Sitzung: 26.04.2012 Familien- und Sozialausschuss
Herr Neuhaus referierte anhand einer der Niederschrift in Kopie beigefügten Powerpointpräsentation. Er bedankte sich für die ergangene Einladung, die für ihn auch das Interesse der Parteien an der Arbeit des Jobcenters dokumentiere. Diese Arbeit sei derzeit speziell in Kamen überdurchschnittlich erfolgreich, was zu einem guten Teil in der Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Institutionen begründet liege.
Für das Jahr 2012 wurde ein neues Zielsystem eingeführt. Anhand eines Kennzahlsystems soll die Leistungsfähigkeit der Jobträger festgestellt und gefördert werden.
Mit der Kennzahl 1 (Verringerung der Hilfebedürftigkeit) soll die Veränderung der Ausgaben zum Lebensunterhalt (also ohne kommunale Leistungen) gemessen und bewertet werden.
Die Kennziffer 2 (Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit) bildet ab, in welchem Umfang erwerbsfähige Leistungsberechtigte in eine Erwerbstätigkeit vermittelt werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von längerfristiger Dauer ist.
Anhand der Kennziffer 3 (Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug) wird zum einen festgehalten, in welchem Umfang das Abgleiten in den langfristigen Leistungsbezug vermieden werden konnte, zum anderen in welchem Maße der Bestand an langfristigen Leistungsbeziehern verringert werden konnte.
Für die Kommunen sei natürlich das Ziel der Reduzierung der von ihnen zu tragenden Kosten für Unterkunft und Heizung besonders interessant. Mit der Umsetzung des neuen Zielsystems ginge eine Reduzierung einher.
Das Jobcenter für
den Kreis Unna sei auch deshalb so erfolgreich, weil es sich nicht nur mit dem
bekannten Standardinstrumentarium begnüge, sondern sich besondere Ziele setze. Auch
im Jahr 2012 sei dies so. Über die JobOffensive 50+ sollen 410 Integrationen
erfolgen. Seit dem Jahr 2008 stünden dem Jobcenter hierfür jährlich 2,5 Mio. €
zusätzlich zur Verfügung. Im Jahr 2011 habe man hier noch 560 Personen
vermittelt; in Folge der Arbeitsmarkterholung habe man die Zahl
zurückgeschraubt.
Über das auf 3
Jahre angelegte Projekt „ Gute Arbeit für Alleinerziehende“, welches bundesweit
von nur 6 Jobcentern angeboten wird, sollen 150 Integrationen erzielt werden.
Für diese Maßnahme werden spezielle Vermittler mit gesondertem Netzwerk
eingesetzt.
Auch für das
Projekt Bürgerarbeit sei man eine der wenigen Modellregionen. Mit der Zulassung habe man ein Platzkontingent von
200 Bürgerarbeitsplätzen beantragt. In der Zwischenzeit ist das Kontingent auf
275 Plätze aufgestockt worden. Realisiert werden sollen im Jahr 2012 85 Integrationen.
Im Nachgang widmete
sich Herr Neuhaus den geschäftspolitischen Schwerpunkten für 2012. Er wies
darauf hin, dass die dem Jobcenter zur Verfügung stehenden Mittel seit Aufnahme
der Tätigkeit um 15 Mio. € auf 21 Mio. gekürzt wurden. Für Sonderprojekte
stünden insgesamt 6,5 Mio. € zur Verfügung.
Ein Augenmerk soll
in Anbetracht des auf dem Arbeitsmarkt einsetzenden Fachkräftemangels auf die
Fortbildung gering qualifizierter Leistungsbezieher zu Fachkräften gelegt
werden. Hier wolle man 500 Maßnahmen durchführen.
Wie in den
vergangenen Jahren auch bleiben die Jugendlichen im Fokus. Herr Neuhaus hob
hervor, dass das Jobcenter Unna auf diesem Sektor besonders erfolgreich sei. In
Selm sei man mit der Eröffnung des Hauses der Jugend dazu übergegangen, ein
vollständiges Hilfsangebot aus einer Hand zu bieten. Zur besseren Bekämpfung
der Jugendarbeitslosigkeit wolle man sich außerdem stärker mit der
Bundesagentur verzahnen.
Ein erst im Jahr
2011 installiertes Instrument ist die Bestellung einer Beauftragten für die
Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, deren Tätigkeitsschwerpunkte u.a auf den
Sektoren Vereinbarkeit von Familie und
Beruf sowie Gleichstellung von Mann und Frau liegen.
Eine weitere
Aufgabe sehe das Jobcenter in der Entwicklung einer Inklusionsstrategie.
Details seien dem nachfolgenden Vortrag der Frau Brehmer zu entnehmen.
Nicht zu vergessen
sei auch die geplante intensivierte Tätigkeit für Kunden mit Migrationshintergrund.
Durch eine verbesserte Verzahnung mit dem Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge will man nach Abschluss der vom BAMF organisierten Sprachkurse die
Förderkette aufrechterhalten.
Mit Interesse
werden seitens des Jobcenters die von anderen Centern durchgeführten Modellprojekte
für die sogenannten Aufstocker (Erwerbstätigkeit parallel zum Leistungsbezug)
beobachtet, um ggfls. selbst tätig zu werden.
Herr Neuhaus wies
jedoch darauf hin, dass im Jahr 2012 die höchst priorisierte Zielgruppe der
Personenkreis der unter fünfundzwanzigjährigen sei. Anhand eines weiteren
Schaubildes erläuterte er die hier zur Verfügung stehenden
Förderungsinstrumente. Höchste Priorität soll die Vermittlung in eine
sozialverpflichtungspflichtige Beschäftigung mittels eines Eingliederungszuschusses
haben.
Abschließend wies
Herr Neuhaus darauf hin, dass man gerade und wegen der Vielzahl der speziell
ins Auge gefassten Gruppen die anderen Personen nicht vergessen könne und
werde.
Frau Mann dankte Herrn Neuhaus für den
informativen Vortrag.
Frau Hartig erkundigte sich, ob ein
Anschlussprogramm für Alleinerziehende aufgelegt werde. Weiterhin fragte sie
nach speziell für Frauen geplanten Maßnahmen.
Herr Neuhaus erwiderte, dass dem Jobcenter
im Jahre 2012 300.000 € weniger für Personalkosten zur Verfügung stünden.
Unter anderem deshalb müsse der Betreuungsschlüssel für Alleinerziehende, der
bisher bei ca. 1:120-130 lag, hochgezogen werden. Das Sonderprogramm
Alleinerziehende könne leider nicht fortgesetzt werden, da die notwendigen,
zusätzlichen Finanzmittel vom Bund nicht zur Verfügung gestellt würden.
Spezielle Fördermaßnahmen für Frauen seien nicht geplant. Er wies jedoch darauf
hin, dass in den oben genannten Zielgruppen natürlich auch junge Mädchen oder
ältere Frauen erreicht würden.
Frau Hartig wies auf Pressepublikationen
hin, wonach für den Anspruch auf Arbeitslosengeld I eine
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von 12 Monaten geleistet werden
müsse. Sie fragte nach, ob ein Trend erkennbar sei, wonach vermehrt Personen in
den ALGII-Bezug abdriften.
Herr Neuhaus erwiderte, dass die
Beschäftigung in Zeitarbeitsfirmen häufig auf weniger als 12 Monate angelegt
sei. Insofern drohe da schon diese Gefahr. Ein weiterer wichtiger Punkt sei
aber nach wie vor, dass es zu viele Beschäftigungsverhältnisse mit zu geringen
Einkommen gebe, was allerdings ein ordnungspolitisches Thema sei.
Frau Hartig fragte unter Hinweis auf die
JobOffensive 50+ nach, ob tatsächlich inzwischen wieder bessere
Vermittlungsmöglichkeiten bestünden.
Herr Neuhaus wies darauf hin, dass der
Fachkräftemangel in den Unternehmen angekommen sei. Daher spiele bei
Einstellungen das Alter nicht mehr eine so große Rolle. Zunehmend werde die
Lebens- und Berufserfahrung geschätzt. Gleichwohl sei der Jugendwahn noch nicht
völlig abgestellt.
Frau Mann dankte Herrn Neuhaus für den
Vortrag und wies darauf hin, dass das Jobcenter unter bitteren
Rahmenbedingungen kreativ arbeiten würde.