden. Bei der Entwicklung einer E-Ladeinfrastruktur verfolgt die Verwaltung daher eine Strategie in Teilschritten, in enger Absprache mit den GSW, um auf die sich ständig ändernden Grundbedingungen und der Nachfrageveränderungen reagieren zu können.

Grundsätzliche Planungen zum weiteren Ausbau der E-Ladeinfrastruktur und die Recherche sowie Nutzung von Fördermitteln finden seitens der Verwaltung bereits statt.

 

Im Rahmen der Umsetzung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes der Stadt Kamen befasst sich die Verwaltung bereits mit der Thematik E-Mobilität und demnach auch mit dem Thema E-Ladeinfrastruktur.

 

Die Erstellung eines Konzepts, welches die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zur Installation und zum Betrieb von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität im Stadtgebiet abdeckt, würde eine Analyse des kurz- und mittelfristigen Bedarfs an Ladeinfrastruktur im Stadtgebiet erfordern. Diese Analyse ist aus Sicht der Verwaltung zumindest derzeit nicht möglich. Dies hat seine Gründe zum einen in der Belastbarkeit der Daten und zum anderen mit der Vorhersagegenauigkeit im Zusammenhang mit dem zu wählenden Zeithorizont auf dieser Maßstabsebene.

 

Die Schwierigkeit einer solchen Analyse besteht darin, genaue Annahmen zur Entwicklung des Bedarfs anhand von Umfragedaten und Modellszenarien aufzustellen. Auf Bundesebene wurde dieses, im Auftrag der Bundesregierung, in der Studie „LADEN 2020 (2016)“ vom Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt sowie vom Karlsruher Instituts für Technologie durchgeführt. Eine fundierte Methode, um den Bedarf an E-Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum zu bestimmen, existierte bis dahin nicht.

Die Studie kam zu dem Schluss, dass in Deutschland der Bedarf an E-Ladeinfrastruktur im Jahr 2020 bei etwa 33.000 öffentlichen und halböffentlichen Ladepunkten im Alltagsverkehr liegt. Hinzu kämen circa 2.600 Ladepunkte für den Fernverkehr. Je nach Gestaltung der „Normalladeinfrastruktur“ könnten zudem bis zu 4.000 Schnellladepunkte sinnvoll sein.

Als Grundlage der Studie wurde allerdings davon ausgegangen, dass im Jahr 2020 bereits eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein werden.

Rechnerisch würden sich in dieser Studie 25 Elektrofahrzeuge einen dieser Ladepunkte teilen.

 

Wegen der schleppenden Marktdurchdringung von reinen Elektrofahrzeugen und dem damit verbundenen geringen Bestand hat die Bundesregierung bereits im Jahr 2018 Abstand vom 1-Million-Ziel in 2020 genommen. Der tatsächliche Bedarf an Ladepunkten dürfte daher ebenso geringer ausfallen als in dieser Studie angenommen.

 

Das Kraftfahrtbundesamt weist zum Stichtag 1. Januar 2019 lediglich 83.175 reine Elektro-PKW aus. Zeitgleich berichtet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft zum Jahreswechsel, dass dieser bereits 16.100 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte in seinem Ladesäulenregister führt. Damit teilen sich rein rechnerisch fünf Elektroautos einen dieser Ladepunkte. Nicht mit eingerechnet sind dabei die privaten Lademöglichkeiten (Wallbox und Schuko-Steckdose), welche aktuell noch den größten Teil des Ladestroms bereitstellen.

 

Schon diese Abweichungen von Ursprungsannahmen und eingetretener Realität zeigen, wie hoch die Unsicherheiten bei derartigen Vorhersagen sind. Es kann daher nicht als sinnvoll angesehen werden, zu versuchen, die bundesweiten Daten auf das Stadtgebiet herunterzurechnen, um eine konkrete Ladesäulenanzahl und deren Entwicklung für Kamen zu erhalten.

 

Es mangelt also an einem anerkannten Berechnungstool, um die den zukünftigen Bedarf auf Bundes-, Landes- oder gar Kommunalebene prognostizieren zu können.

 

Immerhin lässt sich erkennen, dass trotz der geringen Modellvielfalt und den meist hohen Preisen in der Anschaffung, der Fahrzeugbestand mit alternativen Antrieben in Deutschland in den letzten Jahren, wenn auch auf niedrigem Niveau, ein starkes proportionales Wachstum verzeichnet. Gerade die Jahre 2020 und 2021 werden als Schlüsseljahre für die elektrische Mobilität gehandelt. Dies hat vor allem mit der Umsetzung der EU-Vorgabe zum Flottenausstoß bei Neuwagen von 95 g CO2/km zu tun. Ein Ziel, das viele Hersteller nur schaffen werden, wenn es ihnen gelingt, eine Vielzahl an Elektro-Autos abzusetzen. Es ist also nicht verwunderlich, dass gerade für diese Jahre eine Modelloffensive quer durch alle Preissegmente von den Herstellern angekündigt wird. 

 

Zum anderen gehen Experten davon aus, dass in diesem Zeitraum, aufgrund der Skaleneffekte, die Kosten für die Batterieproduktion erstmals deutlich unter 100 $ / kWh fallen werden. Diese gelten als Schwellenwert, welcher es möglich machen soll, ein Elektro-Auto, bei gleichwertiger Ausstattung, günstiger herzustellen, als ein Auto mit Verbrennungsmotor.

 

Die Verwaltung muss daher auch erkennen, dass die Entwicklung des Fahrzeugbestandes mit Elektroantrieb nicht sicher vorhersehbar ist. Daher kann ein Konzept auch keine gesicherten Aussagen über die zukünftige Quantität der Nachfrage treffen.

Standorte, die bevorzugt realisiert werden sollen, sind bereits identifiziert. 

 

Durch die Förderrichtlinie „Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland“, welche Anfang 2017 in Kraft getreten ist, war es den Gemeinschaftsstadtwerken Kamen, Bergkamen, Bönen (GSW) bereits möglich, erste E-Ladesäulen aufzustellen - eine davon an der Bahnhofsstraße in Kamen. Eine weitere Ladesäule, mit einem Ladepunkt, ist Bestandteil der Ausschreibung für das Projekt „Umgestaltung der Ortsmitte in Heeren Werve“. Wie bei diesem Projekt, will die Verwaltung auch zukünftig bei Erneuerungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Einzelfall prüfen, ob ein Ausbau der Ladeinfrastruktur am jeweiligen Standort sinnvoll ist.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verwaltung der Elektromobilität gegenüber sehr aufgeschlossen ist und befürwortet diese. Jedoch sind zum aktuellen Zeitpunkt die zu betrachtenden Rahmenbedingungen und Voraussetzungen zu instabil und es gibt zu viele Variablen für die Erstellung eines Konzeptes mit längerfristigen Aussagen zur Installation und zum Betrieb von Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Kamen. Aussagen, die nach aktueller Datenlage getroffen werden könnten, können mit diesem dynamischen Prozess nicht mithalten.