Beschlussempfehlung:

 

Der Rat beschließt den vorgelegten Entwurf des Wirtschaftsplanes des Eigenbetriebes Stadtentwässerung Kamen für das Wirtschaftsjahr 2010 und den Entwurf des Finanzplanes für die Wirtschaftsjahre 2009 – 2013.


Abstimmungsergebnis: bei einer Gegenstimme mehrheitlich angenommen


Der Betriebsleiter, Herr Baudrexl, erinnerte zunächst daran, dass in der Novembersitzung des Betriebsausschusses in 2008 im Rahmen der Prog­nose zur Gebührenentwicklung bis 2013 be­reits darauf hingewiesen wurde, dass aufgrund der demographischen Entwicklung und des sparsameren Verbraucherverhaltens die Maßstabseinheiten beim Frischwasserverbrauch zu­rückgehen. Nach den bisherigen Veranlagungen in 2009 hat sich heraus­kristallisiert, dass die der langfristigen Prognose zugrunde gelegten Redu­zierungen der Abwassermengen nicht aus­reichen, sondern sich der Rück­gang der Frischwasserverbräuche noch schneller vollzieht.

 

Herr Kansteiner stellte den Wirtschaftsplan und die Kalkulation 2010 an­hand der Folien, die in der Anlage 2 dem Protokoll beigefügt sind, vor. Ge­mäß seinen Ausführungen geht der Erfolgs­plan von Erträgen in Höhe von 12.534.400 € aus, von denen die Gebührenerträge mit 10.180.000 € den größten Anteil stellen. Bei den Aufwendungen in Gesamthöhe von 10.934.400 € bildet die größte Position die Lippeverbandsumlage mit 5.100.000 €. Insgesamt soll ein han­delsrechtlicher Jahresüberschuss von 1.600.000 € erwirtschaftet werden. Herr Kansteiner zeigte anhand eines Diagramms die vier wichtigsten Aufwandspositionen, von denen die Lippe­ver­bandsumlage die größte Position darstellt. Von allen Aufwendungen entfällt ca. die Hälfte (rd. 5,4 Mio. €) auf die Abgaben an den Lippeverband, weitere rd. 2,1 Mio. € entfallen auf Abschrei­bungen, rd. 1,6 Mio. € auf Zins­zahlungen und nur rd. 1,9 Mio. € oder 17 % auf sonstige Aufwen­dungen, die vom Eigenbetrieb direkt beeinflusst werden können. Die Steigerung der Lip­pever­bands­umlage von 5.010 T€ auf 5.100 T€ fällt moderat aus, die Ab­wasserabgabe reduziert sich ge­ringfügig von 354 T€ in 2009 auf 322 T€ in 2010.

 

Die Aufwendungen des Erfolgsplanes 2010 haben sich im Vergleich zu 2009 nur geringfügig verändert. Der Ansatz für die sonstigen Aufwendun­gen wurde um 28.000 € gekürzt, die Lippe­verbandsumlage und die Abwas­serabgabe steigen um 58.000 €, die handelsrechtlichen Ab­schreibungen sinken um 43.000 € und für Fremdkapitalzinsen wird mit Mehraufwendun­gen von 74.000 € gerechnet, weil für die Durchführung aller geplanten In­vestitionen entsprechende Neu­kreditaufnahmen notwendig werden.

 

Herr Kansteiner führte weiter aus, dass in dem ausgeglichenen Vermö­gensplan Einnahmen in Höhe von 15.864.000 € veranschlagt werden, von denen 2.052.000 € aus Abschreibungen und 11.942.000 € aus Neukredit­aufnahmen resultieren. Auf die Gesamtausgaben in Höhe von 15.864.000 € entfallen rd. 9,1 Mio. € auf den Kanalbau, rd. 978 T€ auf Tilgungen und 4.700 T€ auf die geplante Eigenkapitalminderung.

 

Der Jahresvergleich des Vermögensplanes von 2001 bis 2010 und der Plan, in den nächsten 5 Jahren jährlich durchschnittlich rd. 8,4 Mio. € in das Kanalnetz zu investieren, belegen, dass der Eigenbetrieb auch in der Zu­kunft weiterhin ehrgeizige Ziele zum Ausbau des Kanalnetzes an­strebt.

 

Für das Wirtschaftsjahr 2008 war bereits eine Eigenkapitalminderung in Höhe von 1,65 Mio. € eingeplant, die jedoch durch Ratsbeschluss zurück­gestellt wurde. Der Gewinnvortrag und der Jahresüberschuss der Bilanz des Eigenbetriebes Stadtentwässerung weisen zum 31.12.2008 bereits einen Betrag in Höhe von rd. 4,6 Mio.  € aus, von denen in 2010 zunächst ein Betrag in Höhe von 3,7 Mio. € und eine weitere Million € aus den han­delsrechtlichen Gewinnen aus 2009 an den städtischen Haushalt abgeführt werden sollen. Auch nach dieser Auszahlung stellt sich das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital für den Eigenbetrieb weiterhin sehr günstig dar. Herr Kansteiner wies darauf hin, dass sich die Gewinnsituation und die Ausweisung in der Bilanz um weitere ca. 3,4 Mio. € erhöht hätte, wenn der Eigenbetrieb seit Gründung nicht auf Gewinne verzichtet hätte, um jeweils die Gebühren zu stabilisieren und die Gebührenentwicklung zu ver­stetigen.

 

In der Kalkulation stellt sich die Kostenverteilung ähnlich dar wie die Auf­wandsverteilung in der Erfolgsrechnung. Auch in der Kalkulation umfasst die Lippeverbandsumlage zusammen mit der Abwasserabgabe rd. 50 % der Gesamtkosten. Aber auch die sogenannten kalkulatorischen Kosten (Zinsen und Abschreibungen nach dem Kommunalabgabengesetz KAG) beeinflussen erheblich die Kostenstruktur. Aufgrund des derzeitigen sehr niedrigen Zinsniveaus und um eine sprunghafte Gebührensteigerung zu vermeiden wurde der Zinssatz für die Berechnung der kal­kulatorischen Zinsen um 1 Prozentpunkt von 6,75 % in 2009 auf 5,75 % in 2010 gesenkt. In die Gebührenkalkulation fließen neben den Kosten des Lippeverbandes in Höhe von 5.422 T€ kal­kulatorische Zinsen von 2.332 T€, kalkulatorische Abschreibungen in Höhe von 2.299 T€ und sonstige Kosten von 2.074 T€ ein.

 

Im Vergleich zur Kalkulation 2009 sind in der Kalkulation 2010 Mehrbe­astungen entstanden durch:

-          Steigerung der Lippeverbandsumlage und der Abwasserabgabe um 247.000 €,

-          die Nichtanrechnung eines Gewinnes in Höhe der Anrechnung in 2009 (630.000 €),

-          eine um 114.000 € höhere Unterdeckung aus 2007 im Verhältnis zur Unterdeckung aus 2006, die in die Gebührenkalkulationen 2010 ein­zustellen ist, und

-          Steigerung der sonstigen Kosten um rd. 101.000 €

 

Aufgrund der Senkung des kalkulatorischen Zinssatzes auf 5,75 % reduzie­ren sich die kalkulato­rischen Zinsen um 451.000 € und entlasten hierdurch nachhaltig den Gesamtgebührenbedarf, der im Vergleich zu 2009 insge­samt um rd. 600.000 € steigt.

 

Herr Baudrexl schränkte ein, das die Senkung des kalkulatorischen Zins­satzes nicht auf Dauer geplant ist, sondern nur als temporäre Maßnahme eingesetzt wird, um einen massiven Ge­büh­rensprung zu vermeiden. Die bisher eingestellten Gewinne zur Senkung des Gebührenbe­darfes zeigen nach seiner Ansicht nur einen einmaligen Entlastungseffekt. Wichtiger ist es, hohe Un­terdeckungen zu vermeiden. Aufgrund der angespannten städtischen Haushaltslage wird die Stadt als Eigentümerin in Zukunft voraus­sichtlich nicht mehr auf eine an­gemessene Verzinsung ihres eingesetzten Eigenkapitals ver­zichten kön­nen. Der Betriebsleiter wies abschließend darauf hin, dass, da das zugrun­deliegende betriebsbedingte Kapital des Eigenbetriebes sehr langfristig angelegt ist und sich die vergleichbare angemessene Verzinsung nach langfris­tigen Finanzanla­gen ausrichtet, deren durchschnittlicher Verzinsungssatz derzeit bei rd. 7 % liegt. Die Verwal­tungsgerichte NRW akzeptieren deshalb für die Gebühren­kalkulationen im Abwasserbereich für 2010 einen Zinssatz von bis zu 7 % für die kalkulatorischen Kosten in Höhe ohne weitere Prü­fung.

 

Herr Kansteiner berichtete in seinem Vortrag weiter, dass die Gesamtkos­ten der Kalkulation 11.683.400 € betragen. Zu diesen Kosten ist eine verbleibende Unterdeckung aus 2007 in Höhe von 444.000 € hinzuzurech­nen. Nach Abzug von Nebenerlösen in Höhe von 1.947.400 € verbleiben nicht gedeckte Kosten von 10.180.000 €, die über Gebühren zu finanzieren sind. Hiervon entfallen 6.519.820 € auf den Bereich der Schmutzwasserbe­seitigung und 3.660.180 € auf den Bereich Niederschlagsabwasserbeseiti­gung. Die zu Grunde gelegten Maßstabseinhei­ten für Schmutzwasser wurden von 2.360.000 cbm in 2009 auf 2.260.000 cbm in 2010 gesenkt, weil sich anhand des Veranlagungsergebnisses in 2009 gezeigt hat, dass die Frischwasser­verbräuche auch weiterhin stark rückläufig sind. Bei den Maßstabseinheiten für das Nieder­schlagsabwasser wird in 2010 mit einer Erhöhung von 2.982.000 qm (in 2009) auf 3.020.000 qm gerechnet.

 

Insgesamt ergeben sich ab 1.1.2010 für Schmutzwasser eine Gebühr von 2,88 €/cbm (2009: 2,71 €/cbm) und für Niederschlagsabwasser eine Ge­bühr von 1,21 €/qm (2009: 1,14 €/qm).

 

Bei einem Musterhaushalt mit 3 Personen, der im Jahr insgesamt 120 cbm Schmutzwasser ab­leitet und für eine bebaute und befestigte Fläche in der Größe von 140 qm veranlagt wird, er­höhen sich die Kosten für die Abwas­serbeseitigung um 30,20 €/Jahr; bei einem 4 - Personen­haushalt beträgt die gesamte Erhöhung pro Jahr 37,00 €.

 

Herr Baudrexl merkte an, dass bei dem Gebührensatz jeder Haushalt auch weiterhin die Mög­lichkeit hat, durch noch sparsameren Frischwasser­verbrauch, seine jährliche Abwasserge­bühren zu senken.

 

Herr Eckardt bezeichnete es als erfreulich, dass der städtische Eigenbe­trieb weiterhin „schwarze Zahlen“ schreibt. Er attestierte eine sehr gute Be­triebsführung, obwohl der Eigenbe­trieb nur ca. 17 % seiner Kosten direkt beeinflussen kann. Die jährliche Gebührenerhöhung für einen 3-Per­sonen­haushalt von rd. 30 €/Jahr oder durchschnittlich 2 €/Monat bewertete er als erträglich. Vor dem Hintergrund, dass eine bewusste Unterdeckung in der Kalkulation im Rah­men von Haus­haltssicherungskonzepten von den Auf­sichtsgremien nicht mehr genehmigt wird, sah er in der Senkung des kal­kulatorischen Zinses eine zulässige Reaktion.

 

Herr Hasler merkte an, dass er sich bei dem besonderen Thema eher Ge­bührensenkungen als -erhöhungen gewünscht hätte. Er kündigte an, dass die CDU-Fraktion dem Vorschlag dennoch zustimmen wird weil:

-          die Fixkosten die wesentlichen Kostenfaktoren darstellen und nur un­wesentlich beeinfluss­bar sind,

-          der Betrieb sehr gute Arbeit geleistet hat,

-          die Aufrechnung von handelsrechtlichen Gewinnen und Gebühren schwierig ist,

-          es legitim ist, wenn sich städtische Gelder (Eigenkapital) verzinsen,

-          mit dem Gewinn weniger Zinsen zu zahlen sind und

-          die weiteren Gewinne in den städtischen Haushalt fließen, wobei die Gewinnverwendung auf freiwilliger Basis erfolgt.

 

Er bezeichnete die Senkung der kalkulatorischen Zinsen um 451 T€ als einen sauberen Weg, der die gleiche Wirkung erzielt wie ein Gewinnver­zicht bzw. eine gewollte Unterdeckung in der Kalkulation. Da gewollte Un­terdeckungen in der Gebührenkalkulation bei Haushaltssicherung nicht mehr zulässig sind, kann der Gebührenzahler auch nur über die Senkung der kalkulatori­schen Zinsen entlastet werden.

 

Herr Hasler fasste als Ergebnis nochmals zusammen, dass der Eigenbe­trieb insgesamt sehr gut gewirtschaftet hat und daher die CDU-Fraktion den Beschlüssen zum Wirtschaftsplan und zur Kalkulation 2010 zustimmen wird.

 

Herr Mork bat um Erläuterung des Zusammenhanges zwischen rückläufi­gen kalkulatorischen Zinsen und höherer (handelsrechtlicher) Zinsbelas­tung.

 

Herr Baudrexl erklärte, dass handelsrechtliche Gewinne, die zum größten Teil aufgrund der Differenz zwischen den kalkulatorischen Zinsen und den tatsächlich aufzubringenden Fremdka­pitalzinsen entstehen, auch für Son­dertilgungen genutzt werden könnten und so die Zinsbe­lastung senken.  Eigenkapitalverzinsung / Gewinn kann aber auch im Eigenbetrieb gelassen werden.

 

Der Personalratsvorsitzende, Herr Fleißig, erklärte, dass der Personalrat in seiner nach dem Landespersonalvertretungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (LPVG NRW) notwendigen Stellungnahme zum Stellenplan die zusätzliche Stelle grundsätzlich positiv zur Kenntnis ge­nommen hat. Jedoch signalisiert für den Arbeitnehmervertreter die relative Konstanz der Perso­nalkosten, dass die notwendige  zeitnahe Besetzung der zusätzlichen Technikerstelle erneut nicht vorgesehen ist.

 

Herr Baudrexl erklärte, dass die Bedarfssituation anerkannt wird, jedoch zu berücksichtigen ist, dass die Besetzung der Stelle nicht zu Gebührenerhö­hungen führen sollte. Der Betriebsleiter erinnerte daran, dass in den letzten zwei Jahren die Finanzsituation mit rd. 6 % Gebührenan­stieg nicht sehr günstig war und daher die Besetzung der Stelle nicht initiiert wurde. Er be­tonte, dass weiterhin die Chance und der Wille besteht, die Stelle in den nächsten Jahren zu besetzen  wenn weniger finanzielle Altlasten vorliegen.