Herr Völkel referierte anhand einer der Niederschrift in Kopie beigefügten Powerpoint-Präsentation.

 

Einleitend wies Herr Völkel darauf hin, dass vorgenanntes Gesetz umgangssprachlich auch unter der Bezeichnung „Antidiskriminierungsgesetz“ bekannt sei. Dies rühre daher, dass ein früher in den Bundestag eingebrachter Gesetzesentwurf noch diese Bezeichnung für das heutige AGG vorsah.

 

Herr Völkel erläuterte kurz die Situation vor Einführung des AGG. Konkrete rechtliche Anspruchsgrundlagen seien nur vereinzelt in unterschiedlichen Gesetzen zu finden, wie z.B. der § 611 a BGB, in dem eine geschlechtsbezogene Benachteiligung von Arbeitnehmern untersagt wird, sowie der Artikel 3 Grundgesetz, in dem der Grundsatz der Gleichbehandlung normiert ist. Allerdings ist dieser Artikel, wie alle Normen des öffentlichen Rechts, im Verhältnis der Bürger untereinander nicht anwendbar.

 

Anhand einer weiteren Folie schilderte Herr Völkel einen Fall aus der Rechtsprechung, in dem sogar ein Gericht in einer Urteilsbegründung offenkundig gegen das Diskriminierungsverbot verstieß.

 

Wesentliche Grundlagen für das Gesetz stellten vier Europäische Richtlinien aus den Jahren 2000 – 2004 dar. Die Antirassismusrichtlinie sollte die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft sicherstellen. Durch die Rahmenrichtlinie Beschäftigung wurde ein allgemeiner Rahmen für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf geschaffen. Mit der Gender-Richtlinie schuf der EU-Rat einen allgemeinen Rahmen zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Arbeitsbereich. Als letzte der vier Richtlinien wurde jene zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen erlassen.

 

Anhand einer weiteren Folie stellte Herr Völkel dar, dass der erste noch zu Zeiten der rot-grünen Regierungskoalition im Jahre 2005 eingebrachte Gesetzesentwurf vom Bundesrat abgelehnt wurde. Nach den vorgezogenen Bundestagsneuwahlen einigte sich die große Koalition, das AGG verabschieden zu wollen. Die Beschlussfassung erfolgte mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen am 18.08.06.

 

Herr Völkel erläuterte daraufhin das im § 1 AGG festgelegte grundsätzliche Ziel des Gesetzes, Diskriminierungen jeder Art zu verhindern.

 

Im Anschluss schilderte Herr Völkel unterschiedliche personenbezogene Diskriminierungsmerkmale. Hier verwies er im besonderen auf die nach wie vor häufig auftretende geschlechtsbezogene Benachteiligung von Frauen. Als stark betroffen erwähnte er behinderte Frauen.

 

Mittels einer weiteren Folie verdeutlichte Herr Völkel die unterschiedlichen Formen der Benachteiligung. Unter unmittelbaren Benachteiligungen verstehe man die weniger günstige Behandlung einer Person gegenüber einer anderen in einer vergleichbaren Situation. Als mittelbare Benachteiligung betrachte man die Benachteiligung durch scheinbar neutrale Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien oder Verfahren, die sich faktisch diskriminierend auswirken.

 

Herr Völkel erwähnte weiterhin exemplarisch sachliche Anwendungsbereiche des AGG.

Auf dem Arbeitssektor gilt das Gesetz u.a. für die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen. Auch auf den allgemeinen Zivilrechtsverkehr (Begründung, Durchführung und Aufhebung von Verträgen) hat das Gesetz Auswirkungen. Im wesentlichen betroffen hiervon sind die so genannten Massengeschäfte sowie private Versicherungsverträge.

 

Detailliert stellte Herr Völkel die Auswirkungen des AGG auf das Arbeitsleben dar.

Das Gesetz bezieht sich sachlich auf die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit einschließlich der Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen. Die Ausgestaltung der Arbeitsverträge, in denen Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen verankert sind, muss gesetzeskonform sein. Zum Personenkreis, der hiervon erfasst wird, zählen alle Arbeitnehmer inclusive der Auszubildenden, aber auch Selbständige.

Umstritten ist die ausdrücklich im § 2 AGG verankerte Regelung, dass für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes gelten sollen. Nach Expertenmeinung hat man hier eine Regelung erlassen, die im Widerspruch zu EU-Recht steht.

 

Anhand einer weiteren Folie erläuterte Herr Völkel Ausnahmen vom Wirkungsbereich des AGG. Exemplarisch erwähnte er die vorzeitige Verrentung von Flugpersonal, das aufgrund der hohen Belastungen vorzeitig in den Ruhestand treten kann. Ebenso widerspricht die Frauenförderung nicht dem Wortlaut des AGG.

Weitergehende Ausnahmeregelungen gelten für den kirchlichen Sektor. So wird es z.B. keine verbotene Diskriminierung darstellen, wenn von vornherein bei der Besetzung der Leitungsfunktion eines katholischen Kindergartens muslimische Bewerber ausgeschlossen werden.

 

In Auswirkung des AGG erwüchsen den Arbeitgebern neue Pflichten. Hauptaufgabe sei es hierbei, Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben steht jedoch in starker Abhängigkeit zur Größe des Betriebes.

 

Arbeitnehmern eines Betriebes stehen in Ausfluss des AGG die in einer weiteren Folie aufgeführten neue Rechte zu. Insbesondere verwies Herr Völkel auf das Leistungsverweigerungsrecht für den Fall, dass Arbeitnehmer belästigt werden und der Arbeitgeber seiner Verpflichtung, die Belästigung zu beenden, nicht nachkommt.

Sollten Arbeitnehmer im Zuge eines Bewerberauswahlverfahrens ungerechtfertigt ungleich behandelt werden, so erwachsen ihnen Schadenersatzansprüche. Als Obergrenze gilt hier das 3fache eines Monatsgehaltes. Zur Durchsetzung seiner Ansprüche trifft den Arbeitnehmer jedoch die Beweislast.

 

Im Anschluss hieran verdeutlichte Herr Völkel den Begriff des Massengeschäftes. Exemplarisch erwähnte er hier den Erwerb eines geringwertigen Wirtschaftsgutes in einem Supermarkt.

 

Im Gegensatz zu den oben erläuterten Kaufverträgen finden Diskriminierungsverbote keine Anwendung auf die individuell geprägten Kreditverträge sowie familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse. Weiterhin ausgeschlossen aus den Schutzbestimmungen des AGG sind Mietverträge von Vermietern, die weniger als 50 Wohnungen vermieten. Diese Grenze ist ohne erkennbare objektive Tatbestände festgelegt worden. Herr Völkel führte weiterhin aus, dass es jedoch Vertragsformen gäbe, bei denen positive Diskriminierungstatbestände durchaus gewollt seien.

Hier erwähnte er exemplarisch das Frauenbaden im Hallenbad sowie die Bereitstellung von Behindertenparkplätzen.

 

Anhand einer weiteren Folie erläuterte Herr Völkel, dass beim Abschluss von privaten Versicherungsverträgen der Ausschluss von elementaren Lebensrisiken durch die Bestimmungen des AGG unterbunden werden soll. So hat es in der Vergangenheit Versicherer gegeben, die Homosexuelle von Vertragsabschlüssen generell ausschließen wollten. Als große Geschmacklosigkeit bezeichnete Herr Völkel ebenfalls die Verweigerungshaltung einzelner Versicherer gegenüber AIDS-Kranken. Derartige Wildwüchse sollen nunmehr unterbunden werden. Ungleichbehandlungen beim Abschluss von privaten Versicherungsverträgen sind jedoch möglich, wenn sie auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulationen beruhen.

 

Mittels eines weiteren Schaubildes erläuterte Herr Völkel die Ansprüche der von Diskriminierung betroffenen Personen. Gesondert erwähnte Herr Völkel, dass die durch Diskriminierung im Zuge eines Arbeitsplatzbewerberauswahlverfahrens entstandenen Ansprüche innerhalb einer Frist von 2 Monaten nach Zustellung der Ablehnung geltend gemacht werden müssen.

 

Beim Bundesministerium für Familie, Senioren und Jugend wurde die Antidiskriminierungsstelle eingerichtet. Z. Zt. wird diese Stelle von Frau Dr. Martina Köppen geleitet. In der Ausübung dieses Amtes unterliegt sie keinen Weisungen des Ministeriums.

 

Die von der Antidiskriminierungsstelle wahrzunehmenden Aufgaben erläuterte Herr Völkel

anhand zweier weiterer Folien. Der Internetauftritt der Stelle erfolgt unter folgender Adresse:

www.antidiskriminierungsstelle.de