Einleitend führte Frau Kappen aus, dass Nordrhein-Westfalen mit dem am 06.04.2022 verabschiedeten Landeskinderschutzgesetz und der Änderung des Kinderbildungsgesetzes das bundesweit stärkste Kinderschutzgesetz erhalte. Zur Umsetzung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung gemäß § 8a SGB VIII würden konkrete Maßnahmen und Mindeststandards formuliert. Ungewöhnlich sei hierbei die Erarbeitung des Gesetzes aus dem Innenministerium des Landes und nicht aus dem Familienministerium heraus. Aus fachlicher Sicht sei das Ergebnis gut, wie es sich in der Praxis auswirke, dass sich nunmehr zwei Ministerien mit Kinderschutz beschäftigten, bliebe abzuwarten. Frau Kappen betonte, das Landeskinderschutzgesetz NRW berücksichtige und bezuschusse erfreulicherweise den wachsenden Personalbedarf aufgrund der gesetzlich neu geschaffenen Anforderungen. Dies werde sich in den Personalplanungen und im Stellenplan widerspiegeln, obgleich der Fachkräftemangel im pädagogischen Bereich zu bedenken sei. 

 

Laut Herrn Gibbels sei die Darstellung und Erläuterung des Landeskinderschutzgesetzes NRW in der Ausschusssitzung dringend erforderlich, da der Jugendhilfeausschuss am Kinderschutz in Kamen mitbeteiligt und letztendlich gemeinsam mit dem operativ handelnden Jugendamt für die Umsetzung mitverantwortlich sei.

 

Frau Börner und Frau Klein-Vehne informierten anhand einer Präsentation über die Kernpunkte des verabschiedeten Landeskinderschutzgesetzes NRW. Im Rahmen der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt seien gesetzliche Maßnahmen zur Verstärkung der Qualität des Kinderschutzes sowie zur Verbesserung der strukturellen Rahmenbedingungen getroffen worden. Inhaltlich gäbe es vier Teilbereiche.

Zum einen die Sicherung hoher fachlicher und einheitlicher Standards für die über 180 Jugendämter in Nordrhein-Westfalen zur Bearbeitung einzelner Handlungsschritte bei Kindeswohlgefährdungsmeldungen bis hin zur Dokumentation.

Durch den Aufbau und die Stärkung interdisziplinärer Netzwerke sollen Akteure verschiedener Arbeitsfelder - beispielsweise der Medizin, Gerichtsbarkeit, Jugendhilfe oder pädagogische andere Berufskreise – zusammenarbeiten und in anonymisierter Form Fälle besprechen können.

Im Bereich der Qualifizierungsoffensive seien die Jugendämter verpflichtet, sich fortlaufend insbesondere zum Thema Prävention sexualisierter Gewalt fortzubilden und Fortbildungen für Schnittstellen-Berufsgruppen mit dem gleichen Schwerpunkt anzubieten bzw. zu organisieren.

Im Rahmen der bekannten Reform des SGB VIII müssten Akteure in Einrichtungen und Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe an Schutzkonzepten mitwirken.

 

Frau Börner erläuterte, dass die durch das Gesetz vorgegebenen Maßnahmen an mehreren Stellen durch eine finanzielle Förderung seitens des Landes NRW hinterlegt seien. Auf der Grundlage der dem Gesetz beigefügten Kostenfolgeabschätzung (Anlage 1 zum verabschiedeten Gesetzentwurf) habe sie die auf die Stadt Kamen entfallenden Förderbeträge kalkuliert. Frau Börner wies ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den Berechnungen um Schätzungen vorbehaltlich der noch ausstehenden Mitteilung durch das Land NRW handle. Demnach seien für die Entwicklung und Umsetzung fachlicher Standards gemäß § 5 Landeskinderschutzgesetz NRW etwa 1 ½ Stellen der Entgeltgruppe S 14 TVöD SuE im Rahmen einer jährlichen Bezuschussung von ca. 120.000,00 € berechnet worden. Für den Aufbau und die Weiterentwicklung von Netzwerken des Kinderschutzes stelle das Land Nordrhein-Westfalen mindestens eine 50 %-Koordinierungsstelle (S 14) zur Verfügung, zuzüglich rund 10.000,00 € pro Jahr für Sachkosten, wovon die Hälfte explizit für die Organisation und Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen vorgesehen sei. Diese Koordinierungsstelle solle über das reine Abhalten von Netzwerktreffen hinaus die Entwicklung neuer Angebote und Strukturen als kontinuierlichen Prozess im Blick haben.

Frau Börner wies darauf hin, dass der § 9 Landeskinderschutzgesetz NRW entgegen der in der Mitteilungsvorlage gemachten Angabe bereits am 01.05.2022 in Kraft getreten sei. In der gezeigten Powerpoint - Präsentation sei die Angabe korrigiert worden.

Für die Umsetzung der in § 8 Landeskinderschutzgesetz NRW festgelegten Qualitätsentwicklungsverfahren sei mit einem jährlichen Zuschuss von 4.368,00 € zu rechnen. § 8 Landeskinderschutzgesetz NRW trete allerdings erst zum 01.07.2023 in Kraft.

Die Anpassungen des Kinderbildungsgesetzes - Änderungen der Zuschüsse für die Jugendämter für die Fachberatung Kindertagesbetreuung zur Weiterleitung an die Träger von 1.000,00 € auf 1.100,00 € und der Fachberatung Kindertagespflege von 500,00 € auf 550,00 € - führen bei 20 Kindertageseinrichtungen zu einer Erhöhung um 2.000,00 € und bei 40 Kindertagespflegepersonen ebenfalls zu einem erhöhten Zuschuss von 2.000,00 €.

Herr Gibbels wies hinsichtlich der gesetzlichen Neuregelungen und Anforderungen des Landeskinderschutzgesetzes NRW darauf hin, dass man im Bereich der interdisziplinären Netzwerke mit dem Familiengericht, den Jugendämtern, Gutachtern und Vormündern bereits jetzt gut aufgestellt sei und selbstverständlich nicht bei null starte. Des Weiteren sei er innerhalb der Struktur- und Personalplanungen bereits in der Verwaltung und mit Frau Kappen in guten Gesprächen. Bei der Entwicklung von Schutzkonzepten müsse sich jede Pflegefamilie, jede Heimeinrichtung, jeder Sportverein, jede Kindertageseinrichtung etc. nunmehr auf den Weg machen, um überprüfbare Schutzkonzepte zu erarbeiten. Wieviel und welcher Arbeitsaufwand für alle Beteiligten entstünde, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht absehbar.

 

Frau Kappen unterstrich ergänzend, dass erfolgreiche Netzwerkarbeit Zeit brauche, insbesondere im persönlichen Umgang mit Kindern und Familien. Es müsse daher geschaut werden, welche Netzwerke zielführend seien, damit Doppelstrukturen vermieden und Netzwerkakteure nicht überbelastet würden.