hier: Beschluss zur Fortschreibung
Beschlussvorschlag:
Der Planungs- und
Umweltausschuss stimmt der Fortschreibung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes
für das östliche Ruhrgebiet zu.
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
Ausgangslage
Bereits vor mehr
als 10 Jahren haben sich die Kommunen im östlichen Ruhrgebiet in einer Kooperation
zusammengeschlossen mit dem Ziel, ihre Einzelhandelsentwicklung im Konsens miteinander
zu betreiben und dabei den Wettbewerb untereinander in städtebaulich verträglichem
Rahmen zu gestalten. Im Laufe der Zeit ist die Zahl der an der Kooperation beteiligten
Kommunen auf 24 angewachsen. Im Jahr 2007 wurde das REHK erstmals fortgeschrieben
und an veränderte Rahmenbedingungen angepasst. Diese Kooperation hat bis
heute eine Vielzahl von Bewährungsproben bestanden und gilt deutschlandweit als
vorbildlich. Im Rahmen des Bundeswettbewerbes kommKoop 2006 des BMVBS wurde
das REHK Östliches Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche - als einziges
regionales Einzelhandelskonzept - prämiert. Im Jahr 2007 wurde es im Rahmen des
Wettbewerbs „Lebenswerte Innenstädte - Initiativen, die bewegen!“ vom
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als gutes Beispiel für
Projekte und Initiativen der
Innenstadtentwicklung
ausgezeichnet.
In der
Vergangenheit sind immer wieder große Einzelhandelsprojekte an peripheren, städtebaulich
problematischen Standorten in einer Gemeinde mit der Begründung realisiert worden,
dass das Vorhaben andernfalls in der Nachbarkommune umgesetzt würde (Kirchturmdenken).
Dass dieses Kalkül auch umgekehrt gilt und in allseitigem Nutzen zu überwinden
ist, war eine Motivation für das REHK. Dieses gute Beispiel hat in den letzten
Jahren zu einer Vielzahl ähnlicher regionaler Einzelhandels-Kooperationen und
-Konzepte in NRW geführt.
Handel ist Wandel,
das ist nicht nur eine Binsenweisheit, sondern beschreibt den Prozess, mit dem
sich die Städte und Gemeinden planerisch auseinandersetzen müssen. Trotz fast
überall sinkender Bevölkerungszahlen und mehr oder weniger stagnierender
Kaufkraft erhöht sich die Verkaufsfläche im Einzelhandel weiter. Waren es vor
einigen Jahren noch hauptsächlich Bau- und Gartenmärkte, die expandierten, so
sind es aktuell Möbel(kauf)häuser, die ihre Standorte erweitern bzw. neue
Standort suchen. Problematisch dabei sind zum einen der wachsende Anteil
zentrenrelevanter Randsortimente, zum anderen die Tendenz zu einer Aufweitung
des Sortimentsspektrums (z. B. Babyartikel).
Diese Entwicklung
hat auch die Kooperationsgemeinschaft REHK in den Jahren seit der ersten Fortschreibung
intensiv beschäftigt. Die Probleme im Umgang mit der Vielzahl von Neuansiedlungs-
und Erweiterungsprojekten hat dazu geführt, die Thematik in einer Unterarbeitsgruppe
zu behandeln. Nach intensiver und kontroverser Diskussion ist ein Änderungsvorschlag
zu dem geltenden Prüfschema des REHK erarbeitet worden.
Nach den
einschlägigen Urteilen in den vergangenen Jahren zu § 24 a LEPro NRW (Landesentwicklungsprogramm
NRW) und verschärft nach Auslaufen des LEPro zum 31.12. des letzten Jahres
fehlt einer erfolgreichen regional abgestimmten Steuerung der
Einzelhandelsentwicklung die landesplanerische verbindliche Zielvorgabe. In die
entstandene Gesetzeslücke versuchen in jüngster Zeit vermehrt Investoren mit
Projekten wie FOC/DOC (Factory-Outlet-Center/ Design-Outlet-Center), IKEA
Homepark oder auch klassische Möbelhäuser mit großen Flächenanteilen an
zentrenrelevanten Sortimenten zu stoßen, die zumindest in ihrer kumulativen
Wirkung die zentralen Versorgungsbereiche massiv bedrohen werden. Das
planungspolitische Signal, das von diesen Projekten im Falle einer Realisierung
ausginge, wäre fatal. Auch das REHK wäre unmittelbar betroffen. Zum einen
betreibt mit der Stadt Werl eine REHK-Kommune ein FOC-Projekt, zum anderen wäre
ein IKEA Homepark in Wuppertal,
unabhängig von den städtebaulichen Auswirkungen für die betroffenen Nachbarkommunen
(auch z. T. REHK-Mitglieder), z. B. in Bochum, wo eine solche Ansiedlung mit
Blick auf das REHK und landesplanerische Vorgaben gescheitert ist,
kommunalpolitisch nur schwer zu vermitteln. Unmittelbar betroffen wären die
Mitgliedsgemeinden des REHK von einer Ansiedlung eines klassischen IKEA-Hauses
und mehr noch eines Homepark-Konzeptes in der Mitgliedsgemeinde Castrop-Rauxel
in Abhängigkeit vom Umfang der zentrenrelevanten Sortimente.
Für das REHK
stellt sich die schwierige Frage, wie mit dem landesplanerischen Vakuum umzugehen
ist. Eine noch zu findende Neufassung des § 24 a LEPro wäre als Grundlage und Ausgangspunkt
für weitergehende oder zumindest konkretisierende regionale Regelungen erforderlich.
Unabhängig von den gegenwärtig noch nicht feststehenden, landesplanerischen
„Zielen in Aufstellung“ soll mit der Fortschreibung des REHK eine klare eigenständige
Position der Region zu landes- und regionalplanerisch notwendigen Steuerungsregelungen
entwickelt werden.
Der angelaufene
Prozess des regionalen Diskurses im Vorfeld des neuen Regionalplans für das
Verbandsgebiet des RVR bietet zudem die Chance, mit der Fortschreibung einen
Beitrag zu leisten für ein abgestuftes System des planerischen Umgangs mit der
Thematik großflächiger Einzelhandel. Ausgehend von Zielen der Raumordnung und
Landesplanung und gemeinsamen regionalplanerischen Spielregeln im RVR könnte
das REHK die konkrete Verabredung für die Abstimmung von regional bedeutsamen
Einzelhandelsvorhaben auf teilräumlicher Ebene darstellen.
Um dieser
interkommunalen Verabredung ein Mindestmaß an Verbindlichkeit zu verleihen und
sie auf der kommunalen Ebene mit Leben zu füllen, wird auch diesmal, wie für
das ursprüngliche REHK von 2001 und Fortschreibung von 2007, eine
Beschlussfassung in allen Städten und Gemeinden des Kooperationsraumes am Ende
des Erarbeitungsprozesses stehen müssen.
Fortschreibungsbedarf
Die Fortschreibung
2012 soll in Weiterentwicklung des gültigen REHK (Fortschreibung 2007) vor
allem folgende Ergebnisse bringen:
Evaluierung der Umsetzung des REHK seit 2007
Folgende Fragen
stehen im Mittelpunkt:
• Haben die
verabredeten Verfahren alle überörtlich relevanten Praxisfälle abgedeckt?
• Welche Problem
sind dabei aufgetreten?
• Haben die
kooperierenden Kommunen für alle überörtlich bedeutsamen Planungen den „Regionalen
Konsens“ gesucht?
• Konnten die
erforderlichen Daten zur Anwendung der Prüfschemata problemlos beschafft bzw.
überprüft werden?
• Sind im
Einzelfall nachweisbar Steuerungswirkungen zu Gunsten planerisch erwünschter Standorte
eingetreten?
• Haben sich für
Kommunen am Rand des Kooperationsraumes Nachteile daraus ergeben, dass
unmittelbare Nachbarn nicht an die Vereinbarungen des REHK gebunden waren?
Aktualisierung der Datengrundlagen
Die Beurteilung
der aktuellen Situation der Einzelhandelsstrukturen und ihrer Entwicklungsperspektiven
bis zum Jahr 2020 soll unter Berücksichtigung insbesondere folgender Quellen
erfolgen:
• Einwohnerzahlen,
-strukturdaten und –prognosen für die beteiligten Kommunen (LDS NRW 2011)
• Kennziffern zu
Kaufkraftpotenzial, -niveau, Umsatz und Zentralität
• Daten zu
Einzelhandelsbetrieben ab einer Verkaufsfläche von rd. 500 m² (IHK-Atlas „650+“
2011, Angaben der Kommunen)
• Kommunale Einzelhandelskonzepte der beteiligten Städte und Gemeinden
•
Forschungsstudien unterschiedlicher Institutionen zu aktuellen Trends im Handel
Definition relevanter Begrifflichkeiten
In der
Vergangenheit hat sich an konkreten Fällen gezeigt, dass die bisherigen Regelungen
teilweise bestimmte Problemsituationen nicht eindeutig abbilden. Hier ist eine Klärung
erforderlich.
• Wie weit wird
der Begriff des Bestandsschutzes im Zusammenhang mit der Beurteilung von Vorhaben
gefasst?
• Wie ist der
Prozess des Umbaus von bestehenden Standorten im Sinne des Zentrenschutzes steuerbar?
• In welcher Form
erfolgt eine Abgrenzung Kern- und Randsortimente? Gibt es auch eine Begrenzung
oder einen Ausschluss nicht-zentrenrelevanter Randsortimente (Kriterium funktionaler
Zusammenhang mit dem Kernsortiment)?
• Wie wird mit der
Thematik „Agglomeration“ umgegangen? Ist eine Steuerung über die höchstrichterliche
Rechtssprechung hinausgehend möglich?
Überprüfung der
Zielvorstellungen zur regionalen Einzelhandelsentwicklung Im Mittelpunkt dieses
Untersuchungsschrittes steht die kritische Würdigung der im REHK 2007
formulierten Zielvorstellungen unter besonderer Berücksichtigung folgender Schwerpunktthemen:
• Überprüfung und
ggf. Anpassung des „hierarchisch gestuften Netzes von funktionsfähigen Versorgungszentren
mit Ergänzungsstandorten für zentrenverträgliche Betriebe mit überörtlicher
Bedeutung“ als Leitvorstellung zur regionalen Entwicklung.
• Räumliche
Konkretisierung von zentralen Versorgungsbereichen (nachrichtliche Übernahme
aus kommunalen Konzepten, Plausibilitätskontrolle)
• Zielkonsistenz
lokaler Einzelhandelskonzepte untereinander und mit dem REHK
• Räumliche und
quantitative Entwicklung regional bedeutsamer Standorte
•
Entwicklungsperspektiven regional bedeutsamer Alt-Standorte („Repowering“)
• Umgang mit neuen
Betriebsformen und Sortimentskonzepten
• Sicherung der
Innenstädte als Einzelhandelsstandorte
• Sicherung der
Nahversorgung
Überprüfung und Weiterentwicklung des Verfahrens
zum regionalen Konsens
Vor dem
Hintergrund der aktuellen und für die nächsten Jahre absehbaren Entwicklung des
Einzelhandels sollten insbesondere folgende Schwerpunktthemen untersucht und
ggf. angepasst werden:
• Prüfkriterien
und Schwellenwerte für die Beurteilung
•
Betriebsformenspezifische Prüfschemata (für Möbel- und Bau- u. Gartenmärkte
gibt es bereits einen Überarbeitungsvorschlag)
• Erfahrungen mit
der praktischen Anwendung
• Umgang mit
unterschiedlichen kommunalen Vorgaben (Sortimentslisten, Diskrepanzen zwischen
kommunalen Einzelhandelskonzepten und dem REHK)
• Einpassen der
Regelungen der Geschäftsordnung in das Konsensverfahren (Abweichungsregel)
• Überprüfung der
20 %-Regel bei Auswirkungen auf Nachbargemeinden
• Überprüfung der Kriterien zum Thema Kongruenz
Neue Herausforderungen
Insbesondere die
aktuell unklare Rechtslage, hervorgerufen durch das Fehlen landesplanerischer
Ziele nach dem Auslaufen des LEPro stellt die regionale Zusammenarbeit vor
große Herausforderungen.
• Vorschläge zur
Erhöhung der Verbindlichkeit der gemeinsam getroffenen Verabredungen (allgemeine
Ziele, Konsensverfahren), z. B. durch Sanktionen
• Vor dem
Hintergrund des anstehenden neuen Landesentwicklungsplans mit einer Neufassung
der Regelungen des früheren § 24 a LEPro erscheint es sinnvoll, zu einem abgestuften
System zu kommen mit einer Konkretisierung der Ziele der Landesplanung im Sinne
von gemeinsamen „Spielregeln“ für das Ruhrgebiet im Regionalplan und der konkreten
Umsetzung in Einzelhandelskonzepten für funktionale Teilräume wie dem östlichen
Ruhrgebiet. Dafür sind für das REHK entsprechende Vorschläge herzuleiten.
Vorgehen
Die Erarbeitung
der Fortschreibung soll vom Gutachter in enger Abstimmung und Zusammenarbeit
mit der Arbeitsgruppe Fortschreibung des REHK erfolgen. Es ist von fünf gemeinsamen
Arbeitssitzungen auszugehen. Im Plenum des REHK sind drei Präsentationen vorzusehen:
ein erster Zwischenbericht in der Juni-Sitzung, ein Werkstattgespräch auf der Basis
der Entwurfsfassung im September und eine Schlusspräsentation im November. Die
Endfassung der Fortschreibung wird abschließend auch in der IKZ, dem
Arbeitskreis der Planungsdezernenten der Region, vorgestellt.
Im Laufe der
Erarbeitungsphase (voraussichtlich im September
2012) soll eine Veranstaltung stattfinden, die sich an die
Fachöffentlichkeit und insbesondere die Kommunalpolitik richtet, um die Ziele
des REHK und der regionalen Kooperation wieder stärker in den Fokus zu rücken.
Der Entwurfsstand wird auf dieser Veranstaltung zur Diskussion gestellt.
Kosten
Die Stadt Lünen
soll stellvertretend für die Beteiligten den Auftrag haushaltstechnisch abwickeln.
Im Vorfeld ist die Förderfähigkeit geprüft worden. Nach Auskunft des Landes und
der Bezirksregierung Arnsberg ist eine Förderung nach
Städtebauförderrichtlinien nicht möglich. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage
der beteiligten Kommunen soll der Gutachteraufwand auf ein Mindestmaß reduziert
werden. Gemäß Ausschreibung liegt der maximale Auftragswert bei 50.000 €. Dazu
kommen noch ca. 10.000 € sonstige Kosten für den Fortschreibungsprozess (Druck,
Veranstaltungsmoderation etc.).
Seitens der
beteiligten fünf Industrie- und Handelskammern im Kooperationsraum und des Einzelhandelsverbandes
Westfalen-Münsterland ist eine Kofinanzierung mindestens in Höhe der bei der
letzten Fortschreibung eingebrachten jeweils 1.500 € zugesagt (insgesamt mind. 10.000 €).
Zudem wird die während des Fortschreibungsprozesses geplante öffentliche Veranstaltung
seitens der IHK zu Dortmund finanziell unterstützt.
Der von den
beteiligten Kommunen zu tragende Finanzierungsanteil in Höhe von maximal ca.
50.000 € soll entsprechend des bisher üblichen Kostenverteilungsschlüssel (zur
Hälfte auf die Zahl der Kommunen und zur Hälfte gemäß des Einwohneranteils)
verteilt werden.
Bei einer
angenommenen Beteiligung von 24 Gemeinden ergibt sich ein Basisbetrag je Gemeinde
von 1.041,67 €. Bei der aktuellen Einwohnerzahl aller Mitgliedskommunen ergibt sich
ein Kostenanteil pro 1000 Einwohner in Höhe von 9,87 €. Für die Stadt Kamen errechnet
sich daraus ein Eigenanteil von in Höhe von 1.480 €.
Weiteres Verfahren
Sofern von den
beteiligten Gemeinden die Fortschreibung beschlossen wird, kann eine Vergabe
des Gutachtens im Mai 2012 erfolgen. Dem Gutachter wird eine Bearbeitungszeit von
ca. 6 Monaten vorgegeben. Nach fachlicher Abstimmung im Arbeitskreis REHK
könnte voraussichtlich Anfang 2013 den beteiligten Städten die Ergebnisse der
gutachterlichen Erarbeitung sowie Verfahrensvorschläge zur Weiterentwicklung
der interkommunalen Vereinbarung zur Beratung vorgelegt werden.
Bereitstellung finanzieller Mittel
Mittel für den Anteil der Stadt Kamen in Höhe von 1.500 € stehen unter der Buchungsstelle 51.01.01.542900 im Produkt 51 – Räumliche Planung und Entwicklung – zur Verfügung.