Herr Jungmann, technischer Leiter der Stadtentwässerung Kamen (SEK), zeigte zunächst an­hand eines Planes (siehe Anlage 1 zur Niederschrift) den Verlauf des Abwassers aus dem Pumpwerk, dass auf Unnaer Gebiet steht und Abwasser durch das Abwassernetz der Stadtent­wässerung Kamen zur Kläranlage „Kamen Körne“ ableitet, auf. Der Bau des Pumpwerkes war er­forderlich geworden nachdem sich durch bergbauliche Einwirkungen ein Poldergebiet gebildet hatte und das anfallende Oberflächen- und das häus­liche Abwasser nur mit Hilfe eines Pump­werkes abgeleitet werden konnte. Nach den Kenntnissen von Herrn Jungmann leitet das Pump­werk heute neben Oberflächenwasser zum größten Teil das Drainagewasser bzw. Grundwasser aus dem umliegenden Bergsenkungsgebiet in Unna in das Kamener Kanalnetz. Das durch Drainagen dem Pumpwerk zugeführte Grundwasser enthält hohe kokereispezifische Verunreini­gungen. Eine wasserrechtliche Genehmigung der zuständigen Wasserbehörden zur Ein­leitung dieses Abwassers in das Kanalsystem der Stadt Kamen liegt nicht vor. Durch ein Abschlags­bauwerk auf Kamener Gebiet gelangt bei Groß­regenereignissen teilweise das kontaminierte Abwasser in den offenen Wasserlauf „Südbach“ in Wasserkurl und von hier aus in die renatu­rierte Körne. Zudem wird aufgrund der nicht eingeplanten und nicht genehmigten zugeleiteten Wassermenge ein im Rahmen der Körne-Renaturierung ge­bautes Regenrückhaltesystem des Lippeverbandes auf Kamener Gebiet in seiner Funktion stark beeinträchtigt bzw. überlastet.

 

Herr Werner, Sachgebietsleiter der Unteren Wasserbehörde des Kreises Unna, berichtete, dass den zuständigen Behörden und Gremien das Pumpwerk seit ca. 2001 bekannt ist. Im Zusam­menhang mit dem Plange­nehmigungsverfahren der Stadt Kamen zur Hinterlandentwässerung der Körne bekamen die Träger öffentlicher Belange Kenntnis von der Existenz des von der Firma Heinrich Industrie AG betriebenen Pumpwerks. Damals wies der Lippeverband durch sein Labor auf Belastungen des geförderten Drainagewassers hin und empfahl, von einer Einleitung in ein ökologisches Fließgewässer abzusehen.

 

Um die Situation genauer zu analysieren , stellte der Vertreter der Unteren Wasserbehörde zu­nächst die ihm bekannte Historie des Pumpwerkes und der umliegenden Fläche vor: Im Umfeld des Pumpwerkes Wasserkurler Straße wurden bis 1925 die drei Förderstandorte Massen I und II in Dortmund und Massen III/IV in Unna betrieben. Aufgrund der eingetretenen Bergsenkungen und der damit verbundenen Vorflutstörungen wurde mut­maßlich im Jahr 1936 das Pumpwerk von der damaligen Harpener Bergbau AG errichtet und betrieben. Für den Bau und den Betrieb des Pumpwerks hat es nach den heute zur Verfügung stehenden Unterlagen keine behörd­liche Zulassung in Form eines bergrechtlichen Betriebsplanes, einer was­serrechtlichen Erlaubnis noch eine Baugenehmigung gegeben. 1952 ver­kaufte die Harpener Bergbau AG das Gelände an die Heinrich Bergbau AG, die hiermit die Lasten und Pflichten zum Betrieb des Pumpwerkes über­nahmen. In der Folgezeit wurde das Unternehmen umfirmiert in Heinrich Industrie AG. 2004 wurde die Heinrich Industrie AG von der amerikanische Firma „Littlefuse“ übernommen und be­zeichnet sich seitdem als Unterneh­men der Littlefuse Gruppe. Zur Zeit überprüft die Untere Wasserbehörde, ob der ehemalige Eigentümer Heinrich Bergbau AG eventuell weiterhin für das Pumpwerk und die Entwässerung verantwortlich gemacht werden kann.

 

Technisch ist das Pumpwerk mit 2 Pumpen ausgestattet, die eine Leistung von ca. 18 cbm Wasser/Std. aufweisen. Abgeleitet werden Drainage- und Niederschlagswasser. Bis 2005 wur­den auch Haushaltsabwässer abgelei­tet, die nach dem Neubau eines entsprechenden Schmutzwasserkanals heute über Unnaer Gebiet abfließen.

 

An das Pumpwerk sind 2.750 qm befestigte Fläche von der Wasserkurler Straße und zwei Drainageleitungen angeschlossen. In den Jahren 2005 bis 2007 wurden durch das Pumpwerk ca. 350.000 – 370.000 cbm Wasser jährlich über das Kanalnetz der Stadtentwässerung Kamen der Kläranlage des Lippeverbandes „Kamen Körne“ zugeführt oder über ein Regenüberlauf­becken in die Körne abgeschlagen.

 

Da das Pumpwerk auf Grund seiner Nutzungsdauer als dringend sanie­rungsbedürftig eingestuft wird, haben Vertreter des Betreibers den Lippe­verband gebeten, das Pumpwerk dauerhaft zu übernehmen. Der Lippever­band ist nach Aussage von Herrn Werner dazu grundsätzlich bereit. Zunächst muss aber geklärt werden, wohin das Wasser zukünftig abgeleitet werden kann, in­wieweit eine Aufbereitung des Wassers erforderlich ist und welche Kosten als Ablösesumme für die dauerhafte Übernahme des von Grund auf sanierten Pumpwerkes als an­gemessen zu ver­treten ist.

 

Nach Aussage von Herrn Werner weist das geförderte Abwasser schwan­kende Belastungen auf, sollte aber nach Möglichkeit nicht in ein ökologisch verbessertes Fließgewässer wie der Körne eingeleitet werden. Als Hauptur­sache für die starken kokereispezifischen Belastungen des Abwassers konnte ein mit Teerölen gefüllter Klärteich auf dem ehemaligen Gelände der Zeche und Kokerei Massen III/IV identifiziert werden. Die kokereispezi­fischen Schadstoffe ge­langen durch Diffusion mit dem normalerweise un­belasteten Grund- und Drainagewasser in das Pumpwerk. Die Untere Was­serbehörde prüft, mit welchen Maßnahmen der Zustrom belasteten Grund­wassers zum Pumpwerk verhindert werden kann.

 

Herr Werner bewertete den derzeitige Zustand als inakzeptabel. Als erster notwendiger Hand­lungsschritt ist seines Erachtens der Betrieb des Pump­werkes zu legalisieren und die marode Bausubstanz zu erneuern. Die Ab­leitung des geförderten Abwassers über die Kamener Kanali­sation zur Kläranlage sollte aufgegeben werden, da zum einen diese Wassermengen bei der Auslegung der Kläranlage und des Kanalnetzes nicht berücksichtigt wurden, zum anderen eine Verbandskläranlage für überwiegend kommu­nale Abwässer grundsätzlich nicht geeignet ist, kokereispezifische Schad­stoffe aus dem Abwasser zu eliminieren.

 

Nach Aussage des Leiters der Unteren Wasserbehörde ist geplant, in Ab­stimmung mit der Be­zirksregierung Arnsberg und dem Lippeverband noch in diesem Jahr zu entscheiden, inwieweit eine Direktableitung des geför­derten Abwassers in die Körne aus wasserrechtlicher Sicht ver­tretbar ist oder nicht. Der Neubau und die Schaffung einer direkten Verbindung zur Körne könn­ten kurzfristig der Heinrich Industrie AG auferlegt werden. Die Vertreter der Heinrich Industrie AG haben aber schon vor längerer Zeit ge­äußert, dass sie es ablehnen,eine möglicherweise notwendig werdende Vorbehandlung des Abwassers einzurichten oder durchzuführen und hier­für sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen wollen.

 

Um eine Lösung der aufgezeichneten Probleme auch vor dem Hintergrund der unklaren Ver­antwortlichkeiten zu finden hat die Untere Wasserbehörde bereits Kontakt mit dem derzeitigen Eigentümer, der Heinrich Industrie AG, und dem Lippeverband aufgenommen, um darauf hin­zuwirken, dass das Unternehmen das Pumpwerk zumindest baulich in Stand setzt und an den Lippeverband überträgt, der das Pumpwerk als verlässlicher Partner über­nimmt und sachge­recht saniert. Offen bleibt hierbei, ob das Abwasser vorgereinigt werden muss und wer dies fi­nanziert. Rein rechtlich könnten auch durch eine Verdünnung mit weiteren Wassermengen wie z. Bsp. aus der Körne die Belastungswerte für das Pumpwerksabwasser in einen tole­rablen Be­reich gebracht werden.

 

Zusammenfassend ist nach Aussage des Leiters der Unteren Wasserbe­hörde neben der Klä­rung der Zuständigkeiten, der dringenden Sanierung des Pumpwerkes einschließlich der not­wendigen Maßnahmen zur Vermei­dung bzw. Verminderung der kokereispezifischen Belastun­gen und deren Finanzierung zunächst die Legalisierung der Einleitung herzustellen. Hierzu wird der Kreis Unna im 1. Quartal 2010 den Pumpwerksbetreiber Heinrich Industrie AG auffordern, einen Antrag zu stellen, wohin das Abwasser ab­geleitet werden soll.

 

Herr Baudrexl bezeichnete die zeitliche Perspektive als erfreulich, wies aber darauf hin, dass die Stadt Kamen seit Jahren mit stark kontaminierten Abwassermengen belastet wird, für die sie nicht zuständig ist und für die die finanziellen Lasten im Rahmen der Lippeverbandsumlage und Ab­wasser­abgabe daher auch anders zu verteilen sind.

 

Herr Mork bat um weitere Erläuterung zur künftigen Behandlung des mit kokereispezifischen Schadstoffen belasteten Pumpwerkwassers und einer evtl. direkten Einleitung in die Körne.

 

Herr Werner erklärte, dass die allgemeinen Anforderungen an die Qualität von Fließgewässern auch für die Körne gelten. Diese Güteanforderungen könnten aber auch immer noch erfüllt wer­den, wenn eine entsprechende Verdünnung des kontaminierten Pumpwerkwassers mit aus­reichenden unbelasteten Wassermengen erfolgt. Die ca. 350.000 cbm Wasser/Jahr des Pump­werkes würden in der Körne in einem Verhältnis von etwa 5 zu 1.000 weiter verdünnt. Die Un­tere Wasserbehörde beabsichtigt daher, die Ge­wässerqualität der Körne bei Mittelwasser ent­sprechend zu untersuchen. Bei einem vertretbaren Ergebnis könnte evtl. sogar auf eine Vorbe­handlung des kontaminierten Wassers im Pumpwerk verzichtet werden.

 

Auf Nachfrage von Herrn Hasler bestätigte Herr Werner, dass es sich aus­schließlich um Ober­flächenwasser und um über Drainagen zugeführtes Grundwasser handelt, dass dann in die Ka­nalisation der Stadt Kamen eingeleitet wird. In diesem Zusammenhang wies Herr Jungmann darauf hin, dass die Stadtentwässerung Kamen plant, das anfallende häusliche Ab­wasser auf Kamener Stadtgebiet zukünftig über eine Druckrohrleitung abzuleiten.

 

Herr Hasler fragte nach, warum bei der Kontamination des Abwassers nur die Auswirkungen unterbunden werden sollen, nicht aber die Beseitigung der Ursache, das Teerölbecken, in Be­tracht gezogen wird.

 

Herr Werner erklärte, dass Versuche der Unteren Wasserbehörde den so­genannten Handlungs­störer in Regress zu nehmen, gescheitert sind, weil die wasserrechtlichen Vorgaben früher an­ders waren. Die Fläche auf der sich das alte Teerölbecken, aus dem Schadstoffe ins Grund­wasser diffundieren, befindet, wurde zwischen­zeitlich auch von der Bundeswehr genutzt. Falls der Weiterverkauf des Geländes von der Bun­deswehr an den heutigen Besitzer nach 1999 erfolgte, wird die Untere Wasserbehörde ver­suchen, die Bundeswehr als Sanierer in Regress zu nehmen. Wenn dies nicht gelingt, ist die öffentliche Hand gefordert. Gutachter wurden bereits beauftragt, bis zum März 2010 Sanie­rungsvorschläge für das ehemalige Zechengelände vorzu­legen und Maßnahmen aufzuzeigen, wie der Zustrom belasteten Grundwassers zum Pumpwerk verhindert werden kann.

 

Frau Hartig fragte nach, welche Schadstoffe sich auf dem Gelände befin­den und ob auch die Bundeswehr für weitere Schadstoffimmissionen ver­antwortlich ist. Herr Werner antwortete, dass die Bundeswehr nachweislich keine weiteren Immissionen auf dem Gelände hinterlassen hat. Bei den kokereispezifischen Schadstoffen handelt es sich um Phenole, BTEX (Ben­zol, Tuluol, Ethylbenzol, Xylol) und sogenannte PAK (polycyklische aroma­tische Kohlenwasserstoffe) u. a. Naphthalin und Benz(a)pyren.

 

Herr Jungmann wies auch darauf hin, dass aufgrund der Überlastung der Rückhalte-Bauwerke des Lippeverbandes bereits vor vier Jahren eine Fläche von ca. 35.000 qm vom Kamener Ka­nalnetz abgekoppelt wurde.

 

Auf Nachfrage von Herrn Eckardt, welchen Anteil der Zufluss von 350.000 – 370.000 cbm an der gesamten Wassermenge, die dem Klärwerk „Kamen Körne“ zugeführt wird, ausmacht, ant­wor­tete Herr Baudrexl, dass der Kläranlage jährlich ca. 13 Millionen cbm Abwasser zufließen.

 

Die Vorsitzende, Frau Dyduch, dankte für den informativen Bericht und verabschiedete den Re­ferenten Herrn Werner.

 

(Herr Werner verließ die Sitzung.)

 

 

 

Auf Anregung der Vorsitzenden Frau Dyduch wurden die beiden nächsten Tagesord­nungs­punkte zusammen behandelt und nach gemeinsamer Diskussion einzeln abgestimmt.