Einleitend wies Herr Philipp darauf hin, dass er bereits seit dem Jahr 1999 im Bereich Schuld­nerberatung tätig sei. Die Dienste der Zentralen Schuldnerberatung seien prinzipiell kosten­pflichtig; lediglich die Bezieher von Arbeitslosengeld II könnten diese kostenfrei in Anspruch nehmen. Bis auf die Städte Lünen und Schwerte sei man in allen kreisangehörigen Städten und Gemeinden vertreten; die Zentrale befinde sich in Kamen.

 

Herr Philipp wies darauf hin, dass das heutige Thema die Überschuldung und nicht die fast schon normale Verschuldung sei. Unter Überschuldung verstehe man, dass die Verbindlichkei­ten das frei verfügbare Netto überstiegen. Im Oktober  habe die Firma Creditreform ihren jährli­chen Schuldneratlas herausgegeben. Danach seien 11,26 % der Bewohner des Kreisgebietes überschuldet. In absoluten Zahlen seien dies 48.500 Personen. Rechne man diese Zahlen auf Kamen um, seien rd. 5000 Kamener überschuldet, diese Zahl sei jedoch wegen örtlich unter­schiedlicher Gegebenheiten mit Vorsicht zu genießen.

 

Insbesondere bei ALG II-Leistungsbeziehern gestalte sich der Schuldenabbau enorm schwierig, da dieser Personenkreis zur Tilgung maximal 50,00 € einsetzen könne. Ein oftmals probates Mittel zum Abbau der Überschuldung sei die Umwandlung von Dispositionskrediten mit hohen Zinssätzen in feste Ratenkredite mit damit verbundenen wesentlich günstigeren Zinskonditionen.

 

Eine erhebliche Hilfe für überschuldete Personen stelle das zum 01.01.2013 eingeführte Pfän­dungsschutzkonto dar. Hiermit werde ein gewisses Maß an finanzieller Planungssicherheit er­reicht. Für die Einrichtung sei eine Bescheinigung notwendig, in der die Höhe der auf dem Konto pfändungsfrei zu belassenen Beträge errechnet und festgelegt werde. Diese Bescheinigung würde für jeden Kamener Bürger innerhalb einer Stunde erstellt.

 

Ein breites Tätigkeitsfeld der Schuldnerberatung erstrecke sich auf die Beratung der Schuldner in den Fällen, in denen gegen sie Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet worden seien. Keines­falls würde Hilfestellung dergestalt geleistet, dass man vermittelnd auf eine Kreditbewilligung hinwirke.

Im Anschluss stellte Herr Philipp statistisches Zahlenmaterial vor, welches den der Niederschrift beigefügten Kopien zu entnehmen ist.

Als besonders interessant wertete er die Tatsache, dass entgegen der weitverbreiteten Meinung gerade nicht die jungen Menschen überproportional von Überschuldung betroffen sei, vielmehr bewege sich ein Großteil seiner Kunden im Altersspektrum von 40 – 50 Jahren.

Anhand seiner Erfahrung stelle er weiterhin fest, dass er die oft thematisierte Altersarmut auf dem Gebiet der Überschuldung nicht feststellen könne. Sehr wenige seiner Kunden seien älter als 60 Jahre alt.

Im Nachgang schilderte Herr Philipp einige durch die Änderung der Insolvenzordnung einge­tretene Änderungen im Insolvenzverfahren. Positiv hervorzuheben sei, dass die Zulässigkeit einer außergerichtlichen Einigung durch das im Juli 2013 veröffentlichte Gesetz nicht abge­schafft worden sei. Ein Großteil der Bestimmungen trete auch erst zum 01.07.2014 in Kraft. Eine Rückwirkung auf bereits laufende Verfahren gebe es nicht. Ausgenommen vom Erlass der For­derungen nach Ablauf des Insolvenzverfahrens seien zukünftig Forderungen aus der Verletzung der Unterhaltspflicht gem. § 170 Strafgesetzbuch. Weiterhin seien Schulden beim Finanzamt aus Steuerhinterziehung zukünftig von der im Anschluss an ein Insolvenzverfahren erteilten Restschuldbefreiung ausgenommen. Weiterhin bestehe bei zukünftigen Verfahren auch schon in den ersten beiden Jahren des Insolvenzverfahrens die Verpflichtung zur Arbeit.

 

Frau Hartig erkundigte sich, ob es geschlechtsspezifische Unterschiede gebe bei der Anzahl der Kunden der Schuldnerberatung.

 

Herr Philipp erwiderte, dass kein Geschlecht überproportional häufig vertreten sei.

 

Frau Hartig fragte nach, inwieweit Aussagen über die Verschuldungssituation von jungen Leu­ten getroffen werden könnten.

 

Herr Philipp antwortete, dass er derzeit keine Kunden im Alter von 18-20 Jahren habe. Ein Grund dafür könne natürlich sein, dass Eltern für evtl. vorhandene Schulden der Kinder auf­kommen würden. Nach seiner Kenntnis wirke auch die Prävention durch Vortragstätigkeit in den Schulen sehr gut. Insbesondere die in der Vergangenheit häufig aufgelaufenen Schulden durch Handyverträge seien praktisch nicht mehr existent.

 

Herr Klanke fragte nach, an welchen Schulen die AWO Vorträge halte.

 

Herr Philipp erwiderte, dass derzeit nur am Gymnasium Vorträge gehalten würden. Er wies nochmals darauf hin, dass solche Vorträge gerade vor dem Berufseinstieg sehr wichtig seien.

 

Herr Fuhrmann erkundigte sich, ob Herr Philipp aus seiner Berufserfahrung heraus Verhal­tensmuster und Lebenssituationen nennen könne, die zu Überschuldung führen würden.

 

Herr Philipp erwähnte hier falsches Kaufverhalten insbesondere im Zusammenhang mit Online-Bestellungen. Weit verbreitet sei der Eintritt von Überschuldung in solchen Fällen, in denen Eheleute/Paare mit Immobilienbesitz sich trennen würden.

 

Herr Klanke fragte nach, ob die Schuldnerberatung noch freie Kapazitäten für Vorträge an an­deren Kamener Schulen habe.

 

Herr Philipp bejahte dies.