Sitzung: 26.11.2009 Betriebsausschuss
Vorlage: 134/2009
Beschlussempfehlung:
Der Rat beschließt den vorgelegten Entwurf des Wirtschaftsplanes des Eigenbetriebes Stadtentwässerung Kamen für das Wirtschaftsjahr 2010 und den Entwurf des Finanzplanes für die Wirtschaftsjahre 2009 – 2013.
Abstimmungsergebnis: bei einer Gegenstimme mehrheitlich angenommen
Der Betriebsleiter, Herr Baudrexl, erinnerte zunächst daran, dass in der Novembersitzung des Betriebsausschusses in 2008 im Rahmen der Prognose zur Gebührenentwicklung bis 2013 bereits darauf hingewiesen wurde, dass aufgrund der demographischen Entwicklung und des sparsameren Verbraucherverhaltens die Maßstabseinheiten beim Frischwasserverbrauch zurückgehen. Nach den bisherigen Veranlagungen in 2009 hat sich herauskristallisiert, dass die der langfristigen Prognose zugrunde gelegten Reduzierungen der Abwassermengen nicht ausreichen, sondern sich der Rückgang der Frischwasserverbräuche noch schneller vollzieht.
Herr Kansteiner stellte den Wirtschaftsplan und die Kalkulation 2010 anhand der Folien, die in der Anlage 2 dem Protokoll beigefügt sind, vor. Gemäß seinen Ausführungen geht der Erfolgsplan von Erträgen in Höhe von 12.534.400 € aus, von denen die Gebührenerträge mit 10.180.000 € den größten Anteil stellen. Bei den Aufwendungen in Gesamthöhe von 10.934.400 € bildet die größte Position die Lippeverbandsumlage mit 5.100.000 €. Insgesamt soll ein handelsrechtlicher Jahresüberschuss von 1.600.000 € erwirtschaftet werden. Herr Kansteiner zeigte anhand eines Diagramms die vier wichtigsten Aufwandspositionen, von denen die Lippeverbandsumlage die größte Position darstellt. Von allen Aufwendungen entfällt ca. die Hälfte (rd. 5,4 Mio. €) auf die Abgaben an den Lippeverband, weitere rd. 2,1 Mio. € entfallen auf Abschreibungen, rd. 1,6 Mio. € auf Zinszahlungen und nur rd. 1,9 Mio. € oder 17 % auf sonstige Aufwendungen, die vom Eigenbetrieb direkt beeinflusst werden können. Die Steigerung der Lippeverbandsumlage von 5.010 T€ auf 5.100 T€ fällt moderat aus, die Abwasserabgabe reduziert sich geringfügig von 354 T€ in 2009 auf 322 T€ in 2010.
Die Aufwendungen des Erfolgsplanes 2010 haben sich im Vergleich zu 2009 nur geringfügig verändert. Der Ansatz für die sonstigen Aufwendungen wurde um 28.000 € gekürzt, die Lippeverbandsumlage und die Abwasserabgabe steigen um 58.000 €, die handelsrechtlichen Abschreibungen sinken um 43.000 € und für Fremdkapitalzinsen wird mit Mehraufwendungen von 74.000 € gerechnet, weil für die Durchführung aller geplanten Investitionen entsprechende Neukreditaufnahmen notwendig werden.
Herr Kansteiner führte weiter aus, dass in dem ausgeglichenen Vermögensplan Einnahmen in Höhe von 15.864.000 € veranschlagt werden, von denen 2.052.000 € aus Abschreibungen und 11.942.000 € aus Neukreditaufnahmen resultieren. Auf die Gesamtausgaben in Höhe von 15.864.000 € entfallen rd. 9,1 Mio. € auf den Kanalbau, rd. 978 T€ auf Tilgungen und 4.700 T€ auf die geplante Eigenkapitalminderung.
Der Jahresvergleich des Vermögensplanes von 2001 bis 2010 und der Plan, in den nächsten 5 Jahren jährlich durchschnittlich rd. 8,4 Mio. € in das Kanalnetz zu investieren, belegen, dass der Eigenbetrieb auch in der Zukunft weiterhin ehrgeizige Ziele zum Ausbau des Kanalnetzes anstrebt.
Für das Wirtschaftsjahr 2008 war bereits eine Eigenkapitalminderung in Höhe von 1,65 Mio. € eingeplant, die jedoch durch Ratsbeschluss zurückgestellt wurde. Der Gewinnvortrag und der Jahresüberschuss der Bilanz des Eigenbetriebes Stadtentwässerung weisen zum 31.12.2008 bereits einen Betrag in Höhe von rd. 4,6 Mio. € aus, von denen in 2010 zunächst ein Betrag in Höhe von 3,7 Mio. € und eine weitere Million € aus den handelsrechtlichen Gewinnen aus 2009 an den städtischen Haushalt abgeführt werden sollen. Auch nach dieser Auszahlung stellt sich das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital für den Eigenbetrieb weiterhin sehr günstig dar. Herr Kansteiner wies darauf hin, dass sich die Gewinnsituation und die Ausweisung in der Bilanz um weitere ca. 3,4 Mio. € erhöht hätte, wenn der Eigenbetrieb seit Gründung nicht auf Gewinne verzichtet hätte, um jeweils die Gebühren zu stabilisieren und die Gebührenentwicklung zu verstetigen.
In der Kalkulation stellt sich die Kostenverteilung ähnlich dar wie die Aufwandsverteilung in der Erfolgsrechnung. Auch in der Kalkulation umfasst die Lippeverbandsumlage zusammen mit der Abwasserabgabe rd. 50 % der Gesamtkosten. Aber auch die sogenannten kalkulatorischen Kosten (Zinsen und Abschreibungen nach dem Kommunalabgabengesetz KAG) beeinflussen erheblich die Kostenstruktur. Aufgrund des derzeitigen sehr niedrigen Zinsniveaus und um eine sprunghafte Gebührensteigerung zu vermeiden wurde der Zinssatz für die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen um 1 Prozentpunkt von 6,75 % in 2009 auf 5,75 % in 2010 gesenkt. In die Gebührenkalkulation fließen neben den Kosten des Lippeverbandes in Höhe von 5.422 T€ kalkulatorische Zinsen von 2.332 T€, kalkulatorische Abschreibungen in Höhe von 2.299 T€ und sonstige Kosten von 2.074 T€ ein.
Im Vergleich zur Kalkulation 2009 sind in der Kalkulation 2010 Mehrbeastungen entstanden durch:
- Steigerung der Lippeverbandsumlage und der Abwasserabgabe um 247.000 €,
- die Nichtanrechnung eines Gewinnes in Höhe der Anrechnung in 2009 (630.000 €),
- eine um 114.000 € höhere Unterdeckung aus 2007 im Verhältnis zur Unterdeckung aus 2006, die in die Gebührenkalkulationen 2010 einzustellen ist, und
- Steigerung der sonstigen Kosten um rd. 101.000 €
Aufgrund der Senkung des kalkulatorischen Zinssatzes auf 5,75 % reduzieren sich die kalkulatorischen Zinsen um 451.000 € und entlasten hierdurch nachhaltig den Gesamtgebührenbedarf, der im Vergleich zu 2009 insgesamt um rd. 600.000 € steigt.
Herr Baudrexl schränkte ein, das die Senkung des kalkulatorischen Zinssatzes nicht auf Dauer geplant ist, sondern nur als temporäre Maßnahme eingesetzt wird, um einen massiven Gebührensprung zu vermeiden. Die bisher eingestellten Gewinne zur Senkung des Gebührenbedarfes zeigen nach seiner Ansicht nur einen einmaligen Entlastungseffekt. Wichtiger ist es, hohe Unterdeckungen zu vermeiden. Aufgrund der angespannten städtischen Haushaltslage wird die Stadt als Eigentümerin in Zukunft voraussichtlich nicht mehr auf eine angemessene Verzinsung ihres eingesetzten Eigenkapitals verzichten können. Der Betriebsleiter wies abschließend darauf hin, dass, da das zugrundeliegende betriebsbedingte Kapital des Eigenbetriebes sehr langfristig angelegt ist und sich die vergleichbare angemessene Verzinsung nach langfristigen Finanzanlagen ausrichtet, deren durchschnittlicher Verzinsungssatz derzeit bei rd. 7 % liegt. Die Verwaltungsgerichte NRW akzeptieren deshalb für die Gebührenkalkulationen im Abwasserbereich für 2010 einen Zinssatz von bis zu 7 % für die kalkulatorischen Kosten in Höhe ohne weitere Prüfung.
Herr Kansteiner berichtete in seinem Vortrag weiter, dass die Gesamtkosten der Kalkulation 11.683.400 € betragen. Zu diesen Kosten ist eine verbleibende Unterdeckung aus 2007 in Höhe von 444.000 € hinzuzurechnen. Nach Abzug von Nebenerlösen in Höhe von 1.947.400 € verbleiben nicht gedeckte Kosten von 10.180.000 €, die über Gebühren zu finanzieren sind. Hiervon entfallen 6.519.820 € auf den Bereich der Schmutzwasserbeseitigung und 3.660.180 € auf den Bereich Niederschlagsabwasserbeseitigung. Die zu Grunde gelegten Maßstabseinheiten für Schmutzwasser wurden von 2.360.000 cbm in 2009 auf 2.260.000 cbm in 2010 gesenkt, weil sich anhand des Veranlagungsergebnisses in 2009 gezeigt hat, dass die Frischwasserverbräuche auch weiterhin stark rückläufig sind. Bei den Maßstabseinheiten für das Niederschlagsabwasser wird in 2010 mit einer Erhöhung von 2.982.000 qm (in 2009) auf 3.020.000 qm gerechnet.
Insgesamt ergeben sich ab 1.1.2010 für Schmutzwasser eine Gebühr von 2,88 €/cbm (2009: 2,71 €/cbm) und für Niederschlagsabwasser eine Gebühr von 1,21 €/qm (2009: 1,14 €/qm).
Bei einem Musterhaushalt mit 3 Personen, der im Jahr insgesamt 120 cbm Schmutzwasser ableitet und für eine bebaute und befestigte Fläche in der Größe von 140 qm veranlagt wird, erhöhen sich die Kosten für die Abwasserbeseitigung um 30,20 €/Jahr; bei einem 4 - Personenhaushalt beträgt die gesamte Erhöhung pro Jahr 37,00 €.
Herr Baudrexl merkte an, dass bei dem Gebührensatz jeder Haushalt auch weiterhin die Möglichkeit hat, durch noch sparsameren Frischwasserverbrauch, seine jährliche Abwassergebühren zu senken.
Herr Eckardt bezeichnete es als erfreulich, dass der städtische Eigenbetrieb weiterhin „schwarze Zahlen“ schreibt. Er attestierte eine sehr gute Betriebsführung, obwohl der Eigenbetrieb nur ca. 17 % seiner Kosten direkt beeinflussen kann. Die jährliche Gebührenerhöhung für einen 3-Personenhaushalt von rd. 30 €/Jahr oder durchschnittlich 2 €/Monat bewertete er als erträglich. Vor dem Hintergrund, dass eine bewusste Unterdeckung in der Kalkulation im Rahmen von Haushaltssicherungskonzepten von den Aufsichtsgremien nicht mehr genehmigt wird, sah er in der Senkung des kalkulatorischen Zinses eine zulässige Reaktion.
Herr Hasler merkte an, dass er sich bei dem besonderen Thema eher Gebührensenkungen als -erhöhungen gewünscht hätte. Er kündigte an, dass die CDU-Fraktion dem Vorschlag dennoch zustimmen wird weil:
- die Fixkosten die wesentlichen Kostenfaktoren darstellen und nur unwesentlich beeinflussbar sind,
- der Betrieb sehr gute Arbeit geleistet hat,
- die Aufrechnung von handelsrechtlichen Gewinnen und Gebühren schwierig ist,
- es legitim ist, wenn sich städtische Gelder (Eigenkapital) verzinsen,
- mit dem Gewinn weniger Zinsen zu zahlen sind und
- die weiteren Gewinne in den städtischen Haushalt fließen, wobei die Gewinnverwendung auf freiwilliger Basis erfolgt.
Er bezeichnete die Senkung der kalkulatorischen Zinsen um 451 T€ als einen sauberen Weg, der die gleiche Wirkung erzielt wie ein Gewinnverzicht bzw. eine gewollte Unterdeckung in der Kalkulation. Da gewollte Unterdeckungen in der Gebührenkalkulation bei Haushaltssicherung nicht mehr zulässig sind, kann der Gebührenzahler auch nur über die Senkung der kalkulatorischen Zinsen entlastet werden.
Herr Hasler fasste als Ergebnis nochmals zusammen, dass der Eigenbetrieb insgesamt sehr gut gewirtschaftet hat und daher die CDU-Fraktion den Beschlüssen zum Wirtschaftsplan und zur Kalkulation 2010 zustimmen wird.
Herr Mork bat um Erläuterung des Zusammenhanges zwischen rückläufigen kalkulatorischen Zinsen und höherer (handelsrechtlicher) Zinsbelastung.
Herr Baudrexl erklärte, dass handelsrechtliche Gewinne, die zum größten Teil aufgrund der Differenz zwischen den kalkulatorischen Zinsen und den tatsächlich aufzubringenden Fremdkapitalzinsen entstehen, auch für Sondertilgungen genutzt werden könnten und so die Zinsbelastung senken. Eigenkapitalverzinsung / Gewinn kann aber auch im Eigenbetrieb gelassen werden.
Der Personalratsvorsitzende, Herr Fleißig, erklärte, dass der Personalrat in seiner nach dem Landespersonalvertretungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (LPVG NRW) notwendigen Stellungnahme zum Stellenplan die zusätzliche Stelle grundsätzlich positiv zur Kenntnis genommen hat. Jedoch signalisiert für den Arbeitnehmervertreter die relative Konstanz der Personalkosten, dass die notwendige zeitnahe Besetzung der zusätzlichen Technikerstelle erneut nicht vorgesehen ist.
Herr Baudrexl erklärte, dass die Bedarfssituation anerkannt wird, jedoch zu berücksichtigen ist, dass die Besetzung der Stelle nicht zu Gebührenerhöhungen führen sollte. Der Betriebsleiter erinnerte daran, dass in den letzten zwei Jahren die Finanzsituation mit rd. 6 % Gebührenanstieg nicht sehr günstig war und daher die Besetzung der Stelle nicht initiiert wurde. Er betonte, dass weiterhin die Chance und der Wille besteht, die Stelle in den nächsten Jahren zu besetzen wenn weniger finanzielle Altlasten vorliegen.