Sitzung: 26.04.2012 Familien- und Sozialausschuss
Frau Brehmer referierte anhand einer der Niederschrift in Kopie
beigefügten Powerpointpräsentation. Sie ist seit 20 Jahren Beschäftigte der
Bundesagentur und seit dem Jahre 2005 für das Jobcenter mit den Aufgaben einer
Beraterin für Schwerbehinderte tätig. Frau Brehmer schilderte zunächst die
Bedingungen, die dazu geführt haben, dass die Inklusion realisiert werden soll. Grundlage und Auftrag für die Inklusionsstrategie
ergeben sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention sowie den hierzu
ergangenen nationalen Aktionsplänen. Frau Brehmer wies darauf hin, dass das
Land Nordrhein-Westfalen einen entsprechenden Aktionsplan noch nicht
aufgestellt hat. Derzeit müsse man ganz eindeutig sagen, dass in unserer
Gesellschaft der Zustand der Exklusion behinderter Menschen vorherrsche.
Die Anzahl der Menschen mit Behinderung
sei nicht genau feststellbar. Dazu würden u.a. datenschutzrechtliche
Bestimmungen beitragen. Weiterhin nehme die Zahl der Menschen, die aufgrund von
psychischen Erkrankungen behindert seien, stetig zu. Für den Bereich des SGB II
habe eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, der
Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, ergeben, dass mehr als 40%
der erwerbsfähigen Betreuten Behindertenmerkmale aufweisen würden. Das
Verweilen im SGBII-Bezug solle grundsätzlich nur eine Durchgangsstation
darstellen. In vielen Fällen träten durch Langzeitarbeitslosigkeit
gesundheitliche Beeinträchtigungen ein, die sich zu einer Behinderung
auswachsen könnten. Jedoch gebe es auch umgekehrt Fälle, in denen während des
Bezugs von SGB II-Leistungen durch berufliche Rehabilitation bestehende
Behinderungen beseitigt werden könnten
Ein Problem für
erwerbstätige behinderte Menschen stellen häufig mangelnde Leistungsfähigkeit
und Qualifikation dar. Erschwerend hinzu käme häufig die mangelnde Fähigkeit
oder Bereitschaft der Arbeitgeber, betriebliche Gegebenheiten den
Möglichkeiten des behinderten Menschen anzupassen.
Das Inklusionsprojekt
ist nicht im Sozialgesetzbuch verankert, sondern initiiert vom Ministerium für
Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Mittel
entstammen dem Programm des Europäischen Sozialfonds für NRW. Freigaben könnten
allerdings erst erfolgen, wenn das Land nach den anstehenden Landtagswahlen aus
der vorläufigen Haushaltsführung heraus sei.
Anhand einer weiteren Folie
erläuterte Frau Brehmer die mit dem Erreichen der Inklusion verbundenen
Zieldimensionen im SGB II. Im Besonderen wies sie darauf hin, dass ein
Hauptpfeiler die Vermittlung in Arbeit sei. Hierzu seien spezielle, inklusive
Förderangebote aus den Jobcentern, aber auch Dritter, zu schaffen. Zudem
mangele es an Koordinierungsstellen zur Verbesserung der zuständigen Stellen
im Netzwerk. Bisher sei lediglich im
Sozialgesetzbuch IX eine Koordinierungsstelle errichtet.
Mit einem weiteren
Schaubild verdeutlichte Frau Brehmer das Ziel der Etablierung eines inklusiven
Arbeitsmarktes zur Vermeidung der Ausgrenzung der behinderten Personen vom
Arbeitsmarkt. Speziell wies sie darauf hin, dass unter anderem verstärkte
Werbetätigkeit bei Arbeitgebern wie auch die Förderung von Integrationsfirmen
notwendig sei. Wichtige Partner zur Stärkung der Kompetenzen in den Betrieben,
die behinderte Menschen beschäftigen, könnten die Industrie- und
Handelskammern sein.
Abschließend erläuterte
Frau Bremer anhand einer Übersicht das vorgeschaltete notwendige arbeitsmarktpolitische
Inklusionsmonitoring, das in der Zusammenfassung und Abstimmung der
Handlungsstrategien mündet, bevor die Einleitung und Realisation von Maßnahmen
und Aktionen erfolgen kann.
Herr Puls merkte an, dass ihm der Fall einer von ihm betreuten Person
bekannt sei, die nach seiner Meinung durch die ihn beschäftigende
Integrationsfirma ausgebeutet würde.
Herr Neuhaus erwiderte, dass bei einer
Beschäftigung in einer Integrationsfirma durchaus eine Relation zwischen
Qualifikation und Gehalt besteht und bestehen sollte. In begründeten Fällen
könne man versuchen, auf die Arbeitgeber einzuwirken. Bedenken müsse man
allerdings auch, dass auch Integrationsfirmen am Markt arbeiten und
dementsprechend auch finanziellen Zwängen ausgesetzt seien. Das beschäftigte
Personal sei häufig für eine Werkstatttätigkeit zu stark, aber zu schwach für
eine Tätigkeit am Markt.
Herr Grosch fragte nach, welche Tarifverträge Anwendung finden.
Frau Brehmer erwiderte, dass man sich an den für die jeweilige Branche
gültigen Tarifverträgen orientieren würde.
Herr Grosch drückte sein Unverständnis darüber aus, dass
Beschäftigungsverhältnisse mit Stundenlöhnen unter 8 € abgeschlossen würden.
Herr Neuhaus wies darauf
hin, dass die hiesigen Integrationsfirmen auf Sektoren wie z.B. Einzelhandel
oder Gastronomie tätig seien, in denen das Gehaltsgefüge von vornherein
niedriger sei. Sowohl behinderte als auch nicht behinderte Beschäftigte
verdienten schlecht. Nicht zu vergessen sei auch, dass diese Firmen den
behinderten Menschen die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe böten.
Auch die Tatsache, dass hier Schutzräume geboten würden, die in Wirtschaftsbetrieben
so niemals entstehen würden, sei durchaus von Relevanz. Zu Diskriminierungen
in den Integrationsfirmen würde es ebenfalls nicht kommen.
Frau Mann stellte fest, dass man mit dem Vorhaben noch ganz am Anfang
stehe und wünschte sich, dass man es mit viel Enthusiasmus und Engagement
vorantreibe. Die weitere Entwicklung werde mit Interesse beobachtet werden.