Herr Steffen erläuterte dem Gremium die Ziele und Möglichkeiten der Regelungen des Behindertengleichstellungsgesetzes NRW anhand seines Folienvortrages.

 

Er machte deutlich, das aufgrund des Förderalismusprinzips neben dem Bundes- auch ein Landesgleichstellungsgesetz notwendig ist, um hierdurch die landesrechtlich notwendigen Regelung abzudecken.

 

Im Mai 2002 wurde das Behindertengleichstellungsgesetz des Bundes verabschiedet mit dem das seit 1994 in Art. 3 Abs. 3 S. 2 Grundgesetz verankerte Benachteiligungsverbot konkretisiert wurde.

 

Im Januar 2004 wurde das Behindertengleichstellungsgesetz des Landes (BGG NRW) verab­schiedet, dass die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung auch auf der Ebene des Landes Nordrhein-Westfalen umsetzen soll.

 

Die Ziele des Gesetzes sind in § 1 BGG NRW geregelt. Demnach soll die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung beseitigt bzw. verhindert werden, ihre gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gewährleistet und ihnen eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht werden.

 

Im Wege von Zielvereinbarungen sollen diese Ziele und Möglichkeiten erreicht und Barriere­freiheit hergestellt werden. Unter Barrierefreiheit versteht man die Auffindbarkeit, die Zugäng­lichkeit und die Nutzbarkeit von Einrichtungen für alle Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe.

 

Die durch die Zielvereinbarung nach dem Behindertengleichstellungsgesetz NRW beabsichtigte Barrierefreiheit bezieht sich nicht nur auf gegenständliche Barrieren, d.h. auf Barrieren für Geh­behinderte, sondern auf jegliche Art der Barriere. So soll die Möglichkeit der Internetinformation für Blinde geschaffen oder Hilfen beim Umgang mit Behörden für Hörgeschädigte durch kosten­freien Einsatz von Gebärdendolmetschern geboten werden.

 

Zielvereinbarungen sind in diesem Zusammenhang ein geeignetes Mittel, Barrierefreiheit in Bereichen zu erlangen, in denen diese in den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften nicht geregelt sind, z.B. bei Altbauten oder der Inneneinrichtung von Gebäuden mit Bestandschutz oder Denkmalschutz.

 

Es sollen hier Möglichkeiten eröffnet werden, flexible und verhältnismäßige Lösungen zu finden.

 

Diese Zielvereinbarungen sind einseitig verpflichtende zivilrechtliche Verträge, wobei eine Über­nahme von Nebenpflichten durch die Behin­dertenverbände möglich, jedoch nicht zwingend erforderlich ist.

 

Bei einer Klage auf Erfüllung der Zielvereinbarung sind die Zivilgerichte zuständig.

 

Als kommunale Vertragsparten kommen die kreisfreien Städte, kreisangehörigen Städte und Gemeinden, Kreise und Verbandsgemeinden in Betracht, jedoch auch deren Unternehmen wie z.B. Sparkassen als Wirtschaftsunternehmen der Gemeinde bzw. deren Verbände wie Land­schaftsverbände, Regionalverbund Ruhr und/oder der Städtetag.

 

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und S BGG NRW berechtigt das Gesetz die (Landes-)Verbände der Behinderten-Selbsthilfe grundsätzlich gegenüber ihren Vertragspartnern einen Anspruch auf Aufnahme von Zielvereinbarungsverhandlungen, nicht jedoch einen Anspruch auf Abschluss von Zielvereinbarungen.

 

Dabei kann Gegenstand der Verhandlung nur der sachliche und räumliche Organisations- und Tätigkeitsbereich sein, für den die kommunale Körperschaft oder deren Unternehmen oder Verband verantwortlich ist.

 

Als Mindestinhalt von Zielvereinbarungen sind die Benennung der Vereinbarungspartner, die Regelungen zum Geltungsbereich und zur Geltungsdauer, die Festlegung von Mindestbedin­gungen und die Festlegung eines Zeitpunktes oder Zeitplans zur Erfüllung der vereinbarten Mindestbedingungen vorgeschrieben.

 

Frau Hartig frage an, in welchem Zusammenhang das Behindertengleichstellungsgesetz NRW zum Antidiskriminierungsgesetz und der dort verankerten Pflicht zur Aufnahme von Behinderten in die Unfallversicherung steht.

 

Herr Steffen führte an, dass er über diese Änderung zwar bereits durch Medieninformation Kenntnis erlangt, dieses Thema jedoch noch nicht so abschließend bearbeitet hat, um hier bereits Ausführungen machen zu können. Das Gremium wird hierüber in der Niederschrift informiert.

 

Das Problem der Versicherungsaufnahme liegt darin, dass chronisch Kranke derzeit nicht in eine Zusatzversicherung bzw. Unfallversicherung aufgenommen werden. Hier besteht lediglich die Pflichtversicherung, die jedoch nicht alle Belange des Versicherten abdeckt.

 

Herr Gödecker wies darauf hin, dass vor dem Hintergrund dieser Problematik auf keinen Fall vorhandene Altverträge gekündigt werden sollten.

 

Zum Stand des Gesetzgebungsverfahrens wird auf die beigefügte Pressemitteilung des BMJ vom 04.05.2006 verwiesen.