– Evaluation –
Sachverhalt und Begründung (einschl.
finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung)
1. Das Familienbüro der Stadt Kamen – Ausgangslage und Zielsetzung
Mit der Einrichtung
eines Familienbüros wird das Ziel verfolgt, allen Kamener Familien mit Kindern
eine Anlaufstelle für Fragen rund um das Thema Familie zu bieten. Das Angebot
soll niedrigschwellig sein und den Charakter eines offenen Beratungs- und
Vermittlungsangebots einnehmen. Dem Familienbüro kommt in diesem Zusammenhang
eine Lotsenfunktion zu, indem es Familien auch über die eigene Beratung hinaus
bei Bedarf Informationen beschafft und an relevante Einrichtungen und Dienste
weiterleitet. Beratung und Informationsvermittlung sind dabei stets durch
Neutralität geprägt. Das Familienbüro bietet niedrigschwellige Leistungen im
Rahmen der Prävention und ist abgekoppelt von den Aufgaben der Abteilung
Soziale Dienste zu sehen. Dabei ist es einer von mehreren Bausteinen im Bereich
von Frühen Hilfen.
In der zweiten
Sitzung des Jahres 2015 am 11.06.2015 wurde im Jugendhilfeausschuss der
Beschluss gefasst, in Kamen ein Familienbüro zu eröffnen. Damit verbunden war
der Auftrag der Evaluation des Angebots. Die Eröffnung des Familienbüros fand
am 18.01.2016 statt.
2. Räumlichkeiten des Familienbüros
Das Familienbüro
wurde in der sog. „Alten Villa“ (Rathausplatz 4, Kamen) eingerichtet. Die Alte
Villa ist vielen Kamener Familien durch die Räumlichkeiten der Beratungsstelle
für Kinder, Jugendliche und Eltern der Städte Bergkamen und Kamen im
Erdgeschoss bereits gut bekannt.
Die Beratungsräume
des Familienbüros befinden sich im 1. Obergeschoss der Alten Villa. Ein barrierefreier
Zugang ist mit einem Aufzug über den Seiteneingang möglich. Die Räume sind
farblich ansprechend und familienorientiert gestaltet. Es wurde ein
Wartebereich eingerichtet, der ebenso wie die Beratungsräume mit Spiel- und
Krabbelecken ausgestattet wurde. Auf diese Weise soll Eltern und Kindern eine
entspannte Gesprächssituation ermöglicht werden. Der Wartebereich wurde inzwischen
wegen des Bedarfs an zusätzlichen Arbeitsplätzen aufgegeben, ebenfalls musste
der Raum für Spielmöglichkeiten reduziert werden.
Für ältere Kinder
stehen verschiedene Bücher, Gesellschaftsspiele und Mal- und Bastelmaterialien
zur Verfügung. Ein Wickelplatz für Babys und Kleinkinder ist ebenfalls
vorhanden. Die Sitzecken aus Rattan schaffen eine gemütliche Atmosphäre und
sollen sich bewusst von der Arbeitsplatzeinrichtung einer Behörde absetzen.
Zusätzlich gibt es für die Besucher/-innen des Familienbüros ein kostenloses
Getränkeangebot von Kaffee, Tee und Wasser.
Die für die
Arbeitsorganisation und Informationsvermittlung notwendigen technischen Voraussetzungen
sind vorhanden. Mit Hilfe des Druckers bzw. des Kopierers können Informationsmaterialien
nach individuellen Bedürfnissen der Familien zur Verfügung gestellt werden.
Aktuelle Flyer und Broschüren zu verschiedenen Themen stehen gut sichtbar in
einem Informationsständer zur Verfügung.
3. Angebot, Personal und Erreichbarkeit
Das Familienbüro
deckt ein vielfältiges Aufgabenspektrum ab. Es fungiert gleichermaßen als
Informationsstelle, als Beratungsstelle und als Interessenvertretung.
Gleichzeitig kommt ihm eine Lotsenfunktion zu, indem Familien bei Bedarf und
ggf. in enger Begleitung an zuständige Stellen und Einrichtungen (z.B.
Fachdienste des Jugendamtes, Beratungsstellen freier Träger, Familienzentren)
vermittelt werden. Dies ist insbesondere durch die starke Netzwerkorientierung
möglich. Über alldem ist die Serviceorientierung das zentrale Charakteristikum
des Familienbüros.
Vor diesem
Hintergrund bündelt das Familienbüro bislang die folgenden Dienste und Angebote:
Offene Sprechstunde
Das Kamener
Familienbüro bietet immer montags in der Zeit von 15.00 bis 18.00 Uhr eine
offene Sprechstunde an. Familien haben während dieser Zeit die Möglichkeit, das
Familienbüro ohne Termin aufzusuchen und können stets sicher sein, eine/-n
Ansprechpartner/-in anzutreffen.
Die
personelle Besetzung erfolgt im Rotationsprinzip durch die Mitarbeiter/-innen
der nachfolgend aufgeführten Fachdienste, so dass immer mindestens zwei
Fachkräfte für die Beratung zur Verfügung stehen. Auf diese Weise wird eine
verlässliche Öffnung des Familienbüros gewährleistet. Außerhalb der
Öffnungszeiten sind entweder Mitarbeiter/-innen der einzelnen Dienste
erreichbar oder es ist ein Anrufbeantworter geschaltet.
Familienhebamme
Über den
Förderverein für Jugendhilfe (FörJu) wird eine Familienhebamme beschäftigt, die
ebenfalls über das Familienbüro erreichbar ist. Der inhaltliche Schwerpunkt
liegt auf der psychosozialen und gesundheitlichen Betreuung und Begleitung von
Schwangeren und Familien mit Kindern im ersten Lebensjahr mit erhöhtem
Unterstützungsbedarf. Neben individueller Begleitung und Unterstützung werden
seitens der Familienhebamme auch Sprechstunden in externen Einrichtungen
angeboten, u.a. in der Beratungsstelle für Schwangerschaftskonflikte und
Familienplanung der Diakonie in Kamen.
Terminvereinbarungen
erfolgen individuell. Darüber hinaus ist sie telefonisch und per E-Mail sowie
über den Träger FörJu zu erreichen.
Familienservice
Auf der rechtlichen
Grundlage des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG)
bietet der Familienservice allen Kamener Familien mit Neugeborenen einen
ungezwungenen Hausbesuch an, um den Fachbereich Jugend als Ansprechpartner für
die Fragen und Anliegen von Familien vorzustellen. In diesem Zusammenhang wird
den Familien ein „Begrüßungspaket“ mit vielfältigen Informationen zum Thema
Kind und Familie überreicht. Bei Bedarf werden Eltern Frühe Hilfen angeboten
und vermittelt. Der Familienservice ist auch jenseits der Willkommensbesuche
stets für Familien ansprechbar und in den Räumen des Familienbüros erreichbar.
Terminvereinbarungen
erfolgen individuell. Darüber hinaus ist der Familienservice telefonisch und
per E-Mail erreichbar.
Schulsozialarbeit
Im Rahmen des
Familienbüros findet die Beratung des Arbeitsbereiches Schulsozialarbeit statt.
Die Aufgaben liegen hierbei insbesondere bei der Unterstützung zu Fragen rund
um die Antragstellung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes (BuT). Doch
auch sachstandsbezogene Beratungsgespräche mit Kindern, Jugendlichen und
Familien im Rahmen der Einzelfallhilfe sowie die Unterstützung bei
altersspezifischer Orientierungslosigkeit und dementsprechend die Weiterleitung
an externe Fachkräfte, sind
Erfordernisse welche hier eine Räumlichkeit
finden.
Die
Schulsozialarbeiter/-innen sind u.a. im Familienbüro tätig insbesondere im
Rahmen der offenen Sprechstunde ansprechbar.
Beratung von Familien mit Fluchterfahrung
Im Oktober 2016
wurde eine zentrale Anlaufstelle für Familien mit Migrationshintergrund und
Fluchterfahrung eingerichtet. Damit wird das Ziel der verbesserten Integration
in Kamen verfolgt. Das Aufgabenspektrum reicht von der Begleitung der Familien
z.B. zu Ärzten und Behörden über die Koordination verschiedener Angebote bis
hin zur Vermittlung zu anderen Diensten und Einrichtungen.
In den
Räumlichkeiten der Alten Villa ist darüber hinaus – unabhängig von den
Angeboten des Familienbüros – die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und
Eltern der Städte Bergkamen und Kamen untergebracht und im Rahmen einer
wöchentlichen Sprechstunde immer montags in der Zeit von 9.00 bis 10.30 Uhr
sowie nach Vereinbarung erreichbar.
4. Nutzung, Akzeptanz und Bewertung des Familienbüros
Die offene
Sprechstunde wurde mit der Eröffnung des Familienbüros in der Alten Villa neu
eingeführt, während die einzelnen Fachdienste bereits seit längerem tätig und
etabliert sind. Vor diesem Hintergrund liegt der Schwerpunkt der Ausführungen
zu Nutzung und Akzeptanz in der offenen Sprechstunde.
Je nach
Bereitschaft der Besucher des Familienbüros wird ein „Fragebogen zur Qualitätssicherung“
angeboten. Zudem findet nach jeder Beratung eine Dokumentation durch die Fachkraft
statt. Die Daten zur Person werden anonym behandelt. Besteht ein weiterer
Beratungsbedarf der Familie oder ist eine Kontaktaufnahme gewünscht, werden die
Personendaten nach Absprache erfasst.
Die Evaluation des
Angebots der offenen Sprechstunde erfolgt damit insgesamt auf vier Ebenen:
1.
Daten
zur Angebotsnutzung
2.
Dokumentation
seitens der Fachkräfte
3.
Besucherfragebogen
zur Qualitätssicherung
4.
Wahrnehmung
der Fachkräfte
Angebotsnutzung
Das Angebot der
offenen Sprechstunde wurde unter Berücksichtigung der Öffnungszeit von drei
Stunden wöchentlich zufriedenstellend angenommen. Die Sprechstunde wurde zu jedem
Termin besucht, bei einer Spannweite von einem bis zu neun Besuchern/Besucherinnen
pro Termin. Im Durchschnitt haben fünf Personen pro Woche die offene
Sprechstunde aufgesucht. Mehrheitlich haben Mütter und/oder Väter von jüngeren
Kindern die Beratung in Anspruch genommen, zu den Besuchern gehörten in einigen
Fällen jedoch auch Jugendliche oder Senioren. Das Familienbüro wird von Kamener
Bürgern/Bürgerinnen aus allen Alters- und Sozialschichten mit und ohne
Migrationshintergrund aufgesucht.
Viele Familien
haben darüber hinaus auch außerhalb der Sprechzeiten versucht, das Familienbüro
telefonisch zu kontaktieren, wie aus dem Anrufbeantworter und Anruflisten hervorgeht.
Schließlich fand die Vermittlung von Informationen, z.B. zum
Familienbesuchsdienst, auch auf telefonischem Weg statt.
Das nachgefragte
Themenspektrum im Rahmen der Beratungen war vielfältig, darüber gibt die Dokumentation
seitens der Fachkräfte Aufschluss. Einen Schwerpunkt bildeten Belange von
Familien mit Kindern unter drei Jahren. Die Themen reichten von Geschwistern
mit geringem Altersabstand, über Informationen zu Krabbelgruppen oder weiteren
Freizeit-, Spiel- und Sportangeboten, über Familienangebote und
Mutter-Kind-Gruppen bis hin zur Kindertagesbetreuung. Weitere Beratungsinhalte
waren finanzielle Aspekte, z.B. zum Thema Elterngeld und Kindergeld, Beratungen
und Antragstellungen im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets oder weitere
finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten für Jugendliche. Darüber hinaus ging es
um den Übergang von der Schule in den Beruf, Paarbeziehungen junger Eltern,
allgemeines Interesse an der Arbeit und den Räumlichkeiten des Familienbüros
und andere mehr. Die Tätigkeit des Familienbüros reichte dabei von der
Informationsvermittlung über konkrete Beratungen bis hin zur Weitervermittlung
an andere Institutionen.
Bewertung des Angebots aus Sicht der Nutzer
Der Zugang zu den
Räumen des Familienbüros wird von den Familien als unkompliziert erlebt. Bei
Bedarf werden Besucher/-innen durch die Fachkräfte beim Zugang zum Aufzug
unterstützt. Die Beschilderung des Familienbüros wird teilweise als zu
unauffällig eingeschätzt. Einige Familien regen den Einsatz bunter und größerer
Schilder an, da diese als ansprechender wahrgenommen werden und den Zugang zum
Familienbüro weiter erleichtern könnten. Die Räumlichkeiten selbst werden
ansprechend wahrgenommen und als „freundlich“ und „einladend“ beschrieben.
Besonders vorteilhaft wird die bewusste räumliche Trennung von Familienbüro und
Rathaus bzw. Jugendamt hervorgehoben, dies beschreiben Familien häufig als
„entspannend“. Die Spielmöglichkeiten für Kinder und die „lockere
Beratungssituation“ werden durchgehend gut, freundlich und hilfreich erlebt.
Die Besucher/-innen gaben an, dass ihre Anliegen verstanden wurden, dass
ausreichend Zeit zur Verfügung stand und äußerten sich insgesamt zufrieden.
Besonders positiv wurde schließlich hervorgehoben, dass Angebote für Familien
unter einem Dach gebündelt werden, sodass vielfältige Informationen bei kurzen
Wegen verfügbar sind. In diesem Zusammenhang wurde in einigen Fällen angeregt,
dass auch die Beratung zur Kinderbetreuung im Familienbüro angesiedelt werden könnte.
Kritisiert werden
die begrenzten Öffnungszeiten des Familienbüros an nur einem Nachmittag in der
Woche, die teilweise als Zugangsschwelle zur Nutzung des Angebots erlebt
werden. Viele Familien wünschen sich die Ausweitung der Öffnungszeiten auf mehrere
Wochentage, wobei insbesondere die zusätzliche Öffnung an einem oder mehreren
Vormittagen gewünscht wird.
Bewertung des Angebots aus Sicht der Fachkräfte
Die
Mitarbeiter/-innen des Familienbüros haben im Kontext ihrer Tätigkeit die
Erfahrung gesammelt, dass über den Rahmen des Familienbüros ein besserer Zugang
zu Familien möglich wird und aus erster Hand Erkenntnisse über die
tatsächlichen Bedarfe vor Ort erlangt werden können. Die Bündelung der
verschiedenen familienorientierten Dienste stellt aus ihrer Sicht einen Gewinn
für das Familienbüro dar, da die unterschiedlichen Kompetenz- und
Wissensbereiche wesentlich zu einer schnellen und unkomplizierten
Informationsvermittlung und Hilfestellung beitragen. Durch die Kooperation mit
anderen familienrelevanten Einrichtungen und Organisationen ergeben sich zudem
messbare Synergieeffekte.
Die insgesamt
einladende Gestaltung der Räumlichkeiten trägt zu einer für Familien entspannenden
Atmosphäre bei. Kritisch wird angemerkt, dass der ursprünglich eingerichtete
Wartebereich sowie das Beratungszimmer aus Ressourcengründen mit
Schreibtischarbeitsplätzen bestückt wurden. Diese Umstrukturierung habe im
Laufe des Jahres zu einer Verschlechterung der Beratungssituation geführt,
insbesondere weil anwesenden Kindern während der Beratung weniger Platz zum
Spiel zur Verfügung steht. Gewünscht wird daher mehr Platz für die
Beratungsarbeit sowie die Wiedereinrichtung eines Wartebereichs. Perspektivisch
sind zudem Rahmenbedingungen zu schaffen, die auch vertraulichen oder besonders
emotionalen Gesprächssituationen besser gerecht werden.
Bezüglich des
Zugangs zum Familienbüro wird eine deutlichere Kennzeichnung im Außenbereich
der Alten Villa bzw. am Eingang angeregt, um das Familienbüro im Stadtbild
präsenter zu machen.
5. Bilanz und Ausblick
Auf der Grundlage
der vorliegenden Evaluation kann festgehalten werden, dass die Bündelung verschiedener
familienorientierter Fachdienste unter dem Dach des Familienbüros sich bewährt
hat. Mit dem Familienbüro wird ein insgesamt positives Image assoziiert, was besonders
durch den ausgeprägten Servicecharakter und die räumliche Trennung von Jugendamt
und Rathaus begünstigt wird. Dies führt zu einer guten Akzeptanz bei Familien,
sowohl was die Nutzerzahlen als auch die Zufriedenheit mit der angebotenen
Beratung betrifft.
Gleichzeitig hat
die Evaluation auch einige Entwicklungspotenziale offen gelegt. Diese bestehen
insbesondere im Bereich der Öffnungszeiten. Um Familien noch mehr und besser zu
erreichen, erscheint eine Ausweitung der Öffnungszeiten sinnvoll. Sowohl die
expliziten Rückmeldungen von Familien als auch die Häufigkeit der
Kontaktversuche außerhalb der festgelegten Sprechzeiten lassen diesen Schluss
zu. Ein weiterer Punkt betrifft die Etablierung und Sichtbarmachung des
Familienbüros im Stadtbild und bei Kamener Familien. Zu nennen sind hier z.B.
eine gut sichtbare Beschilderung oder ein Logo mit Wiedererkennungswert. Mit
weiteren Ankerangeboten können schließlich der Bekanntheitsgrad des Familienbüros
verstärkt, Zugangsschwellen bei Informations- und Beratungsbedarfen potenziell
gesenkt und Nutzerzahlen erhöht werden.
Ein gut
aufgestelltes Familienbüro kann ein zentraler Baustein für die
Familienfreundlichkeit der Stadt Kamen sein. Mit dem Ziel, den Charakter des
Familienbüros als zentrale und niedrigschwellige Service- und Lotsenstelle für
Familien in Kamen weiter zu stärken, sollte das Konzept des Familienbüros
gezielt weiterentwickelt werden.