Beschluss:

 

Der Rat beschließt die vorgelegte “erste Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Kamen” und billigt gleichzeitig die dieser Satzung zugrunde liegende Gebührenbedarfsberechnung.


Abstimmungsergebnis: einstimmig angenommen


Herr Baudrexl wies zunächst auf die Besonderheit hin, dass die Beitrags- und Gebührensatzung 2008 nicht wie üblicherweise mit Einbringung des Wirtschaftsplanes für 2008 erfolgt. Da zwischen dem Wirtschaftsplan und dem Haushaltsplan der Stadt eine enge Wechselbeziehung durch die notwendigen Abstimmungen zwischen Kanal- und Straßenbau bestehe, werde der Wirtschaftsplan 2008 der SEK auch erst mit Einbringung des Haushaltsplanes der Stadt vorgelegt. Da in Kamen jedoch antizipierte Gebühren veranlagt werden, müsse fristgerecht eine gültige Satzung mit den neuen Gebührensätzen als Grundlage für die üblicherweise im Januar 2008 zu versendenden Gebührenbescheide vorliegen.

 

Er führte aus, dass erstmalig seit Gründung der SEK der Gebührensatz stark erhöht werde. Dies sei zum einen auf eine Ausgabensteigerung in Höhe von rd. 1 Million € zurückzuführen, die sich in 4 große Blöcke aufteile und nur geringfügig beeinflussbar sei. Bei dem Block “Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie bezogene Leistungen” steige allein die Lippeverbandsumlage um 240.000 € und die betriebsbedingten Aufwendungen des Eigenbetriebes für Kanalschadenskataster (+ 100.000 €), Kanalunterhaltung (+ 80.000 €) und Kanalinspektion (+ 50.000 €) erhöhten sich insgesamt um 230.000 €. Auch die kalkulatorischen Abschreibungen würden auf Grund des insgesamt gestiegenen Anlagevermögens und der außerordentlich hohen Indexsteigerungen bei der  Berechnung der Restbuchwerte nach Wiederbeschaffungszeitwerten um 240.000 € steigen. Auf Grund der höheren Investitionen in den letzten Jahren und der damit verbundenen Zuwächse im Anlagevermögen fielen auch die kalkulatorischen Zinsen um rd. 270.000 € höher aus.

 

Der Betriebsleiter erinnerte daran, dass bereits die Betriebsabrechnung 2006 eine Unterdeckung von rd. 630.000 € ausgewiesen hat, von denen 300.000 € beabsichtigt waren. Bei der vorgelegten Kalkulation für 2008 werde man die verbleibende Unterdeckung von 330.000 € noch nicht einstellen, sondern wieder wie in den Vorjahren 300.000 € aus handelsrechtlichen Überschüssen zur Stabilisierung der Gebühren einsetzen.

 

Bei den Nebenerlösen wies Herr Baudrexl auf den gestiegenen Gemeindeanteil für Strassenentwässerung (+ 190.000 €) hin, der auf Grund des höheren Gebührensatzes, aber auch auf Grund des gestiegenen Anteils der städtischen Straßen am Gesamtanteil der befestigten Flächen (Steigerung von 32 % in 2007 auf 32,42 % in 2008) steige.

 

Der Betriebsleiter fasste im Ergebnis zusammen, dass der nicht gedeckte Aufwand 9,4 Mill. € betrage und somit von 2007 zu 2008 um rd. 10,72 % gestiegen sei. Zudem sei aber auch, wie schon aus dem Ergebnis der Betriebsabrechnung 2006 ersichtlich, der Wasserverbrauch insgesamt gesunken, so dass sich für Schmutzwasser ein Gebührensatz von 2,59 € / cbm Frischwasser/Abwasser (2007: 2,29 €/cbm) und für Niederschlagswasser ein Gebührensatz von 1,11 € /qm befestigte Fläche (2007: 0,98 €/cbm) ergebe. Dies führe bei einer Musterfamilie von 4 Personen im Einfamilienhaus mit einem durchschnittlichen Wasserverbrauch von 140 cbm/Jahr und 140 qm befestigter Fläche zu einem jährlichen Mehraufwand von rd. 60,20 €.

 

Bei diesem Gebührensatz werde die Unterdeckung aus 2006 zunächst zurückgestellt. Eventuell ergebe sich aber je nach zukünftiger Entwicklung der Lippeverbandsumlage oder anderer Aufwandspositionen ein Puffer, um die Unterdeckung zu einem späteren Zeitpunkt auszugleichen.

 

Herr Eckardt führte aus, dass, obwohl Gebührenerhöhungen immer nur sehr ungern zugestimmt werde, die SPD-Fraktion die vorgestellten Abläufe und Ergebnisse mittrage. Die Kostensteigerungen seien überwiegend fremdbestimmt und auch der Führung eines Kanalschadenskatasters werde zugestimmt. Seine Partei habe festgestellt, dass sich bei Beibehaltung der bisherigen Verbräuche die Gebühr um rd. 9 Cent weniger erhöhen würde. Somit machten sich auch die rückläufigen Verbräuche in der Gesamtsumme bemerkbar, d. h. die Nutzer müssten trotz geringerer Verbräuche mehr bezahlen.

 

Herr Kissing merkte an, dass die geforderten und geplanten, flächendeckenden Kanalinspektionen in den nächsten 2-3 Jahren eine entsprechende Datenbasis liefern könnten, um bei zukünftigen Investitionsentscheidungen evtl. unnötige Kosten zu vermeiden. Insgesamt sei eine 13 %-ige Gebührenerhöhung jedoch sehr hoch. Neben den zusätzlichen Kosten für den geplanten Sesekeumbau und den zukünftig weiter sinkenden Verbräuchen, eine Entwicklung, die durch die zu erwartende demographische Entwicklung noch verstärkt werde, müsse man sich darauf einstellen, dass zukünftig immer weniger Nutzer immer mehr Kosten übernehmen müssten. Daher sei es notwendig, mittelfristige Prognosen zur weiteren Entwicklung zu erarbeiten.

 

Herr Baudrexl führte aus, dass ein entsprechendes Szenario unter Einbeziehung der erwarteten demographischen Entwicklung, der Entwicklung der Lippeverbandsumlage und der Investitionen relativ einfach zu schätzen sei, man hieraus jedoch keine Handlungsempfehlungen ableiten könne.

 

Herr Kloß forderte, die zukünftigen Verbrauchsmengen zu überprüfen und die Bevölkerung darauf vorzubereiten, da der Trend nicht zu stoppen sei und sich die Frage der Bezahlbarkeit stelle, insbesondere bei der ständig steigenden Niederschlagsgebühr.

 

Herr Baudrexl erläuterte, dass die Aufgabe der Abwasserbeseitigung auch weiterhin zu erledigen sei und das KAG vorgebe, die Kosten an den Gebührenzahler weiterzugeben. Die Kosten entständen und könnten entweder umgelegt werden oder müssten aus Steuermitteln gezahlt werden. Bei der derzeitigen Haushaltssituation ließe sich die zweite Alternative nicht realisieren. Als weitere Parameter könnten der Verteilungsschlüssel geändert werden. Diese stellten jedoch sowohl beim Schmutzwasser wie auch beim Niederschlagswasser bereits einen gerechten Maßstab dar.

 

Herr Kansteiner ergänzte diese Ausführungen mit dem Hinweis auf die Besonderheit des Kanalvermögens, da man das vorhandene, funktionale Kanalnetz nicht einfach wie z. b. bei Gebäuden zurück nehmen bzw. zurück bauen oder veräußern kann.

 

Herr Jungmann machte auf ein weiteres sich abzeichnendes Problem aufmerksam. Nach seinen Erfahrungen würden die Gebührenzahler verstärkt versuchen, ihre Verbräuche zu reduzieren und/oder weitere Flächen zu entsiegeln. Die aus ökologischen Gründen sinnvolle Maßnahme der ortsnahen Versickerung würde jedoch bei den Gebührenerträgen dann letztendlich fehlen und die Gebühr für die verbleibenden befestigten Flächen weiter erhöhen. Zudem müsse die Infrastruktur zum Abfluss des Niederschlagswassers trotz weniger werdender Zuflüsse vorgehalten werden und die Wiederanbindung jederzeit möglich sein. Der technische Leiter des Eigenbetriebes rät den Nutzern, sich zu überlegen, ob sie sich vollständig vom Abwassernetz abbinden lassen wollen, um Niederschlagswasser vor Ort auf dem Grundstück zu versickern. Bei einer Abbindung des Regenwassers würden die Grundleitungen der Grundstücksentwässerungsanlage schneller verschmutzen und müssten dann kostenaufwendig gereinigt werden. Dies sei für den Bürger dauerhaft mit höheren Kosten verbunden.

 

Herr Kissing forderte dazu auf, die zahlenmäßige Entwicklung weiter zu beobachten. Seines Erachtens müsse die Kostenstruktur auf Grund der Topographie des Stadtgebietes vergleichsweise eher günstiger ausfallen. Mit dem zu erwartenden Bevölkerungsrückgang sei auch eine zunehmende Verschlechterung der Situation verbunden.

 

Herr Baudrexl wies darauf hin, dass die negativen Auswirkungen der intensiven und langjährigen, früheren Bergbauaktivitäten auf Kamener Stadtgebiet und die Kosten für die umfangreiche Sesekerenaturierung die Kostenvorteile auf Grund der ursprünglich günstigen topographischen Verhältnisse überwiegten. Zudem habe man keinen finanziellen Spielraum, um die demographische Entwicklung positiv zu beeinflussen und notwendige Anreize für Neubürger zu schaffen.

 

Herr Kloß vertrat die Auffassung, dass eine 2-stellige Gebührenerhöhung nicht hinnehmbar sei. Da die Anzahl an Personen in den Haushalten zurückgehe, ist seines Erachtens auch beim Niederschlagswasser der Bau kleinerer Leitungen sinnvoller als größere.

 

Herr Jungmann wies darauf hin, dass man für Niederschlagswasserhöhen keine sehr zuverlässigen Prognosen stellen könne und im Falle eines sehr starken Niederschlages die kleineren Anlagen nicht ausreichend seien. Bei der Planung und Errichtung von Abwasserkanälen seien immer die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien einzuhalten. Durch die Notwendigkeit zur Aufnahme von Niederschlagswasser müssten die öffentlichen Abwasseranlagen jedoch weitaus höher dimensioniert werden. Dies verteuere die Herstellungskosten.

 

Auf Nachfrage bestätigte Herr Jungmann, dass zum Transport der Abwässer eine ausreichende Wassermenge mit einer bestimmten Höhe erforderlich sei, da das Kanalnetz der SEK zu ca. 98 % auf dem Prinzip einer “Schwemmkanalisation” beruhe. Eine Reduzierung der Niederschlagswassermengen in die Mischkanalisation würde einen starken Eingriff in den Betrieb der Kanalnetzbewirtschaftung nach sich ziehen. Zur Aufrechterhaltung des Kanalnetzbetriebes müssten dann zusätzlich hohe, kostenintensive Aufwendungen erbracht werden.

 

Abschließend erklärte Herr Jungmann, dass auch für die technische Planung und Durchführung der Kanalbaumaßnahmen die Kostensteigerungen problematisch seien, jedoch die gesetzliche Pflicht zur Aufgabenerfüllung bestehe.