Sitzung: 27.06.2013 Jugendhilfeausschuss
Frau Dyduch stellte Frau Hagenhoff als Kollegin der Jugendgerichtshilfe vor und verwies auf ihre langjährige Tätigkeit in diesem Bereich.
Frau Hagenhoff hielt ein
Referat (Anlage 2) zum Aufgabengebiet der Jugendgerichtshilfe (JGH), den
gesetzlichen Grundlagen und zu statistischen Angaben. Sie unterteilte ihren
Vortrag in einzelne Verfahrensbereiche und benannte jeweils entsprechende
Fallzahlen. Zu Verfahren nach dem OWIG (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten)
erläuterte sie einleitend den Ablauf und die Tätigkeiten der JGH (Vermittlung
von Freizeitarbeit, falls Geldbußen nicht gezahlt werden könnten) und die
Rückmeldungen ans Gericht.
Frau Schaumann erkundigte
sich danach, ob ein Bußgeldbescheid an die Eltern oder an den Jugendlichen ergehe.
Frau Hagenhoff erklärte, dass
der Bescheid an die Eltern versandt werde. Die JGH werde erst beteiligt, wenn
die Geldstrafe nicht gezahlt wird. Dann komme es zu einem neuen Beschluss.
Herr Klanke ergänzte, dass
nach dem Schulgesetz Bußgelder gegen die Eltern oder gegen den strafmündigen
Jugendlichen nach vollendeten 14 Lebensjahren verhängt werden können.
Herr Kampmann bestätigte die
Ausführungen von Herrn Klanke und verwies auf notwendige Gespräche mit den
Eltern, um ermitteln zu können, bei wem das schuldhafte Verhalten gegeben sei.
So könnten ursächliche Vergehen auch nur bei dem Elternteil gegeben sein,
gegen den dann ein Bußgeld verhängt werden kann.
Frau Scharrenbach bat darum,
entsprechend zu dem vorgestellten Verfahren Fallzahlen und deren Entwicklung
zu benennen.
Frau Dyduch verwies darauf,
dass die Fallzahlen aus der Anlage zum Protokoll zu entnehmen seien.
Frau Hagenhoff stellte die
Fallzahlen der letzten 3 Jahre nach dem OWIG vor (2010 = 18 Verfahren; 2011 =
20 Verfahren und 2012 = 23 Verfahren). Sie bezog sich auf die Ausführungen von
Herrn Kampmann und erläuterte, dass in Gesprächen mit den Eltern angeraten wird,
die Strafe nicht zu bezahlen, falls der Jugendliche einfach nur keine Lust habe
entsprechende Arbeitsstunden zu leisten.
Frau Hagenhoff stellte den Arbeitsbereich der Diversionsverfahren (verkürzte
Verfahren) vor. Hierzu erklärte sie, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsakte
zur Durchführung einer erzieherischen Maßnahme an die JGH übermittelt, um nach
erfolgter Maßnahme das Verfahren einstellen zu können. Grund sei die
kurzfristige Durchführung zur Vermeidung von Gerichtsverfahren. Sie stellte
die Maßnahmen als vielfältig vor und benannte als Beispiel Präventivmaßnahmen,
bei gravierenden Fällen ein Deeskalationstraining. Nach erfolgreicher Durchführung
der Maßnahme werde das Verfahren anschließend eingestellt.
Frau Dyduch erkundigte sich
danach, ob eine regelmäßige Teilnahme ausreichend sei, um ein Verfahren
abzuschließen.
Frau Hagenhoff verwies auf
gegebene Richtlinien zur Durchführung einer Diversion (Voraussetzung:
Ersttäter und geständig). Erfolgreich sei eine Diversion, wenn das Gespräch mit
dem Täter konstruktiv war und wenn alle Auflagen erfüllt worden seien. In
diesen Fällen würde „die Akte geschlossen“. Bei Nichterfüllung würde Anklage
erhoben.
Frau Scharrenbach erkundigte
sich nach der Art der Fälle und nach den damit zusammenhängenden Straftaten.
Frau Hagenhoff berichtete,
dass bei Einführung des Diversionsverfahrens nur kleine Delikte berücksichtigt
wurden. Im Laufe der Zeit habe sich das stark verändert. Mittlerweile würden unterschiedlich
schwere Fälle im Diversionsverfahren bearbeitet.
Frau Hagenhoff referierte über den Aufgabenschwerpunkt der JGH, der Beteiligung
im Strafverfahren. Hierzu führte sie aus, dass zunächst die Staatsanwaltschaft
Anklage gegen einen Jugendlichen erlässt. Diese Anklageschrift erreicht
parallel das zuständige Jugendgericht und die JGH. Im weiteren Verlauf ihres
Berichtes stellte sie die zuständigen Jugendgerichte / Instanzen für Kamen
vor: Amtsgericht Kamen / Einzelrichter / Jugendschöffengericht Unna / ein
Richter und zwei Schöffen / Landgericht Dortmund für Berufungs- und
Kammerverfahren. Anschließend stellte sie detailliert ihren Arbeitsablauf zum
Verfahren vor: Nach mehreren Gesprächen mit den Jugendlichen erstellt sie
einen Bericht für das Gericht, aus dem die strafrechtliche Verantwortung
ableitbar sei. Bei Heranwachsenden (18 bis 20 J.) müsse auch eine Empfehlung
verfasst werden, ob der Jugendliche nach dem Jugendstrafrecht oder dem
Erwachsenstrafrecht zur Verantwortung gezogen werden kann. In Folge benannte
sie die Fallzahlen für die jeweiligen Jugendgerichte (siehe
Verfahrenseingänge Anlage 2) und den Ablauf der Betreuung durch die JGH bei
Strafverfahren vor Gericht. Frau Hagenhoff verwies abschließend auf mögliche
Zuchtmittel, die durch einen Jugendrichter auferlegt werden können und
betonte, dass für Jugendliche bei Nichterfüllung der Auflagen (z.B. fehlender
Ableistung von Sozialstunden) und weiterer Versagung der Mitwirkung Arrest
verhängt werden könne.
Frau Dyduch stellte fest,
dass es durchaus schwierig sei, geeignete Stellen zu finden, bei denen
Jugendliche ihre Sozialstunden ableisten könnten und erkundigte sich, wie für
solche Stellen geworben werden könne.
Frau Hagenhoff berichtete,
dass der Fachbereich Jugend bereits sehr viele Institutionen diesbezüglich
angeschrieben habe. Zu berücksichtigen sei, dass Jugendliche oftmals nicht in
der Lage seien, einfachste Arbeiten auszuführen, da sie diese nie erlernt
hätten. Bei der Stadt Kamen, so berichtete sie, bestünde die Möglichkeit
Sozialstunden bei den Hausmeistern abzuleisten. Der Einsatz in
Jugendeinrichtungen käme ausschließlich nur bei leichten Vergehen der Jugendlichen
in Betracht.
Herr Dunker berichtete, dass
die Stellen, an denen in der Stadtverwaltung Freizeitarbeiten angeboten werden,
von MitarbeiterInnen gut betreut seien. Überdies verwies er darauf, dass Jugendliche
nur begrenzt Zeit hätten, um auferlegte Stunden ableisten zu können. Schule
oder Ausbildung setzten hier zeitliche Grenzen. Daher sei es auch schwierig,
geeignete Stellen außerhalb der Stadtverwaltung zu finden. Trotz dieser
Einschränkungen könne in Kamen gut vermittelt werden. Wartelisten hierzu gebe
es nicht.
Frau Hagenhoff bestätigte
dies und hob hervor, dass es in Kamen vergleichsweise viele Einsatzstellen gebe.
Sie verwies ergänzend auch auf die z.T. hohe Anzahl der zu leistenden Sozialstunden,
die innerhalb einer bestimmten Frist erfüllt sein müssten.