Herr Völkel referierte anhand einer der Niederschrift in Kopie beigefügten Powerpointpräsenta­tion.

 

Einleitend erläuterte er, dass die Behindertenrechtskonvention nach Ansicht vieler Akteure einen neuen Rechtsrahmen für die Behindertenpolitik in Deutschland wie auch weltweit darstellt und somit in ihrer Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

 

Bei der Betrachtung der Entstehungsgeschichte der Behindertenrechtskonvention wäre zu­nächst auf einen Bericht des UN-Sonderberichterstatters Despouys zu verweisen, der eine Viel­zahl von Menschen­rechtsverletzungen aufgeführt hatte.

Die hierauf durch die Vereinten Nationen verabschiedeten Rahmenbestimmungen hatten jedoch lediglich empfehlenden Charakter.

Im Rahmen eines durch die damalige Menschenrechtskommissarin und frühere irische Staats­präsidentin Mary Robinson verfassten Berichtes wurde die Verabschiedung einer Behinderten­rechtskonvention empfohlen.

Nachdem auf Initiative von Mexiko durch die UN der sogenannte Ad Hoc Ausschuss eingesetzt wurde und der anfänglich lediglich vorliegende Prüfauftrag im weiteren Verlauf in einen konkre­ten Auftrag für Verhandlungen abgewandelt wurde, erfolgte die Erarbeitung eines Entwurftextes.

Hierbei wurde neben der Beteiligung von Regierungsstellen auch ausdrücklich die Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen seitens der Vereinten Nationen gewünscht. In Deutschland war dieses beispielsweise der Deutsche Behindertenrat.

Nach Erarbeitung und Annahme eines Entwurftextes am 13.12.2006 erfolgte die Verabschie­dung im Rahmen einer UN-Generalversammlung. Nachdem Deutschland die Konvention am 30.03.2007 unterzeichnet hatte, trat diese nach Verabschiedung durch Bundestag und Bundes­rat am 26.03.2009 in Kraft.

 

Herr Völkel verdeutlichte anhand einer Übersicht von Staaten, die die Unterzeichnung und Rati­fikation relativ schnell durchgeführt haben, dass viele Staaten aus dem Bereich der Entwick­lungsländer und der Schwellenstaaten zu den ersten Unterzeichnern gehörten.

 

Nachdem er das Ziel der Konvention dargelegt hatte, erläuterte er schlagwortartig die Kern­punkte der Konvention. Ins­besondere der Begriff der Inklusion, welcher sich vom Begriff der Integration im einem wesent­lich weiter gefassten Verständnis des Zusammenlebens zwischen behinderten und nichtbehin­derten Menschen unterscheidet, beherrscht zunehmend die Debatte über die Konvention.

 

Bei der Entwicklung der Behindertenpolitik in Deutschland ist zunächst darauf zu verweisen, dass durch die Verbände schon Ende der 70er-Jahre sehr nachhaltig ein Wandel gefordert wurde. Herr Völkel erinnerte in diesem Zusammenhang an die damals sehr aktiven „Krüppel­gruppen“, welche schon durch ihre provokante Selbstbezeichnung gegen Behindertenfeindlich­keit angin­gen. Als wichtigste Veränderung im Rechtswesen ist die Ergänzung in Artikel 3 des Grundge­setzes zu nennen, wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Im Rahmen der nachfolgenden Gesetze wurden Bereiche der finanziellen Leistungen, der Barrie­refreiheit wie auch des Diskriminierungsschutzes geregelt.

 

Herr Völkel stellte dar, dass eine de­taillierte inhaltliche Darstellung der Behindertenrechtskon­vention aufgrund ihres Umfanges nicht möglich sei und somit nur Teilaspekte angesprochen werden könnten.

 

Nachdem einzelne Perso­nengruppen (Frauen und Kinder) angesprochen wurden, erläuterte Herr Völkel einzelne Artikel zu den Fragen des gleichberechtigten Zugangs zur physischen Welt, zur Justiz sowie Fragen der Mobilität. Hierbei wurden auch jeweils Umsetzungsbeispiele aufge­zeigt, welche bereits in früheren Zeiten in Deutschland verwirklicht wurden.

 

Hiernach wandte sich Herr Völkel zu Artikel 24 und 25 der Behindertenrechtskonvention und äußert die Ansicht, dass diese Regelungen die größten Auswirkungen auf den inländischen Be­reich haben werden. Nach Artikel 24 soll grund­sätzlich kein Ausschluss behinderter Kinder vom allgemeinen Bildungssystem erfolgen. Die Vertragsstaaten sollen hierfür angemessene Vorkeh­rungen schaffen und eine notwendige Un­terstützung gewährleisten. Hierzu zählt auch die not­wendige Qualifizierung von Lehrkräften.

 

Herr Völkel schilderte, dass auf der Grundlage dieses Artikels bereits Klagen von Eltern auf das Recht der Beschulung ihres Kindes in einer allgemeinen Schule vor den Gerichten geführt wur­den. Hierbei sei jedoch durch die Gerichte entschieden worden, dass sich aus der Behinderten­rechtskonvention keine unmittelbaren Rechtsansprüche ableiten lassen würden; vielmehr han­delt es sich um programmatische Aufträge, welche durch die Vertragsstaaten umzusetzen seien.

 

Trotzdem seien zur Zeit in einigen Bundesländern, so auch in Nordrhein-Westfalen, parlamenta­rische Initiativen zu verzeichnen, die sich mit der Inklusion im schulischen Bereich auseinander­setzten und eine verstärkte Umsetzung der sich aus der Behindertenrechtskonvention ergeben­den Punkte forderten.

 

Für den Bereich des Arbeitslebens bekräftigt Artikel 27, dass behinderte Menschen ein Recht auf Teilhabe am Arbeitsprozess haben und somit die Bestreitung ihres Le­bensunterhalts durch eigene Arbeit erreichen können. Hierunter ist vornehmlich die Einbindung in einen offenen, inte­grativen und zugänglichen Arbeitsmarkt zu verstehen. Herr Völkel erinnerte in diesem Zusam­menhang, dass permanent im innerstaatlichen Bereich Programme durchge­führt werden, die behinderten Menschen eine Einbindung im ersten Arbeitsmarkt ermöglichen sollen und verwies beispielhaft auf die letzte Sitzung des Behindertenbeirates, in der durch Herrn Maschke von der Arbeitsagentur Hamm das Instrument der „Unterstützten Beschäftigung“ vorgestellt wurde.

 

Anschließend wurde durch Herrn Völkel erläutert, durch welche Maßnahmen die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention nachgehalten werden.

 

Innerhalb der Vertrags­staaten wurde zunächst eine innerstaatliche Anlaufstelle eingerichtet. Hauptaufgabe dieser Stelle ist es, die Politik zu beraten, Forschung zu betreiben oder die Öf­fentlichkeit zu informie­ren. Zu den Aufgaben der innerstaatlichen Anlaufstelle gehört nicht, Be­schwerden entgegenzu­nehmen oder in Rechtsfragen zu beraten. Die Anlaufstelle verfügt über ein jährliches Budget in Höhe von 430.000,00 €, welches aus Bundesmitteln finanziert wird. Weiterhin wurde ein Aus­schuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Genf einge­richtet, der über 18 Mit­glieder verfügt. Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, regelmäßig diesem Ausschuss über die Umsetzung der Konvention zu berichten und diese Berichte im Heimatland zu veröffentlichen. Diese Berichtspflicht erfolgt erstmalig zwei Jahre nach Ratifikation der Kon­vention; hiernach alle vier Jahre. Die seitens der Vertragsstaaten eingereichten Berichte werden durch den Ausschuss geprüft und es erfolgt gegenüber der Generalversammlung und dem Wirt­schafts- und Sozialrat ein Bericht.

 

Abschließend erläutert Herr Völkel noch kurz die Verabschiedung des Fakultativpro­gramms und beschrieb die wesentlichen Inhalte. Hierbei teilte er mit, dass dieses u.a. auch von Deutschland mittlerweile ratifiziert wurde und würdigt nochmals die Bedeutung der Konvention im Hinblick auf die Verbriefung von universellen Rechten im Bereich der Entwicklungsländer.

 

Frau Jung bedankte sich für die Ausführungen und bat darum, dass die Anschrift des Aus­schusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in die Niederschrift aufgenommen wird.

 

Der Ausschuss ist dem Hohen Kommissar für Menschenrechte in seiner Funktion als Vorsteher der OHCHR angegliedert. Die Adresse lautet: Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (OHCHR),Palais des Nations,CH-1211 Genf 10