Herr Völkel schilderte die Ergebnisse der Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 16. - 17.11.2006 in Nürnberg. Beschlossen wurden dort Regelungen zur Frage eines dauerhaften Bleiberechts für bislang geduldete ausländische Mitbürger/innen.

Zunächst stellte Herr Völkel vor, wie sich die Anzahl der in Kamen lebenden Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, seit 1990 verändert hat. Aus­gehend von einer, insbesondere durch die Kriege in Bosnien ab Anfang 1992, sehr hohen Anzahl an Asylbegehrenden war hauptsächlich durch den Mitte 1993 in Kraft getretenen Asylkompromiss ein permanentes Absinken der Personenzahl zu verzeichnen. Zum Stichtag 31.12.2006 hielten sich in Kamen 188 Personen auf, die Leistungen nach dem Asylbewerber­leistungsgesetz bezogen haben. Hinsichtlich der Ziele der neuen Bleiberechtsregelung wies Herr Völkel insbesondere darauf hin, dass sich die Vermeidung der Abwanderung in Sozial­leistungssysteme für den betreuten Personenkreis als durchaus problematisch erweisen kann und sich dieses im weiteren Verlauf dieses Berichtes und im Kontext anderer Regelungen noch deutlicher ergeben wird. Anschließend stellte Herr Völkel die Voraussetzungen für eine Aufent­haltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung vor. Die kürzeren Aufenthaltsfristen von Personen mit minderjährigen Kindern, die den Kindergarten oder die Schule besuchen, erklären sich daraus, dass bei dieser Konstellation eine verstärkte Integration der Personen, insbesondere hinsichtlich der sprachlichen Komponente, zu erwarten ist. Hinsichtlich der Voraussetzung, dass ausreichender Wohnraum vorhanden sein muss, stellte Herr Völkel dar, dass auch das Bewohnen eines Asylbewerberheimes als ausreichend anzusehen ist, sofern die erhobene Benutzungsgebühr entrichtet wird. Bezüglich der erforderlichen Sprachkenntnisse wurde zunächst erläutert, dass die Abkürzung GERR für “Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprache” steht und es sich hierbei um ein vom Europarat entwickeltes System zur Beschrei­bung von Fremdsprachkenntnissen handelt. Die hier geforderte Stufe A 2 GERR beinhaltet Sprachkenntnisse, die einfache Gespräche über bekannte Sachverhalte ermöglichen; hierbei ist es nicht einmal erforderlich, dass das Gespräch aktiv gestaltet wird. Im weiteren Verlauf wurde durch Herrn Völkel erläutert, dass es sich bei der Ausnahme bei Alleinerziehenden mit Kindern, denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II nicht zugemutet werden kann, um Personen handelt, bei denen die Ausübung der Arbeit die Erziehung des Kindes oder eines Kindes des Partners gefährden würde. Hierbei sei jedoch zu beachten, dass die Erziehung eines Kindes, welches das dritte Lebensjahr vollendet hat, in der Regel nicht gefährdet ist, soweit die Betreuung in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege im Sinne der Vorschriften des Achten Buches oder auf sonstige Weise sichergestellt ist.

 

Anschließend erläuterte Herr Völkel die zu beachtenden Ausschlussgründe, die der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen. Bei den erstgenannten Ausschlussgründen stellte Herr Völkel dar, dass es sich hierbei um die in der Praxis am häufigsten und für die hier betreuten Personen am problematischsten Gründe handelt. Die vorsätzliche Täuschung über die Identität bzw. Staatsangehörigkeit und die Weigerung in der Vergangenheit, bei der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken, sei der häufigste Grund, warum die Bleiberechtsregelung für die meisten Betreuten keine positive Wirkung zeigen wird. Die am Anfang dargelegten zeitlichen Voraussetzungen werden für viele erst dadurch erreicht, indem falsche Angaben über die Per­son gemacht wurden und somit eine Abschiebung nicht möglich war. Abschließend erläuterte Herr Völkel noch das Antragsverfahren und wies darauf hin, dass eine Übergangsregelung bis zum 30.09.2007 besteht, wonach noch fehlende Integrationskriterien nachgeholt werden können.

 

Zusammenfassend äußerte Herr Völkel die Meinung, dass sich die neue Bleiberechtsregelung hauptsächlich an ausländische Mitbürger und Mitbürgerinnen richtet, die bereits in der Vergan­genheit die Integrationskriterien erfüllt haben und sich somit nicht im Leistungsbezug bei der Stadt Kamen befinden. Es sei daher zum derzeitigen Zeitpunkt auch nicht mit einer signifikanten Entlastung für den städtischen Haushalt zu rechnen. Weiterhin sei als negativ anzumerken, dass, selbst wenn ein Aufenthaltstitel nach der Bleiberechtsregelung erteilt würde, diese auf der Rechtsgrundlage des § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz erfolgen würde. Diese habe zur Konse­quenz, dass bei Eintritt von erneuter Bedürftigkeit, z.B. durch den Verlust des Arbeitsplatzes, nicht ein Leistungsanspruch nach dem SGB II und der damit verbundenen Nutzung der dort vorgesehenen Instrumente erfolgt, sondern erneut ein Leistungsanspruch nach dem Asyl­bewerberleistungsgesetz entsteht.

 

Herr Klemme fragte nach, wie viele Personen von den neuen Regelungen betroffen seien.

 

Herr Völkel erwiderte, dass es sich um 23 Fälle mit 90 Personen handle.

 

Herr Brüggemann wies darauf hin, dass durch die Neuregelung ein erhebliches Stück Rechts­qualität für die betroffenen Personen geschaffen worden sei.

In der Vergangenheit hätten gerade diese geduldeten ausländischen Mitbürger unter einem erheblichen psychischen Druck gestanden, da sie ständig damit rechnen mussten, eine Auf­forderung zur Ausreise zu erhalten

 

(siehe auch beigefügte Anlage)