Betreff
Radschnellweg Ruhr
hier: Bericht zum Planungsstand und über die aktuell vorliegende Konzeptstudie Radschnellweg Ruhr
Vorlage
033/2012
Art
Mitteilungsvorlage

Im Juni 2011 hat die Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhrgebietes (RVR) be­schlos­sen eine Konzeptstudie zur möglichen Realisierung eines Radschnellweges Ruhr­gebiet (zwischen Duisburg und Hamm) in Auftrag zu geben. Auf Grundlage dieser Konzept­studie sollte dann beim Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung (BMVBS) die Förde­rung einer umfassenden Machbarkeitsstudie beantragt werden.

 

Ende Februar hat der RVR einen entsprechenden Förderantrag beim Bundesverkehrs­minis­te­rium gestellt, die Förderung der Machbarkeitsstudie wurde von dort in Aussicht gestellt.

 

Die Ergebnisse der Konzeptstudie sind die wesentliche Grundlage für den gestellten Förder­an­trag. Hier wurden Ziele, Potentiale und Qualitätsstandards erarbeitet und eine erste Be­wertung von Trassenvarianten mit grober Kostenschätzung vorgenommen.

Die Machbarkeitsstudie soll auf Basis dieser Ergebnisse:

 

Ÿ  die Infrastrukturanforderungen weiter konkretisieren

Ÿ  Vorschläge für städtebauliche Lösungen und den Umgang mit Nutzungskonflikten entwickeln (Gestaltungshandbuch)

Ÿ  Trassenvarianten im regionalen Netzzusammenhang im Detail auf ihre Machbarkeit hin untersuchen und eine Zielvariante vorschlagen

Ÿ  Wichtige Anbindungen und Anschlüsse definieren

Ÿ  Finanzierungs- und Trägerschaftsmodelle vorschlagen und

Ÿ  Im Rahmen eines Kommunikationskonzeptes ein Corporate Design zu entwickeln und Vorschläge zur Öffentlichkeitsarbeit und Partizipation machen.

 

Das Auftragsvolumen der Machbarkeitsstudie beträgt rd. 290.000 €. Seitens des BMVBS wurde signalisiert, dass Eigenpersonalleistungen auf den Eigenanteil angerechnet werden können, wo­mit die Kosten der Machbarkeitstudie zu 100% refinanziert werden könnten.

 

Das Projekt Radschnellweg Ruhrgebiet ist ein beschlossenes Leitprojekt der Städtegemein­schaft „Ruhr 2030“. Mit der Unterzeichnung einer Absichtserklärung („Letter of Intent“) am 19.12.2011 durch die acht direkt beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften (kreisfreie Städte und Kreis Unna - Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister sowie Landrat), dem Vorsitzenden der Verbandsversammlung sowie die Regionaldirektorin des RVR und den Parlamentarischen Staats­sekretär für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen wurde der feste Willen zu einer Umsetzung dokumentiert.

 

 

Die Konzeptstudie

 

Die nun vorliegende Konzeptstudie kann als PDF-Datei auf den Seiten des RVR herun­ter­ge­laden werden: http://www.metropoleruhr.de/presse/radschnellweg-ruhr.html

 

Nachfolgend werden hier einige zentrale Aussagen aus der Studie zusammenfassend darge­stellt:

 

Ziel des Projektes Radschnellweg Ruhr ist es den Radverkehrsanteil auch auf längeren Dis­tan­zen zu erhöhen, vor allem durch die Steigerung der Reisegeschwindigkeit und des Fahr­kom­forts. Hierfür sollten direkte, schnelle, nachvollziehbare und sichere Wegeverbindungen einge­richtet werden, die vor dem Hintergrund der steigenden Verbreitung von Pedelecs auch auf die erhöhten Reisegeschwindigkeiten reagieren.

 

Die regionale Radverkehrsinfrastruktur im Ruhrgebiet ist bereits gut entwickelt, legt ihren Schwer­punkt aber auf den Freizeitverkehr. Regionale Verbindungen für den Alttagsverkehr fehlen dagegen weitestgehend.

 

Insgesamt wird ein großes Verlagerungspotential vom PKW zugunsten des Fahrrades ge­sehen.

 

In dicht besiedelten urbanen Räumen bestehen jedoch vielfältige, häufig auch konfliktträch­tige Nutzungsansprüche und räumliche Restriktionen. Daher bedarf es im Vorfeld einer um­fas­sen­den Voruntersuchung. Die Konzeptstudie dient hierbei zur Vorbereitung einer de­taillierten Mach­bar­keitsstudie. In der Konzeptstudie werden u.a. neben einer Potenzial­analyse erste Qualitäts­anforderungen an den Radschnellweg als Premiumprodukt formuliert und mögliche Trassen­kor­ridore aufgezeigt.

 

Gem. der Konzeptstudie stellt das Fahrrad nur auf kurzen und mittleren Distanzen eine ge­eignete Alternative zum Motorisierten Individualverkehr (MIV) bzw. dem Öffentlichen Per­so­nen­nahver­kehr (ÖPNV) dar. Nach aktuellen Erhebungen beträgt die mittlere Länge aller Wege im MIV rund 10 Kilometer. Diese Distanz ist unter günstigen Voraussetzungen (schnel­le, sichere, direkte Ver­bin­dungen) sehr gut geeignet, um mit dem Fahrrad zurück­gelegt zu werden. Bislang wird das Fahrrad überwiegend für kurze Wege genutzt: Die mitt­le­re Länge einer Fahrt mit dem Fahrrad beträgt zurzeit rd. 3,2 Kilometer.

 

Insbesondere durch die zunehmende Verbreitung von Fahrrädern mit elektrischem Zusatz­antrieb (Pedeles, E-Bikes) können auch größere Distanzen mit akzeptablem Zeitaufwand zu­rückgelegt werden. Durch eine direkte Linienführung eines Radschnellweges in Kombination mit einer höhe­ren Durchschnittsgeschwindigkeit von 20 km/h bzw. 25 km/h sind zum Teil erhebliche Verkür­zun­gen der Fahrtzeiten möglich. So wird in der Konzeptstudie für die 10,9 km lange Strecke von Bergkamen bis Unna-Königsborn eine Reduzierung der Fahrzeit von derzeit 43 Minuten auf 26 Minuten (V = 20 km/h) bzw. 20 Minuten (V = 25 km/h) errechnet. Das Beispiel Niederlande zeigt, dass entsprechende Anstrengungen zu deutlich höheren An­teilen des Radverkehrs führen kön­nen.

 

 


Folgende Qualitätskriterien und -anforderungen für den Radschnellweg Ruhr werden in der Konzeptstudie aufgestellt:

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Ausgangspunkt für die Trassenplanung des Radschnellweges Ruhr ist das Projekt „Rhei­nische Bahn“, eine ehemalige Bahntrasse, die vom RVR zwischen Duisburg und Essen auf einer Länge von 21 km als Rad- und Wanderweg ausgebaut wird. Hieran anknüpfend wur­den die seitens des RVR vorhanden Ideen zur Fortführung eines Radschnellweges von Essen über Bochum, Dortmund, Unna bis nach Hamm vertiefend Untersucht. In der Kon­zept­studie werden einzelne Abschnitte des Radschnellweges Ruhr von West nach Ost beschrieben und bewertet. In einem ersten Schritt wurde überprüft, inwiefern die definierten Qualitätsstandards bereits im Bestand erfüllt werden. Als nächstes wurde die Umsetzbarkeit der Premiumqualitätsstandards für den jeweiligen Abschnitt geprüft. Daneben erfolgte eine grobe Abschätzung der Kosten. Danach können je nach Aufwand im Mittel Kosten von 0,5 bis 2,0 Mio Euro/km angesetzt werden.

Im Einzelnen wurden folgende Abschnitte untersucht:

 

  • Duisburg, RheinPark – Mühlheim an der Ruhr – Essen, Universitätscampus
  • Essen, Universitätscampus – Gelsenkirchen – Bochum
  • Bochum
  • Dortmund – Unna-Königsborn
  • Unna-Königsborn – Hamm

 

Zwischen Dortmund und Unna folgt der geplante Radschnellweg überwiegend der Trasse der S-Bahnlinie S4 und erfüllt hier über weite Teile geradezu idealtypisch die Anforderungen bezüglich einer direkten Linienführung. Zwischen den Städten Unna und Hamm existieren derzeit zwei un­terschiedliche Hauptvarianten. Variante A (rd. 26 km) erschließt auf dem Weg von Unna nach Hamm die Städte Kamen und Bergkamen (über Max-von-der-Grün-Weg) und wird anschlie­ßend entlang des Datteln-Hamm-Kanals geführt, wohingegen in Variante B (rd. 20 km) der Rad­schnellweg über Bönen verläuft.

 

Die Vorteile der Variante A liegen in der Erschließung bedeutender Potenziale in Kamen und Bergkamen. Zudem können bei der Variante A für weite Streckenabschnitte bereits vorhan­dene Fahrradinfrastrukturanlagen genutzt werden (Zechenbahntrassen/Kanaltrasse), die überwiegend kreuzungsfrei und in gradliniger Führung die Städte untereinander verbinden. Nachteilig ist hier, dass der Radschnellweg nicht auf direktem Weg von Unna-Königsborn nach Hamm geführt wird. Dieser Nachteil wird lt. Konzeptstudie jedoch durch die o.g. Vor­teile deutlich kompensiert.

 

Im Vergleich zur Variante A ist die Variante B um bis zu 6 km kürzer, jedoch stellen sich hier hin­sichtlich der Trassierung erhebliche Herausforderungen.

 

Im Fazit sieht die Konzeptstudie als wesentliches Ergebnis, dass der Radschnellweg von Duisburg nach Hamm auf ein herausragendes Potenzial zurückgreifen kann und eine Rea­lisie­rung möglich ist.

Die im Rahmen der Konzeptstudio durchgeführte grobe Kostenschätzung führt zu Kosten von ca. 100 Mio. Euro, bei einer Gesamtstreckenlänge von ca. 100 km. Dabei teilen sich die Kosten in unterschiedlichen Abschnitten wie folgt auf, wobei die Kosten lediglich einen Richt­wert dar­stellen können:

 

  • Duisburg – Essen-Universität: 20 Mio. €
  • Essen-Universität – Essen-Kray: 13 Mio. € 
  • Essen-Kray – Bochum-Mitte (Springorumweg): 10 Mio. €
  • Bochum-Mitte (Springorumweg) – Dortmund Mitte (Stadthaus): 33 Mio. €
  • Dortmund Mitte (Stadthaus) – Bf. Unna-Königsborn: 21 Mio. €
  • Bf. Unna-Königsborn – Hamm: 13 Mio. €

 

In der nun durch den RVR zu beauftragenden Machbarkeitsstudie sollten gem. der Konzept­studie fol­gende Bausteine enthalten sein:

 

a)    Anforderungen an die Infrastruktur eines urbanen Radschnellweges unter besonderer Beachtung städtebaulicher Aspekte und eines Corporate Designs

  • Weiterentwicklung von Qualitätsstandards für ein urbanes Premiumprodukt
  • Beispielhafte qualitätsvolle Entwurfslösungen für Brücken, aufgeständerte Abschnitte, Zufahrten, Tunnel, Anschlüsse an das Radverkehrs- und ÖPNV-Netz, „urbane Rast­plätze“ etc.; Schaffung einer einprägsamen gestalterischen „Handschrift“ – der Rad­schnellweg Ruhr als sichtbares „Rückgrat der Region“
  • Aufzeigen von Möglichkeiten zur Nutzung und Aufwertung bestehender Infra-struk­tur­anlagen (u.a. freigestellte („entwidmete“) Eisenbahnbetriebsflächen) für den Rad­schnell­verkehr
  • Qualifizierung MIV-dominierter Infrastruktur: Möglichkeiten für eine stadtverträgliche Stra­ßenraumgestaltung durch attraktive Gestaltung der Radschnellweg-Infrastruktur sowie neue Raumaufteilungen; Entwurf qualitätsvoller Beispiel-Lösungen zur Gestal­tung von Knotenpunkten und zur Gewährleistung einer mög-lichst hohen Reisege­schwindig­keit auch im urbanen Kontext (z.B. Grüne Welle, Fahrradstraßen mit heraus­ragenden Qualitäten etc.)
  • Aufzeigen von Möglichkeiten einer Parallelführung mit Bundesautobahnen und Eisen­bahnlinien; Entwicklung von Lösungsansätzen zum Umgang mit rechtlichen Frage­stel­lungen und verkehrlichen Konflikten
  • Entwicklung von Lösungsansätzen zum Umgang mit sonstigen Nutzungskonflikten (u.a. mit Fußgängerinnen und Fußgängern, Inline-Fahrern, spielenden Kindern, Hun­dehaltern); Entwicklung von Lösungsansätzen zum Umgang mit ökologisch sensiblen Räumen
  • Testfeld für Elektromobilität (z.B. Induktionsschleifen in der Fahrbahn, berüh-rungs­loses Laden an Abstellanlagen etc.)

 

b)    Linienbestimmung im Kontext des regionalen Netzes

  • Linienbestimmung (ggf. Aufzeigen eines Linienbestimmungsverfahrens für regionale Rad­schnellwege)
  • Definition wichtiger, leistungsfähiger Zubringer im Nord-Süd-Routennetz
  • Aufzeigen von Schnittstellen mit dem ÖPNV und dem motorisierten Individual-verkehr (MIV)
  • Detailuntersuchung der Einzugsbereiche und relevanter Quell-Ziel-Beziehungen
  • Einbindung des Radschnellwegs in die regionale Netzplanung
  • Entwicklung eines Bewertungsrasters einschließlich Kostenschätzung für schwierige Entwurfssituationen mit mehreren Linienführungsvarianten – aufbauend auf den in der vorliegenden Konzeptstudie aufgezeigten Varianten, aber auch darüber hinaus

 

c)    Detaillierte Trassenplanung, Prüfung der aufgezeigten Vorzugsvariante unter Berücksichtigung folgender Aspeke:

  • Grundstücksverfügbarkeit
  • Zustand Brückenbauwerke
  • Verkehrsstärken (hierzu sind ggf. ergänzende Querschnittszählungen nötig)
  • Geschwindigkeiten
  • Anteil Schwerverkehr
  • zur Verfügung stehende Flächen im Straßenraum
  • Parksituation (viele Kurzzeitparker? Lieferverkehr?)
  • Unfallschwerpunkte
  • Qualitätsanforderungen nach ERA 2010

 

d)    Finanzierung und Trägerschaft

  • Erster Entwurf eines Ausbauprogramms für den Radschnellweg (auf Basis einer gro­ben Kostenschätzung in Bandbreiten)
  • Zusammenstellung vorhandener Fördermöglichkeiten für Radschnellwege mit
    (inter-)städtischer und regionaler Bedeutung (ggf. auch EU-Mittel)
  • Analyse und Bewertung alternativer Finanzierungsmodelle für Radschnellwege (z.B. (Bürger-)Stiftungen, Streckenpatenschaften, Nutznießerfinanzierung)
  • Entwurf von Trägerschaftsmodellen
  • Zusammenstellungen auch alternativer Strukturen zur dauerhaften Sicherung der Qua­lität (z.B. ehrenamtliche/gesponserte Übernahme von Streckenpatenschaften; dies um­fasst z.B. regelmäßige Kontrollgänge, Beseitigung von Verunreinigungen/Laub usw.)

 

e)    Partizipation, Akzeptanz und Verankerung im regionalen Bewusstsein, Marketing

 

  • Frühzeitige Partizipation: Erprobung neuer Beteiligungsformen mit Bürgern entlang der Strecke (z.B.: moderiertes Online-Forum, regionale World-Cafés/ Zukunftswerk­stätten, Planungsradtouren etc.)
  • Einbindung von Entscheidungsträgern und Interessengruppen, Akteuren der lokalen Wirt­schaft, Sponsoren etc.: Aufzeigen von Kooperations- und Beteiligungsstrukturen, die eine Vielzahl an Akteuren in einem polyzentralen Raum integrieren 
  • Vorschläge für die gezielte Kommunikation in die Region: Aktionstage zur Eröffnung ein­zelner Teilstücke („Etappen“-Feste), geführte Radtouren, Sternfahrten, Radren­nen, jähr­liche „Radschnellwegtafel“/Picknick etc.
  • Etablierung des Radschnellwegs als Marke/Verankerung im regionalen Bewusstsein: Ent­wurf für Merchandising, Medienkonzept, Logo etc.
  • Integration in Mobilitätsmanagementkonzepte

 

 

 

Sobald eine Bewilligung des gestellten Förderantrages vorliegt, soll die Machbarkeitsstudie be­auf­tragt werden. Der RVR geht derzeit von einer Beauftragung bis zum Herbst diesen Jahres aus und rechnet mit einer ungefähren Bearbeitungszeit von einem bis eineinhalb Jah­ren, so dass nach heutiger Einschätzung Ende 2013/Anfang 2014 die Machbarkeits­studie fertiggestellt sein könnte.

 

 

Einbindung der Stadt Kamen in das Projekt Radschnellweg Ruhr

 

Bei dem Radschnellweg Ruhr handelt es sich um ein regionales Projekt. Daher wurden im Rah­men der Konzeptstudie vom RVR als regionaler Träger des Projektes zunächst nur die betrof­fe­nen kreisfreien Städte und der Kreis Unna direkt eingebunden und beteiligt. Der Kreis Unna in­for­mierte wiederum regelmäßig die betroffenen Städte und Gemeinden im Kreis­gebiet und stimmt das grundsätzliche Vorgehen auf der Arbeitsebene ab. Auf Wunsch des Kreises Unna und der betroffenen Kommunen im Kreis hat der RVR für die weiteren Pla­nun­gen eine inten­si­vere und direktere Einbindung auch der kreisangehörigen Kommunen zu­gesagt.