hier: Stellungnahme der Stadt Kamen
Beschlussvorschlag:
Das vom Regionalverband Ruhr (RVR) erarbeitete Zukunftskonzept für den
regionalen Alltagsradverkehr in der Metropole Ruhr wird als Bedarfsplan für den
Regionalen Radverkehr unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Stadt Kamen unterstützt.
Der Regionalverband Ruhr (RVR) wird gebeten, mit den dafür zuständigen
Ministerien auf Landes- und Bundesebene die Weiterentwicklung und Umsetzung des
Bedarfsplans für den Regionalen Radverkehr voranzutreiben.
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
Auf Grundlage eines Beschlusses der
Verbandsversammlung aus dem Jahr 2012 hat der RVR die Konzeption eines
regionalen Radwegenetzes vorgenommen. Im Gegensatz zu dem gut ausgebauten
touristischem Radwegenetz, stehen hier nun Verbindungen für den Alltagsradverkehr
im Vordergrund. Das Konzept wird kein Bau- bzw. Ausbauprogramm sein, sondern
vielmehr ein Zielkonzept, auf dessen Grundlage die zukünftige Weiterentwicklung
einer hierarchischen Radverkehrsinfrastruktur in der Metropole Ruhr erfolgen
kann. Hieraus können sich dann Ausbaubedarfe ergeben, so dass Finanzmittel
zielgerichtet eingesetzt werden können. Gleichzeitig kann ein solches Konzept
Grundlage für die Beantragung und Bereitstellung von Fördermitteln sein.
Die Stadt Kamen war in einem Arbeitskreis
eng in die Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfes eingebunden, in
teilregionalen Arbeitskreisen wurden das Netz gemeinsam mit dem beauftragten
Gutachtern und dem RVR abgestimmt. Dennoch gibt es zu dem vorgelegtem Stand
Anmerkungen durch die Verwaltung (s. Stellungnahme der Verwaltung).
Der Planungs- und Straßenverkehrsausschuss
wurde über die Entwicklung des regionalen Radwegenetzes in der Sitzung am
28.11.2017 informiert (Mitteilungsvorlage 121/2017).
Der RVR hat zur Beteiligung der örtlichen
Gremien eine Mustervorlage erstellt. Weitergehende Informationen,
insbesondere der Erläuterungsbericht der Gutachter zur Netzkonzeption ist
abrufbar unter: https://www.metropoleruhr.de/regionalverband-ruhr/informelle-planung/verkehr-und-mobilitaet/regionales-radwegenetz.html
Mustervorlage des RVR:
Hintergrund:
Die Mobilität und die damit zusammenhängenden aktuellen sowie die
zukünftig erreichbaren Verkehrsleistungen des Radverkehrs stehen in den
europäischen Metropolen und Ballungsräumen in einem starken Fokus der Verkehrsentwicklungsplanung.
Um in diesen Wachstumsregionen die Mobilität und den daraus resultierenden
Verkehr für Menschen und Güter zu sichern, muss die Verkehrsleistung des
Radverkehrs im Rahmen einer integrierten Mobilitätsstrategie deutlich gesteigert
und als vollwertiger Verkehrsträger betrachtet werden. Gleichzeitig übernimmt
der Radverkehr wichtige Funktionen im Rahmen klimafreundlicher,
stadtverträglicher, leiser, kostengünstiger und gesunder Mobilität.
Investitionen in den Radverkehr sind gleichzeitig Investitionen in eine
höhere Lebensqualität und leisten einen wesentlichen Beitrag zur Luftreinhaltung.
Der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur schafft neue Mobilitätsangebote für
Bewohnerinnen und Bewohner auf ihren täglichen Wegen, hilft,
Verkehrsbelastungen zu mindern und Staus zu reduzieren. Auch im Wirtschaftsverkehr
wird die Auslieferung von Waren per Lastenrad eine zunehmend größere Rolle
einnehmen.
Dank neuester Technik, und immer öfter mit elektrischer Unterstützung,
erweitern sich beim Radverkehr die Mobilitätsmöglichkeiten und Pendeldistanzen.
Neben kommunaler Radverkehrsinfrastruktur rücken somit auch
städteübergreifende Verbindungen in den Fokus. So selbstverständlich es ist,
dass Mobilität nicht an Stadtgrenzen endet, so selbstverständlich muss es
werden, dass städteübergreifende Mobilität neben dem PKW, dem ÖPNV und dem SPNV
auch mit dem Fahrrad möglich ist. Dementsprechend müssen Radverkehrskonzepte
nicht nur kommunal, sondern auch regional gedacht und umgesetzt werden. Der
Regionalverband Ruhr (RVR) nimmt hierzu mit seinen gesamtregionalen
Aktivitäten bereits heute mit dem Radschnellweg Ruhr (RS1) und den Planungen
zum Radschnellweg Mittleres Ruhrgebiet zusammen mit dem Land
Nordrhein-Westfalen eine bedeutende Rolle ein.
Zielsetzung
Ziel der Weiterentwicklung des Regionalen
Radwegenetzes ist die konzeptionelle Entwicklung eines hierarchischen
Radwegenetzes für den Alltagsverkehr. Damit erhält die Metropole Ruhr ein
Zukunftskonzept in Sachen Radverkehr (Bedarfsplan)
Mit der Weiterentwicklung des Konzepts für das Regionale Radwegenetz
liegt nun eine adäquate und zukunftsorientierte Infrastrukturplanung für den
Radverkehr im Entwurf vor. Gemeinsam mit den vier Kreisen, 53 Kommunen,
zahlreichen Institutionen und Verbänden wurde ein Bedarfsplan für das
Alltagsradverkehrsnetz in der Metropole Ruhr entwickelt. Ziel dieser Konzeption
ist es, für die Bevölkerung in der Metropole Ruhr, adäquate, alltagstaugliche
Radverkehrsverbindungen unter Berücksichtigung bestehender Verbindungen bereitzustellen.
Aufbauend auf den Beschlüssen der
Verbandsversammlung des RVR zur Drucksache Nr. 13/1030 (VV vom 23.03.2018) und 13/0564 (VV am
30.09.2016) wird dieses Konzept mit Unterstützung des Planungskonsortiums
Planersocietät, Dortmund und Planungsbüro VIA, Köln erarbeitet. In die
fachliche Erarbeitung sind Kommunen, Kreise, Emschergenossenschaft/
Lippeverband, Straßen.NRW, Wasserstraßen und Schifffahrtsverwaltung, Industrie-
und Handelskammer, Handwerkskammer, Landwirtschaftskammer, Verkehrsverbund
Rhein-Ruhr, Zweckverband Nahverkehr Westfalen Lippe, Allgemeiner Deutscher
Fahrradclub (ADFC), RuhrTourismus GmbH (RTG) und Business Metropole Ruhr (BMR)
eingebunden. Bereits mit den Vorlagen Nr.
13/0723 und Nr. 13/0806 wurden die zuständigen Fachgremien des RVR über die
Arbeitsstände in Kenntnis gesetzt.
Das Konzept des Regionalen Radwegenetzes aus
dem Jahr 2012 (VV Beschluss vom 25.06.2012) stellt für den RVR bereits heute
die Grundlage für die Planung, den Bau und den Betrieb von regionalen
Radwegeverbindungen in der Metropole Ruhr dar. Mit dem bestehenden Konzept
werden die regionalen Radwegeplanungen und -projekte, der damit
zusammenhängende Grunderwerb, die Fördermittelakquise, die Bestandssicherung
und -pflege, ein koordinierendes Routen- und Qualitätsmanagement sowie ein
gemeinsames Marketing mit der RTG für bestimmte Themenrouten definiert. Das
bisherige Netz ist – abgesehen vom Radschnellweg Ruhr RS 1 – eher
freizeitorientiert. Allerdings werden einige dieser regionalen Trassen bzw.
Routen in regionalen, aber auch innerstädtischen Netzzusammenhängen für
Alltagswege, insbesondere Berufswege, genutzt. Diese Entwicklung – nicht
zuletzt auch durch die steigende Nutzung von Pedelecs und der damit zusammenhängenden
Vergrößerung der Reichweiten sowie den NRW- und deutschlandweiten Planungen zu
Radschnellverbindungen, die ebenfalls auf die Zielgruppe Alltagsverkehr
fokussieren – greift der RVR mit diesem Projekt auf.
Ziel des Konzepts zur Weiterentwicklung des
Regionalen Radwegenetzes ist es, das bestehende Netz für die Alltagsmobilität
weiter zu qualifizieren und gleichzeitig Synergieeffekte für das Freizeit-
bzw. das touristische Netz und dessen Entwicklungsbedarfe zu berücksichtigen.
Dieses künftige Netz soll entsprechend der zu
erwartenden Nutzung in drei Kategorien aufgebaut werden:
·
Radschnellverbindungen
·
Radhauptverbindungen
·
Radverbindungen.
Prämisse bei der Netzplanung ist es, eine Anbindung
aller Städte und Gemeinden in einem verbandsweiten Radverkehrsnetz
sicherzustellen. Relevante Verbindungen über die Grenzen des Verbandsgebietes
hinaus werden selbstverständlich ebenfalls berücksichtigt. Die kommunale
Binnenerschließung wird weiterhin in eigenen Radverkehrskonzeptionen der
Städte und Gemeinden behandelt.
Erarbeitungsprozess
Seit Ende 2016 erfolgt die Bearbeitung der
konzeptionellen Weiterentwicklung des Regionalen Radwegenetzes (Abbildung 1)
in enger Abstimmung mit allen Projektbeteiligten.
Abbildung 1: Erarbeitungsprozess des Projektes
Über jeweils zwei Arbeitskreise pro Teilregion
(West, Mitte, Ost) im Mai und September 2017 konnte das fachliche Wissen der
kommunalen und institutionellen Vertreterinnen und Vertreter in die
Arbeitsschritte mit einfließen. Die Bereitschaft zur Mitwirkung bei der
Konzeption war durchgehend hoch. Insbesondere die Verknüpfung mit den
kommunalen Radverkehrsnetzen, Qualitätsstandards, die Potenziale für den
Alltagsradverkehr sowie die Konkretisierung des Netzes (Umlegung) wurden vor
Ort thematisiert.
Außerdem wurden im Arbeitskreis Regionale Mobilität
beim RVR im Dezember nochmals alle Netzelemente für das gesamte Verbandsgebiet
dargestellt. Die Gelegenheit zu weiteren fachlichen Ergänzungen oder Änderungen
wurde bis Mitte Januar 2018 intensiv von den Prozessbeteiligten genutzt.
Darüber hinaus wurde im Mai 2018 jeweils eine
Teilraumkonferenz pro Teilregion mit den kommunalen, institutionellen und
politischen Vertreterinnen und Vertretern durchgeführt.
Methodik
Die methodische Erarbeitung der Konzeption kann
vereinfacht in fünf Arbeitsschritte aufgeteilt werden.
- Netzplanung
- Potentialanalyse
- Qualitätsstandards
- Konkretisierung des
Netzes/ Umlegung
- Bestandsanalyse und
Handlungsbedarfe
1. Netzplanung
Zunächst wurden die Verbindungen zwischen den
einzelnen Kommunen richtlinienkonform zugeordnet. Dabei wurden die Einstufungen
der Kommunen nach dem Landesentwicklungsplan NRW (LEP NRW) in Ober-, Mittel-
und Grundzentren zur Einordnung der Kommunen berücksichtigt:
- z. B. zwischen zwei
Oberzentren maximal 25 km
- z. B. zwischen zwei
Mittelzentren maximal 20 km
- z. B. zwischen zwei
Grundzentren maximal 15 km
Am Ende dieses Arbeitsschrittes steht das
entwickelte Luftliniennetz, welches die Kommunen innerhalb des Verbandsgebietes
und die an den RVR angrenzenden Städte miteinander verbindet (Abbildung 1 der
Anlage 1).
2. Potenzialanalyse
Eine Abschätzung der Radverkehrspotenziale im
Verlaufe der Luftlinien ist von hoher Bedeutung bei der Weiterqualifizierung
dieses Netzes. Einfließende Parameter zur Abschätzung der Radverkehrspotentiale
sind Pendler, Einkaufs- und Freizeitverkehre, die Entfernungen zwischen den
Zielen, Binnenverkehre, der bestehende und ein prognostizierter Modal-Split
(10% – 35%) sowie die Topographie des Streckenverlaufes.
Unter Ansatz dieser Eingangsgrößen wurde für
alle Luftlinienverbindungen das jeweilige Nutzenden-Potenzial ermittelt und
eine Zuordnung zu drei Kategorien getroffen:
·
Regionale Radschnellverbindung
bei mehr als 2000 Radfahrenden pro Tag,
·
Regionale Radhauptverbindung bei
500 bis 2000 Radfahrenden pro Tag,
·
Regionale Radverbindung bei
weniger als 500 Radfahrenden pro Tag.
Die Abbildung 2 in der Anlage 1 zeigt das
Ergebnis dieses Arbeitsschritts.
3. Qualitätsstandards
Um den aufgezeigten Potenzialen auch über eine
geeignete Radverkehrsinfrastruktur gerecht zu werden, wurden für die drei
Kategorien die in Abbildung 3 der Anlage 1 dargestellten Qualitätsstandards
(auf Grundlage vorhandener Richtlinien) entwickelt. Die jeweiligen Querschnittsdarstellungen
zeigen die Aufteilung des Verkehrsraumes am Beispiel von separat geführten
Radwegen:
- Radschnellverbindungen
(4 m Radweg und 2,50 m Fußweg)
- Radhauptverbindungen
(3 m Radweg und 2 m Fußweg)
- Radverbindungen
(2,50 m bis 3 m gemeinsamer Fuß-/Radweg)
4. Konkretisierung des Netzes/
Umlegung
Für jede Radverbindungsachse
(Luftlinie) wurde gemeinsam mit den kommunalen Vertretern und Vertreterinnen
eine konkrete, räumlich verortete Führung fachlich identifiziert. Die Konkretisierung
der Führung für eine Verbindung im Alltagsradverkehr erfolgte unter der Prämisse,
möglichst direkte und schnelle Führungen herzustellen. Hierbei kann es sich um
eine vorhandene Radverkehrsverbindung im Straßen- und Wegenetz handeln, oder um
eine neue Führung. Dies bedeutet, dass je nach Erfordernis eine neue Planung
und somit ein Neubau oder eine Umgestaltung eines Straßenraums vorgeschlagen
wird. Der Entwurf dieses Alltagsradwegenetzes ist in Abbildung 4 der Anlage 1
dargestellt.
5. Bestandsanalyse und
Handlungsbedarfe
Das Konzept soll auch erste Aussagen zu den
Handlungsbedarfen treffen. Daher wurde
anhand von aktuellen Luftbildern und unter Verwendung der Datenbank von
Straßen.NRW die Möglichkeit der jeweiligen Führungen geprüft und
Handlungsbedarfe identifiziert und Kostenannahmen dafür getroffen. Das Konzept
lässt den Gebietskörperschaften und weiteren Trägern den Raum für eine
Konkretisierung unter Berücksichtigung der regionalen Bedeutung von
Netzabschnitten.
Erste Ergebnisse der Untersuchung
Das aus den oben dargestellten Bausteinen entwickelte Konzept für das
Regionale Radwegenetz für den Alltagsradverkehr hat eine gesamte Länge von
rund 1.800 km. Die Streckenlängen teilen sich auf die drei Kategorien wie
folgt auf:
1. Regionale
Radschnellverbindungen (rund 336 km inkl. RS1 und RS MR)
- Regionale Radhauptverbindungen (rund 691 km)
- Regionale
Radverbindungen (rund 779 km)
Die als potenzielle Radschnellverbindungen identifizierten Strecken
würden nach dem Straßen- und Wegegesetz des Landes NRW vorwiegend in die
Trägerschaft des Landes fallen. Die als regionale Radhauptverbindungen und
regionale Radhauptverbindungen identifizierten Achsen liegen in den jeweiligen
Zuständigkeiten der Baulastträger.
Weitere Vorgehensweise
Die Konzeption wurde im Juni 2018 in Form eines
Berichtes GIS-Datensätzen den Kommunen und Kreisen sowie den regionalen
Akteuren im Verbandsgebiet zu einer halbjährlichen Befassung bereitgestellt.
Die im Verlauf dieser Befassung eingehenden Hinweise und Anregungen werden vom
RVR ausgewertet. Daran anschließend wird die Konzeption nochmals in den
politischen Gremien des RVR, voraussichtlich im 2. Quartal 2019,
behandelt.
Die Ergebnisse dieser Konzepterarbeitung dienen
u.a. als Grundlage für Gespräche auf Bundes – und Landesebene mit dem Verkehrsministerium
sowie dem Landesbetrieb Straßen.NRW.
Stellungnahme der Stadt Kamen:
Die Entwicklung eines
hierarchischen Radverkehrsnetzes für den Alltagsverkehr wird ausdrücklich
begrüßt und unterstützt. Gerade für die Alltags-(Pendler-)Verkehre mit dem Fahrrad
bedarf es direkter, gut ausgebauter Verbindungen. Nur so kann nachhaltig eine
Verlagerung von Kfz-Fahrten erreicht werden.
In der aktuellen Entwurfsfassung
(Anlage 2) wird für die Verbindung zwischen Bönen und Kamen eine Strecke
dargestellt, die in großen Teilen über den Seseke-Weg führt. Während der
Seseke-Weg eine sehr gute Strecke für den Freizeitradverkehr darstellt, ist er
aus Sicht der Stadt Kamen für den Alltagsverkehr ungeeignet. Dies gilt auch für
den Fall, dass die Wegeoberfläche z.B. asphaltiert werden würde.
Der Alltagsradverkehr orientiert
sich vielmehr an direkten Verbindungen, oft an vorhandenen
Hauptstraßenverbindungen. Aus Sicht der Stadt Kamen ist daher für die
Verbindung von Bönen nach Kamen eine Streckenführung entlang der Heerener
Straße zu wählen. Neben der direkten Führung ohne Bögen um Aufforstungsflächen
oder Wechsel der Gewässerseite, ist dies auch eine belebtere Strecke,
insbesondere im Schülerverkehr, von besonderer Bedeutung.
In der Entwurfsdarstellung von
November 2016 war eine Verbindung entlang der Heerener Straße auch dargestellt.
Eine Abweichung hiervon findet nicht die Zustimmung der Stadt Kamen.
Entsprechend wird der RVR aufgefordert dies zu ändern.