Betreff
Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB)
hier: Änderung des Baugesetzbuches zur Umsetzung des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau (EAG Bau) sowie zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte
Vorlage
017/2007
Art
Mitteilungsvorlage

Am 20.07.2004 ist das Baugesetzbuch (BauGB) zur Umsetzung des Europarechtsanpassungs­gesetzes Bau (EAG Bau) novelliert worden. Am 1. Januar 2007 ist das “Gesetz zur Erleichte­rung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte” in Kraft getreten. Beide Gesetzänderungen haben wichtige Änderungen des Baugesetzbuches mit sich gebracht, die in zukünftigen Bauleitplanverfahren Berücksichtigung finden.

 

-      Zentrales Element des EAG Bau ist die europarechtlich geforderte Einführung der Umwelt­prüfung in das Recht der Bauleitplanung.

-      Ziel des “Gesetzes zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte” ist das Bauplanungsrecht für Vorhaben zur Stärkung der Innenentwicklung zu vereinfachen, um die erstmalige Inanspruchnahme von Flächen für Siedlungszwecke zu verringern und wichtige Planungsvorhaben zu beschleunigen.

 

 

Zu den wichtigen Neuerungen im BauGB 2004 gehören:

 

1.      Integration der Umweltprüfung in das Bauleitplanverfahren,

 

2.      Umweltprüfung grundsätzlich bei allen Bauleitplänen[1]

 

3.      Verzicht auf Vorprüfung im Einzelfall und Schwellenwerte mit dem Ziel eines einheitlichen Verfahrensrechts für alle Bauleitpläne,

 

4.      Erweiterung des Anwendungsbereichs für das vereinfachte Verfahren ohne Umweltprüfung auf bestandsichernde Neuplanungsfälle,

 

5.      Bündelung aller umweltbezogenen Verfahren und Belange in der Umweltprüfung.

 

 

Zentrale Anforderungen ergeben sich aus § 2 Abs. 4 BauGB:

 

1.      Für die Belange des Umweltschutzes ergeben sich neue Anforderungen an die Bauleit­planung. Gem. § 1 Abs. 6 Nr. 7 und § 1 a des Europarechtsanpassungsgesetzes Bau
- EAG Bau wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden (§ 2 Abs. 4 Satz 1 BauGB),

 

2.      die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungs­grad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist (§ 2 Abs. 4 Satz 2 BauGB),

 

3.      die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfungsmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessener Weise verlangt werden kann (§ 2 Abs. 4 Satz 3 BauGB),

 

4.      das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 4 Satz 4 BauGB),

 

5.      wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplan durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden (§ 2 Abs. 4 Satz 5 BauGB),

 

6.      Einführung einer frühzeitigen Behördenbeteiligung als Beitrag zur Festlegung des Umfangs und Detaillierungsgrads der Umweltprüfung (§ 4 Abs. 1 BauGB),

 

7.      modifizierte Anforderungen an die Bekanntmachung und Auslegung (§ 3 Abs. 2 und § 215 Satz 2 BauGB),

 

8.      zusammenfassende Erklärung (§ 6 Abs. 5 und § 10 Abs. 4 BauGB).

 

 

Zudem sind unter anderem folgende Neuregelungen hervorzuheben:

 

1.      Möglichkeit zur Befristung oder Bedingung von Nutzungsfestsetzungen (§ 9 Abs. 2 BauGB),

 

2.      Pflicht zur Überprüfung des Neuaufstellungs-, Änderungs-, Ergänzungserfordernisses des Flächennutzungsplans alle 15 Jahre beginnend ab 2010 (§ 5 Abs. 1 Satz 2 BauGB),[2]

 

3.      Abschaffung der Teilungsgenehmigung (§ 19 BauGB),

 

4.      Abschaffung der Möglichkeit der Genehmigung nach § 33 BauGB vor Durchführung der öffentlichen Auslegung (Ausnahme vereinfachte Verfahren),

 

5.      Regelungen zur Steuerung von Vorhaben, die schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche erwarten lassen (§ 2 Abs. 2 und § 34 Abs. 3 BauGB),

 

6.      Steuerung von privilegierten Außenbereichsvorhaben durch sachliche Teilflächennutzungs­pläne und Zurückstellungsmöglichkeit (§ 15 Abs. 3, § 5 Abs. 2 b und § 35 Abs. 3 BauGB),

 

7.      Erleichterung der Zulässigkeit von Anlagen zur energetischen Nutzung von Biomasse
(§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB),

 

8.      Einführung eines vereinfachten Umlegungsverfahrens anstelle des bisherigen Grenzrege­lungsverfahrens sowie weitere kleine Änderungen im Umlegungsrecht,

 

9.      Einführung von gesetzlichen Bestimmungen zu Stadtumbau-Gebieten und Soziale Stadt-Gebieten (§§ 171a bis 171e BauGB).

 

 

Zu den wichtigen Neuerungen im BauGB 2007 gehören:

 

1.      die Sicherung zentraler Versorgungsbereiche und der verbrauchernahen Versorgung (Einführung des § 9 Abs. 2a BauGB)

 

2.      neue Festsetzungsmöglichkeiten beim Vorhaben- und Erschließungsplan (Einführung des § 12 a BauGB)

 

3.      die Einführung eines beschleunigten Verfahrens für Bebauungspläne der Innenentwicklung (Einführung des § 13 a BauGB)

 

4.      Erleichterung der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung von Wohnbauvorhaben im nicht beplanten Innenbereich (Ergänzung des § 34 Abs. 3 BauGB)

 

5.      die Beschleunigung und Erleichterung des Abschlusses von städtebaulichen Sanierungs­verfahren (Ergänzung der §§ 142 Abs. 3 sowie 154 Abs. 2 BauGB)

 

6.      Änderungen beim Rechtsschutz gegen Bauleitpläne (Änderungen in den §§ 214 u. 215 BauGB und § 47 VwGO)

 

 

Textliche Erläuterungen zu den wesentlichen Änderungen:

 

1. Sicherung zentraler Versorgungsbereiche (§ 9 Abs. 2a BauGB)

In § 9 BauGB sind die in Bebauungsplänen aus städtebaulichen Gründen zulässigen Fest­setzungen aufgezählt. Der neue § 9 Abs. 2 a BauGB sieht vor, dass für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche im Bebauungsplan nunmehr auch festgesetzt werden kann, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB zulässigen baulichen und sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden. Dabei sind insbesondere städte­bauliche Entwicklungskonzepte i.S.d. § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu berücksichtigen.

 

Damit haben die Gemeinden künftig die Möglichkeit, mit einem einfachen Bebauungsplan gezielt Bestimmungen über die Zulässigkeit bestimmter Arten von Nutzungen und damit insbesondere von Einzelhandelsbetrieben zu treffen und so die Ansiedlung bestimmter Einzel­handelsbetriebe zu steuern. Die bisherige Bestimmung des § 34 Abs. 3 BauGB wurde von der Bundesregierung als nicht ausreichend angesehen.

 

 

2. Neue Festsetzungsmöglichkeiten beim Vorhaben- und Erschließungsplan

 

§ 12 Abs. 3 a BauGB schafft mehr Flexibilität beim vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Die Neuregelung soll es ermöglichen, im vorhabenbezogenen Bebauungsplan für den Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans eine bauliche oder sonstige Nutzung auch allgemein fest­zusetzen, namentlich durch Festsetzung eines Baugebiets nach der Baunutzungsverordnung. Verpflichtet sich der Vorhabenträger oder ein Dritter durch Änderung des Durchführungs­vertrages oder durch Abschluss eines neuen Durchführungsvertrages gegenüber der Gemeinde zur Durchführung einer anderen Nutzung, die von der festgesetzten allgemeinen Nutzung umfasst wird, soll diese Nutzung im Sinne des § 30 Abs. 2 BauGB zulässig sein. Der vorhaben­bezogene Bebauungsplan muss dann trotz Änderung des Durchführungsvertrages (bspw. im Zuge eines Trägerwechsels) nicht noch einmal geändert werden.

 

 

3. Bebauungspläne der Innenentwicklung

 

Eine wichtige Neuerung stellt § 13 a BauGB dar, mit dem ein beschleunigtes Verfahren für “Bebauungspläne der Innenentwicklung” eingeführt werden soll. Umfasst werden Bebauungs­pläne, die konkret “der Wiedernutzbarmachung von Flächen, der Nachverdichtung oder anderen Maßnahmen der Innenentwicklung” dienen. Dabei kommen Flächen, die in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB liegen, bzw. innerhalb von Sied­lungsbereichen befindliche Brachflächen (sog. “Außenbereich im Innenbereich”) in Betracht.


Elemente des beschleunigten Verfahrens sind:

 

-      die Anwendung der Vorschriften über das vereinfachte Verfahren nach § 13 Abs. 2 und 3 BauGB;

-      die Möglichkeit der Abweichung von Darstellungen des Flächennutzungsplans; Dieser muss aber später angepasst werden,

-      die angemessene Berücksichtigung von Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturmaßnahmen in der Abwägung;

-      die Nichterforderlichkeit eines Ausgleichs für Eingriffe in die Natur und das Landschaftsbild in bestimmten Fällen;

-      der Wegfall der Notwendigkeit einer förmlichen Umweltprüfung bei Bebauungsplänen, in denen eine Grundfläche von weniger als 20.000 qm festgesetzt wird; bei Flächen von 20.000 bis weniger als 70.000 qm muss die Gemeinde auf Grund einer Vorprüfung des Einzelfalls zu der Einschätzung gelangen, dass der B-Plan voraussichtlich keine erheb­lichen Umweltwirkungen hat;[3] bei Plänen, für die eine Pflicht zur Umweltverträglichkeits­prüfung nach dem UVPG oder nach Landesrecht besteht, bleibt das beschleunigte Verfahren ausgeschlossen; Es ist auch nicht anwendbar, wenn Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 b genannten Schutzgüter bestehen.

 

4. Wohnbauvorhaben im nicht beplanten Innenbereich

 

Durch die Änderung in § 34 Abs. 3 a Satz 1 Nr. 1 BauGB soll die Erweiterung, Änderung oder Erneuerung von zulässigerweise errichteten baulichen Anlagen zu Wohnzwecken erleichtert werden. Ist die Veränderung städtebaulich vertretbar und mit den Interessen der Nachbarn und mit öffentlichen Interessen vereinbar, kann im Rahmen der Ermessensausübung vom Erfor­dernis des “Einfügens” im Einzelfall abgewichen werden. Auf diese Weise kann beispielsweise für ein Ausbauvorhaben, bei dem durch An- und Aufbauten das Maß der in der näheren Umge­bung vorhandenen Bebauung an sich überschritten wird, gleichwohl im Einzelfall eine Genehmi­gung erteilt werden.

 

 

5. Städtebauliche Sanierungsverfahren

Nach dem neuen § 142 Abs. 3 BauGB ist bei Beschluss über die Sanierungssatzung zugleich eine Frist zu bestimmen, in der die Sanierung durchgeführt werden soll. Damit soll die Durch­führung von Sanierungsarbeiten und der Abschluss von Sanierungsverfahren beschleunigt werden.

 

Weitere Änderungen betreffen die Regelungen zum Ausgleichsbetrag nach § 154 BauGB. Sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die durch Sanierung bedingte Erhöhung des Boden­werts des Grundstücks wesentlich über den für die Herstellung, Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsanlagen ansonsten zu entrichtenden Beiträgen sowie dem ansonsten zu ent­richtenden Kostenerstattungsbetrag i.S.d. § 135 a Abs. 3 BauGB liegt, kann für die Erhöhung der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts die Höhe der ansonsten zu ent­richtenden Beiträge zu Grunde gelegt werden. Die Höhe des Ausgleichsbetrages orientiert sich also an den Straßenausbaubeiträgen.

 

 

6. Änderungen beim Rechtsschutz gegen Bauleitpläne

 

Durch Änderung des § 47 Abs. 2 VwGO ist die Antragsfrist für Normenkontrollverfahren von bisher zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt worden. Gleichzeitig ist ein Normenkontrollantrag unzulässig, soweit die den Antrag stellende Person Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können (§ 47 Abs. 2a VwGO).

 

Ferner sind in § 214 BauGB diverse Unbeachtlichkeitsregelungen enthalten, die im Zusam­menhang mit den oben genannten Neuregelungen, insbesondere mit dem neu eingeführten beschleunigten Verfahren für Bebauungspläne der Innenentwicklung (§ 13a BauGB), stehen.

Die Frist zur Geltendmachung von Fehlern bei Bebauungsplänen in § 215 Abs. 1 BauGB ist der neuen Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO angepasst worden.



[1] Wurde bei der Gesetzesnovelle des BauGB zum 01.01.2007 teilweise wieder revidiert:

Elemente des beschleunigten Verfahrens sind u.a.: “Der Wegfall der Notwendigkeit einer förmlichen Umweltprüfung bei Bebauungsplänen, in denen eine Grundfläche von weniger als 20.000 qm festgesetzt wird; bei Flächen von 20.000 bis weniger als 70.000 qm muss die Gemeinde auf Grund einer Vorprüfung des Einzelfalls zu der Einschätzung gelangen, dass der B-Plan voraussichtlich keine erheblichen Umweltwirkungen hat.”

[2] Die Pflicht zur Überprüfung des Neuaufstellungs-, Änderungs-, Ergänzungserfordernisses des Flächennutzungsplans alle 15 Jahre beginnend ab 2010 wurde bei der Novellierung 2007 wieder gestrichen.

[3] Teilweise Rücknahme der BauGB-Novelle vom 20.07.2004.