hier: Auswertung der Verkehrsmessung und weiteres Vorgehen
Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird beauftragt, temporär eine Abbindung der Hansastraße
von/zur Dortmunder Allee für Kraftfahrzeuge vorzunehmen und die
Verkehrssituation in der Hansastraße weiter zu beobachten.
Die Auswirkungen dieser Maßnahme sollen in der 2. Jahreshälfte 2019 durch
erneute Verkehrsmessungen überprüft werden.
Der Planungs- und Straßenverkehrsausschuss ist über die Ergebnisse zu
unterrichten.
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
Bei der Stadtverwaltung ist eine Kopie eines an die Kreispolizeibehörde
Unna gerichteten Schreibens der Eheleute Eugen und Monika Bay mit Datum vom
03.04.2018 eingegangen. Mit diesem Schreiben (s. Anlage) wird Beschwerde über
die Verkehrssituation in der Hansastraße eingelegt.
Eine Prüfung durch das Ratsbüro ergab, dass dieses Schreiben als
Bürgerbeschwerde gem. § 24 GO NRW zu werten ist und somit die Zuständigkeit
beim Haupt- und Finanzausschuss des Rates der Stadt Kamen liegt. In der Sitzung
am 23.04.2018 hat der Haupt- und Finanzausschuss die Bürgerbeschwerde der
Eheleute Bay zur weiteren Beratung und Beschlussfassung an den Planungs- und
Straßenverkehrsausschuss verwiesen.
In ihrem Schreiben weisen die Eheleute Bay darauf hin, dass nach eigener
Beobachtung von Kraftfahrzeugen die zulässige Höchstgeschwindigkeit regelmäßig
nicht unerheblich überschritten werde. Des Weiteren wird darauf hingewiesen,
dass von der Dortmunder Allee aus oftmals Fahrzeuge verbotswidrig in die
Hansastraße einfahren würden und diese Verbindung als Abkürzung genutzt werde.
Gefordert wird eine dauerhafte Lösung, z.B. durch den Einbau von
Fahrbahnschwellen.
Zur Vorbereitung einer sachlichen Beratung und Beschlussfassung hat die
Verwaltung im Juli 2018 Verkehrsmessungen in der Hansastraße durchgeführt, die
jedoch nicht auswertbar waren, weil das Messgerät beschädigt war. Die Messungen
sind dann im Januar 2019 wiederholt worden.
Die Hansastraße ist eine Anliegerstraße ohne baulich angelegte Gehwege.
Sie ist vollständig mit dem VZ 325 als „Verkehrsberuhigter Bereich“
ausgewiesen. Hieraus ergibt sich, dass die Verkehrsfläche als
Mischverkehrsfläche für Kfz und Fußgänger genutzt werden kann. Gem. den Vorschriften
der StVO ist folgendes zu beachten:
· Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt.
· Der Fahrzeugverkehr muss Schrittgeschwindigkeit (max 7 km/h) einhalten.
·
Die Fahrzeugführer
dürfen die Fußgänger weder gefährden noch behindern; wenn nötig müssen sie
warten.
·
Die
Fußgänger
dürfen den Fahrverkehr nicht unnötig behindern.
· Das Parken ist außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen unzulässig, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen und zum Be- oder Entladen.
Die Ausweisung der Hansastraße als verkehrsberuhigter Bereich wird neben der erforderlichen Beschilderung zusätzlich mit Piktogrammen auf der Straße verdeutlicht. Für den ruhenden Verkehr sind Flächen gekennzeichnet.
Im Jahre 2018 wurden mit der Schließung einer Bäckerei und der Verlegung
einer Arztpraxis Nutzungen in der Hansastraße aufgegeben, die in der
Vergangenheit zu einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen in dieser Straße geführt
haben.
Die Messung, die vom 18. bis 23. Januar 2019 durchgeführt wurde, ergab
somit auch ein für die Bedeutung und Funktion der Straße nachvollziehbares
Fahrzeugaufkommen von rd. 120 bis 200 Fahrzeugen (insges. f. beide
Fahrtrichtungen) je Messtag.
Auffällig waren jedoch die erfassten Geschwindigkeiten an der Messtelle.
Die V85[1]
als verkehrstechnische Kenngröße für die Einhaltung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit lag im Bereich von 30 – 31 km/h und damit deutlich über
der dort maximal zulässigen Geschwindigkeit von 7 km/h. Von insgesamt 912
gemessenen Kraftfahrzeuge haben 6 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 7
km/h und insgesamt 43 eine Geschwindigkeit von max. 10 km/h eingehalten. 136
Kfz wurden mit einer Geschwindigkeit von über 30 km/h gemessen, z.T. deutlich
mit über 50 km/h.
Im Ergebnis sollten aus Sicht der Verwaltung Maßnahmen ergriffen werden,
die geeignet sind, die Verkehre in der Hansastraße weiter zu beschränken
und/oder geschwindigkeitsdämpfend wirken. Folgende Möglichkeiten bieten sich
an:
1.
Ausweisung
als Tempo 30 – Zone. Hierdurch würde die zulässige
Höchstgeschwindigkeit an die derzeitige tatsächliche verkehrliche Situation in
der Straße angepasst werden. Die Hansastraße verfügt jedoch nicht über Gehwege.
Da eine Mischverkehrsfläche in Tempo 30 Zonen, die Fußgängern die Nutzung der
Fahrbahn erlaubt, nicht vorgesehen ist, müssten entsprechend Gehwege baulich
angelegt werden. Dafür wäre voraussichtlich ein umfassender und
kostenintensiver Umbau der Straße erforderlich.
2.
Vollausbau
als Verkehrsberuhigter Bereich. Hierbei könnten z.B. eine Verschwenken
oder Einengen der Fahrbahn, Einbauten und gestalterische Elemente
geschwindigkeitsreduzierend wirken. Ein solcher Umbau führt in der Regel dazu,
dass sich die Zahl der möglichen Stellplätze im Straßenraum deutlich reduziert.
Auch bei dieser Variante wäre ein umfassender und kostenintensiver Um- bzw.
Ausbau der Straße erforderlich.
3.
Maßnahmen
zur Beschränkung des Verkehres, z.B. Verminderung des Durchgangsverkehres
zur Dortmunder Allee oder punktuelle geschwindigkeitsreduzierende Einbauten
(z.B. Schwellen, Kissen o.ä.).
Die Verwaltung schlägt vor, zunächst die (derzeit regelmäßig
verkehrswidrig genutzte) Zufahrt von der Dortmunder Allee in die Hansastraße
und zugleich die Ausfahrt zur Dortmunder Allee mit Pollern zu unterbinden, so
dass sie nur noch für Fußgänger und Radfahrer nutzbar bleibt. Hierdurch wird
eine Durchfahrt für Verkehre durch die Hansastraße, die nicht ihre Quelle oder
Ziel in der Hansastraße haben, weitestgehend ausgeschlossen.
Durch die Verkehrszeichen und die zusätzlichen Piktogramme ist davon
auszugehen, dass sich alle Fahrer in der Hansastraße bewusst sind über die
Ausweisung als Spielstraße. Ggfls. sind jedoch nicht alle oben aufgeführten
Vorschriften bekannt, so dass eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll
sein kann, insbesondere vor dem Hintergrund, dass perspektivisch nur noch von
Anliegerverkehr auszugehen ist, die die Hansastraße nutzen werden. Zusätzlich könnten
die Einfahrtsbereiche in die Hansastraße an der Perthesstraße und am Schleppweg
baulich so umgestaltet werden, dass der Unterschied zur Tempo-30-Zone deutlich
wird.
Vom Einbau von Schwellen, Kissen o.ä. sollte abgesehen werden, da diese
insbesondere auf Mischverkehrsflächen eine Gefahr für Radfahrer darstellen und
eine Barriere für mobilitätseingeschränkte Personen (Rollator) sein können.
Daher müssten diese mit einem ausreichenden seitlichen Abstand in der
Fahrbahnmitte eingebaut werden, wodurch zusätzliche Konfliktpunkte entstehen
können, da Kfz-Fahrer in der Regel versuchen zumindest mit einer Spur diese zu
umfahren, also gerade in dem Bereich, in dem dann auch Fußgänger und Radfahrer
unterwegs sind. Zudem würde durch ein Überfahren von Schwellen oder Kissen
sowie von Geschwindigkeitsanpassungen zusätzlicher Lärm erzeugt.
Die Verwaltung schlägt daher vor, temporär eine Abbindung von/zur
Dortmunder Allee für Kraftfahrzeuge vorzunehmen und die Verkehrssituation in
der Hansastraße dann weiter zu beobachten. Die Auswirkungen dieser Maßnahme
sollen in der 2. Jahreshälfte 2019 durch erneute Verkehrsmessungen überprüft
werden. Der Planungs- und Straßenverkehrsausschuss ist über die Ergebnisse zu
unterrichten.
[1]
Die V85
ist eine Kennzahl, die eingesetzt wird, um bei Geschwindigkeitsmessungen das
gemessene Geschwindigkeitsniveau vergleichbar zu machen und beurteilen zu
können. Per Definition ist die V85 die Geschwindigkeit, die von 85%
der gemessenen Fahrer eingehalten wird und von 15% der Fahrer überschritten wird.
Damit werden die sehr schnellen Fahrer außer Betracht gelassen. Dadurch soll
verhindert werden, dass es durch einzelne besonders schnelle Fahrzeuge zu einer
verfälschten Aussage über die Gesamtsituation beim Geschwindigkeitsniveau
kommt. Die V85 ist damit ein in der Verkehrsplanung allgemein
gültiger und praktisch gut nutzbarer Indikator.