Betreff
Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmisionsschutzgesetz (BImSchG)
Antrag der Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft Kreis Unna mbH (GWA) vom 31.05.2010 auf Erteilung einer Genehmigung zur wesentlichen Änderung der Aufbereitungsanlage für Boden, Bauschutt und Baustellenabfälle (Umschlag von Hausmüll in der vorhandenen Annahmehalle) am Standort der Inertstoffdeponie in Kamen gem. § 16 BImSchG
hier: Stellungnahme der Stadt Kamen
Vorlage
080/2010
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Stadt Kamen lehnt die wesentliche Änderung der Aufbereitungsanlage für Boden, Bauschutt und Baustellenabfälle (Umschlag von Hausmüll in der vorhandenen Annahmehalle) am Standort der Inertstoffdeponie in Kamen gem. § 16 BImSchG aufgrund der rechtskräftigen Darstellung im Flächennutzungsplan der Stadt Kamen ab.

 

Die Bezirksregierung wird aufgefordert, grundsätzlich abzuwägen, ob vor dem Hintergrund ge­ge­bener Zusagen an die Heeren-Werver Bevölkerung und bereits eingetretenre Ver­trauens­verluste die Betriebsstätte vor Ort als frei entwickelbarer Standort eingeordnet wer­den kann.


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Die Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft Kreis Unna mbH (GWA) betreibt einen Stand­ort in Kamen Heeren-Werve, der ursprünglich als Inertstoffdeponie genehmigt worden war. Weitere abfallwirtschaftliche Einrichtungen werden dort seitdem über von der Bezirksregierung Arnsberg erteilte Genehmigungen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz betrieben. Nach Abschluss der Ursprungsplanung sollte die Deponie renaturiert und der Allgemeinheit zugäng­lich gemacht werden. Die GWA will in 2010 ein neues Standortkonzept für die vorhandene Betriebsfläche, als auch für die nördlich hiervon gelegene 2 ha große Freifläche (Erweiterungs­fläche) erarbeiten. Im Spätsommer/Herbst 2010 soll geklärt sein, welche abfallwirtschaftlichen Aktivitäten, auch die bisher von der Boden- und Bauschuttverwertungsgesellschaft für den Kreis Unna mbH (BBKU) durchgeführten, fortgesetzt werden. Aus dem Ergebnis sollen sich weitere Antragsaktivitäten nach BImSchG ergeben.

Offenbar ist bereits jetzt ersichtlich, dass das Standortkonzept in jedem Fall den Umschlag von kommunalen Siedlungsabfällen aus dem mittleren Gebiet des Kreises Unna beinhalten wird. Gemäß des vorgelegten Antrages der GWA soll, um die Vorteile des Standortes bereits zum jetzigen Zeitpunkt in Anspruch nehmen zu können, im Rahmen eines Provisoriums kurzfristig damit begonnen werden. Diese Vorgehensweise führe unter logistischen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten zu einer Optimierung der abfallwirtschaftlichen Prozesse und sei ausdrücklich durch die anliefernden Städte und Gemeinden erwünscht. Wesentliches Merkmal des Betriebes einer Umladeanlage sei die Reduzierung der für den Transport der Abfälle in der MVA Hamm erforderlichen Transportkilometer sowie die Reduzierung der Einsatzzeiten der kostenintensiven kommunalen Fahrzeuge.

Der Betrieb des vorgesehenen Provisoriums ende mit der Dauerinbetriebnahme einer Umladeanlage gem. des neuen Standortkonzeptes.

 

Die Betriebszeiten für die neue Anlage sollen bestehen bleiben:

montags – freitags      7.00-16.30 Uhr

samstags                    7.00-12.00 Uhr

Die Öffnungszeiten auf der vorhandenen Betriebsfläche sollen im Interesse einer stärkeren Kundenorientierung ausgeweitet werden:

montags – freitags      7.00-18.00 Uhr

samstags                    7.00-14.00 Uhr

 

Die umwelt- und sicherheitsrelevanten Auswirkungen des Vorhabens wurden untersucht und zum Teil gutachterlich unterstützt. In sämtlichen Bereichen (Lärm, Geruch, Staub, Abwasser, Brandschutz, Arbeitssicherheit/-schutz und Explosionsschutz) komme es zu keiner Verschlech­terung der Ist-Situation.

 

 

 

Planungsrechtliche Beurteilung:

 

Im Gebietsentwicklungsplan für den Regierungsbezirk Arnsberg, Teilabschnitt Dortmund, west­licher Bereich, ist sowohl die bestehende Betriebsfläche als auch die Erweiterungsfläche als Fläche für „Aufschüttungen und Ablagerungen – Abfallbehandlungsanlage“ gekennzeichnet.

 

Im Flächennutzungsplan der Stadt Kamen ist die gesamte Betriebsfläche als „Fläche für die Landwirtschaft“ dargestellt. Der gültige Flächennutzungsplan der Stadt Kamen wurde in der jetzigen Fassung durch die Bezirksregierung Arnsberg genehmigt und erlangte am 17.02.2004 seine Rechtskraft. Eine Forderung nach Änderung des Flächennutzungsplanes im Bereich der Inertstoffdeponie durch die Genehmigungsbehörde hat es nicht gegeben.

 

 

Weitere Bauleitpläne gibt es nicht. Nach § 40 KrW-/ AbfG ist die Bezirksregierung für die allgemeine Überwachung und Genehmigung der Anlage und deren baulicher Anlagen zu­ständig. Baugenehmigungen im Rahmen von Erweiterungen und Umstrukturierungen von Betriebsabläufen werden ebenfalls ausschließlich durch die Bezirksregierung erteilt.

 

Eine etwaige Anpassung von genehmigten Bauleitplänen an die Ziele der Raumordnung kann gem. § 33 Abs. 1 Landesplanungsgesetz NRW (LPlG NW) nur auf Verlangen der Landes­re­gierung erfolgen.

 

Bei einer rein planungs- und baurechtlichen Beurteilung durch die Stadt Kamen kommt man zu dem Ergebnis, dass die Festsetzungen des Flächennutzungsplanes der Stadt Kamen weder die tatsächliche noch die beantragte Nutzung in dem Bereich der vorhandenen Betriebsfläche wieder­gibt. Durch die Ausweisung der Fläche als „Fläche für die Landwirtschaft“ ist der Bauan­trag entsprechend den Anforderungen baulicher Aktivitäten im Außenbereich zu beurteilen. Der anzuwendende § 35 BauGB (Bauen im Außenbereich, Zulässigkeit von privilegierten Vorhaben) eröffnet der Stadt Kamen keine Möglichkeit einer Zustimmung zu der beantragten Nutzung, da Abfallbehandlungsanlagen nicht Gegenstand einer zulässigen Außenbereichsnutzung sind. Eine Zulässigkeit der beantragten Nutzung ist aus Sicht der Stadt Kamen ausschließlich in einem In­dustriegebiet gem. § 9 BauNVO gegeben.

 

 

Beurteilung der Verlademengen und Wirtschaftlichkeitsberechnung:

 

Entsprechend der vorliegenden Stellungnahmen und Einschätzungen der Betreibergesellschaft (GWA) ist mit einer täglichen Anfuhr von vier Hausmüllfahrzeugen an die Umladestation zu rech­nen. Die Verwaltung kommt zu einer anderen Einschätzung: Im Monat Mai 2010 wurden 56 An­fahr­ten zur MVA Hamm durchgeführt. Es handelt sich hierbei um 42 Hausmüll- und 14 Con­tainer­müllentleerungen. Entsprechend der Angaben der GWA sind dieses zukünftig lediglich 28 Anfahrten zur MVA Hamm. Rechnet man den Stadtteil Methler noch heraus, erfolgen von dienstags bis freitags 22 Anfahrten und somit rechnerisch 5,5 Anlieferungen pro Tag. Hinzu kommen, laut Betriebsbeschreibung der GWA, auch Anlieferungen aus der Stadt Unna und der Gemeinde Bönen. Je nach Menge der anfallenden Abfälle erhöhen sich die täglichen Fahrten somit auf 8-10.

 

Auf Nachfrage legt die GWA dar, dass die der Stadt Kamen anzurechnenden Kosten nach Umstellung für Betrieb und Unterhaltung der Umladestation etwa 25.000 €/Jahr betragen. Dies würde einem Gebührenanstieg für die Restmüllgebühren (insgesamt rd. 3,2 Mio €) in Höhe von rund 0,7 % entsprechen. Dem gegen zu rechnen sind mögliche Einsparungseffekte. Nach Berech­nungen der GWA ergeben sich durch kürzere Anfahrten zur Anlieferungsstelle Einsparungen in Höhe von 48.360,00 €.

 

Aufgrund bestehender Verträge mit der Fa. Welge gibt es allerdings für die Jahre 2010/12 kein Einsparpotential. Ein Einsparpotential besteht lediglich dann, wenn bei Neuausschreibung die Abfallentsorgung der Stadt Kamen tatsächlich um mindestens die eingesparte Summe niedriger liegt, was nach heutiger Einschätzung unrealistisch erscheint. Zusätzliche Gewerbesteuer­ein­nahmen durch die Anlage sind, bedingt durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten der GWA, nicht zu erwarten.

 

Nach den vorgenannten Berechnungen – die Schlüssigkeit der Gewerbesteuerberechnungen unterstellt - ist festzustellen, dass durch eine mögliche Errichtung und Inbetriebnahme der Umladestation die monetären Auswirkungen eher marginal sind. Die Mehr- oder Mindereffekte sind gebührenrechtlich zu vernachlässigen.

 

 

 

Fazit:

 

Die Gesellschaft für Wertstoff- und Abfallwirtschaft Kreis Unna mbH (GWA) will am bereits vor­handenen Deponiestandort in Kamen Heeren-Werve einen Umschlagsplatz für kommunale Sied­lungsabfälle errichten. Diese zunächst provisorische Müllumschlaganlage soll zu einer Optimierung der abfallwirtschaftlichen Prozesse führen. Der Betrieb der Anlage endet mit der beabsichtigten, auf Dauerbetrieb ausgelegten, Umladeanlage, die Gegenstand eines völlig über­arbeiteten Standortkonzeptes sein soll. Dieses Standortkonzept wird laut Aussage der GWA im Spätsommer/Herbst 2010 beantragt werden.

 

Eine planungs- und bauordnungsrechtliche Zustimmung der Stadt Kamen ist auf Grund der Festsetzungen des rechtskräftigen Flächennutzungsplanes nicht möglich.

 

Aus dieser Gesamtsicht lehnt die Stadt Kamen die Errichtung einer provisorischen Umlade­an­lage für Siedlungsabfälle an dem Standort Mühlhauser Straße ab. Eine positive Auswirkung der Planung auf die Interessen der Bürgerinnen und Bürger ist so nicht erkenntlich. Von daher kann aus den Interessen der Stadt Kamen eine solche Planungsabsicht nicht gestützt werden.