hier: Bericht zum Planungsstand und über die aktuell vorliegende Konzeptstudie Radschnellweg Ruhr
Ende Februar hat der RVR einen entsprechenden Förderantrag beim Bundesverkehrsministerium gestellt, die Förderung der Machbarkeitsstudie wurde von dort in Aussicht gestellt.
Die Ergebnisse der Konzeptstudie sind die wesentliche Grundlage für den gestellten Förderantrag. Hier wurden Ziele, Potentiale und Qualitätsstandards erarbeitet und eine erste Bewertung von Trassenvarianten mit grober Kostenschätzung vorgenommen.
Die Machbarkeitsstudie soll auf Basis dieser Ergebnisse:
die Infrastrukturanforderungen weiter konkretisieren
Vorschläge für städtebauliche Lösungen und den Umgang mit Nutzungskonflikten entwickeln (Gestaltungshandbuch)
Trassenvarianten im regionalen Netzzusammenhang im Detail auf ihre Machbarkeit hin untersuchen und eine Zielvariante vorschlagen
Wichtige Anbindungen und Anschlüsse definieren
Finanzierungs- und Trägerschaftsmodelle vorschlagen und
Im Rahmen eines Kommunikationskonzeptes ein Corporate Design zu entwickeln und Vorschläge zur Öffentlichkeitsarbeit und Partizipation machen.
Das Auftragsvolumen der Machbarkeitsstudie beträgt rd. 290.000 €. Seitens des BMVBS wurde signalisiert, dass Eigenpersonalleistungen auf den Eigenanteil angerechnet werden können, womit die Kosten der Machbarkeitstudie zu 100% refinanziert werden könnten.
Das Projekt Radschnellweg Ruhrgebiet ist ein beschlossenes Leitprojekt der Städtegemeinschaft „Ruhr 2030“. Mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung („Letter of Intent“) am 19.12.2011 durch die acht direkt beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften (kreisfreie Städte und Kreis Unna - Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie Landrat), dem Vorsitzenden der Verbandsversammlung sowie die Regionaldirektorin des RVR und den Parlamentarischen Staatssekretär für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen wurde der feste Willen zu einer Umsetzung dokumentiert.
Die Konzeptstudie
Die nun vorliegende Konzeptstudie kann als PDF-Datei auf den Seiten des RVR heruntergeladen werden: http://www.metropoleruhr.de/presse/radschnellweg-ruhr.html
Nachfolgend werden hier einige zentrale Aussagen aus der Studie zusammenfassend dargestellt:
Ziel des Projektes Radschnellweg Ruhr ist es den Radverkehrsanteil auch auf längeren Distanzen zu erhöhen, vor allem durch die Steigerung der Reisegeschwindigkeit und des Fahrkomforts. Hierfür sollten direkte, schnelle, nachvollziehbare und sichere Wegeverbindungen eingerichtet werden, die vor dem Hintergrund der steigenden Verbreitung von Pedelecs auch auf die erhöhten Reisegeschwindigkeiten reagieren.
Die regionale Radverkehrsinfrastruktur im Ruhrgebiet ist bereits gut entwickelt, legt ihren Schwerpunkt aber auf den Freizeitverkehr. Regionale Verbindungen für den Alttagsverkehr fehlen dagegen weitestgehend.
Insgesamt wird ein großes Verlagerungspotential vom PKW zugunsten des Fahrrades gesehen.
In dicht besiedelten urbanen Räumen bestehen jedoch vielfältige, häufig auch konfliktträchtige Nutzungsansprüche und räumliche Restriktionen. Daher bedarf es im Vorfeld einer umfassenden Voruntersuchung. Die Konzeptstudie dient hierbei zur Vorbereitung einer detaillierten Machbarkeitsstudie. In der Konzeptstudie werden u.a. neben einer Potenzialanalyse erste Qualitätsanforderungen an den Radschnellweg als Premiumprodukt formuliert und mögliche Trassenkorridore aufgezeigt.
Gem. der Konzeptstudie stellt das Fahrrad nur auf kurzen und mittleren Distanzen eine geeignete Alternative zum Motorisierten Individualverkehr (MIV) bzw. dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dar. Nach aktuellen Erhebungen beträgt die mittlere Länge aller Wege im MIV rund 10 Kilometer. Diese Distanz ist unter günstigen Voraussetzungen (schnelle, sichere, direkte Verbindungen) sehr gut geeignet, um mit dem Fahrrad zurückgelegt zu werden. Bislang wird das Fahrrad überwiegend für kurze Wege genutzt: Die mittlere Länge einer Fahrt mit dem Fahrrad beträgt zurzeit rd. 3,2 Kilometer.
Insbesondere durch die zunehmende Verbreitung von Fahrrädern mit elektrischem Zusatzantrieb (Pedeles, E-Bikes) können auch größere Distanzen mit akzeptablem Zeitaufwand zurückgelegt werden. Durch eine direkte Linienführung eines Radschnellweges in Kombination mit einer höheren Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h bzw. 25 km/h sind zum Teil erhebliche Verkürzungen der Fahrtzeiten möglich. So wird in der Konzeptstudie für die 10,9 km lange Strecke von Bergkamen bis Unna-Königsborn eine Reduzierung der Fahrzeit von derzeit 43 Minuten auf 26 Minuten (V = 20 km/h) bzw. 20 Minuten (V = 25 km/h) errechnet. Das Beispiel Niederlande zeigt, dass entsprechende Anstrengungen zu deutlich höheren Anteilen des Radverkehrs führen können.
Folgende Qualitätskriterien und -anforderungen für den Radschnellweg Ruhr werden in der Konzeptstudie aufgestellt:
Ausgangspunkt für die Trassenplanung des Radschnellweges Ruhr ist das Projekt „Rheinische Bahn“, eine ehemalige Bahntrasse, die vom RVR zwischen Duisburg und Essen auf einer Länge von 21 km als Rad- und Wanderweg ausgebaut wird. Hieran anknüpfend wurden die seitens des RVR vorhanden Ideen zur Fortführung eines Radschnellweges von Essen über Bochum, Dortmund, Unna bis nach Hamm vertiefend Untersucht. In der Konzeptstudie werden einzelne Abschnitte des Radschnellweges Ruhr von West nach Ost beschrieben und bewertet. In einem ersten Schritt wurde überprüft, inwiefern die definierten Qualitätsstandards bereits im Bestand erfüllt werden. Als nächstes wurde die Umsetzbarkeit der Premiumqualitätsstandards für den jeweiligen Abschnitt geprüft. Daneben erfolgte eine grobe Abschätzung der Kosten. Danach können je nach Aufwand im Mittel Kosten von 0,5 bis 2,0 Mio Euro/km angesetzt werden.
Im Einzelnen wurden folgende Abschnitte untersucht:
- Duisburg, RheinPark – Mühlheim an der Ruhr – Essen, Universitätscampus
- Essen, Universitätscampus – Gelsenkirchen – Bochum
- Bochum
- Dortmund – Unna-Königsborn
- Unna-Königsborn – Hamm
Zwischen Dortmund und Unna folgt der geplante Radschnellweg überwiegend der Trasse der S-Bahnlinie S4 und erfüllt hier über weite Teile geradezu idealtypisch die Anforderungen bezüglich einer direkten Linienführung. Zwischen den Städten Unna und Hamm existieren derzeit zwei unterschiedliche Hauptvarianten. Variante A (rd. 26 km) erschließt auf dem Weg von Unna nach Hamm die Städte Kamen und Bergkamen (über Max-von-der-Grün-Weg) und wird anschließend entlang des Datteln-Hamm-Kanals geführt, wohingegen in Variante B (rd. 20 km) der Radschnellweg über Bönen verläuft.
Die Vorteile der Variante A liegen in der Erschließung bedeutender Potenziale in Kamen und Bergkamen. Zudem können bei der Variante A für weite Streckenabschnitte bereits vorhandene Fahrradinfrastrukturanlagen genutzt werden (Zechenbahntrassen/Kanaltrasse), die überwiegend kreuzungsfrei und in gradliniger Führung die Städte untereinander verbinden. Nachteilig ist hier, dass der Radschnellweg nicht auf direktem Weg von Unna-Königsborn nach Hamm geführt wird. Dieser Nachteil wird lt. Konzeptstudie jedoch durch die o.g. Vorteile deutlich kompensiert.
Im Vergleich zur Variante A ist die Variante B um bis zu 6 km kürzer, jedoch stellen sich hier hinsichtlich der Trassierung erhebliche Herausforderungen.
Im Fazit sieht die Konzeptstudie als wesentliches Ergebnis, dass der Radschnellweg von Duisburg nach Hamm auf ein herausragendes Potenzial zurückgreifen kann und eine Realisierung möglich ist.
Die im Rahmen der Konzeptstudio durchgeführte grobe Kostenschätzung führt zu Kosten von ca. 100 Mio. Euro, bei einer Gesamtstreckenlänge von ca. 100 km. Dabei teilen sich die Kosten in unterschiedlichen Abschnitten wie folgt auf, wobei die Kosten lediglich einen Richtwert darstellen können:
- Duisburg – Essen-Universität: 20 Mio. €
- Essen-Universität – Essen-Kray: 13 Mio. €
- Essen-Kray – Bochum-Mitte (Springorumweg): 10 Mio. €
- Bochum-Mitte (Springorumweg) – Dortmund Mitte (Stadthaus): 33 Mio. €
- Dortmund Mitte (Stadthaus) – Bf. Unna-Königsborn: 21 Mio. €
- Bf. Unna-Königsborn – Hamm: 13 Mio. €
In der nun durch den RVR zu beauftragenden Machbarkeitsstudie sollten gem. der Konzeptstudie folgende Bausteine enthalten sein:
a)
Anforderungen
an die Infrastruktur eines urbanen Radschnellweges unter besonderer Beachtung
städtebaulicher Aspekte und eines Corporate Designs
- Weiterentwicklung von Qualitätsstandards für ein urbanes Premiumprodukt
- Beispielhafte qualitätsvolle Entwurfslösungen für Brücken, aufgeständerte Abschnitte, Zufahrten, Tunnel, Anschlüsse an das Radverkehrs- und ÖPNV-Netz, „urbane Rastplätze“ etc.; Schaffung einer einprägsamen gestalterischen „Handschrift“ – der Radschnellweg Ruhr als sichtbares „Rückgrat der Region“
- Aufzeigen von Möglichkeiten zur Nutzung und Aufwertung bestehender Infra-strukturanlagen (u.a. freigestellte („entwidmete“) Eisenbahnbetriebsflächen) für den Radschnellverkehr
- Qualifizierung MIV-dominierter Infrastruktur: Möglichkeiten für eine stadtverträgliche Straßenraumgestaltung durch attraktive Gestaltung der Radschnellweg-Infrastruktur sowie neue Raumaufteilungen; Entwurf qualitätsvoller Beispiel-Lösungen zur Gestaltung von Knotenpunkten und zur Gewährleistung einer mög-lichst hohen Reisegeschwindigkeit auch im urbanen Kontext (z.B. Grüne Welle, Fahrradstraßen mit herausragenden Qualitäten etc.)
- Aufzeigen von Möglichkeiten einer Parallelführung mit Bundesautobahnen und Eisenbahnlinien; Entwicklung von Lösungsansätzen zum Umgang mit rechtlichen Fragestellungen und verkehrlichen Konflikten
- Entwicklung von Lösungsansätzen zum Umgang mit sonstigen Nutzungskonflikten (u.a. mit Fußgängerinnen und Fußgängern, Inline-Fahrern, spielenden Kindern, Hundehaltern); Entwicklung von Lösungsansätzen zum Umgang mit ökologisch sensiblen Räumen
- Testfeld für Elektromobilität (z.B. Induktionsschleifen in der Fahrbahn, berüh-rungsloses Laden an Abstellanlagen etc.)
b)
Linienbestimmung
im Kontext des regionalen Netzes
- Linienbestimmung (ggf. Aufzeigen eines Linienbestimmungsverfahrens für regionale Radschnellwege)
- Definition wichtiger, leistungsfähiger Zubringer im Nord-Süd-Routennetz
- Aufzeigen von Schnittstellen mit dem ÖPNV und dem motorisierten Individual-verkehr (MIV)
- Detailuntersuchung der Einzugsbereiche und relevanter Quell-Ziel-Beziehungen
- Einbindung des Radschnellwegs in die regionale Netzplanung
- Entwicklung eines Bewertungsrasters einschließlich Kostenschätzung für schwierige Entwurfssituationen mit mehreren Linienführungsvarianten – aufbauend auf den in der vorliegenden Konzeptstudie aufgezeigten Varianten, aber auch darüber hinaus
c)
Detaillierte
Trassenplanung, Prüfung der aufgezeigten Vorzugsvariante unter Berücksichtigung
folgender Aspeke:
- Grundstücksverfügbarkeit
- Zustand Brückenbauwerke
- Verkehrsstärken (hierzu sind ggf. ergänzende Querschnittszählungen nötig)
- Geschwindigkeiten
- Anteil Schwerverkehr
- zur Verfügung stehende Flächen im Straßenraum
- Parksituation (viele Kurzzeitparker? Lieferverkehr?)
- Unfallschwerpunkte
- Qualitätsanforderungen nach ERA 2010
d)
Finanzierung
und Trägerschaft
- Erster Entwurf eines Ausbauprogramms für den Radschnellweg (auf Basis einer groben Kostenschätzung in Bandbreiten)
- Zusammenstellung vorhandener
Fördermöglichkeiten für Radschnellwege mit
(inter-)städtischer und regionaler Bedeutung (ggf. auch EU-Mittel) - Analyse und Bewertung alternativer Finanzierungsmodelle für Radschnellwege (z.B. (Bürger-)Stiftungen, Streckenpatenschaften, Nutznießerfinanzierung)
- Entwurf von Trägerschaftsmodellen
- Zusammenstellungen auch alternativer Strukturen zur dauerhaften Sicherung der Qualität (z.B. ehrenamtliche/gesponserte Übernahme von Streckenpatenschaften; dies umfasst z.B. regelmäßige Kontrollgänge, Beseitigung von Verunreinigungen/Laub usw.)
e)
Partizipation,
Akzeptanz und Verankerung im regionalen Bewusstsein, Marketing
- Frühzeitige Partizipation: Erprobung neuer Beteiligungsformen mit Bürgern entlang der Strecke (z.B.: moderiertes Online-Forum, regionale World-Cafés/ Zukunftswerkstätten, Planungsradtouren etc.)
- Einbindung von Entscheidungsträgern und Interessengruppen, Akteuren der lokalen Wirtschaft, Sponsoren etc.: Aufzeigen von Kooperations- und Beteiligungsstrukturen, die eine Vielzahl an Akteuren in einem polyzentralen Raum integrieren
- Vorschläge für die gezielte Kommunikation in die Region: Aktionstage zur Eröffnung einzelner Teilstücke („Etappen“-Feste), geführte Radtouren, Sternfahrten, Radrennen, jährliche „Radschnellwegtafel“/Picknick etc.
- Etablierung des Radschnellwegs als Marke/Verankerung im regionalen Bewusstsein: Entwurf für Merchandising, Medienkonzept, Logo etc.
- Integration in Mobilitätsmanagementkonzepte
Sobald eine Bewilligung des gestellten Förderantrages vorliegt, soll die Machbarkeitsstudie beauftragt werden. Der RVR geht derzeit von einer Beauftragung bis zum Herbst diesen Jahres aus und rechnet mit einer ungefähren Bearbeitungszeit von einem bis eineinhalb Jahren, so dass nach heutiger Einschätzung Ende 2013/Anfang 2014 die Machbarkeitsstudie fertiggestellt sein könnte.
Einbindung der Stadt Kamen in das Projekt Radschnellweg Ruhr
Bei dem Radschnellweg Ruhr handelt es sich um ein regionales Projekt. Daher wurden im Rahmen der Konzeptstudie vom RVR als regionaler Träger des Projektes zunächst nur die betroffenen kreisfreien Städte und der Kreis Unna direkt eingebunden und beteiligt. Der Kreis Unna informierte wiederum regelmäßig die betroffenen Städte und Gemeinden im Kreisgebiet und stimmt das grundsätzliche Vorgehen auf der Arbeitsebene ab. Auf Wunsch des Kreises Unna und der betroffenen Kommunen im Kreis hat der RVR für die weiteren Planungen eine intensivere und direktere Einbindung auch der kreisangehörigen Kommunen zugesagt.