Frau Olbrich-Steiner referierte anhand einer der Niederschrift in Kopie beigefügten Powerpoint-Präsentation.

Einleitend wies Frau Olbrich-Steiner auf die rechtliche Basis für die Herbeiführung der inklusiven Gesellschaft hin. Die seitens der UN verabschiedete Behindertenrechtskonvention stelle seit dem März 2009 geltendes Bundesrecht dar. Hauptmerkmal und Ziel der Inklusion sei das Leben der behinderten Menschen mit ihren Eigenarten und Besonderheiten in der Mitte der Gesellschaft.

Die konkrete Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention soll anhand eines seitens der Bundesregierung beschlossenen nationalen Aktionsplans sowie von auf  Länderebene be­schlossenen Aktionsplänen erfolgen; in Nordrhein-Westfalen unter der Bezeichnung „Eine Gesellschaft für alle - NRW inklusiv“.

Frau Jung bat um Bekanntgabe einer Quelle, unter der der Aktionsplan des Landes NRW einzusehen ist.

 

Protokollnotiz:: Der Aktionsplan ist im Internet zu finden unter: www.mais.nrw.de/08_PDF/003/121115_endfassung_nrw-inklusiv.pdf

 

Der heutige Vortrag solle den Weg des Kreises Unna zur inklusiven Verwaltung aufhellen.

Der Kreisverwaltung sei im Jahre 2010 durch Beschluss des Kreistages der Auftrag zur Erar­beitung eines Handlungsprogrammes erteilt worden. Dieses Handlungsprogramm liege nunmehr dem Kreistag zur Beratung und Beschlussfassung vor.

Die dem Handlungsprogramm vorgeschaltete Bestandsaufnahme habe ergeben, dass im Kreis Unna 90.000 Menschen mit einer Behinderung leben. 50.000 Menschen davon leben mit einem Behinderungsgrad von 50 und höher. Somit ist fast jeder vierte Einwohner  des Kreises von einer Behinderung betroffen. Anhand einer Folie veranschaulichte Frau Olbrich-Steiner die Verteilung der schwerbehinderten Menschen auf die kreisangehörigen Städte. Festzustellen war, dass in der Stadt Kamen kreisweit prozentual betrachtet die meisten schwerbehinderten Menschen leben.

Bei der Erarbeitung des Handlungsprogramms sei auch von elementarer Bedeutung der fort­schrei­tende Alterungsprozess der Gesellschaft. Da mit zunehmendem Alter die Gefahr des Eintritts einer Behinderung steigt, nimmt zwangsläufig auch die Zahl der Behinderten zu. Weiter­hin führt der Fortschritt in der medizinischen Versorgung dazu, dass Personen mit einer Behinde­rung eine höhere Lebenserwartung haben.

Ebenfalls gelingt es der modernen Medizin zeitiger als früher Behinderungen zu erkennen, so dass auch die Anzahl der jüngeren Menschen mit Behinderungen weiter ansteigen wird. In diesem Zusammenhang wies Frau Olbrich-Steiner auf das Vorhandensein von guten Einrich­tungen für die Betreuung junger behinderter Menschgen in Kamen hin.

Die immer weiter verbesserte medizinische Diagnostik führe auch dazu, dass vermehrt Behin­derungen nach Unfällen bzw. Krankheiten festgestellt würden.

 

Weitere bestimmende Erkenntnisse für das Handlungsprogramm gewann Frau Olbrich-Steiner auf der im Mai 2012 abgehaltenen Fachtagung in Lünen. Schwerpunktthema war hier unter an­derem das Wohnen für Menschen mit Behinderungen. Mit dieser Problemstellung beschäftige sie sich schon seit längerer Zeit. Weiterhin wurden die für behinderte Menschen wichtigen Aspekte Mobilität und Bauen thematisiert. Ebenfalls wurde das Ziel barrierefreie Verwaltung Kreis Unna thematisiert.

Im Nachgang wandte sie sich den Schwerpunktthemen anhand mehrerer Folien detaillierter zu.

 

Zur Verbesserung der Wohnmöglichkeiten für behinderte Menschen wolle man bis zum Jahr 2014/2015 in 6 geplanten Einrichtungen an unterschiedlichen Standorten im Kreisgebiet 100 Plätze für ein stationäres Wohnen schaffen. Für diese Zwecke seien bereits 2 Grundstückskäufe abgeschlossen worden. Weiterhin solle im Jahr 2014 in Unna eine Suchterkrankungseinrichtung gebaut werden.

 

Gleichwohl wies Frau Olbrich-Steiner  auf die gestiegene Bedeutung des ambulant betreuten Wohnens hin. Sehr viele behinderte Menschen könnten diese Angebote in Anspruch nehmen. Natürlich spielten hier auch die vergleichsweise günstigeren Kostenfaktoren eine Rolle.

 

Derzeit stelle sich die Situation auf dem Sektor stationäres Wohnen so dar, dass ein Großteil der Leistungsempfänger des Kreises Unna in Einrichtungen außerhalb des Kreisgebietes wohne. Mit der Umsetzung der o.g. Vorhaben wolle man diese in den Kreis zurückholen.

 

Anhand eines weiteren Schaubildes stellte Frau Olbrich-Steiner  Zahlenmaterial über die Inanspruchnahme des betreuten Wohnens im Kreisgebiet durch behinderte Menschen vor.

 

Frau Hartig erkundigte sich, ob man nicht Gespräche mit Wohnungsbaugesellschaften führen könne mit dem Ziel, die Angebotssituation des ambulanten Wohnens zu verbessern.

 

Frau Olbrich-Steiner merkte an, dass die UKBS  bekanntermaßen Tochtergesellschaft des Kreises sei. Jedoch seien auch für diese derartige Vorhaben nicht umsetzbar, da nicht aus­reichend Fördermittel fließen würden.

 

Frau van Lück teilte mit, dass nach ihrem Kenntnisstand Angebote des betreuten Wohnens für Senioren häufig mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung verknüpft würden.

Frau Olbrich-Steiner erwiderte, dass ihr das in dieser Form nicht bekannt sei.

 

Abschließend zu diesem Thema schilderte sie die wesentlichen Parameter, die auch und gerade die Wohnsituation behinderter Menschen beeinflussen werden. Diese sind das Schrumpfen der Gesamtbevölkerung bei gleichzeitiger Alterung der Gesellschaft, Anstieg der absoluten und relativen Zahlen der behinderten Menschen sowie ein Anstieg des Bedarfs an barrierefreiem Wohnraum.

 

Vor diesem Hintergrund ist die Förderung innovativer Wohnprojekte für Senioren, Behinderte und auch Mehrgenerationenverbände voranzutreiben. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass keine ausgelagerten Sonderwohnformen entstehen.

 

Zum Thema Mobilität erläuterte Frau Olbrich-Steiner, dass hier die Nahmobilität für behinderte Menschen vorrangig von Bedeutung sei. Dies bedinge das Vorhandensein von geeignetem Wohn­raum in Zentrumsnähe, damit Ziele fußläufig oder auch mit dem Rad erreichbar seien. Auch die Möglichkeit der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs sei von Bedeutung.

Auf diesem Sektor habe der Kreis auch gute Möglichkeiten der Einflussnahme, da er Aufga­benträger des ÖPNV und Gesellschafter der VKU sei. Ebenfalls sei man Mitglied in der Arbeits­gemeinschaft fahrradfreundlicher Städte.

Das Angebot der VKU solle in einer der nächsten Sitzungen Herr Feld, Leiter des Verkehrs­managements der VKU, vorstellen. Vorab wies Frau Olbrich-Steiner schon einmal auf das Bustraining für Senioren und behinderte Menschen hin.

Ziel des Kreises Unna sei es, konkrete Verbesserungen an der Ausstattung von Bussen und Haltestellen seitens der VKU zu initiieren. Details schilderte Frau Olbrich-Steiner anhand eines weiteren Schaubildes.

 

Frau Jung wies noch einmal auf Busse mit der Möglichkeit der Feststellung von Rollstühlen und Rollatoren hin.

 

Frau Olbrich-Steiner teilte weiterhin mit, dass der Kreis Unna auf dem Sektor Bauen dahin­gehend aktiv werde, dass man Geld in die Hand genommen habe und eine Analyse der kreis­eigenen Gebäude in Bezug auf ihre behindertengerechte Ausstattung vornehmen lasse.

Ein aktuelles Beispiel für die durchaus unterschiedlichen Bedürfnisse behinderter Menschen bei der Planung von Bauvorhaben sei die Verlegung des neuen Pflasters auf Gut Opherdicke.

So sei für Rollstuhlfahrer eine möglichst flache, kantenfreie Verlegung gewünscht, sehbehinderte Menschen hätten gern Kanten als Orientierungshilfe.

 

In Bezug auf die Verwaltungstätigkeit des Kreises sei es geplant, durch Schulungsmaßnahmen den Umgang der Mitarbeiter mit behinderten Menschen u.a. durch verstärkte Bewusstseins­bil­dung noch weiter zu verbessern. Ein weiterer Ansatzpunkt, der mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden sei, sei die generelle Überarbeitung des kompletten Formularwesens hin zu einer verständlichen, leichten Gestaltung.

 

Anhand einer weiteren Folie schilderte Frau Olbrich-Steiner das Zusammenwirken der beim Kreis Unna zur Herbeiführung der Inklusion handelnden und beteiligten Kräfte.

 

Frau van Lück erkundigte sich nach konkreten Vorhaben in den Bereichen Schule und Kindergarten. Speziell fragte sie nach, ab wann Förderschulen bei Unterschreitung einer bestimmten Größenordnung geschlossen würden.

 

Frau Olbrich-Steiner lagen hierzu keine näheren Informationen vor.

 

Herr Gödecker äußerte, dass nach seiner Wahrnehmung die Wirtschaft die alten Menschen als Verdienstmöglichkeit entdeckt habe und wies beispielhaft auf die enormen Kosten für das Anbringen einer Badhaltestange hin.  

 

Frau Jung wies noch einmal auf den im Internet verfügbaren Entwurf des Handlungspro­gram­mes des Kreises hin und bedankte sich für den ausgesprochen informativen Vortrag.

 

Frau Olbrich-Steiner bot den Ausschussmitgliedern noch einmal die Möglichkeit an, in unter­schiedlichen Arbeitsgruppen ihre Meinung einzubringen.

 

Frau Jung ergänzte, dass auch sie dankbar für jede Anregung sei und diese zielgerichtet weiter­leiten würde.