Frau Kumbier berichtete, dass die Mutter-Kind-Gruppe Bodelschwingh-Haus eine Einrichtung für junge Mütter sei, die die Pflege und Betreuung ihres Kindes ohne Unterstützung nicht leisten können. Das Haus biete Platz für sechs Mütter und ihre Kinder. Als Ansprechpartnerinnen ste­hen 8 ausgebildete Erzieherinnen, Kin­derpflegerinnen, Kinderkrankenschwestern und Diplom-Pädagoginnen zur Verfü­gung. Im Regelfall lege das Jugendamt den Frauen nahe, in die Ein­richtung zu gehen. Gelegentlich kommen junge Mütter, die ungewollt schwanger seien und nicht mehr weiter wüssten, von sich aus in die Gruppe oder aber Eltern, die mit der Situation überfor­dert seien, wenden sich an das Jugendamt. Um in der Gruppe aufgenommen werden zu kön­nen, müsse bei den jungen Frauen allerdings ein Mindestmaß an Freiwilligkeit „mit dem Kind leben zu wollen“ vorhanden sein. Für viele der Mütter biete die Einrichtung einen sicheren Le­bensraum und eine gewaltfreie Zone. Gewalttätige Väter haben Kontakte ausschließlich außerhalb des Hauses. Die Mütter leben im Durchschnitt 9 bis 18 Monate in ihrem Haus. Das Alter liege zwischen 16 und 33 Jahren, wobei die Jüngste 14 Jahre alt gewesen sei.

Als Besonderheit für ihr Haus gab Frau Kumbier an, dass oftmals Mütter, deren Kinder zu früh geboren wurden und die einen hohen medizinischen Aufwand er­fordern, bei ihnen untergebracht seien.

 

Frau Blecher und Frau Bollmann verlassen um 18.30 die Sitzung.

 

Frau Kumbier berichtete weiter, dass die sehr jungen Frauen die Einrichtung als ihr Zuhause erleben und selber noch viel Betreuung und persönliche Zuwendung brauchen. Besonders wichtig sei, dass die Frauen feste Regeln und einen struktu­rierten Tagesablauf erleben. Dazu gehöre insbesondere die Teilnahme an den gemeinsamen Mahlzeiten. Sich an vorgegebene Strukturen zu halten, falle den meisten Frauen sehr schwer. Für das Sicherheits- und Zusam­mengehörigkeits­gefühl der Kinder sei diese Maßnahme aber unverzichtbar. Es werde sehr darauf geachtet, dass der Tag gemeinsam verbracht werde. Ein weiterer wichtiger As­pekt sei die Gesundheitsfürsorge für die Kinder wie Impfungen und therapeuti­sche Behandlungen. Es falle auf, dass die jungen Frauen selber vernachlässigt seien und z. B. zu Zahnarztbesuchen angehalten werden müssen.

Ein großes Augenmerk richte ihre Einrichtung auch auf den Erhalt des sozialen Umfeldes, ins­besondere die Kontakte zu den Eltern und den Freunden, damit bei Verlassen der Einrichtung andere Beziehungen vorhanden seien. In der Einrich­tung lernen die jungen Frauen den Haus­halt selbstständig zu regeln und das Kind zu versorgen. Bei einer positiven Prognose haben die Frauen die Möglichkeit eine eigene Wohnung zu beziehen und Nachsorge seitens der Einrich­tung zu erfah­ren. Frau Kumbier gab an, dass es mehr günstige Verläufe seitens der Frauen gebe als Abbrüche. Ungünstige Verläufe seien eher bei den sehr jungen Frauen festzustellen, die oft das Gefühl haben, der Situation mit Kind nicht gewachsen zu sein oder ihre Rolle als Mutter nicht annehmen können. In dem Fall werde das Kind in eine Pflegefamilie gegeben und die Frau müsse ausziehen. Es komme auch vor, dass die Einrichtung bzw. das Jugendamt fest­stelle, dass die Mutter nicht geeignet sei ausreichend für ihr Kind zu sorgen. Hier werden früh­zeitig Ge­spräche geführt, um der Frau noch eine weitere Chance einzuräumen. In diesen selte­nen Fällen bleiben die Mütter länger in der Einrichtung als vorgesehen.

 

Frau Mann erkundigte sich, wie das Thema Erwerbstätigkeit in die Lebenspla­nung eingebun­den werde.

 

Frau Kumbier gab an, dass die Frauen oftmals noch schulpflichtig seien. Hier werde intensiv darauf hingewirkt, dass entweder an der regulären Schule oder an einer anderen Schule der Abschluss nachgeholt werde. Die Frauen zu einer Er­werbstätigkeit zu motivieren sei eher schwierig, da der Aufenthalt nicht langfristig sei und die aktuelle Situation mit der Versorgung des Kindes im Mittelpunkt stehe. Die Bedeutung der eigenen Existenzsicherung werde ihrerseits immer wieder betont und auch entsprechend unterstützt, werde aber von vielen nicht gewollt. Hinzu komme, dass die meisten Frauen eine andere Familientradition im Hinblick auf Erwerbs­tätigkeit kennen gelernt haben, an der sie sich orientieren.