Beschlussempfehlung:

 

Die folgenden Punkte 1 und 2 werden vorbehaltlich der Zustimmung der Gemeindeprüfungsan­stalt NRW zum Prüfungsbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young GmbH be­schlossen:

 

1.      Der Rat der Stadt Kamen stellt den Jahresabschluss und den Lagebericht zum 31.12.2010 in der vorliegenden Form fest.

 

2.      Der Jahresgewinn 2010 von 2.051.505,43 € wird in Höhe von 368.082,00 € der Allgemei­nen Rücklage zugeführt und der verbleibende Überschuss in Höhe von 1.683.423,43 € auf das Wirtschaftsjahr 2011 vorgetragen.

 

 


Abstimmungsergebnis: einstimmig angenommen


Herr Mösgen wies zunächst darauf hin, dass, wie bei der Einladung angekündigt, das Testat des Wirtschaftsprüfers als Tischvorlage vorgelegt werde, jedoch aufgrund von wenigen textli­chen Änderungen auf einigen Seiten des Jahresabschlusses, die in Abstimmung mit dem Testat notwendig wurden, der Bericht komplett neu erstellt wurde und nun vereinfachend als ganzes auszutauschen sei. Er betonte, dass sich das Zahlenwerk nicht verändert habe.

 

Herr Krebs von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young GmbH, Essen, stellte den dem Protokoll als Anlage 1 beigefügten Jahresabschluss vor. Auftrag und Prüfung durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergaben sich aus dem Auftrag des Betriebsausschusses mit Zustimmung der GPA NRW, der Prüfung des Jahresabschlusses gemäß § 101 GO NRW und der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung gemäß § 53 HGrG. Die Prüfungs­durchführung erfolgte unter Beachtung der vom IDW festgestellten Grundsätze ordnungsgemä­ßer Abschlussprüfungen. Im Rahmen des risikoorientierten Prüfungsansatzes verschafften sich die Prüfer Kenntnis über die Geschäftstätigkeit sowie das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Eigenbetriebes und beurteilten das interne Kontrollsystem. Insbesondere Risiken und Pro­zesse wurden auf Funktionsfähigkeit überprüft. Bei größeren erkennbaren Risiken wurden die Prüfungshandlungen ausgeweitet. Aus den Ergebnissen wurden die Prüfungsschwerpunkte Anlagevermögen, Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Forderungen und Verbind­lichkeiten gegenüber der Stadt Kamen abgeleitet. Zur wirtschaftlichen Lage des Eigenbetriebes, die sich zusammensetzt aus Ertragslage und Vermögenslage, wies Herr Krebs zunächst auf die erhebliche Steigerung der Umsatzerlöse (Veränderung + 755 T€; insgesamt in 2010: 12.035 T€) und den erzielten Jahresüberschuss in 2010 (2.052 T€ ) hin.

 

Zur Analyse der Vermögenslage (siehe Anlage 1 Seite 11) stellte Herr Krebs heraus, dass das Anlagevermögen, das im wesentlichen aus Abwassersammlungsanlagen besteht, insgesamt um 2.031 T€ gestiegen ist und trotz des Abflusses von liquiden Mitteln in Höhe von 1.103 T€ eine Erhöhung des Vermögens um 1.064 T€ erreicht werden konnte.

 

Auf der Passivseite der Bilanz wurden seitens der SEK in 2010 die zweckgebundene Rücklage, die nach Aussage von Herrn Krebs aus Zuschüssen und Investitionspauschalen zur Eigenkapi­talstärkung bei Gründung des Eigenbetriebes bilanziell eingestellt worden und historisch auch zulässig war, an das NKF-System der Stadt Kamen angeglichen und aufgelöst. Der Teilbetrag der zweckgebundenen Rücklage in Höhe von 5.241 T€ wurde der Allgemeinen Rücklage und der Restbetrag von 7.154T€ den Sonderposten für Zuschüsse zugeführt. Durch diese bilanzielle Umstellung hat sich keine Veränderung des wirtschaftlichen Eigenkapitals ergeben.

 

Für die durchgeführten Investitionen wurden Darlehen in Höhe von 3 Mio. € aufgenommen. Da gleichzeitig die regulären Tilgungsleistungen erbracht wurden, hat sich das langfristige Fremd­kapital lediglich um 2.155 T€ erhöht.

 

Die Abnahme des wirtschaftlichen Eigenkapitals um 2.965 T€ resultiert ausschließlich auf der vom Rat der Stadt Kamen für 2010 beschlossenen und realisierten Gewinnausschüttung in Höhe von insgesamt 4.700 T€ an die Stadt Kamen.

 

Die Vorstellung des Jahresabschlusses 2010 und der Ergebnisse der Prüfungshandlungen wurde von dem Wirtschaftsprüfer mit den folgenden wesentlichen Prüfungsfeststellungen abge­schlossen:

 

·         Die Buchführung entspricht nach den Feststellungen der Wirtschaftsprüfer den gesetzli­chen Vorschriften.

·         Der Jahresabschluss vermittelt insgesamt unter Beachtung der Grundsätze ordnungs­mäßiger Buchführung ein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Eigenbetriebes Stadtentwässerung.

·         Die Darstellung und Beurteilung der Lage sowie der voraussichtlichen Entwicklung im Jahresabschluss und im Lagebericht wird von den Wirtschaftsprüfern für zutreffend gehalten.

·         Es wurden keine Unrichtigkeiten und Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften sowie schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter oder von Arbeitnehmern gegen Gesetz und Satzung festgestellt.

·         Es wurden keine Tatsachen, die den Bestand gefährden oder ihre Entwicklung wesent­lich beeinträchtigen können, festgestellt.

 

Als Prüfungsergebnis hat das Wirtschaftprüfungsunternehmen Ernst & Young GmbH dem Jah­resabschluss des Eigenbetriebes Stadtentwässerung Kamen zum 31. Dezember 2010 und dem Lagebericht einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk mit Hinweis erteilt. Dieser Hinweis bezieht sich auf die bilanzielle Berücksichtigung des CHF-Swap im Jahresabschluss (siehe ausführlich Anlage 1 Seite 15). Herr Krebs erläuterte, dass der Währungs-Swap zum 31.12.2010 einen negativen Marktwert in Höhe von 2,3 Mio. € ausgewiesen habe, der üblicherweise bilan­ziell zu erfassen sei. Da sich jedoch die Situation verändert habe, weil die Stadt und die Stadt­entwässerung Kamen aufgrund der Ergebnisse eines juristischen Fachgutachtens den Vertrag mit der West LB als von Anfang an als nichtig bewerten und diese Position auch nach der Rechtsauffassung von Juristen der Fa. Ernst & Young, die das Gutachten geprüft haben, als nachvollziehbar, zutreffend und durchsetzbar einstufen und da auch keine Zahllast in Höhe des Marktwertes zu erwarten sei, sieht es auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als nicht not­wendig an, Rückstellungen in entsprechender Höhe zu bilden. Herr Krebs erklärte, dass der Prüfer verpflichtet sei, den Vorgang im Testat aufzuführen, da für den Ausgang des juristischen Verfahrens keine 100 %-ige Sicherheit bestehe sondern nur eine hohe Wahrscheinlichkeit. Auch wenn die Rechtsprechung die Nichtigkeit des Vertrages mit der West LB nicht bestätige, verbliebe der Stadt Kamen und der Stadtentwässerung die Möglichkeit, aus dem Beratungs­vertrag aufgrund von Beratungsfehlern Schadensersatzansprüche gegen die West LB geltend zu ma­chen.

 

Herr Hasler erinnerte daran, dass Herr Krebs in der letztjährigen Sitzung den negativen Markt­wert des Derivates eher relativiert habe und auch für 2010 ein uneingeschränktes Testat erteilt würde. Bezogen auf die Feststellung des Jahresabschlusses hätte die Einstellung einer Droh­verlustrückstellung jedoch dazu geführt, dass kein Gewinn erzielt worden wäre und somit auch keine Gewinnausschüttung in Höhe von 1 Mio. € erfolgen könne.

 

Herr Krebs erklärte, dass sich die rechtliche Situation in Bezug auf Bilanzierung von Derivaten geändert habe und wies hier auf den entsprechenden Krediterlass des Innenministeriums und auf die aktuellen Stellungnahmen der Gemeindeprüfungsanstalt GPA Herne hin. Hiernach dürf­ten nur Zinssicherungsgeschäfte abgeschlossen werden, die Bewertungseinheiten zwischen Darlehensgeschäft und Sicherungsgeschäft aufwiesen. Insbesondere müssten die Risiken von Swap und Grundgeschäft invers angelegt sein. Nur wenn Bewertungseinheiten vorlägen, sei eine bilanzielle Erfassung nicht notwendig. Bei dem CHF-Swap sei diese Bewertungseinheit nicht gegeben. Der Marktwert habe sich unabhängig von dem Darlehen entwickelt. Da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert hätten und keine Bewertungseinheit mehr vorliege, sei es ein nachvollziehbarer Weg, die Verträge rück abzuwickeln und/oder Schadensersatzan­sprüche geltend zu machen. Der Wirtschaftsprüfer wies nochmals darauf hin, dass die Begrün­dung der von der Stadt beauftragten Rechtsanwälte zur Nichtwirksamkeit der Verträge von Fachkollegen bei Ernst & Young geprüft worden sei und diese die Argumentation als schlüssig bewerteten und selbst wenn die Nichtigkeit des Vertrages nicht anerkannt würde, mit großer Wahrscheinlichkeit Beratungsdefizite zu Schadensersatzansprüchen führten.  

 

Herr Eckardt bezeichnete den Umgang mit dem Derivat als sehr wichtigen Aspekt und dankte Herrn Krebs für seinen Vortrag und seine Erläuterungen. Er zeigte sich erfreut über den insge­samt sehr positiven Gesamtabschluss und bedankte sich bei den Mitarbeitern des Eigenbetrie­bes für ihre gute Arbeit.

 

Herr Henze fragte nach, ob es ein Szenario gäbe, ab wann und in welcher Höhe dann bei einer Rückabwicklung evtl. Verluste für die Stadtentwässerung entstünden.

 

Herr Mösgen erklärte, die Entwicklung des Schweizer Frankens sei sehr atypisch verlaufen und es sei überhaupt nicht absehbar, wie sich die weitere Finanzmarktentwicklung zukünftig auf das Swap-Geschäft auswirke. An die Risikoabschätzung dürfe nicht spekulativ herangegangen werden, sondern müsse seitens der Kommune Schadensabwendung im Vordergrund stehen. Der Marktwert sage nichts zur Zahllast. Fixingtermine, an denen eine Zahllast bestanden hätte, seien ausgesetzt worden, so dass die Stadtentwässerung bisher nur Gewinne realisiert habe. Da die weitere Entwicklung nur sehr schwer zu prognostizieren sei, müsse man alles unterneh­men, um zukünftige Schäden zu vermeiden. Bisher habe die Stadt nur ein Rechtsgutachten ein­geholt, dass Möglichkeiten zur Schadensvermeidung aufzeige. Dies komme zu dem Ergebnis, dass das Geschäft nicht hätte durchgeführt werden dürfen und daher rück abzuwickeln sei. Rein mathematisch sei schnell zu berechnen, welchen Wert der Schweizer Franken annehmen müsse, um zukünftig zu den Fixingterminen Erträge für die Stadtentwässerung zu realisieren. Bisher sei eine negative Situation noch nicht eingetreten. Insgesamt sei aber ein Verlust mit hinreichender Sicherheit eher bestimmbar und es gebe keine entsprechenden Sachverhalte oder Indikatoren, die darauf hinwiesen, dass sich der Währungskurs zwischen Euro und Schweizer Franken noch zugunsten des Eigenbetriebes entwickeln könne. Daher sei man ver­pflichtet, evtl. Schaden zu minimieren.

 

Herr Hasler bewertete die Ergebnisse des handelsrechtlichen Abschlusses auch im Abgleich mit der Betriebsabrechnung insgesamt als sehr zufriedenstellend. Auch wenn das Fremdkapital aufgrund der Gewinnausschüttung gestiegen sei, sei der Eigenkapitalanteil auch zukünftig voll ausreichend, um die notwendige Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Die CDU-Fraktion geht nach den Worten von Herrn Hasler davon aus, das der Überschuss aus der Gebührenkalkula­tion in den nächsten Wirtschaftsperioden an den Bürger zurückgegeben werde.

 

Herr Hasler bedankte sich im Namen der gesamten CDU-Fraktion für die hervorragende Arbeit aller Mitarbeiter der Stadtentwässerung. Mit abschließendem Blick auf die zukünftige Entwick­lung wies er darauf hin, dass in 2012 oder 2013 evtl. erneut über Drohverlustrückstellungen dis­kutiert werden müsse.