Sitzung: 18.03.2013 Behindertenbeirat
Frau Olbrich-Steiner referierte anhand einer
der Niederschrift in Kopie beigefügten Powerpoint-Präsentation.
Einleitend wies
Frau Olbrich-Steiner auf die
rechtliche Basis für die Herbeiführung der inklusiven Gesellschaft hin. Die
seitens der UN verabschiedete Behindertenrechtskonvention stelle seit dem März
2009 geltendes Bundesrecht dar. Hauptmerkmal und Ziel der Inklusion sei das
Leben der behinderten Menschen mit ihren Eigenarten und Besonderheiten in der
Mitte der Gesellschaft.
Die konkrete
Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention soll anhand eines seitens der
Bundesregierung beschlossenen nationalen Aktionsplans sowie von auf Länderebene beschlossenen Aktionsplänen
erfolgen; in Nordrhein-Westfalen unter der Bezeichnung „Eine Gesellschaft für
alle - NRW inklusiv“.
Frau Jung bat um Bekanntgabe einer Quelle,
unter der der Aktionsplan des Landes NRW einzusehen ist.
Protokollnotiz::
Der Aktionsplan ist im Internet zu finden unter: www.mais.nrw.de/08_PDF/003/121115_endfassung_nrw-inklusiv.pdf
Der heutige Vortrag
solle den Weg des Kreises Unna zur inklusiven Verwaltung aufhellen.
Der Kreisverwaltung
sei im Jahre 2010 durch Beschluss des Kreistages der Auftrag zur Erarbeitung
eines Handlungsprogrammes erteilt worden. Dieses Handlungsprogramm liege
nunmehr dem Kreistag zur Beratung und Beschlussfassung vor.
Die dem
Handlungsprogramm vorgeschaltete Bestandsaufnahme habe ergeben, dass im Kreis
Unna 90.000 Menschen mit einer Behinderung leben. 50.000 Menschen davon leben
mit einem Behinderungsgrad von 50 und höher. Somit ist fast jeder vierte
Einwohner des Kreises von einer
Behinderung betroffen. Anhand einer Folie veranschaulichte Frau Olbrich-Steiner die Verteilung der schwerbehinderten
Menschen auf die kreisangehörigen Städte. Festzustellen war, dass in der Stadt
Kamen kreisweit prozentual betrachtet die meisten schwerbehinderten Menschen
leben.
Bei der Erarbeitung
des Handlungsprogramms sei auch von elementarer Bedeutung der fortschreitende
Alterungsprozess der Gesellschaft. Da mit zunehmendem Alter die Gefahr des
Eintritts einer Behinderung steigt, nimmt zwangsläufig auch die Zahl der
Behinderten zu. Weiterhin führt der Fortschritt in der medizinischen
Versorgung dazu, dass Personen mit einer Behinderung eine höhere
Lebenserwartung haben.
Ebenfalls gelingt
es der modernen Medizin zeitiger als früher Behinderungen zu erkennen, so dass
auch die Anzahl der jüngeren Menschen mit Behinderungen weiter ansteigen wird.
In diesem Zusammenhang wies Frau Olbrich-Steiner auf das Vorhandensein von guten Einrichtungen für die Betreuung
junger behinderter Menschgen in Kamen hin.
Die immer weiter
verbesserte medizinische Diagnostik führe auch dazu, dass vermehrt Behinderungen
nach Unfällen bzw. Krankheiten festgestellt würden.
Weitere bestimmende
Erkenntnisse für das Handlungsprogramm gewann Frau Olbrich-Steiner auf der im
Mai 2012 abgehaltenen Fachtagung in Lünen. Schwerpunktthema war hier unter anderem
das Wohnen für Menschen mit Behinderungen. Mit dieser Problemstellung
beschäftige sie sich schon seit längerer Zeit. Weiterhin wurden die für
behinderte Menschen wichtigen Aspekte Mobilität und Bauen thematisiert.
Ebenfalls wurde das Ziel barrierefreie Verwaltung Kreis Unna thematisiert.
Im Nachgang wandte
sie sich den Schwerpunktthemen anhand mehrerer Folien detaillierter zu.
Zur Verbesserung
der Wohnmöglichkeiten für behinderte Menschen wolle man bis zum Jahr 2014/2015
in 6 geplanten Einrichtungen an unterschiedlichen Standorten im Kreisgebiet 100
Plätze für ein stationäres Wohnen schaffen. Für diese Zwecke seien bereits 2
Grundstückskäufe abgeschlossen worden. Weiterhin solle im Jahr 2014 in Unna
eine Suchterkrankungseinrichtung gebaut werden.
Gleichwohl wies
Frau Olbrich-Steiner auf die gestiegene Bedeutung des ambulant
betreuten Wohnens hin. Sehr viele behinderte Menschen könnten diese Angebote in
Anspruch nehmen. Natürlich spielten hier auch die vergleichsweise günstigeren
Kostenfaktoren eine Rolle.
Derzeit stelle sich
die Situation auf dem Sektor stationäres Wohnen so dar, dass ein Großteil der
Leistungsempfänger des Kreises Unna in Einrichtungen außerhalb des
Kreisgebietes wohne. Mit der Umsetzung der o.g. Vorhaben wolle man diese in den
Kreis zurückholen.
Anhand eines
weiteren Schaubildes stellte Frau Olbrich-Steiner Zahlenmaterial über die
Inanspruchnahme des betreuten Wohnens im Kreisgebiet durch behinderte Menschen
vor.
Frau Hartig erkundigte sich, ob man nicht
Gespräche mit Wohnungsbaugesellschaften führen könne mit dem Ziel, die
Angebotssituation des ambulanten Wohnens zu verbessern.
Frau Olbrich-Steiner merkte an, dass die
UKBS bekanntermaßen Tochtergesellschaft
des Kreises sei. Jedoch seien auch für diese derartige Vorhaben nicht
umsetzbar, da nicht ausreichend Fördermittel fließen würden.
Frau van Lück teilte mit, dass nach ihrem
Kenntnisstand Angebote des betreuten Wohnens für Senioren häufig mit dem Erwerb
einer Eigentumswohnung verknüpft würden.
Frau Olbrich-Steiner erwiderte, dass ihr das
in dieser Form nicht bekannt sei.
Abschließend zu
diesem Thema schilderte sie die wesentlichen Parameter, die auch und gerade die
Wohnsituation behinderter Menschen beeinflussen werden. Diese sind das
Schrumpfen der Gesamtbevölkerung bei gleichzeitiger Alterung der Gesellschaft,
Anstieg der absoluten und relativen Zahlen der behinderten Menschen sowie ein
Anstieg des Bedarfs an barrierefreiem Wohnraum.
Vor diesem
Hintergrund ist die Förderung innovativer Wohnprojekte für Senioren, Behinderte
und auch Mehrgenerationenverbände voranzutreiben. Hierbei ist jedoch zu
beachten, dass keine ausgelagerten Sonderwohnformen entstehen.
Zum Thema Mobilität
erläuterte Frau Olbrich-Steiner, dass
hier die Nahmobilität für behinderte Menschen vorrangig von Bedeutung sei. Dies
bedinge das Vorhandensein von geeignetem Wohnraum in Zentrumsnähe, damit Ziele
fußläufig oder auch mit dem Rad erreichbar seien. Auch die Möglichkeit der
Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs sei von Bedeutung.
Auf diesem Sektor
habe der Kreis auch gute Möglichkeiten der Einflussnahme, da er Aufgabenträger
des ÖPNV und Gesellschafter der VKU sei. Ebenfalls sei man Mitglied in der
Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte.
Das Angebot der VKU
solle in einer der nächsten Sitzungen Herr Feld, Leiter des Verkehrsmanagements
der VKU, vorstellen. Vorab wies Frau Olbrich-Steiner schon einmal auf das
Bustraining für Senioren und behinderte Menschen hin.
Ziel des Kreises
Unna sei es, konkrete Verbesserungen an der Ausstattung von Bussen und
Haltestellen seitens der VKU zu initiieren. Details schilderte Frau Olbrich-Steiner
anhand eines weiteren Schaubildes.
Frau Jung wies noch einmal auf Busse mit der
Möglichkeit der Feststellung von Rollstühlen und Rollatoren hin.
Frau Olbrich-Steiner teilte weiterhin mit,
dass der Kreis Unna auf dem Sektor Bauen dahingehend aktiv werde, dass man
Geld in die Hand genommen habe und eine Analyse der kreiseigenen Gebäude in
Bezug auf ihre behindertengerechte Ausstattung vornehmen lasse.
Ein aktuelles
Beispiel für die durchaus unterschiedlichen Bedürfnisse behinderter Menschen
bei der Planung von Bauvorhaben sei die Verlegung des neuen Pflasters auf Gut
Opherdicke.
So sei für
Rollstuhlfahrer eine möglichst flache, kantenfreie Verlegung gewünscht,
sehbehinderte Menschen hätten gern Kanten als Orientierungshilfe.
In Bezug auf die
Verwaltungstätigkeit des Kreises sei es geplant, durch Schulungsmaßnahmen den
Umgang der Mitarbeiter mit behinderten Menschen u.a. durch verstärkte
Bewusstseinsbildung noch weiter zu verbessern. Ein weiterer Ansatzpunkt, der
mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden sei, sei die generelle Überarbeitung
des kompletten Formularwesens hin zu einer verständlichen, leichten Gestaltung.
Anhand einer
weiteren Folie schilderte Frau Olbrich-Steiner das Zusammenwirken der beim
Kreis Unna zur Herbeiführung der Inklusion handelnden und beteiligten Kräfte.
Frau van Lück erkundigte sich nach konkreten
Vorhaben in den Bereichen Schule und Kindergarten. Speziell fragte sie nach, ab
wann Förderschulen bei Unterschreitung einer bestimmten Größenordnung
geschlossen würden.
Frau Olbrich-Steiner lagen hierzu keine
näheren Informationen vor.
Herr Gödecker äußerte, dass nach seiner
Wahrnehmung die Wirtschaft die alten Menschen als Verdienstmöglichkeit entdeckt
habe und wies beispielhaft auf die enormen Kosten für das Anbringen einer
Badhaltestange hin.
Frau Jung wies noch einmal auf den im
Internet verfügbaren Entwurf des Handlungsprogrammes des Kreises hin und
bedankte sich für den ausgesprochen informativen Vortrag.
Frau Olbrich-Steiner bot den
Ausschussmitgliedern noch einmal die Möglichkeit an, in unterschiedlichen
Arbeitsgruppen ihre Meinung einzubringen.
Frau Jung ergänzte, dass auch sie dankbar
für jede Anregung sei und diese zielgerichtet weiterleiten würde.