Sitzung: 14.06.2022 Jugendhilfeausschuss
Vorlage: 071/2022
Einleitend
führte Frau Kappen aus, dass
Nordrhein-Westfalen mit dem am 06.04.2022 verabschiedeten
Landeskinderschutzgesetz und der Änderung des Kinderbildungsgesetzes das
bundesweit stärkste Kinderschutzgesetz erhalte. Zur Umsetzung des
Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII würden konkrete
Maßnahmen und Mindeststandards formuliert. Ungewöhnlich sei hierbei die
Erarbeitung des Gesetzes aus dem Innenministerium des Landes und nicht aus dem
Familienministerium heraus. Aus fachlicher Sicht sei das Ergebnis gut, wie es
sich in der Praxis auswirke, dass sich nunmehr zwei Ministerien mit
Kinderschutz beschäftigten, bliebe abzuwarten. Frau Kappen betonte, das
Landeskinderschutzgesetz NRW berücksichtige und bezuschusse erfreulicherweise
den wachsenden Personalbedarf aufgrund der gesetzlich neu geschaffenen
Anforderungen. Dies werde sich in den Personalplanungen und im Stellenplan
widerspiegeln, obgleich der Fachkräftemangel im pädagogischen Bereich zu
bedenken sei.
Laut Herrn Gibbels sei die Darstellung und
Erläuterung des Landeskinderschutzgesetzes NRW in der Ausschusssitzung dringend
erforderlich, da der Jugendhilfeausschuss am Kinderschutz in Kamen mitbeteiligt
und letztendlich gemeinsam mit dem operativ handelnden Jugendamt für die
Umsetzung mitverantwortlich sei.
Frau Börner und Frau Klein-Vehne informierten anhand einer Präsentation über die
Kernpunkte des verabschiedeten Landeskinderschutzgesetzes NRW. Im Rahmen der
Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt seien gesetzliche Maßnahmen zur
Verstärkung der Qualität des Kinderschutzes sowie zur Verbesserung der
strukturellen Rahmenbedingungen getroffen worden. Inhaltlich gäbe es vier
Teilbereiche.
Zum einen
die Sicherung hoher fachlicher und einheitlicher Standards für die über 180
Jugendämter in Nordrhein-Westfalen zur Bearbeitung einzelner Handlungsschritte
bei Kindeswohlgefährdungsmeldungen bis hin zur Dokumentation.
Durch den
Aufbau und die Stärkung interdisziplinärer Netzwerke sollen Akteure
verschiedener Arbeitsfelder - beispielsweise der Medizin, Gerichtsbarkeit,
Jugendhilfe oder pädagogische andere Berufskreise – zusammenarbeiten und in
anonymisierter Form Fälle besprechen können.
Im Bereich
der Qualifizierungsoffensive seien die Jugendämter verpflichtet, sich
fortlaufend insbesondere zum Thema Prävention sexualisierter Gewalt
fortzubilden und Fortbildungen für Schnittstellen-Berufsgruppen mit dem
gleichen Schwerpunkt anzubieten bzw. zu organisieren.
Im Rahmen
der bekannten Reform des SGB VIII müssten Akteure in Einrichtungen und
Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe an Schutzkonzepten mitwirken.
Frau Börner erläuterte, dass die durch das
Gesetz vorgegebenen Maßnahmen an mehreren Stellen durch eine finanzielle
Förderung seitens des Landes NRW hinterlegt seien. Auf der Grundlage der dem
Gesetz beigefügten Kostenfolgeabschätzung (Anlage 1 zum verabschiedeten
Gesetzentwurf) habe sie die auf die Stadt Kamen entfallenden Förderbeträge
kalkuliert. Frau Börner wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den
Berechnungen um Schätzungen vorbehaltlich der noch ausstehenden Mitteilung
durch das Land NRW handle. Demnach seien für die Entwicklung und Umsetzung
fachlicher Standards gemäß § 5 Landeskinderschutzgesetz NRW etwa 1 ½ Stellen
der Entgeltgruppe S 14 TVöD SuE im Rahmen einer jährlichen Bezuschussung von
ca. 120.000,00 € berechnet worden. Für den Aufbau und die Weiterentwicklung von
Netzwerken des Kinderschutzes stelle das Land Nordrhein-Westfalen mindestens
eine 50 %-Koordinierungsstelle (S 14) zur Verfügung, zuzüglich rund 10.000,00 €
pro Jahr für Sachkosten, wovon die Hälfte explizit für die Organisation und
Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen vorgesehen sei. Diese
Koordinierungsstelle solle über das reine Abhalten von Netzwerktreffen hinaus
die Entwicklung neuer Angebote und Strukturen als kontinuierlichen Prozess im
Blick haben.
Frau Börner
wies darauf hin, dass der § 9 Landeskinderschutzgesetz NRW entgegen der in der
Mitteilungsvorlage gemachten Angabe bereits am 01.05.2022 in Kraft getreten
sei. In der gezeigten Powerpoint - Präsentation sei die Angabe korrigiert
worden.
Für die
Umsetzung der in § 8 Landeskinderschutzgesetz NRW festgelegten
Qualitätsentwicklungsverfahren sei mit einem jährlichen Zuschuss von 4.368,00 €
zu rechnen. § 8 Landeskinderschutzgesetz NRW trete allerdings erst zum
01.07.2023 in Kraft.
Die
Anpassungen des Kinderbildungsgesetzes - Änderungen der Zuschüsse für die
Jugendämter für die Fachberatung Kindertagesbetreuung zur Weiterleitung an die
Träger von 1.000,00 € auf 1.100,00 € und der Fachberatung Kindertagespflege von
500,00 € auf 550,00 € - führen bei 20 Kindertageseinrichtungen zu einer
Erhöhung um 2.000,00 € und bei 40 Kindertagespflegepersonen ebenfalls zu einem
erhöhten Zuschuss von 2.000,00 €.
Herr Gibbels wies hinsichtlich der
gesetzlichen Neuregelungen und Anforderungen des Landeskinderschutzgesetzes NRW
darauf hin, dass man im Bereich der interdisziplinären Netzwerke mit dem
Familiengericht, den Jugendämtern, Gutachtern und Vormündern bereits jetzt gut
aufgestellt sei und selbstverständlich nicht bei null starte. Des Weiteren sei
er innerhalb der Struktur- und Personalplanungen bereits in der Verwaltung und
mit Frau Kappen in guten Gesprächen. Bei der Entwicklung von Schutzkonzepten
müsse sich jede Pflegefamilie, jede Heimeinrichtung, jeder Sportverein, jede
Kindertageseinrichtung etc. nunmehr auf den Weg machen, um überprüfbare
Schutzkonzepte zu erarbeiten. Wieviel und welcher Arbeitsaufwand für alle
Beteiligten entstünde, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.
Frau Kappen unterstrich ergänzend, dass
erfolgreiche Netzwerkarbeit Zeit brauche, insbesondere im persönlichen Umgang
mit Kindern und Familien. Es müsse daher geschaut werden, welche Netzwerke
zielführend seien, damit Doppelstrukturen vermieden und Netzwerkakteure nicht
überbelastet würden.