Betreff
Bürgerbeschwerde gem. § 24 GO NRW zur Verkehrssituation in der Hansastraße
hier: Auswertung der Verkehrsmessung und weiteres Vorgehen
Vorlage
034/2019
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, temporär eine Abbindung der Hansastraße von/zur Dortmunder Allee für Kraftfahrzeuge vorzunehmen und die Verkehrssituation in der Hansastraße weiter zu beobachten.
Die Auswirkungen dieser Maßnahme sollen in der 2. Jahreshälfte 2019 durch erneute Verkehrsmessungen überprüft werden.
Der Planungs- und Straßenverkehrsausschuss ist über die Ergebnisse zu unterrichten.

 


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Bei der Stadtverwaltung ist eine Kopie eines an die Kreispolizeibehörde Unna gerichteten Schreibens der Eheleute Eugen und Monika Bay mit Datum vom 03.04.2018 eingegangen. Mit diesem Schreiben (s. Anlage) wird Beschwerde über die Verkehrssituation in der Hansastraße eingelegt.

 

Eine Prüfung durch das Ratsbüro ergab, dass dieses Schreiben als Bürgerbeschwerde gem. § 24 GO NRW zu werten ist und somit die Zuständigkeit beim Haupt- und Finanzausschuss des Rates der Stadt Kamen liegt. In der Sitzung am 23.04.2018 hat der Haupt- und Finanzausschuss die Bürgerbeschwerde der Eheleute Bay zur weiteren Beratung und Beschlussfassung an den Planungs- und Straßenverkehrsausschuss verwiesen.

 

In ihrem Schreiben weisen die Eheleute Bay darauf hin, dass nach eigener Beobachtung von Kraftfahrzeugen die zulässige Höchstgeschwindigkeit regelmäßig nicht unerheblich überschritten werde. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass von der Dortmunder Allee aus oftmals Fahrzeuge verbotswidrig in die Hansastraße einfahren würden und diese Verbindung als Abkürzung genutzt werde. Gefordert wird eine dauerhafte Lösung, z.B. durch den Einbau von Fahrbahnschwellen.

 

Zur Vorbereitung einer sachlichen Beratung und Beschlussfassung hat die Verwaltung im Juli 2018 Verkehrsmessungen in der Hansastraße durchgeführt, die jedoch nicht auswertbar waren, weil das Messgerät beschädigt war. Die Messungen sind dann im Januar 2019 wiederholt worden.

 

Die Hansastraße ist eine Anliegerstraße ohne baulich angelegte Gehwege. Sie ist vollständig mit dem VZ 325 als „Verkehrsberuhigter Bereich“ ausgewiesen. Hieraus ergibt sich, dass die Verkehrsfläche als Mischverkehrsfläche für Kfz und Fußgänger genutzt werden kann. Gem. den Vorschriften der StVO ist folgendes zu beachten:

 

·         Fußgänger dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt.

·         Der Fahrzeugverkehr muss Schrittgeschwindigkeit (max 7 km/h) einhalten.

·         Die Fahrzeugführer dürfen die Fußgänger weder gefährden noch behindern; wenn nötig müssen sie warten.

·         Die Fußgänger dürfen den Fahrverkehr nicht unnötig behindern.

·         Das Parken ist außerhalb der dafür gekennzeichneten Flächen unzulässig, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen und zum Be- oder Entladen.

 

Die Ausweisung der Hansastraße als verkehrsberuhigter Bereich wird neben der erforderlichen Beschilderung zusätzlich mit Piktogrammen auf der Straße verdeutlicht. Für den ruhenden Verkehr sind Flächen gekennzeichnet.

 

Im Jahre 2018 wurden mit der Schließung einer Bäckerei und der Verlegung einer Arztpraxis Nutzungen in der Hansastraße aufgegeben, die in der Vergangenheit zu einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen in dieser Straße geführt haben.

 

Die Messung, die vom 18. bis 23. Januar 2019 durchgeführt wurde, ergab somit auch ein für die Bedeutung und Funktion der Straße nachvollziehbares Fahrzeugaufkommen von rd. 120 bis 200 Fahrzeugen (insges. f. beide Fahrtrichtungen) je Messtag.

Auffällig waren jedoch die erfassten Geschwindigkeiten an der Messtelle. Die V85[1] als verkehrstechnische Kenngröße für die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit lag im Bereich von 30 – 31 km/h und damit deutlich über der dort maximal zulässigen Geschwindigkeit von 7 km/h. Von insgesamt 912 gemessenen Kraftfahrzeuge haben 6 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 7 km/h und insgesamt 43 eine Geschwindigkeit von max. 10 km/h eingehalten. 136 Kfz wurden mit einer Geschwindigkeit von über 30 km/h gemessen, z.T. deutlich mit über 50 km/h.

 

Im Ergebnis sollten aus Sicht der Verwaltung Maßnahmen ergriffen werden, die geeignet sind, die Verkehre in der Hansastraße weiter zu beschränken und/oder geschwindigkeitsdämpfend wirken. Folgende Möglichkeiten bieten sich an:

 

1.    Ausweisung als Tempo 30 – Zone. Hierdurch würde die zulässige Höchstgeschwindigkeit an die derzeitige tatsächliche verkehrliche Situation in der Straße angepasst werden. Die Hansastraße verfügt jedoch nicht über Gehwege. Da eine Mischverkehrsfläche in Tempo 30 Zonen, die Fußgängern die Nutzung der Fahrbahn erlaubt, nicht vorgesehen ist, müssten entsprechend Gehwege baulich angelegt werden. Dafür wäre voraussichtlich ein umfassender und kostenintensiver Umbau der Straße erforderlich.

 

2.    Vollausbau als Verkehrsberuhigter Bereich. Hierbei könnten z.B. eine Verschwenken oder Einengen der Fahrbahn, Einbauten und gestalterische Elemente geschwindigkeitsreduzierend wirken. Ein solcher Umbau führt in der Regel dazu, dass sich die Zahl der möglichen Stellplätze im Straßenraum deutlich reduziert. Auch bei dieser Variante wäre ein umfassender und kostenintensiver Um- bzw. Ausbau der Straße erforderlich.

 

3.    Maßnahmen zur Beschränkung des Verkehres, z.B. Verminderung des Durchgangsverkehres zur Dortmunder Allee oder punktuelle geschwindigkeitsreduzierende Einbauten (z.B. Schwellen, Kissen o.ä.).

 

Die Verwaltung schlägt vor, zunächst die (derzeit regelmäßig verkehrswidrig genutzte) Zufahrt von der Dortmunder Allee in die Hansastraße und zugleich die Ausfahrt zur Dortmunder Allee mit Pollern zu unterbinden, so dass sie nur noch für Fußgänger und Radfahrer nutzbar bleibt. Hierdurch wird eine Durchfahrt für Verkehre durch die Hansastraße, die nicht ihre Quelle oder Ziel in der Hansastraße haben, weitestgehend ausgeschlossen.

 

Durch die Verkehrszeichen und die zusätzlichen Piktogramme ist davon auszugehen, dass sich alle Fahrer in der Hansastraße bewusst sind über die Ausweisung als Spielstraße. Ggfls. sind jedoch nicht alle oben aufgeführten Vorschriften bekannt, so dass eine begleitende Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll sein kann, insbesondere vor dem Hintergrund, dass perspektivisch nur noch von Anliegerverkehr auszugehen ist, die die Hansastraße nutzen werden. Zusätzlich könnten die Einfahrtsbereiche in die Hansastraße an der Perthesstraße und am Schleppweg baulich so umgestaltet werden, dass der Unterschied zur Tempo-30-Zone deutlich wird.

Vom Einbau von Schwellen, Kissen o.ä. sollte abgesehen werden, da diese insbesondere auf Mischverkehrsflächen eine Gefahr für Radfahrer darstellen und eine Barriere für mobilitätseingeschränkte Personen (Rollator) sein können. Daher müssten diese mit einem ausreichenden seitlichen Abstand in der Fahrbahnmitte eingebaut werden, wodurch zusätzliche Konfliktpunkte entstehen können, da Kfz-Fahrer in der Regel versuchen zumindest mit einer Spur diese zu umfahren, also gerade in dem Bereich, in dem dann auch Fußgänger und Radfahrer unterwegs sind. Zudem würde durch ein Überfahren von Schwellen oder Kissen sowie von Geschwindigkeitsanpassungen zusätzlicher Lärm erzeugt.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, temporär eine Abbindung von/zur Dortmunder Allee für Kraftfahrzeuge vorzunehmen und die Verkehrssituation in der Hansastraße dann weiter zu beobachten. Die Auswirkungen dieser Maßnahme sollen in der 2. Jahreshälfte 2019 durch erneute Verkehrsmessungen überprüft werden. Der Planungs- und Straßenverkehrsausschuss ist über die Ergebnisse zu unterrichten.



[1] Die V85 ist eine Kennzahl, die eingesetzt wird, um bei Geschwindigkeitsmessungen das gemessene Geschwindigkeitsniveau vergleichbar zu machen und beurteilen zu können. Per Definition ist die V85 die Geschwindigkeit, die von 85% der gemessenen Fahrer eingehalten wird und von 15% der Fahrer überschritten wird. Damit werden die sehr schnellen Fahrer außer Betracht gelassen. Dadurch soll verhindert werden, dass es durch einzelne besonders schnelle Fahrzeuge zu einer verfälschten Aussage über die Gesamtsituation beim Geschwindigkeitsniveau kommt. Die V85 ist damit ein in der Verkehrsplanung allgemein gültiger und praktisch gut nutzbarer Indikator.