Herr Frohloff stellte die Mobile Beratung Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Arnsberg vor, die in der Gewalt Akademie Villigst im Amt für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen in Schwerte angesiedelt ist. Die Zielgruppen der Mobilen Beratung seien u.a. (poten­ziell) Betroffene, örtliche Ansprechpersonen nach einem Vorfall, Schulen, aber auch interes­sierte Bürgerinnen und Bürger, die sich z.B. über rechtsextremistische Symbole, Musik oder Schriften informieren möchten. Eine Beratung müsse nicht zwingend anlassorientiert sein, ein Ziel sei auch die Information und Prävention. Das Team der Mobilen Beratung bestehe aus acht Fachkräften, wobei er der einzige hauptamtlich Beschäftigte sei. Die anderen sieben Personen seien erfahrene Kräfte, die z.B. Deeskalationstrainings durchführen. Das Projekt werde gefördert durch das Bundesprogramm „Toleranz fördern – Kompetenz stärken“, das in 2013 aber aus­laufe. Aktuell gebe es Gespräche, ob eine finanzielle Förderung durch das Land NRW erfolgen könne.

 

Bezogen auf Kamen und auf den Kreis Unna gab Herr Frohloff an, dass das Vorhandensein von rechter Gewalt hier seit rund 20 Jahren bekannt sei. Bekannte Gruppen seien z.B. „Freies Netz Kreis Unna“, „Nationaler Widerstand Lünen-Kamen“ und die Gruppe „Autonome Nationalisten“, die enge Kontakte zur NPD unterhalte. Diese Gruppe sei sehr ideologisch orientiert und u.a. auch verantwortlich für die Steinwürfe auf Parteibüros. In Kamen existiere nur eine relativ kleine Gruppe, die aber sehr stark mit Gruppen aus Unna, Bergkamen und Hamm vernetzt sei. Die Gruppe sei sehr engagiert und verfüge über ein hohes Gewaltpotenzial. Die Szene habe z.Z. die Strategie, in einzelnen Orten Themen und Projekte aufzugreifen, die ihnen in der Öffentlichkeit sehr viele Sympathien einbringen, wie die Verhinderung eines Moscheebaus oder die Forderung nach harten Strafen bei sexuellem Kindesmissbrauch.

 

Aktuell prüfe der Staatsschutz, ob mit der Sympathieerklärung zu den Morden der Thüringer Gruppe auf der Internetseite der Gruppe Nationaler Widerstand Lünen - Kamen eine Straftat vorliege.

 

Im letzten Vierteljahr haben sich die Vorfälle im Zusammenhang mit rechter Gewalt merklich verringert. Dieser Rückgang sei landesweit festzustellen und stehe in unmittelbaren Zusammen­hang mit der Aufklärung der Morde der Thüringer Gruppe.

 

Herr Frohloff antwortete auf die Frage von Frau Mann, ob es nach Auslaufen der Förderung alternative Projekte seitens des Bundes zu dieser Problematik geben werde, dass seiner Kennt­nis nach keine Mittel für andere Projekte zur Verfügung gestellt werden.

 

Frau Sevgi Kahraman-Brust gab an, dass sie vor zwei Jahren ihre Fachausbildung gegen Rechtsextremismus begonnen habe. Eines ihrer Schwerpunktthemen sei das Thema “Frauen in der rechten Szene“. Sie berichtete, dass Frauen und Männer in gleichem Maße rassistisches Gedankengut haben. In den vergangenen Jahren habe sich das Bild der rechten Frauen erheb­lich gewandelt. Am auffälligsten sei, dass sich das äußere Erscheinungsbild stark verändert habe, was aber auch auf die Männer in der rechten Szene zutreffe. Die rechte Szene insgesamt wolle nicht mehr auf den ersten Blick erkannt werden. Anhand einiger bundesweit bekannter rechter Frauenpersönlichkeiten wie Daniela Wegener aus Bochum zeigte sie auf, dass die Frauen sich als emanzipierte, starke und selbstbewusste Frauen präsentieren. Für die rechte Szene werden Frauen immer wichtiger, u.a. weil die aktiven Männer oft bekannt seien. So stel­len Frauen ihre Postanschrift zur Verfügung oder seien diejenigen, die Räume für Versammlun­gen anmieten, online Gewerbe anmelden oder auch Reden schreiben. Frauen seien unauffälli­ger und somit auch scheinbar ungefährlicher. Es handele sich hier um eine neue Generation von Frauen, die nicht mehr abhängig von ihren Männern seien und mit Selbstbewusstsein auftreten. Sie seien nicht mehr nur Hausfrau und Mutter sondern gut ausgebildet und oftmals z.B. als Leh­rerin oder Erzieherin tätig. Im Berufsalltag seien diese Frauen zumeist nicht auffällig. Ihre Ge­sinnung werde oftmals erst erkannt, wenn sie bei Parteiveranstaltungen auftreten.

 

Frau Blecher und Frau Gerdes verlassen um 18.20 Uhr die Sitzung.

 

Frau Kahraman-Brust schilderte weiter, dass nur wenige Frauen aus der Szene aussteigen. Diejenigen, die aussteigen, werden verfolgt und von der Gruppe bedroht. Es sei sehr schwierig, den Aussteigerinnen eine adäquate Hilfe zu bieten, da alles was bislang ihr Leben bestimmt habe plötzlich wegfalle. Festzustellen sei außerdem, dass, anders als in der Vergangenheit, diejenigen jungen Frauen, die über ihren Freund in die rechte Szene gekommen sind, auch nach Beendigung der Beziehung aktiv bleiben und die Szene nicht verlassen.

Aktuell gehe man davon aus, dass 15 – 20% der Mitglieder Frauen seien. Zukünftig könne man eher noch von einer Steigerung ausgehen, da die Männer „abgegrast“ seien, so dass die Rech­ten auf Frauen als Mitglieder und Aktive angewiesen seien.

 

Frau Özdemir gab an, dass sie heute ganz neue Erkenntnisse erlangt habe und ihr bewusst geworden sei, dass sich gerade Lehrkräfte damit auseinander setzen müssen, wie man heute Schülerinnen und Schüler aus der rechten Szene erkennen könne.