Betreff
Regionales Einzelhandelskonzept für das östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche
hier: Beschluss zur Fortschreibung
Vorlage
032/2012
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Planungs- und Umweltausschuss stimmt der Fortschreibung des Regionalen Einzelhandels­konzeptes für das östliche Ruhrgebiet zu.

 


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Ausgangslage

 

Bereits vor mehr als 10 Jahren haben sich die Kommunen im östlichen Ruhrgebiet in einer Ko­ope­ration zusammengeschlossen mit dem Ziel, ihre Einzelhandelsentwicklung im Konsens mit­einander zu betreiben und dabei den Wettbewerb untereinander in städtebaulich verträglichem Rahmen zu gestalten. Im Laufe der Zeit ist die Zahl der an der Kooperation beteiligten Kommu­nen auf 24 angewachsen. Im Jahr 2007 wurde das REHK erstmals fortgeschrieben und an ver­än­derte Rahmenbedingungen angepasst. Diese Kooperation hat bis heute eine Vielzahl von Bewährungsproben bestanden und gilt deutschlandweit als vorbildlich. Im Rahmen des Bundes­wett­bewerbes kommKoop 2006 des BMVBS wurde das REHK Östliches Ruhrgebiet und an­grenzende Bereiche - als einziges regionales Einzelhandelskonzept - prämiert. Im Jahr 2007 wurde es im Rahmen des Wettbewerbs „Lebenswerte Innenstädte - Initiativen, die bewegen!“ vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als gutes Beispiel für Projekte und Initiativen der

Innenstadtentwicklung ausgezeichnet.

 

In der Vergangenheit sind immer wieder große Einzelhandelsprojekte an peripheren, städtebau­lich problematischen Standorten in einer Gemeinde mit der Begründung realisiert worden, dass das Vorhaben andernfalls in der Nachbarkommune umgesetzt würde (Kirchturmdenken). Dass dieses Kalkül auch umgekehrt gilt und in allseitigem Nutzen zu überwinden ist, war eine Motiva­tion für das REHK. Dieses gute Beispiel hat in den letzten Jahren zu einer Vielzahl ähnlicher regionaler Einzelhandels-Kooperationen und -Konzepte in NRW geführt.

 

Handel ist Wandel, das ist nicht nur eine Binsenweisheit, sondern beschreibt den Prozess, mit dem sich die Städte und Gemeinden planerisch auseinandersetzen müssen. Trotz fast überall sinkender Bevölkerungszahlen und mehr oder weniger stagnierender Kaufkraft erhöht sich die Verkaufsfläche im Einzelhandel weiter. Waren es vor einigen Jahren noch hauptsächlich Bau- und Gartenmärkte, die expandierten, so sind es aktuell Möbel(kauf)häuser, die ihre Standorte erweitern bzw. neue Standort suchen. Problematisch dabei sind zum einen der wachsende An­teil zentrenrelevanter Randsortimente, zum anderen die Tendenz zu einer Aufweitung des Sor­timentsspektrums (z. B. Babyartikel).

 

Diese Entwicklung hat auch die Kooperationsgemeinschaft REHK in den Jahren seit der ersten Fortschreibung intensiv beschäftigt. Die Probleme im Umgang mit der Vielzahl von Neuansied­lungs- und Erweiterungsprojekten hat dazu geführt, die Thematik in einer Unterarbeitsgruppe zu behandeln. Nach intensiver und kontroverser Diskussion ist ein Änderungsvorschlag zu dem geltenden Prüfschema des REHK erarbeitet worden.

Nach den einschlägigen Urteilen in den vergangenen Jahren zu § 24 a LEPro NRW (Landes­entwicklungsprogramm NRW) und verschärft nach Auslaufen des LEPro zum 31.12. des letzten Jahres fehlt einer erfolgreichen regional abgestimmten Steuerung der Einzelhandelsentwicklung die landesplanerische verbindliche Zielvorgabe. In die entstandene Gesetzeslücke versuchen in jüngster Zeit vermehrt Investoren mit Projekten wie FOC/DOC (Factory-Outlet-Center/ Design-Outlet-Center), IKEA Homepark oder auch klas­sische Möbelhäuser mit großen Flächenanteilen an zentrenrelevanten Sortimenten zu stoßen, die zumindest in ihrer kumulativen Wirkung die zentralen Versorgungsbereiche massiv bedrohen werden. Das planungspolitische Signal, das von diesen Projekten im Falle einer Realisierung aus­ginge, wäre fatal. Auch das REHK wäre unmittelbar betroffen. Zum einen betreibt mit der Stadt Werl eine REHK-Kommune ein FOC-Projekt, zum anderen wäre ein  IKEA Homepark in Wuppertal, unabhängig von den städtebaulichen Auswirkungen für die betroffenen Nachbar­kommunen (auch z. T. REHK-Mitglieder), z. B. in Bochum, wo eine solche Ansiedlung mit Blick auf das REHK und landesplanerische Vorgaben gescheitert ist, kommunalpolitisch nur schwer zu vermitteln. Unmittelbar betroffen wären die Mitgliedsgemeinden des REHK von einer An­siedlung eines klassischen IKEA-Hauses und mehr noch eines Homepark-Konzeptes in der Mit­gliedsgemeinde Castrop-Rauxel in Abhängigkeit vom Umfang der zentrenrelevanten Sortimente.

 

Für das REHK stellt sich die schwierige Frage, wie mit dem landesplanerischen Vakuum umzu­gehen ist. Eine noch zu findende Neufassung des § 24 a LEPro wäre als Grundlage und Aus­gangspunkt für weitergehende oder zumindest konkretisierende regionale Regelungen erforder­lich. Unabhängig von den gegenwärtig noch nicht feststehenden, landesplanerischen „Zielen in Aufstellung“ soll mit der Fortschreibung des REHK eine klare eigenständige Position der Region zu landes- und regionalplanerisch notwendigen Steuerungsregelungen entwickelt werden.

Der angelaufene Prozess des regionalen Diskurses im Vorfeld des neuen Regionalplans für das Verbandsgebiet des RVR bietet zudem die Chance, mit der Fortschreibung einen Beitrag zu leisten für ein abgestuftes System des planerischen Umgangs mit der Thematik großflächiger Einzelhandel. Ausgehend von Zielen der Raumordnung und Landesplanung und gemeinsamen regionalplanerischen Spielregeln im RVR könnte das REHK die konkrete Verabredung für die Abstimmung von regional bedeutsamen Einzelhandelsvorhaben auf teilräumlicher Ebene dar­stellen.

Um dieser interkommunalen Verabredung ein Mindestmaß an Verbindlichkeit zu verleihen und sie auf der kommunalen Ebene mit Leben zu füllen, wird auch diesmal, wie für das ursprüngliche REHK von 2001 und Fortschreibung von 2007, eine Beschlussfassung in allen Städten und Gemeinden des Kooperationsraumes am Ende des Erarbeitungsprozesses stehen müssen.

 

Fortschreibungsbedarf

Die Fortschreibung 2012 soll in Weiterentwicklung des gültigen REHK (Fortschreibung 2007) vor allem folgende Ergebnisse bringen:

 

Evaluierung der Umsetzung des REHK seit 2007

Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt:

• Haben die verabredeten Verfahren alle überörtlich relevanten Praxisfälle abgedeckt?

• Welche Problem sind dabei aufgetreten?

• Haben die kooperierenden Kommunen für alle überörtlich bedeutsamen Planungen den „Regi­onalen Konsens“ gesucht?

• Konnten die erforderlichen Daten zur Anwendung der Prüfschemata problemlos beschafft bzw. überprüft werden?

• Sind im Einzelfall nachweisbar Steuerungswirkungen zu Gunsten planerisch erwünschter Standorte eingetreten?

• Haben sich für Kommunen am Rand des Kooperationsraumes Nachteile daraus ergeben, dass unmittelbare Nachbarn nicht an die Vereinbarungen des REHK gebunden waren?

 

Aktualisierung der Datengrundlagen

Die Beurteilung der aktuellen Situation der Einzelhandelsstrukturen und ihrer Entwicklungsper­spektiven bis zum Jahr 2020 soll unter Berücksichtigung insbesondere folgender Quellen erfol­gen:

• Einwohnerzahlen, -strukturdaten und –prognosen für die beteiligten Kommunen (LDS NRW 2011)

• Kennziffern zu Kaufkraftpotenzial, -niveau, Umsatz und Zentralität

• Daten zu Einzelhandelsbetrieben ab einer Verkaufsfläche von rd. 500 m² (IHK-Atlas „650+“ 2011, Angaben der Kommunen)

• Kommunale Einzelhandelskonzepte der beteiligten Städte und Gemeinden

• Forschungsstudien unterschiedlicher Institutionen zu aktuellen Trends im Handel

 

Definition relevanter Begrifflichkeiten

In der Vergangenheit hat sich an konkreten Fällen gezeigt, dass die bisherigen Regelungen teilweise bestimmte Problemsituationen nicht eindeutig abbilden. Hier ist eine Klärung erforder­lich.

• Wie weit wird der Begriff des Bestandsschutzes im Zusammenhang mit der Beurteilung von Vorhaben gefasst?

• Wie ist der Prozess des Umbaus von bestehenden Standorten im Sinne des Zentrenschutzes steuerbar?

• In welcher Form erfolgt eine Abgrenzung Kern- und Randsortimente? Gibt es auch eine Be­grenzung oder einen Ausschluss nicht-zentrenrelevanter Randsortimente (Kriterium funktionaler Zusammenhang mit dem Kernsortiment)?

• Wie wird mit der Thematik „Agglomeration“ umgegangen? Ist eine Steuerung über die höchst­richterliche Rechtssprechung hinausgehend möglich?

 

Überprüfung der Zielvorstellungen zur regionalen Einzelhandelsentwicklung Im Mittelpunkt die­ses Untersuchungsschrittes steht die kritische Würdigung der im REHK 2007 formulierten Ziel­vorstellungen unter besonderer Berücksichtigung folgender Schwerpunktthemen:

• Überprüfung und ggf. Anpassung des „hierarchisch gestuften Netzes von funktionsfähigen Versorgungszentren mit Ergänzungsstandorten für zentrenverträgliche Betriebe mit überörtlicher Bedeutung“ als Leitvorstellung zur regionalen Entwicklung.

• Räumliche Konkretisierung von zentralen Versorgungsbereichen (nachrichtliche Übernahme aus kommunalen Konzepten, Plausibilitätskontrolle)

• Zielkonsistenz lokaler Einzelhandelskonzepte untereinander und mit dem REHK

• Räumliche und quantitative Entwicklung regional bedeutsamer Standorte

• Entwicklungsperspektiven regional bedeutsamer Alt-Standorte („Repowering“)

• Umgang mit neuen Betriebsformen und Sortimentskonzepten

• Sicherung der Innenstädte als Einzelhandelsstandorte

• Sicherung der Nahversorgung

 

Überprüfung und Weiterentwicklung des Verfahrens zum regionalen Konsens

Vor dem Hintergrund der aktuellen und für die nächsten Jahre absehbaren Entwicklung des Ein­zelhandels sollten insbesondere folgende Schwerpunktthemen untersucht und ggf. angepasst werden:

• Prüfkriterien und Schwellenwerte für die Beurteilung

• Betriebsformenspezifische Prüfschemata (für Möbel- und Bau- u. Gartenmärkte gibt es bereits einen Überarbeitungsvorschlag)

• Erfahrungen mit der praktischen Anwendung

• Umgang mit unterschiedlichen kommunalen Vorgaben (Sortimentslisten, Diskrepanzen zwi­schen kommunalen Einzelhandelskonzepten und dem REHK)

• Einpassen der Regelungen der Geschäftsordnung in das Konsensverfahren (Abweichungsre­gel)

• Überprüfung der 20 %-Regel bei Auswirkungen auf Nachbargemeinden

• Überprüfung der Kriterien zum Thema Kongruenz

 

Neue Herausforderungen

Insbesondere die aktuell unklare Rechtslage, hervorgerufen durch das Fehlen landesplaneri­scher Ziele nach dem Auslaufen des LEPro stellt die regionale Zusammenarbeit vor große Her­ausforderungen.

• Vorschläge zur Erhöhung der Verbindlichkeit der gemeinsam getroffenen Verabredungen (all­gemeine Ziele, Konsensverfahren), z. B. durch Sanktionen

• Vor dem Hintergrund des anstehenden neuen Landesentwicklungsplans mit einer Neufassung der Regelungen des früheren § 24 a LEPro erscheint es sinnvoll, zu einem abgestuften System zu kommen mit einer Konkretisierung der Ziele der Landesplanung im Sinne von gemeinsamen „Spielregeln“ für das Ruhrgebiet im Regionalplan und der konkreten Umsetzung in Einzelhan­delskonzepten für funktionale Teilräume wie dem östlichen Ruhrgebiet. Dafür sind für das REHK entsprechende Vorschläge herzuleiten.

 

Vorgehen

Die Erarbeitung der Fortschreibung soll vom Gutachter in enger Abstimmung und Zusammenar­beit mit der Arbeitsgruppe Fortschreibung des REHK erfolgen. Es ist von fünf gemeinsamen Arbeitssitzungen auszugehen. Im Plenum des REHK sind drei Präsentationen vorzusehen: ein erster Zwischenbericht in der Juni-Sitzung, ein Werkstattgespräch auf der Basis der Entwurfs­fassung im September und eine Schlusspräsentation im November. Die Endfassung der Fort­schreibung wird abschließend auch in der IKZ, dem Arbeitskreis der Planungsdezernenten der Region, vorgestellt.

 

Im Laufe der Erarbeitungsphase (voraussichtlich im September  2012) soll eine Veranstaltung stattfinden, die sich an die Fachöffentlichkeit und insbesondere die Kommunalpolitik richtet, um die Ziele des REHK und der regionalen Kooperation wieder stärker in den Fokus zu rücken. Der Entwurfsstand wird auf dieser Veranstaltung zur Diskussion gestellt.

 

Kosten

Die Stadt Lünen soll stellvertretend für die Beteiligten den Auftrag haushaltstechnisch abwickeln. Im Vorfeld ist die Förderfähigkeit geprüft worden. Nach Auskunft des Landes und der Bezirksre­gierung Arnsberg ist eine Förderung nach Städtebauförderrichtlinien nicht möglich. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage der beteiligten Kommunen soll der Gutachteraufwand auf ein Mindestmaß reduziert werden. Gemäß Ausschreibung liegt der maximale Auftragswert bei 50.000 €. Dazu kommen noch ca. 10.000 € sonstige Kosten für den Fortschreibungsprozess (Druck, Veranstaltungsmoderation etc.).

Seitens der beteiligten fünf Industrie- und Handelskammern im Kooperationsraum und des Ein­zelhandelsverbandes Westfalen-Münsterland ist eine Kofinanzierung mindestens in Höhe der bei der letzten Fortschreibung eingebrachten jeweils 1.500 € zugesagt (insgesamt mind. 10.000 €). Zudem wird die während des Fortschreibungsprozesses geplante öffentliche Veran­staltung seitens der IHK zu Dortmund finanziell unterstützt.

 

Der von den beteiligten Kommunen zu tragende Finanzierungsanteil in Höhe von maximal ca. 50.000 € soll entsprechend des bisher üblichen Kostenverteilungsschlüssel (zur Hälfte auf die Zahl der Kommunen und zur Hälfte gemäß des Einwohneranteils) verteilt werden.

Bei einer angenommenen Beteiligung von 24 Gemeinden ergibt sich ein Basisbetrag je Ge­meinde von 1.041,67 €. Bei der aktuellen Einwohnerzahl aller Mitgliedskommunen ergibt sich ein Kostenanteil pro 1000 Einwohner in Höhe von 9,87 €. Für die Stadt Kamen errechnet sich daraus ein Eigenanteil von in Höhe von 1.480 €.

 

Weiteres Verfahren

Sofern von den beteiligten Gemeinden die Fortschreibung beschlossen wird, kann eine Vergabe des Gutachtens im Mai 2012 erfolgen. Dem Gutachter wird eine Bearbeitungszeit von ca. 6 Mo­naten vorgegeben. Nach fachlicher Abstimmung im Arbeitskreis REHK könnte voraussichtlich Anfang 2013 den beteiligten Städten die Ergebnisse der gutachterlichen Erarbeitung sowie Verfahrensvorschläge zur Weiterentwicklung der interkommunalen Vereinbarung zur Beratung vorgelegt werden.

 

Bereitstellung finanzieller Mittel

Mittel für den Anteil der Stadt Kamen in Höhe von 1.500 € stehen unter der Buchungsstelle 51.01.01.542900 im Produkt 51 – Räumliche Planung und Entwicklung – zur Verfügung.