Betreff
Hellmig -Krankenhaus Kamen gGmbH
hier: Aufnahme von Fusionsverhandlungen
Vorlage
007/2012
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Kamen ermächtigt den Bürgermeister, Verhandlungen für eine Fusion der Hellmig-Krankenhaus Kamen gGmbH mit dem Klinikum Westfalen GmbH zur langfristigen Siche­rung des Hellmig-Krankenhauses Kamen aufzunehmen und beauftragt die Verwaltung, die für eine Fusion erforderlichen Verträge und aufsichtsbehördlichen Genehmigungen vorzu­be­reiten und dem Rat zur Entscheidung über die Fusion vorzulegen. Gesellschafterversammlung, Aufsichtsrat und Betriebsrat sind über die Verhandlungsergebnisse zu informieren und gege­benenfalls zu beteiligen.


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Ausgangslage

 

Mit Datum vom 01.08.2005 wird das zuvor als eigenbetriebsähnliche Einrichtung geführte Städtische Hellmig-Krankenhaus als gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung und 100%-Tochter der Stadt Kamen geführt. Am 21.04. und 30.06.2005 beschloss der Rat der Stadt Kamen die Gründung der gGmbH und die Ausgliederung und den Übergang des Betriebs i.S.d. § 613 a BGB im Wege der Betriebsaufspaltung ohne Übergang des Grundbesitzes. Der Rat gewährte in diesem Rahmen ein Darlehen zur Liquiditätssicherung in Höhe von 1.950 TEuro (aktueller Stand: 1.000 TEuro).

 

Der Krankenhausbetrieb wurde bereits aufgenommen im Jahr 1884 auf Initiative der Witwe Wilhelmine Hellmig, getragen von der von ihr gegründeten Stiftung. 1938 übernimmt die Stadt das Krankenhaus. Die Stiftung wird aufgelöst. Der Standort des Krankenhauses an der Nordstraße/Nordenmauer besteht seit 1889 und wird den Erfordernissen entsprechend immer weiter ausgebaut, erneuert und modernisiert. Das damals mit 33 Betten ausgestattete Haus verfügt heute über 207 Betten in 6 medizinischen Abteilungen. Mit rd. 350 Mitarbeitern ist die Klinik eine der größten Arbeitgeberinnen der Stadt. Sie hat sich in den vergangenen Jahren besonders profiliert als Haus der medizinischen Grund- und Regelversorgung mit einem Einzugsbereich im Mittelkreis mit rd. 115.000 Einwohnern und darüber hinaus. Besonders die in 2005 als Hauptfachabteilung anerkannte Unfall- und Wiederherstellungschirurgie hat in unmittelbarer Nähe zu dem Bundesautobahnkreuz eine besondere Bedeutung.

Die medizinischen Angebote des Hellmig-Krankenhauses werden seit 2010 ergänzt durch das baulich unmittelbar angrenzende Gesundheitszentrum „SeverinHaus“ an der Nordenmauer, das Gesundheitsdienstleister (Apotheke, Sanitätshaus) und eine Vielzahl von Fachärzten verschiedener Fachrichtungen beherbergt. Sie bieten der Bevölkerung mit ihren Leistungen eine sinnvolle Ergänzung zum Angebot des Krankenhauses und profitieren im engen Zusammenspiel mit den einzelnen Fachkliniken auch vom Leistungsspektrum der Kliniken. Die neue Einrichtung trägt dazu bei, den Gesundheitsstandort Kamen weiter zu stärken.

Die wirtschaftliche Situation des Hellmig-Krankenhauses ist aktuell solide. Die kontinuierlich positive Entwicklung seit 2005 wurde im wesentlichen ermöglicht durch einen Sanierungstarifvertrag, der am 01.07.2007 in Kraft trat und am 30.06.2010 ablief und durch ein wirksames Investitions-, Kosten- und Qualitätsmanagement incl. Controlling.

 

 


Entwicklung der Jahresergebnisse seit 2005

2005

2006

2007

2008

2009

2010

-300 TEuro

-241 TEuro

82 TEuro

66 TEuro

35 TEuro

244 TEuro

 

 


Kennzahlen in %

31.12.2010

2009

2008

1. Ertragslage

-       Eigenkapitalrentabilität
((Jahresergebnis x 100) : Eigenkapital)

22,6

4,2

 

8,3

2. Vermögensaufbau

-     Anlagenintensität
((Anlagevermögen x 100) : Gesamtvermögen)

22,6

23,1

 

19,4

3. Anlagenfinanzierung

-     Anlagendeckung I
((Eigenkapital x 100) : Anlagevermögen)

64,2

48,7

 

53,2

4. Kapitalausstattung

-     Eigenkapitalquote
((Eigenkapital x 100) : Gesamtkapital)

14,3

11,2

 

10,3

 

 

Anlass für Fusionsüberlegungen

 

Das Hellmig-Krankenhaus, im Landesmittel eher zu den kleineren Kliniken gehörend, wird sich wirtschaftlich und gesundheitspolitisch positionieren müssen in der sich deutlich verändernden Krankenhauslandschaft in NRW mit verstärktem Trend zu größeren Krankenhauseinheiten. Die Sicherung des Standortes wird unter diesen erschwerten Rahmenbedingungen mit Kostensteigerungen und begrenzten Budgets (z.B. Vereinheitlichung Basisfallwerte) zunehmend anspruchsvoller. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung und im Bewusstsein der Verantwortung für die Sicherung des Traditionshauses wurden erste Sondierungsgespräche geführt, um die Möglichkeiten für Kooperationen und eine Fusion auszuloten.

 

Zielsetzungen der Fusionsverhandlungen

 

Die bevorstehenden Fusionsverhandlungen werden unter folgenden Zielvorgaben geführt:

 

  • Langfristige Absicherung des Klinikstandortes als Haus der Grund- und Regelversorgung mit Entwicklungsperspektive

 

  • Sicherung der Arbeitsplätze im Tarif incl. befristeter Bestandsgarantie

 

  • Erhalt der vorhandenen Angebote und der Qualität der medizinischen Versorgung

 

  • Gewährleistung betriebswirtschaftlicher Stabilität und Erlössicherung

 

  • Sicherung eines dem Einbringungswert entsprechenden Anteils (Stammeinlage) am Stammkapital in der neuen Klinikgesellschaft einschließlich eines angemessenen Einflusses in den Organen der Gesellschaft sowie nachhaltige Kapitalsicherung (Wert der kommunalen Gesellschaftsanteile)

 

  • Ausschluss einer Nachschuss- bzw. Verlustübernahmeverpflichtung (keine finanzielle Belastung der kommunalen Haushalte)

 

 

Gründe für das Klinikum Westfalen als Verhandlungspartner

 

Für die Aufnahme konkretisierender Fusionsverhandlungen mit dem Klinikum Westfalen sprechen folgende Gründe:

 

Das Klinikum Westfalen wird getragen von der Krankenversicherung Knappschaft Bahn-See und der Stadt Lünen. Es besteht derzeit aus dem Knappschaftskrankenhaus in Dortmund-Brackel und der Klinik am Park in Lünen. Das Beteiligungsverhältnis an der GmbH beträgt 75 zu 25. Die Kliniken fusionierten 2010. Die Knappschaft verfügt landesweit über sieben Klinikbeteiligungen (z.B. Bergmannsheil Bochum) sowie vier eigene Kliniken.

 

Das Klinikum Westfalen firmiert als gemeinnützige Gesellschaft im Sinne der §§ 51 – 68 AO. Mit der Stadt Lünen ist bereits eine kommunale Partnerin in dem Verbund. Beschäftigungsstrukturen und tarifliche Vereinbarungen (Gehaltsniveau, Altersversorgung, Arbeitszeitregelungen) sind komparabel. Im Rahmen der Fusion 2010 wurde für die Belegschaft mit dem Personalübergang über den gesetzlich bestehenden Kündigungsschutz hinaus eine mittelfristige Beschäftigungsgarantie über sechs Jahre verhandelt. Diese Option wird auch für die Mitarbeiter des Hellmig-Krankenhauses gesehen. Private oder konfessionelle Verhandlungspartner bzw. Kaufinteressenten sind nicht in der Lage, diese Beschäftigungs- bzw. Tariftreuegarantie zu geben.

 

Die Größe und die Leistungsfähigkeit der kommunal getragenen Krankenhäuser Lünen-Brambauer und Kamen sind vergleichbar. Die Zusammenarbeit wirtschaftlich gesunder Krankenhäuser im Verbund eröffnet die Chance auf betriebswirtschaftlich nachhaltige Effekte durch Kooperation und Synergien. Sie kann zu deutlichen Ertragsverbesserungen führen.

Zudem erscheint eine Werterhaltung des kommunalen Gesellschaftsanteils realistisch und eine angemessene Teilhabe in einem Beteiligungsverhältnis von etwa 60% zu je 20% möglich.

 

Rund 38 % der stationären Umsätze im Kamener Hellmig-Krankenhaus entfallen auf Patienten, die Versicherte der Knappschaft sind. Daraus könnten sich mit Blick auf das von der Knappschaftsversicherung eingeführte „Prosper-Modell“ Vorteile für die Patienten, aber auch das Hellmig-Krankenhaus, ergeben.

 

Rechtliche Zulässigkeit

 

Eine Fusion der Hellmig-Krankenhaus Kamen gGmbH mit dem Klinikum Westfalen und die damit verbundene wesentliche Änderung des Gesellschaftsvertrages ist an die gesetzlichen Regelungen der §§ 107 ff GO NRW gebunden.

Die in diesem Rahmen notwendigen Grundsatzentscheidungen trifft der Rat der Stadt Kamen gemäß § 41 Abs. 1 Buchst. m) GO NRW.

Wird unterstellt, dass der Gesellschaftszweck der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens beibehalten wird und die Gesellschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 51 – 68 der Abgabeordnung verfolgt, handelt es sich nach dem Ausschlusskatalog des § 107 Abs. 2 GO NRW um eine nichtwirtschaftliche Betätigung.

Da die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhausleistungen Zielsetzung ist und das Gesundheitswesen als Kernelement gemeindlicher Daseinsvorsorge angesehen werden kann, wird zudem die Voraussetzung des § 108 Abs 1 GO NRW erfüllt.

 

Die weiteren Vorgaben des § 108 GO NRW (Haftungsbegrenzung, Leistungsfähigkeit der Gemeinde, Verlustübernahme, Sicherung angemessener Einflussnahme, Ausrichtung auf den öffentlichen Zweck, Gestaltung des Jahresabschlusses) sind durch entsprechende Regelungen in dem Gesellschaftsvertrag zu erfüllen.

 

 

Verfahrensausblick

 

Dem Bürgermeister ist das Mandat zu erteilen, Verhandlungen in dem beschriebenen Rahmen aufzunehmen und eine Trägerentscheidung des Rates für eine mögliche Fusion mit dem Klinikum Westfalen zum 01.01.2013 vorzubereiten. Die für eine Verbundentscheidung erforderlichen Vertragsentwürfe (z.B. Gesellschaftsvertrag, Einbringungsvertrag, Personalüberleitungsvertrag etc.) sowie weitere Entscheidungsgrundlagen (z.B: Übertragungsbilanz) sind zu erarbeiten, notwendige aufsichtsrechtliche Genehmigungen abzustimmen und dem Rat zu gegebener Zeit zur Beratung und Entscheidung vorzulegen.

Die Organe der Hellmig-Krankenhaus Kamen gGmbH sind am dem Prozess gemäß ihrer Aufgaben und Kompetenzen zu beteiligen.