Frau Grothaus berichtete über ihre Teilnahme an der 20. Bundeskonferenz der kommunalen Frauenbüros und Gleichstellungsstellen Anfang Mai in Wuppertal. Die Konferenz stand unter dem Motto „Geschlechterkultur im Wandel – Rosarot für Männer, Himmelblau für Frauen?“ Am Ende der Konferenz wurden Forderungen verabschiedet, die an die zuständigen Gremien in der Politik weitergeleitet werden, u.a. nach

 

-          einer Senkung der Haftpflichtprämien für freiberuflich tätige Hebammen,

-          einem Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft,

-          einem gesetzlichen Mindestlohn für alle Branchen,

-          mind. 40% Frauen in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen.

 

Frau Grothaus berichtete weiter, dass sie an zwei Workshops teilgenommen habe, zu den Themen „Geschlechterstereotypen im Bildungssystem“ und „Frauen in Führungspositionen“.

 

Die Referentin des ersten Workshops, Dr. Claudia Wallner, empfahl einen detaillierteren Blick auf die Argumente in der Geschlechterdiskussion „Schlaue Mädchen – Dumme Jungen“ zu werfen. Dazu präsentierte sie u.a. folgende Zahlen:

 

-          9% der Jungen und 5% der Mädchen verlassen die Hauptschule ohne Abschluss, aber

-          mit 22 Jahren haben nur noch 3% der Männer und 2% der Frauen keinen Schulabschluss mehr

-          Jungen werden häufiger als Mädchen als hochbegabt diagnostiziert

-          Jungen absolvieren häufiger duale Ausbildungsgänge

-          Jungen mit Hauptschulabschluss haben bessere Chancen auf eine Berufsausbildung als Mädchen mit Realschulabschluss

-          41 % der Mädchen und 34 % der Jungen machen Abitur, aber beide Geschlechter beginnen zu 31 % ein Studium. Frauen entscheiden sich zumeist für typische Frauenfächer.

 

Die Referentin habe festgestellt, dass die guten schulischen Leistungen, den Frauen beim Übergang in den Beruf und beim weiteren beruflichen Fortkommen nur wenig helfen.

 

Sie habe darauf hingewiesen, dass die Unterschiede innerhalb der Gruppe der „Jungen“ und der Gruppe der „Mädchen“ größer seien als die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und das Fazit gezogen dass die einfache Gegenüberstellung „Schlaue Mädchen – Dumme Jungs“ wegführe von den eigentlichen Problemen im Bildungssystem. Vielmehr als die Geschlechtszugehörigkeit würden andere Faktoren Kinder und Jugendliche aus schulischen Bildungserfolgen ausgrenzen. Armut oder Bildungsferne der Eltern und Migrationsvorgeschichte seien hier die wesentlichen Faktoren. Sie sah deshalb die Gefahr, dass die Fokussierung der Wissenschaft und der Medien auf das Geschlecht diese bedeutsameren Faktoren in den Hintergrund drängen.

 

Frau Hartig schlug vor, dieses Thema in einer der nächsten Sitzungen ausführlicher zu behandeln.

 

Frau Grothaus berichtete weiter über den Workshop „Frauen in Führungspositionen“, der von Ramona Pisal, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Brandenburg und Vizepräsidentin des Deutschen Juristinnenbundes (djb), geleitet wurde. Als Mitglied des „djb“ habe Frau Pisal die Aktion „Hauptversammlungen – Aktionärinnen fordern ein!“ vorgestellt. Aktionärinnen des Juristinnenbundes verlangen auf den Hauptversammlungen von Vorständen und Aufsichtsräten Auskunft, warum „trotz bestehender Vorgaben der Frauenanteil bei den Aufsichtsratsmandaten der Anteilseigner sich immer noch nicht wesentlich erhöht“ habe. Die Frauen fragen in diesem Jahr auf über 70 Hauptversammlungen der größten deutschen Unternehmen nach, „welche Bemühungen das Unternehmen unternommen hat und unternehmen wird, um Vorstand, Aufsichtsrat und andere Führungspositionen mit Frauen zu besetzen“. Ein Grund für diese Aktion sei u.a., dass Deutschland im internationalen Vergleich inzwischen sogar zu den Schlusslichtern gehöre. Hierzu wurden folgende Zahlen präsentiert:

 

-          Während in Norwegen der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten bei 42% liegt, sind es in Deutschland gerade mal 13%. Deutschland liegt damit noch hinter Litauen und Bulgarien mit 15% und 17%.

-          In mehr als einem Viertel aller deutschen Unternehmen gibt es keine Frau im Aufsichtsrat und

-          nur 2,5 % aller Vorstandsmitglieder in den 200 größten Unternehmen sind Frauen, d.h. nur 21 von 833 Vorstandsposten werden von Frauen besetzt. (DIW-Studie 01/2010)

-          Bei den TOP 50 Unternehmen gibt es nur eine einzige Frau als Vorstandsmitglied.

 

Frau Grothaus ergänzte, dass diesbezüglich ein Umdenken festzustellen sei und  sich mittlerweile die Stimmen aus Politik und Wirtschaft mehren, dass „die Zeit reif ist, durch eine gesetzliche Regelung mehr Frauen den Weg in die Aufsichtsräte deutscher Unternehmen zu ebnen“.(Berliner Senator für Wirtschaft Technologie Harald Wolf). Als Beispiel nannte sie die „Telekom“, die als erstes deutsches Unternehmen die Einführung einer Frauenquote von 30 % für Führungspositionen bis Ende 2015 verkündet habe.

 

Herr Karnas gab an, für die FDP diesen Trend nach gesetzlichen Regelungen nicht festzustellen. Er sei außerdem der Ansicht, dass bei der Besetzung von Führungsstellen das Geschlecht keine Rolle spiele sondern ausschließlich nach Qualifikation entschieden werde.

 

Herr Karnas erfuhr großen Widerspruch der anderen Mitglieder des Beirates.

 

Frau Grothaus ergänzte, dass Besetzungen auch von Führungspositionen grundsätzlich nach Qualifikation entschieden werden. Ihr sei bekannt, dass die Justizministerinnen und –minister der Länder die Einführung einer gesetzlichen Frauenquote prüfen lassen. Auch die Bundesfrauenministerin und die Bundesjustizministerin denken laut Pressemitteilung darüber nach.