Herr Zude referierte anhand einer der Niederschrift in Kopie beigefügten Powerpointpräsentation.

Anhand eines Schaubildes stellte Herr Zude den Aufbau der Werkstatt Unna samt den beteilig­ten Gesell­schaften vor. Die Werkstatt wurde vor rd. 30 Jahren gegründet und als Handlungsauf­trag sehe man das Kümmern um benachteiligte Menschen. Finanziert werde man u.a. durch Regelzuschüsse von 7 kreisan­gehörigen Kommunen. Als Zielgruppen habe man besonders benachteiligte Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichen Problemlagen ins Auge ge­fasst. In der Vergangenheit habe man auch ein Frauen­qualifizierungszentrum betrieben, dessen Betrieb jedoch aus Kostengründen eingestellt werden musste. Das Angebotsspektrum erstrecke sich von der Beratung über Bildung bis zur Beschäftigung. In Bezug auf die von ihm vorgestell­ten Arbeitsschwerpunkte wies er im Besonderen auf die erst seit ca. 5 Jahren ge­leistete Arbeit der Prävention im Übergangssystem hin. Hier habe man ein Bindeglied zwischen Schulab­schluss und Übergang in das Berufsleben schaffen wollen.

Derzeit biete die Werkstatt rd. 1.450 Teilnehmerplätze an. Naturgemäß gebe es bei der Fre­quentierung einen hohen Fluktuationsgrad.

Im Nachgang stellte Herr Zude Zahlenmaterial zur Jugendberufsnot im Kreis Unna vor. Im Be­sonderen wies er auf das ungünstige Verhältnis von Stellen- zu Bewerberzahl hin. Der Kreis Unna weise hier einen Wert von 0,71 aus. Dieser Wert sei vergleichbar mit den strukturschwa­chen Regionen in den neuen Bun­desländern. Die Stadt Münster weise zum Vergleich einen Wert von 1,5 vor. Der Zustand auf dem Ausbil­dungsmarkt sei zur Zeit derart schlecht, dass le­diglich 18% der Schulabgänger der Sekundarstufe I einen regulären Ausbildungsplatz erhalten würden. Bemerkenswert und bedenklich sei zudem, dass 17% der Jugendlichen eines Jahr­gangs dauerhaft ohne Berufsabschluss bleiben würden.

Anhand eines weiteren Schaubildes erläuterte Herr Zude die auf dem Gebiet des Übergangs­systems han­delnden Akteure, die jeweiligen Fördergeber  und die Anzahl der angebotenen Plätze im Jahre 2010. Von den kreisweit angebotenen 2208 Plätzen entfielen 110 auf die im Kreisgebiet ansässigen Produktions­schulen, deren Fördergeber das Jobcenter war. Die Regel­angebote dieser Akteure erreichen jedoch einen Teil der Jugendlichen aus unterschiedlichen Gründen nicht. Zum Einen werden sie, wie bei den Jugend­werkstätten, die nur maximal 44 Schüler aufnehmen können, nicht flächendeckend angeboten, zum Ande­ren überfordern sie die Klientel durch zu rigide Vorgaben, wie es nach seiner Einschätzung bei den be­rufsvorbereiten­den Bildungsmaßnahmen der BA der Fall sei.

Notwendig seien Maßnahmen, die keinen Schulcharakter mehr haben, um der Schulmüdigkeit zu entge­hen und noch nicht die Anforderung des Arbeitsbetriebs stellen, da die Teilnehmer hierfür noch nicht geformt seien.

An diesen Überlegungen setzen Produktionsschulen an. Anhand weiterer Schaubilder erläuterte Herr Zude Wurzeln, Handlungsansätze und Leitbilder der Produktionsschulen.

Der pädagogische Rahmen sei geprägt dadurch, dass den Teilnehmern sowohl Anleiter als auch Pädago­gen zur Verfügung stünden. Praxis und Theorie werden so verknüpft, dass die Teilnehmer im Rahmen ihrer Tätigkeit die Notwendigkeit des Erlernens von theoretischem (schulischem) Wissen erkennen.

Anschließend schilderte Herr Zude den im Idealfall vier Phasen umfassenden Projektablauf. Besonders wies er darauf hin, dass in der ersten sogenannten Einschleusungsphase, die vier Wochen andauert, den Jugendlichen die Möglichkeit offensteht diese abzubrechen, ohne dass sie seitens des Jobcenters sanktio­niert würden.

Mittels einer weiteren Folie stellte er die derzeit 5 Produktionsbereiche im Kreisgebiet vor. Be­sonders hob er hervor, dass hier nicht für den Müll erzeugt würde, sondern es sich um tatsächli­che Produktion handle. Herr Zude stellt noch einmal Eckpunkte aus dem Jahre 2006 vor. Da­mals konnte man in 4 Werkstattbe­reichen 48 Jugendliche betreuen. Heute würden allein in Ka­men 28 Jugendliche in den Bereichen Holz und Metall betreut. Die seinerzeit auferlegte Be­schränkung, dass man Aufträge nur von öffentlichen oder gemeinnützigen Einrichtungen entge­gennehmen könne, habe heute noch Gültigkeit. Die Zielgruppen der Produktionsschulen be­nannte er anhand einer weiteren Übersicht. Insgesamt sei die Klientel eine beson­ders schwie­rige, die häufig noch mit mehreren Problemlagen behaftet sei. Teilweise lägen gravierende psy­chische Beeinträchtigungen vor, die die Produktionsschule dazu veranlasst hätten, die Hilfe von Psy­chologen in Anspruch zu nehmen. Entsprechende Mittel seien auch seitens des Landschaft­verbandes Westfalen-Lippe bewilligt worden. Eine Auswertung über einen Zeitraum von 5 Jah­ren habe ergeben, dass leider 55% der Absolventen die Produktionsschule erfolglos in dem Sinne, dass sie keinen Übergang fin­den, besucht haben.

Derzeit gebe es in Deutschland über 100 Produktionsschulen mit unterschiedlichen Finanzie­rungsmodel­len. Hier im Kreis Unna gehöre die Teilnahme an einer Maßnahme der Produktions­schule zum Regelan­gebot des Jobcenters und werde über die 1-€-Jobs finanziert. Die Zusam­menarbeit mit dem Jobcenter sei eine enge und vertrauensvolle.

Seit dem 01.01.2013 ist jedoch ein seitens der Bundesagentur für Arbeit entwickeltes Fachkon­zept für „Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen mit produktionsorientiertem Ansatz (BvB-Pro)“ in Kraft ge­treten. Besonders problematisch an diesem Konzept sei nach Einschätzung des Herrn Zude das dort ver­ankerte höhere Anforderungsprofil an die Teilnehmer von Maßnahmen der Produktionsschulen. Sollte dieses Konzept so angewendet werden fielen nach seiner Auf­fassung genau die Personen, denen die Pro­duktionsschulen helfen wolle, durch das Raster.

Es bestünde hier jedoch noch Hoffnung, da Bundesregierung und Bundesländer auf die BA ein­wirken wollen mit dem Ziel, dass die BA im Sinne größerer Flexibilität passgenauere Lösungen vor Ort erarbei­ten solle. Weiterhin erfolge eine Finanzierung durch die BA nur, wenn sich Dritte (z.B. Länder oder Kommunen) mit mindestens fünfzig Prozent an den Kosten beteiligen würde.

 

Frau Lenkenhoff verwies auf den letzten Besuch des Herrn Zude. Zum damaligen Zeitpunkt hatten nach ihrer Erinnerung nur 11,12 Produktionsschüler durchgehalten. Jetzt seien es 28 Kamener. Das wertete sie als eine gute Zahl. Sie dankte Herrn Zude für die ambitionierte Arbeit und wünschte für die Zukunft wei­terhin alles Gute.

Frau Müller wies auf die Anfänge der Produktionssschule in Kamen hin. Sie sei damals schon begeistert gewesen und sei es auch heute noch. Sorge bereite ihr das von Herrn Zude vorge­stellte neue Finanzie­rungsmodell und sie stelle sich die Frage, ob da nicht etwas wegbrechen könne.

Herr Zude erwiderte, dass er bei einer Trägerschaft/Finanzierung durch die BA große Bedenken habe.

Frau Hartig fragte nach, wo genau er die Schwierigkeiten sehe.

Herr Zude erläuterte, dass die Finanzierung in Nordrhein-Westfalen zu 60% durch das Land und zu 40% durch den Bund, also die Bundesagentur, erfolge. Und diese werde natürlich auf Be­achtung ihrer Vorga­ben dringen, was dazu führen könnte, dass genau die von der Produktions­schule gewünschten Personen eben nicht mehr gefördert werden könnten

Abschließend wies Herr Zude darauf hin, dass im Jahr 2013 kreisweit 110 Plätze in den Pro­duktions­schulen zur Verfügung stehen würden. Ab dem Jahr 2014 müsse man bei der landesei­genen Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung mbH Interessensbekundungen in Bezug auf die Maßnahmenzahl abgeben. Diese Gesellschaft entscheide dann.