Unter Bezugnahme auf den letzten Sachstandsbericht am 19.05.2011 erinnerte Herr Breuer an die Grenzwertüberschreitung für NO2 an der Bahnhofstraße im Jahr 2009, die die Luftreinhal­teplanung (kurz: LRP) in Kamen auslöste. Mit der neuen „Luftqualitätsrichtlinie“ aus dem Jahr 2008 habe die Europäische Union verbindlich Luftqualitätsziele festgelegt. In der Bundesrepublik Deutschland wurde die neue Richtlinie 2012 durch Novellierung des Bunds-Immissionsschutz­gesetzes (BImSchG) sowie durch die Einführung der 39. Verordnung zum BImSchG (39. BImSchV) in nationales Recht umgesetzt. Damit wurden für die wichtigsten Luftschadstoffe NO2 und die Feinstaubfraktion PM10 (im Gesamtstaub enthaltenen Partikel, deren aerodynamischer Durchmesser kleiner als 10 µm ist) Grenzwerte bestätigt. Eine Überschreitung der vorgegebe­nen Immissionsgrenzwerte müsse mit allen erforderlichen Daten über die obersten Landes- und Bundesfachbehörden der EU-Kommission mitgeteilt werden. Es folge im darauffolgenden Jahr der Bericht an die Kommission über die ergriffenen Maßnahmen zur Verringerung der Luftbe­lastung. Innerhalb dieses Zeitfensters sei die zuständige Behörde verpflichtet, einen Luftrein­halteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlege. Inhalte eines LRP seien im Wesentlichen die Beschreibung der Überschreitungssituation, die Verursacheranalyse, die Betrachtung der voraussichtlichen Ent­wicklung der Belastungssituation und die Bestimmung von Maßnahmen. In NRW sei die jewei­lige Bezirksregierung planaufstellende Behörde. Im Rahmen des Aufstellungsverfahrens sei sie zuständig für die Gebietsabgrenzung der Pläne, die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maß­nahmen, die Koordination der Tätigkeit verschiedener Behörden einschließlich der Herstellung des Einvernehmens der Behörden, die Beteiligung der Öffentlichkeit, die Festschreibung der zu treffenden Maßnahmen und letztlich die Veröffentlichung des LRP. Das Verfahren werde seit­dem in der Zuständigkeit der Bezirksregierung Arnsberg und unter Beteiligung verschiedener Akteure (Projektgruppe u. a. Stadt Kamen, LANUV, Straßen.NRW, Polizei, VKU, Kreis Unna, IHK, Landesbüro der Naturschutzverbände NRW) durchgeführt. Der LRP-Entwurf befasse sich dabei schwerpunktmäßig mit dem Überschreitungsbereich an der Bahnhofstraße, für den als Hauptverursacher der verkehrsbedingte Schadstoffausstoß ausgemacht werden konnte. Er be­nannte in diesem Zusammenhang die an der Bahnhofstraße durch den Passivsammler gemes­senen NO2-Werte (2008 = 42 µg/m³, 2009 = 48 µg/m³, 2010 = 47 µg/m³, 2011 = 46 µg/m³). Nunmehr liege der Entwurf des LRP vor. In der kommenden Woche beginne die Offenlage.
Um zu einer Verbesserung der Luftqualität im Allgemeinen, aber auch im Besonderen für den Bereich Bahnhofstraße zu kommen, würden im LRP-Entwurf verschiedene Maßnahmen be­nannt. Hier würden sich die seitens der Stadt ohnehin geplanten Maßnahmen „Netzschluss In­nerer Ring“ und die Umgestaltung und verkehrsrechtlichen Änderungen in der Bahnhofstraße besonders positiv auswirken. Andere Maßnahmen wie z. B. Busflottenumrüstung, Lkw-Verlage­rung, Optimierung von Lichtsignalanlagen, allgemeine Verkehrsverflüssigung, Einwirken auf Veränderungen im Modal-Split würden ebenfalls zu einer Verbesserung der Luftqualität in Bezug auf die Feinstaubbelastung beitragen. Unter Einbeziehung aller Maßnahmen sehe der LRP für den Belastungsschwerpunkt Bahnhofstraße im Prognosejahr 2015 schließlich eine klare Ein­haltung des Grenzwertes für NO2 von 40 µg/m³ (im Jahresmittel).

 

Mit Bezug auf frühere Berichte vor dem Ausschuss (u.a. Vorstellung des simuPLAN-Gutachtens aus 2011) ergänzte Herr Liedtke auf Nachfrage von Herrn Standop, dass die Stadt während des LRP-Verfahrens den Blick auch auf andere mögliche NO2-Belastungsschwerpunkte – z.B. Lünener Straße, Nordring und Stormstraße - gelenkt und vom LANUV weitere Messungen mit Passivsammlern gefordert habe. Dieser Forderung sei seitens des Landes leider nicht gefolgt worden. Es habe aber die möglichen NO2-Belastungsschwerpunkte im LRP-Entwurf berücksich­tigt und auf Basis aktueller Daten die NO2-Belastung nochmals berechnet, mit dem Ergebnis, dass der Grenzwert für NO2 an diesen Streckenabschnitten eingehalten würden und dort keine zusätzlichen Maßnahmen zu ergreifen seien.

Die Stadtverwaltung beruhige das aber nicht, weil die Rechnungsergebnisse teilweise nur knapp unter dem Grenzwert blieben, so Herr Liedtke. Wie schon angedeutet bereite die Verwaltung vor, auf eigene Rechnung die möglichen NO2-Belastungsschwerpunkte an Lünener Straße, Nordring und Stormstraße mit Passivsammlern prüfen zu lassen, um belastbare Werte zu er­halten. Die Kosten der Messungen, die bis zu einem Jahr dauern und in 2013 erfolgen sollen, würden pro Messpunkt bei etwa 2.500 € liegen. Die Anzahl der erforderlichen Messpunkte sei noch im Einzelnen zu prüfen. Die Verwaltung plane mit einem Ansatz bis 15.000 €. Auch mit Blick auf die Anwohner erhoffe sich die Verwaltung in diesem Punkt deutlich mehr Klarheit über die Luftbelastungssituation zu erlangen.

 

Der LRP-Entwurf werde durch die Bezirksregierung ab dem 17.09.2012 für vier Wochen offen­gelegt (auch via Internet), so dass alle Bürger und die Träger öffentlicher Belange die Möglich­keit hätten, sich hierzu zu äußern. Ein Exemplar werde in dieser Zeit auch im Rathaus der Stadt Kamen zur Einsichtnahme ausliegen. Den Fraktionen werde jeweils ein Exemplar zugeleitet. Herr Liedtke kündigte an, den Punkt „Luftreinhalteplan Kamen“ auf die Tagesordnung des PUA am 23.10.2012 zu setzen. Im Rahmen der öffentlichen Auslegung des LRP-Entwurfs werde die Verwaltung eine Stellungnahme formulieren, in der die Stadt weiterhin eine genauere Prüfung und Messung an den genannten Straßenabschnitten fordern werde.

Der LRP-Entwurf müsse letztlich noch durch den Rat der Stadt Kamen beschlossen werden, was für die Dezember-Sitzung vorgesehen sei.

 

Frau Dyduch begrüßte die Vorgehensweise und ermunterte die Verwaltung nachdrücklich, die­sen Weg der zusätzlichen Aufstellung von Passivsammlern in kritischen Bereichen, die belastet sein könnten, zu gehen. Die Verwaltung möge den beschrittenen Weg weiter verfolgen und so mit erforderlicher Konsequenz für Klarheit sorgen. Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung der Bezirksregierung; der formulierte Anspruch an die Luftreinhalteplanung stimme nicht mit der Umsetzung überein. So bliebe der Stadt nichts anderes übrig, als auf eigene Kosten für Klarheit zu sorgen.

 

Herr Kloß schloss sich den Ausführungen von Frau Dyduch an. Der LRP dürfe nicht nur der Gewissensberuhigung dienen. Er erkundigte sich, ob eine Erfolgskontrolle über den Zeitraum hinaus vorgesehen sei.

 

Herr Brüggemann appellierte an das Verständnis der Anwesenden für die bestehenden Struk­turen. Entsprechend der vorgegebenen Regeln seien Maßnahmen erst dann zu ergreifen, wenn Grenzwertüberschreitungen vorliegen würden. Dieses Verfahren sei landesweit anzuwenden. Somit werde die Kommune nunmehr mit Eigenmitteln Passivsammler in den v. g. kritischen Be­reichen aufstellen. Nach einem Jahr erfolge die Auswertung. Sollte sich die berechnete Belas­tung bestätigen, sei dies auch im LRP im Rahmen der Fortschreibung zu berücksichtigen. Durch das LANUV sei in der Bahnhofstraße weiterhin eine Wirkungskontrolle mittels Passivsammler vorgesehen, so dass auch hier die Überprüfung zunächst sichergestellt sei.

 

Herr Standop erklärte für seine Fraktion, dass auch diese den Vorschlag der Verwaltung un­terstütze.

 

Die Aufstellung von Umweltqualitätszielen sei grundsätzlich positiv zu bewerten, führte Herr Kühnapfel aus. Die Aufstellung von Plänen koste Zeit und Geld. Er begrüßte den Vorschlag der Verwaltung, auf eigene Kosten weitere kritische Punkte im Stadtgebiet zu untersuchen. Dies sei der richtige Weg, um die Luftreinhalteplanung im Kamener Stadtgebiet weiter voranzubringen. Insgesamt sehe er darin eine gute Investition.