Beschlussvorschlag:
Der Rat der Stadt Kamen nimmt den vorgelegten ersten
Verfahrensbrief zur Kenntnis und beschließt,
1. für
die Auswahl des Konzessionärs die im Verfahrensbrief genannten Auswahlkriterien
mit entsprechender Gewichtung heranzuziehen;
2. dass der vorgelegte Entwurf des Konzessionsvertrages Grundlage für die Abgabe der zunächst indikativen und später verbindlichen Angebote der Bewerber ist.
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
1. Ausgangssituation
Die Stadt Kamen hat am 13.12.1994 einen Stromkonzessionsvertrag mit der GSW Gemeinschaftswerke GmbH Kamen-Bönen-Bergkamen mit Wirkung zum 01.01.1995 geschlossen. Der Vertrag endet zum 31.12.2014 und soll mit Laufzeitbeginn zum 01.01.2015 neu abgeschlossen werden.
Die Versorgung der Bürger mit leitungsgebundener Energie ist nur durch
Leitungen möglich, die in öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen verlegt
werden. Konzessionsverträge sind Wegenutzungsverträge, auf deren Grundlage eine
Kommune einem Energieversorgungsunternehmen (EVU) das Recht einräumt, ihre
öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb eines Energienetzes
zur allgemeinen Versorgung auf die Dauer von maximal 20 Jahren, z. B. für
Strom, zu nutzen.
Als Gegenleistung für die Wegenutzung erhält die Kommune eine
Konzessionsabgabe. Der zulässige Höchstbetrag und die Bemessung der Abgabe sind
in der Konzessionsabgabenverordnung geregelt.
Aspekte der übrigen Wertschöpfungsstufen der leitungsgebundenen
Energieversorgung, wie z. B. der
Energievertrieb, sind seit der Energierechtsreform 2005 gemäß
Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) nicht
Gegenstand des Konzessionsvertrages.
Die Neuvergabe der Stromkonzession richtet sich nach § 46
Abs. 3 EnWG und, auf Grund ihrer Einordnung als Dienstleistungskonzession, nach
den allgemeinen Vergabegrundsätzen (Diskriminierungsfreiheit, Wettbewerb und
Transparenz).
Hierbei ist sicherzustellen, dass die in § 1 EnWG (Zweck des Gesetzes) formulierten Ziele erreicht werden. Danach ist eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung sicherzustellen. Daraus ergibt sich, dass alle Auswahlkriterien hinsichtlich der Bewertung der Angebote verschiedener Netzbetriebsinteressenten, die mit den vorgenannten Leitlinien vereinbar sind, Unterscheidungsmerkmale bilden.
·
Unzulässige
Kriterien
sind alle Aspekte, die mit dem Gegenstand des Konzessionsvertrages nichts
zu tun haben. Hierzu gehören Fragen der Energieerzeugung/-gewinnung, wie der
Errichtung von EEG-Anlagen, Einsatz von Atomenergie und Energie aus
Kohlekraftwerken etc. sowie im Bereich des Energievertriebes/-handels
(umweltfreundliche Ökostromprodukte).
·
Zulässige
Kriterien
sind unter anderem Sicherheit, Preisgünstigkeit, Umweltverträglichkeit und
Qualität des Netzes, die Effizienz des Netzbetriebs, die Regelungen zu
Baumaßnahmen und zur Konzessionsabgabe sowie zur Übertragung des Netzes bei
Beendigung des Vertrages.
Das Kartellvergaberecht nach dem Gesetz gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) findet keine Anwendung, da der Abschluss eines
Konzessionsvertrages keine Vergabe eines öffentlichen Auftrages gemäß § 99 Abs.
1 GWB darstellt. Die von der Kommune getroffene Entscheidung ist gemäß § 46
Abs. 3 EnWG öffentlich bekannt zu machen.
2. Vorbereitung des Konzessionierungsverfahrens
Die Stadt hat die Fachkanzlei für Energiewirtschaftsrecht Becker/Büttner/Held
unter anderem mit Sitz in Köln mit der Betreuung der Durchführung des
Konzessionierungsverfahrens beauftragt und beabsichtigt, das Verfahren, wie
nachstehend erläutert, zu betreiben:
2.1. Bekanntmachung
Nach § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG ist die Stadt Kamen
verpflichtet, spätestens 2 Jahre vor Ablauf der Konzessionsverträge, das
Vertragsende und einen ausdrücklichen Hinweis auf die von der Stadt in
geeigneter Form zu veröffentlichenden Daten sowie den Ort der Veröffentlichung
im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Die Bekanntmachung des
Vertragsendes der Stromkonzession ist am 28.12.2012 im Bundesanzeiger erfolgt.
2.2. Interessenbekundung und Bereitstellung von Daten
Die in der Bekanntmachung festgesetzte Interessenbekundungsfrist
endet am 28.03.2013 um 12.00 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt können
Energieversorgungsunternehmen ihr Interesse am Abschluss eines
Stromkonzessionsvertrages schriftlich gegenüber der Stadt Kamen bekunden.
Die vom bisherigen Konzessionsinhaber, den GSW Gemeinschaftsstadtwerken GmbH
Kamen-Bönen-Bergkamen, bereitgestellten Daten können seit dem 03.01.2013 auf
der Homepage der Stadt Kamen (http://www.stadt-kamen.de) eingesehen werden.
2.3. Erster Verfahrensbrief und Versendung des
Entwurfes eines
Konzessionsvertrages
Im Anschluss an die Interessenbekundungsfrist wird die Stadt Kamen diejenigen Bewerber, die ihr Interesse am Abschluss eines Stromkonzessionsvertrages bekundet haben, mit dem in der Anlage beigefügten ersten Verfahrensbrief zur Abgabe eines zunächst indikativen Angebotes auffordern.
Der erste Verfahrensbrief informiert die Bewerber über den Verlauf des weiteren Konzessionierungsverfahrens und teilt ihnen die für die Vergabeentscheidung des Rates der Stadt Kamen maßgeblichen Auswahlkriterien und deren Gewichtung mit. Der zwischen der Verwaltung und der Fachkanzlei abgestimmte Entwurf dieses ersten Verfahrensbriefes ist Bestandteil dieser Vorlage und als Anlage I beigefügt.
Eine Änderung der den Bewerbern mitgeteilten Auswahlkriterien im laufenden Konzessionierungsverfahren ist nicht zulässig. Dies widerspräche dem Grundgedanken der Diskriminierungsfreiheit und könnte von einem Bewerber mit der Folge angegriffen werden, dass das Konzessionierungsverfahren von Beginn an zu wiederholen wäre.
Im Rahmen der Auswahlentscheidung ist die Stadt Kamen gemäß § 46 Abs. 3 S. 5 EnWG den Zielen des § 1 EnWG (sicherer, preisgünstiger, verbraucherfreundlicher, effizienter und umweltverträglicher Netzbetrieb) verpflichtet.
Des Weiteren bietet der Neuabschluss des Konzessionsvertrages die Möglichkeit, den künftig neuen Konzessionsvertrag u. a. mit folgenden Inhalten kommunalfreundlicher zu gestalten:
·
Das EVU soll gemäß § 5 des Vertragsentwurfes bei
Störungen des Netzbetriebes über die Ursache und voraussichtliche Dauer sowie
mögliche Rechte von Kunden gegenüber dem EVU über Internet, Radio etc.
informieren und in ausreichendem Umfang Kundencenter im Vertragsgebiet
unterhalten.
·
Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren
Energien sowie für Kraft-Wärme-Kopplung sollen nach § 6 innerhalb von sechs
Wochen ab Beantragung des Netzanschlusses an das örtliche Stromverteilnetz
angeschlossen werden.
·
Es ist ferner gemäß § 7 des Vertragsentwurfes
vorgesehen, dass das neue EVU die Stadt bei Aufstellung eines örtlichen
Konzeptes zur rationellen und umweltgerechten Deckung des Energiebedarfes
unterstützt und auch energiewirtschaftliche Daten hierfür zur Verfügung stellt.
Im Rahmen der Umsetzung eines örtlichen Energiekonzeptes soll das neue EVU dazu
beitragen, den Verbrauch an Energie zu reduzieren, regenerative Energien
nutzbar zu machen und Kraft-Wärme-Kopplungspotentiale zu erschließen.
·
Der Vertragsentwurf soll laut § 10 auch die
Inanspruchnahme städtischer Grundstücke, die nicht öffentliche Straßen, Wege
und Plätze sind, regeln. Sollte das künftige EVU von diesem Recht Gebrauch
machen, so hat es hierfür ein angemessenes Gestattungsentgelt an die Stadt zu
zahlen und die Kosten der dinglichen Sicherung des Rechtes im Grundbuch zu
tragen.
·
Gemäß § 11 des Vertragsentwurfes darf das EVU
bei Bauarbeiten Zugänge zu angrenzenden Grundstücken sowie den Anliegerverkehr
nicht mehr als vermeidbar beschränken. Die Anlieger sind vor Beginn der Baumaßnahme
rechtzeitig zu informieren.
·
§ 13 in Verbindung mit § 11 des Entwurfes des
Konzessionsvertrages enthält, abweichend von dem bisherigen Vertrag, eine
Regelung, nach der das künftige EVU sämtliche
Folgekosten für Baumaßnahmen in voller Höhe zu tragen hat.
·
Das neue EVU gewährt gemäß § 17 des Entwurfes
auf den in Niederspannung abgerechneten Eigenverbrauch der Stadt einen
Preisnachlass auf den Rechnungsbetrag für den Netzzugang in der gesetzlich
jeweils höchstzulässigen Höhe, d. h., derzeit in Höhe von 10 % des
Rechnungsbetrages für den Netzzugang.
Dem ersten verbindlichen
Verfahrensbrief ist der Entwurf
eines Musterkonzessionsvertrages beigefügt. Seit dem Energiewirtschaftsgesetz
2005 ist, wie oben erläutert, die Konzession im Einklang mit den Entflechtungsregelungen
rein netzbezogen. Insoweit dürfen andere Wertschöpfungsstufen (z. B. Erzeugung
und Vertrieb) oder andere vom Netzbetrieb unabhängige Regelungsbereiche, wie z.
B. die Straßenbeleuchtung, nicht
Regelungsgegenstand des Konzessionsvertrages sein.
Der gemeinsam zwischen der Verwaltung und der beauftragten
Fachkanzlei für
Energiewirtschaftsrecht ausgearbeitete Musterkonzessionsvertrag dient
als Grundlage für die zunächst indikativen und später verbindlichen Angebote
der jeweiligen Bewerber. Er ist dieser Vorlage als Anlage II beigefügt. Wegen der teils aus Rechtsgründen erheblich
unterschiedlichen Struktur des vorgenannten Entwurfes im Vergleich zum
bestehenden Konzessionsvertrag wird aus Gründen der Übersichtlichkeit von der
Fertigung einer Synopse abgesehen.
3. Weiteres Verfahren
Nach gemeinsamer Prüfung und Auswertung der eingegangenen indikativen Angebote durch die Stadt und die Fachkanzlei erfolgt als nächster Schritt das Verhandlungs- und Präsentationsverfahren mit anschließender Auswertung. Dieses Verfahren soll Ende Juni 2013 abgeschlossen sein. Anschließend werden die Bewerber zur Abgabe eines spätestens am 12.07.2013 vorliegenden verbindlichen Angebotes aufgefordert.
Nach Auswertung der verbindlichen Angebote hat die
Vorbereitung der Beschlussfassung/ Entscheidung über die Konzessionsvergabe
durch den Rat der Stadt Kamen zu erfolgen. Als Termin hierfür ist die Sitzung
des Rates am 26.09.2013 vorgesehen.
Sollte sich in dem Interessenbekundungsverfahren lediglich ein EVU beteiligen,
erfolgt der sofortige Einstieg in das Verhandlungsverfahren.
Da auch die Konzessionsverträge der Gemeinde Bönen und der Stadt Bergkamen am
31.12.2014 mit dem derzeitigen Energieversorgungsunternehmen enden, betreiben
die vorgenannten Kommunen zeitgleich ein paralleles Konzessionierungsverfahren.
Der Verfahrensbrief mit den Auswahlkriterien und der Entwurf des
Konzessionsvertrages sind unter allen drei Kommunen abgestimmt und identisch.
Anlage I: 1. Verfahrensbrief mit Anlagen (Vertraulichkeitsvereinbarung, Eigenerklärung zur Zuverlässigkeit)
Anlage II: Musterkonzessionsvertrag