Herr Diekmännken referierte anhand einer, der Niederschrift in Kopie beigefügten, Powerpoint-Präsentation.

 

Einleitend wies Herr Diekmännken darauf hin, dass er zu einem Aufgabengebiet der Kreis­verwaltung referiere, welches in der Vergangenheit mit dem Begriff Heimpflege und Heimauf­sicht bezeichnet wurde. Die Begrifflichkeit „Heim“ gäbe es im Wohn- und Teilhabegesetz, welches am 12.11.2008 vom Landtag mit breiter Mehrheit verabschiedet wurde und am 10.12.2008 in Kraft trat, nicht mehr. Nunmehr verwende man nur noch den sperrigen Begriff Betreuungseinrichtungen.

Herr Diekmännken verwies darauf, dass bis vor 2 Jahren die Gesetzgebungskompetenz für dieses Rechtsgebiet beim Bund gelegen habe und dann auf die Länder übergegangen sei.

Beim Zustandekommen des Gesetzes hätten insbesondere die Interessenvertreter der ambu­lanten Dienste versucht, Einfluss zu nehmen.

 

Mit dem Gesetz würde ein Paradigmenwechsel manifestiert. Den Bewohnern soll ein selbstbe­stimmtes Wohnen unter der Prämisse „Leben im Heim wie daheim“ ermöglicht werden.

Aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses, in das die Bewohner einer Einrichtung sich begeben, müsse sichergestellt sein, dass sie in „gute Hände“ kämen.

  

Sachlich zuständig für die Umsetzung des Gesetzes blieben weiterhin die Kreise und kreisfreien Städte. Geändert habe sich allerdings der rechtliche Charakter der Aufgabe. Aus einer bis­heri­gen Selbstverwaltungsaufgabe sei nunmehr eine Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung geworden. Intention des Gesetzgebers sei es, hierdurch landesweit einheitliche Rechtsanwen­dung herbeizuführen.

 

Anhand einer Folie erläuterte Herr Diekmännken die in § 1 Abs. 2 WTG festgelegten Rechte der Bewohner. Nach seiner Einschätzung werde sich der normierte Schutz der Privat- und Intims­phäre in einer Erhöhung der Anzahl der Einzelzimmer niederschlagen. Das ausdrücklich aufge­führte Recht auf Religionsausübung helfe zahlreichen ausländischen Mitbürgern.

 

Mit einem weiteren Schaubild schilderte Herr Diekmännken die präziser gefassten Vorschriften zum Geltungsbereich des WTG.

Daran anschließend erläuterte er die drei Anwendungsfälle des WTG.

 

Weiterhin teilte Herr Diekmännken mit, dass die Anforderungen an das Fachpersonal auf eine breitere Basis gestellt würden. So würden nunmehr auch die in den Einrichtungen beschäftigten Hauswirtschafterinnen, die Pflegeleistungen erbringen, zum Fachpersonal gezählt. Die Mindest­fachkraftquote von 50% bleibe jedoch erhalten. Auszubildende und Praktikanten dürfen auf diese Quote nicht angerechnet werden.

 

Die Anforderungen an die Wohnqualität in den Einrichtungen wurden ebenfalls neu gefasst.

So soll in den Einrichtungen bis spätestens 2018 eine Einzelzimmerquote von 80% erreicht werden. Diese Quote erstrecke sich auch auf den Behindertenbereich.

 

Die Überprüfung der Einrichtungen im Sinne des WTG sei nunmehr verpflichtend und nicht wie bisher Soll-Aufgabe. Die Durchführung einer Prüfung beanspruche ca. 2 Wochen incl. Vorberei­tungszeit. Weiterhin müssten die Prüfungen grundsätzlich unangekündigt durchgeführt werden. Im Bedarfsfall würden derartige Prüfungen auch nachts vorgenommen. Die zu erstellenden Prüf­berichte müssten veröffentlicht werden. Die vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen ver­öffentlichten Prüfberichte seien bereits mit Schulnoten versehen. Dem Kreis Unna sei bisher noch nicht bekannt, inwieweit die eigenen Prüfberichte mit Noten zu versehen seien; das Land müsse hier noch abschließende Regelungen treffen. 

 

Weiterhin sei eingeführt worden, dass Einrichtungen Betreiberanzeigen bei der zuständigen Behörde zu erstatten haben. Hiermit verbunden sei eine erhebliche Zahl von Überprüfungs- und Genehmigungsverfahren.

 

Mittels eines weiteren Schaubildes erläuterte Herr Diekmännken das Spinnennetz der an den Prüfungen beteiligten Stellen. Aufgabe des Kreises sei hierbei die Koordinierung der Tätigkeit der beteiligten Stellen. In der Praxis stelle es sich aber als nahezu unmöglich dar, alle beteiligten Stellen zu einem Termin tätig werden zu lassen.

 

Weiterhin stellte Herr Diekmännken Zahlenmaterial über die Anzahl der im Kreisgebiet vorhan­denen Betreuungseinrichtungen sowie die vorhandenen Plätze vor. Wünschenswert sei hier eine gleichmäßigere Verteilung der vorhandenen Plätze innerhalb des Kreisgebietes.

 

Im Anschluss präsentierte Herr Diekmännken das auf die Stadt Kamen heruntergebrochene Zahlenmaterial. Er wies darauf hin, dass ab dem Jahr 2009 die Einrichtungen, in denen Tages­pflege angeboten würde, nicht mehr mitzuzählen seien. Herr Diekmännken trug vor, dass die Fachliteratur den Betrieb kleinerer Einrichtungen empfehle. Nach seiner Einschätzung würde sich das Angebot zukünftig dahingehend entwickeln. Größere Einheiten seien häufig nicht in der Lage einen ausreichenden Auslastungsgrad zu erzielen. In der Praxis reiche häufig selbst eine Auslastungsquote von 95% nicht aus.

 

Frau Jung dankte Herrn Diekmännken für seinen Vortrag und bat ihn, im Anschluss an die Wortmeldungen zu diesem Themenblock, soweit möglich, Informationen zum Stand der Dinge in Bezug auf die geplante Errichtung der Pflegestützpunkte zu geben.

 

Herr Henning fragte nach, inwieweit die Bewohner von Einrichtungen mit diesen eingegangene Verträge kündigen könnten.

 

Herr Diekmännken erwiderte, dass die Bewohner jederzeit kündigen könnten. Er merkte an, dass bei einem beabsichtigten Wechsel in eine teurere Einrichtung der Kreis Prüfungen vor­nehme.

 

Herr Brumberg ergänzte, dass beiden Seiten ein Kündigungsrecht zusteht.

 

Frau Spyra fragte nach, wieviel Personal für die Prüfung der Einrichtungen zur Verfügung stehe

 

Herr Diekmännken teilte mit, dass 3,5 Pflegefachkräfte sowie 2,5 Verwaltungsmitarbeiter Prüf­tätigkeiten wahrnehmen würden.

 

Frau Jung empfinde es als positiv, wenn die Prüfberichte zentral verwaltet würden.

 

Herr Weber erkundigte sich, ob Übersichten über zertifizierte Einrichtungen existieren würden.

 

Herr Diekmännken  erwiderte, dass die Zertifizierungen auf freiwilliger Basis durchgeführt würden und von daher dem Kreis diese Informationen nicht zwingend vorliegen.

Er werde versuchen, Informationen zu dieser Frage zu liefern

 

Protokollnotiz:

Die im Nachgang zur Sitzung erfolgten Recherchen des Herrn Diekmänken haben folgendes ergeben:

  1.  Eine Zertifizierung nach einem bestimmten Verfahren ist gesetzlich nicht geregelt. Infolgedessen haben sich in Deutschland - und zwar auf freiwilliger Basis – unter­schied­liche Zertifizierungsverfahren etabliert.
  2. Ein bekanntes Verfahren ist die ISO 9001:2000. Die Norm fordert die Festlegung von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Abläufen. Interne Audits zur Selbstbewertung sind wesentliche Elemente des Systems.
  3. Die "Heimaufsicht" hat leider keine Übersicht über die (freiwillig) zertifizierten Einrich­tungen. Angesichts der Qualitätsprüfungen des Medizinischen Dienstes der Kranken­kassen (MDK) nach "Schulnoten" und der Prüfungen der "Heimaufsicht" des Kreises (Kriterien legt das Land noch fest), die beide veröffentlicht werden, dürften derartige Zertifizierungen auch an Bedeutung verlieren.
  4. Beispielhaft sei aber die AWO benannt, die alle Seniorenzentren nach einem Tandem-Modell zertifiziert hat. Dabei wird der Nutzen nach ISO 9001:2000 mit den AWO-Quali­tätsanforderungen verknüpft.

 

Herr Brumberg erwähnte, dass die Zertifizierung ca. 25.000 € Kosten verursache.

 

Frau Borowiak  erkundigte sich, inwieweit Betreuungspersonal in Ausbildung auf die Pflege­fachkraftquote angerechnet würde.

 

Herr Diekmännken teilte mit, dass bei der Berechnung Auszubildende nicht berücksichtigt werden dürften

 

Herr Diekmännken wandte sich nun dem Thema „Pflegestützpunkte“ zu. Die zwischen den beteiligten Partnern abgeschlossene Rahmenvereinbarung zur Einrichtung von Pflegestütz­punkten in Nordrhein-Westfalen sei zum 01.05.2009 in Kraft getreten.

In den nächsten Tagen werde hierzu durch den Minister für Arbeit, Gesundheit uns Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen eine Allgemeinverfügung erlassen.

In den Pflegestützpunkten solle sowohl eine Pflege- als auch Wohnberatung vorgenommen werden. Herr Diekmännken erwähnte, dass auf Kreisebene bereits ein gutes Beratungsnetzwerk existiere. In den Stützpunkten solle eine unabhängige und wettbewerbsneutrale Beratung ange­boten werden. Herr Diekmännken wies darauf hin, dass hier für die Krankenkassen durchaus Interessenskollisionen auftreten könnten.

Federführend bei den Verhandlungen auf Kreisebene sei die Allgemeine Ortskrankenkasse.

Am 13.5.09 solle erstmalig mit den Landesverbänden der Krankenkassen verhandelt werden.

Herr Diekmännken erwartet durchaus schwierige Verhandlungen, die im November abge­schlos­sen sein müssen.

In jedem Kreis sollen 3 Stützpunkte mit jeweils 2 Stellen errichtet werden. Einer der Stützpunkte werde mit kommunalen , die beiden anderen mit krankenkassenspezifischen Strukturen errich­tet. Herr Diekmännken erklärte, dass die Kreisverwaltung den Stützpunkt in Lünen, die AOK den Stützpunkt in Unna betreiben wolle. Jeder Stützpunkt trage seine eigenen Kosten. Eine poli­tische Wertung müsse auf Kreisebene noch erfolgen.

 

Frau Müller äußerte, dass die Verbraucherberatung gut ausgebildetes Personal besitze.

Jedoch hätte dieses nicht die Qualifikation im eigentlichen Sinne. Sie fragte nach, ob auf dieses Personal zurück gegriffen würde.

 

Herr Diekmännken stellte fest, dass es kaum Personal gebe, welches die notwendigen umfang­reichen Fachkenntnisse auf unterschiedlichen Rechtsgebieten (SGB V, SGB VIII, SGB X) besitzt. Bisher habe man den Mitarbeitern in den Verbraucherzentralen vertraut; er sehe keine Veranlassung, das nicht mehr zu tun. Er könne sich nicht vorstellen, dass man in den Stütz­punkten Quereinsteiger zum Einsatz kommen lasse.