Beschlussempfehlung:

 

Der Rat beschließt den vorgelegten Entwurf des Wirtschaftsplanes des Eigenbetriebes Stadt­entwässerung Kamen für das Wirtschaftsjahr 2012 und den Entwurf des Finanzplanes für die Wirtschaftsjahre 2011 - 2015

 


Abstimmungsergebnis: einstimmig angenommen


Frau Dyduch erläuterte, dass die beiden Tagesordnungspunkte 2 und 3 zunächst zusammen vorgetragen und diskutiert würden, die Abstimmung dann jeweils getrennt erfolge. Zudem wies sie auf einen redaktionellen Fehler in der Beschlussvorlage zur Gebührenfestsetzung hin. Hier müsse es bei den Ausführungen zum Gemeindeanteil für Straßenentwässerung richtig heißen, dass der Gemeindeanteil leicht steige, nicht sinke.

 

Der Betriebsleiter der Stadtentwässerung Kamen, Herr Mösgen, stellte den Wirtschaftsplan und die Kalkulation 2012 anhand der Folien, die in der Anlage 1 dem Protokoll beigefügt sind, vor:

 

Im Erfolgsplan werden Erträge in Höhe von 12.675.400 € (2011: 12.481.900 €) eingeplant, von denen die Gebührenerträge mit 10.453.000 € (2011: 9.987.000 €) wie zu erwarten den größten Anteil stellen. Der Gemeindeanteil für die Straßenentwässerung beträgt 1.677.900 €. Bei den Aufwendungen in Gesamthöhe von 10.630.800 € (2011: 10.798.100 €) stellt wieder die Lippe­verbandsumlage und die Abwasserabgabe mit zusammen 5.007.300 € die größte Position dar, die für den Eigenbetrieb eine ähnliche Bedeutung hat, wie die Kreisumlage für die Stadt Kamen. Insgesamt soll ein handelsrechtlicher Jahresüberschuss von 2.044.600 € erwirtschaftet werden, der somit höher ausfällt als 2011 (1.683.800.000 €).

 

Herr Mösgen interpretierte die weitere Senkung der Lippeverbandsumlage von 4.806.000 € auf 4.794.000 € auch als Zeichen, dass die Lippeverbandsumlage den Scheitelpunkt überschritten hat und auch zukünftig nicht weiter steigt, weil die notwendigen hohen Investitionen in die Re­naturierungsmaßnahmen für den Sesekeumbau weitestgehend realisiert sind.

 

Der Betriebsleiter führte weiter aus, dass in dem ausgeglichenen Vermögensplan Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 14.156.000 € (2011: 16.234.000 €) veranschlagt werden, von denen 2.167.000 € aus Abschreibungen und 9.560.000 € (2011: 12.174.000 €) aus Neukreditaufnah­men resultieren.

Von den Gesamtausgaben entfallen 9.532.000 € oder 67 % (2011: 13.051.000 €) auf das operative Geschäft, den Kanalbau, 906.000 € auf Tilgungen und 2.500.000 € auf eine Gewinnausschüttung an die Stadt Kamen.

 

Auch nach der Eigenkapitalminderung in Höhe 2,5 Mio. €, die ausschließlich aus Gewinnen aus Vorjahren finanziert wird, liegt die Eigenkapitalquote weiterhin auf einem wirt­schaftlich sicheren und ausreichendem Niveau. Die Eigenkapitalausstattung seit Gründung des Betriebes hat sich durch die stete Einstellung der Erträge aus der Auflösung der Sonderposten für Zuschüsse in die Allgemeine Rücklage trotz der Gewinnausschüttungen erhöht.

 

In der Kalkulation stellt sich die Kostenverteilung ähnlich dar wie die Aufwandsverteilung in der Erfolgsrechnung:

-          Lippeverbandsumlage und Abwasserabgabe 40 % (2011: 42 %)

-          kalkulatorischen Zinsen 27 % (2011: 23 %)

-          Abschreibungen 20 % (in 2012 gleichbleibend wie in 2011) und

-          sonstige Kosten 13 % (2011: 15 %).

 

Im Vergleich zur Kalkulation 2011 sind in der Kalkulation 2012 insgesamt Mehraufwendungen entstanden. Die kalkulatorische Abschreibung steigt um rd. 119.000 €, da in 2011 und 2012 mehr Anlagenzugänge zu verzeichnen sind als Abschreibungen und sich so das abschrei­bungsfähige Anlagevermögen insgesamt erhöht. Dies trifft auch für die kalkulatorischen Zinsen zu, bei denen die Erhöhung des kalkulatorischen Zinssatzes von 5,75 % auf 6,9 % zu einer zu­sätzlichen Erhöhung führt (insgesamt 621.000 €).

 

Der kalkulatorische Zinssatz betrug im Gründungsjahr des Eigenbetriebes 1998 und bis 1999 8 %. Danach verringerte er sich für die Jahre 2000 bis 2002 auf zunächst 7 % und blieb bis 2009 konstant bei 6,75 %. Da in 2010 der Lippeverbandsbeitrag seinen Höchstwert erreichte und zu­dem eine hohe Unterdeckung aus Vorjahren in die Gebührenkalkulation eingestellt werden musste, wurde der kalkulatorische Zinssatz auf 5,75 % nur gesenkt, um einen für die Gebühren­zahler außerordentlich hohen Gebührensprung zu vermeiden (siehe Anlage Folie 11). Die Ge­bührenentwicklung verläuft auch mit der Erhöhung des kalkulatorischen Zinssatzes auf 6,9 % weiterhin sehr stetig.

 

Die Erhöhung des Zinssatzes auf 6,9 % anstatt auf das langjährige Niveau von 6,75 % resultiert aus der massiven Kritik der Gemeindeprüfungsanstalt NRW (GPA NRW) als Ergebnis der über­örtlichen Prüfung der Stadt Kamen von Februar bis September 2010. Die GPA fordert, insbe­sondere für Städte mit Nothaushalten, die höchstmögliche Anhebung des kalkulatorischen Zins­satzes, um das Potential aus der Eigenkapitalverzinsung für sich voll auszuschöpfen.

 

Diese Forderung entspricht auch dem Erlass des Innenministeriums NRW vom 6.3.2009 zu Maßnahmen und Verfahren der Haushaltssicherung, der Bezug nimmt auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 GO NRW. Hiernach gilt für die Finanzmittelbeschaffung der Gemeinde ein grundsätzliches, hierar­chisches Prinzip:

 

Die Gemeinde hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel vorrangig aus speziellen Entgelten (einschließlich Gebühren) für die von ihr erbrachten Leistungen zu be­schaffen. Nur wenn diese Finanzmittel nicht ausreichen, sollen die Aufgaben aus Steuermitteln finanziert werden. Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Somit steht die Aufnahme von Krediten in der Rangfolge der Beschaffung von Finanzmitteln an letzter Stelle. Für die Finanzmittelbe­schaffung gilt somit: Entgelte vor Steuern vor Schulden.

 

In der Berechnung des Gesamtgebührenbedarfs verbleiben nicht gedeckte Kosten in Höhe von 10.453.000 € (2011: 9.988.500 €), die über Gebühren zu finanzieren sind. Hiervon entfallen 6.605.900 € (2011: 6.405.880 €) auf den Bereich der Schmutzwasserbeseitigung und 3.847.100 € (2011: 3.582.620 €) auf den Bereich der Niederschlagsabwasserbeseitigung. Die zu Grunde gelegten Maßstabseinheiten für Schmutzwasser wurden von 2.225.000 cbm in 2011 auf 2.250.000 cbm in 2012 erhöht, weil sich anhand des Jahresergebnisses in 2010 gezeigt hat, dass die Wasserverbräuche aufgrund der demographischen Entwicklung und dem sparsameren Umgang mit Frischwasser auch zukünftig weiter rückläufig sind, jedoch nicht so stark wie für 2010 und 2011 bisher angenommen. Bei den Maßstabseinheiten für das Niederschlagsabwas­ser wird in 2012 mit einer Erhöhung von 3.060.000 qm in 2011 auf 3.100.000 qm gerechnet.

 

Insgesamt erhöht sich ab 01.01.2012 die Gebühr für Schmutzwasser um 6 Cent/cbm auf 2,94 €/cbm (2010/2011: 2,88 €/cbm) und für Niederschlagsabwasser um 7 Cent/qm auf 1,24 €/qm (2011: 1,17 €/qm).

 

Bei einem Musterhaushalt mit 4 Personen, der im Jahr insgesamt 160 cbm Schmutzwasser ab­leitet und für eine bebaute und befestigte Fläche in der Größe von 140 qm veranlagt wird, erhö­hen sich die Kosten für die Abwasserbeseitigung um 19,40 €/Jahr.

 

Die Grundbesitzabgaben für einen 4 Personenhaushalt werden in 2012 insgesamt nur moderat um 2,63 % steigen (insgesamt von 1.230,84 €/Jahr auf 1.263,24 €/Jahr), da bei den restlichen Gebühren mit Ausnahme der Straßenreinigung die Gebühr gesenkt oder konstant gehalten wer­den kann.

 

Herr Mösgen wies abschließend darauf hin, dass mit der Erhöhung des kalkulatorischen Zinses und der geplanten Gewinnabführungen die Stadt in ihrer Zielsetzung effektiv unterstützt würde,

-          bis 2022 wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen

-          ohne gleichzeitig gravierende Kürzungen im sozialen Bereich wie etwa den Schulen vorzu­nehmen und

-          ein intelligentes, ausbalanciertes Kreditmanagement einzurichten.

Ausschüttungen würden ausschließlich aus handelsrechtlichen Gewinnen, die im Eigenbetrieb als Gewinnvortrag verblieben seien, vorgenommen. Die jährlichen Erträge aus der Auflösung der Sonderposten für Zuschüsse würden zudem jeweils vollständig in die Allgemeine Rücklage eingestellt und so die Eigenkapitalbasis verbessern.

 

Herr Hasler bemerkte in seiner Stellungnahme für die CDU-Fraktion, dass die Abwassergebüh­ren mehr als 50 % der Grundbesitzabgaben darstellen und es für den Gebührenzahler eher wünschenswert gewesen wäre, einen Teil der handelsrechtliche Gewinne zurück zu erhalten. Erfreulich sei aber, dass die Kostenblöcke der Lippeverbandsumlage und der Abwasserabgabe stabil gehalten werden konnten. Er fragte nach, inwieweit die Eigentümer, die für das Fremd­wasser aus dem Pumpwerk Massen verantwortlich seien, nunmehr bei der Lippeverbandsum­lage mit veranlagt würden. Als weniger erfreulich bewertete Herr Hasler die Erhöhung des kal­kulatorischen Zinssatzes, da dieser wesentlich dazu beitrage, die Gebühren zu erhöhen, aber auch den wesentlichen Gewinnanteil im handelsrechtlichen Erfolgsplan ausmache. Die Einstel­lung der Überdeckung in Höhe von 189.000 € und die Anstrengung des Eigenbetriebes, sons­tige Kosten einzusparen, um die Gebührenzahler möglichst zu entlasten, bewertete er sehr po­sitiv. Er fragte nach, inwieweit die SWAP-Geschäfte den Haushalt des Eigenbetriebes belasten und ob Anlieger bei der Vielzahl der geplanten Maßnahmen, die teilweise auch mit der Notwen­digkeit der Durchführung der gesetzlich vorgegebenen Dichtheitsprüfung privater Hausan­schlüsse verbunden seien, frühzeitig informiert würden. Insgesamt bewertete er die Gebühren­anhebung als unerfreulich, aber auch unumgänglich und sagte daher für seine Fraktion zu, den vorgelegten Beschlüssen zuzustimmen.

 

Herr Mösgen bestätigte, dass die Gebührenerhöhung unerfreulich sei, aber die gesetzlichen Vorgaben zum Handeln zwingen. Hierbei sei der Eigenbetrieb aber weiterhin bestrebt, die Be­lastungen nicht mehr als notwendig anzuheben. Zur Lippeverbandsumlage erklärte er, dass das Verfahren und die Rechtsposition weiterhin offengehalten werde. Bezug nehmend auf die Frage nach den SWAP-Geschäften teilte der Betriebsleiter mit, dass er hierzu in der nächsten Haupt­ausschusssitzung am 30.11.11 ausführlicher referieren werde.

 

Herr Jungmann erklärte zu der Frage von Herrn Hasler bezüglich der frühzeitigen Information der Bürger zur notwendigen Dichtheitsprüfung, dass seitens der Stadtentwässerung Kamen die betroffenen Anlieger bei Baumaßnahmen rechtzeitig angeschrieben würden und im Vorfeld der Maßnahmen ausreichende, aufklärende Beratungs- und Abstimmungsgespräche erfolgten.

 

Herr Hasler wies darauf hin, dass für die Durchführung der vorgeschriebenen Dichtheitsprüfun­gen die Fristen nur bis längstens 2023 verlängert werden, wenn jeweils flächendeckend Bezirke gebildet werden, die entsprechend zeitlich gestaffelt vom Eigenbetrieb zu sanieren seien. Der Bürger müsse informiert werden, bevor ein Kanal liege, um evtl. kostengünstiger notwendige Sanierungen durchführen oder Anschlüsse einrichten zu können.

 

Der technische Leiter Herr Jungmann erläuterte zunächst die Gesetzeslage zu den Dichtheits­prüfungen. Der Gesetzgeber habe 2015 als letzte Frist zur Durchführung der Dichtheitsprüfung festgelegt. Da dies nach den bisherigen Praxiserfahrungen nicht vollständig zu leisten sei, wurde die Frist bis höchstens 2023 verlängert, jedoch nur unter der Auflage einer schrittweisen Vorge­hensweise. Die erste Möglichkeit, die Frist zu verlängern bestehe darin, die Stadt bereichsweise einzuteilen, die zweite Möglichkeit biete die straßenweise Aufteilung. Die Frist 2015 gelte jedoch nach wie vor. In die Entwässerungssatzung der Stadt sei deshalb aufgenommen worden, dass bei jeder Neubaumaßnahme, Planung und / oder Sanierung die Bürger auch gleichzeitig ihre Dichtheitsprüfungen vorzunehmen haben. Deshalb würden bei entsprechenden Maßnahmen im Vorfeld rechtzeitig umfangreiche Informationsveranstaltungen durchgeführt und auch ständige weitere Beratung angeboten. Nach seinen bisherigen Erfahrungen seien die Bürger nach recht­zeitiger, ausreichender Information, Aufklärung und Beratung auch bereit, die notwendigen Schritte zur Durchführung der Dichtheitsprüfung abzuarbeiten.

 

Frau Hartig erklärte, dass auch die SPD-Fraktion die Gebührenerhöhung als unerfreulich an­sehe, jedoch auch keine andere Alternative sähe. Darum würde auch die SPD-Fraktion der Verwaltungsvorlage zustimmen.

 

Herr Hasler bat um Sachstandsbericht zu der immer noch nicht besetzten N.N.-Stelle im Stel­lenplan.

 

Der Betriebsleiter Herr Mösgen berichtete, dass bereits ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren stattgefunden habe, jedoch auf Grund des derzeitigen Ingenieurmangels und der eher unattrak­tiven ausgeschriebenen Besoldung keiner der Bewerber die Stelle habe antreten wollen. Es sei geplant, ein weiteres Ausschreibungsverfahren mit einem höheren Besoldungsangebot durch­zuführen, da die bisherige Einstufung nicht zielführend gewesen sei.

 

Der Personalratsvorsitzende Herr Fleißig bestätigte die Aussage von Herrn Mösgen und be­tonte, dass weiterhin hohes Interesse an einer zeitnahen Besetzung der Stelle bestehe. Zur Zeit würden seitens des Personalrates auch die beiden weiteren Ingenieurstellen im Eigenbetrieb neu bewertet, um eine evtl. höhere Dotierung zu erreichen. In diesem Rahmen solle auch die weiterhin unbesetzte Stelle neu bewertet werden.