Vor dem Einstieg in seinen Folienvortrag erläuterte Herr Wenge, dass zurzeit die Saison der Volkswirte sei, da die Sparkasse jetzt die volkswirtschaftlichen Analysen von den Instituten erhält, mit denen sie zusammen arbeitet, und daneben ein Abgleich mit den in der Fach­presse veröffentlichten Prognosen durchführt wird.

 

Aus diesen Analysen wird eine ‚Hausmeinung‘ definiert, die dann Bestandteil der Geschäfts­politik, z.B. für die Zins- und Produktsteuerung wird.

 

Herr Wenge erläuterte, dass die USA als Importland in dem ISM-Manufactoring-Index (Einkaufsmanager-Index) ein Wachstum aufweisen. Zudem deuten weitere Indizes auf ein aufgehelltes Geschäftsklima in den USA hin. Bei diesen Bewertungen seien die direkten und indirekten Folgen der Wirbelstürme noch nicht enthalten, man rechne jedoch nicht mit nach­haltigen Änderungen.

 

Mittelfristig bestehe keine Rezessionsgefahr, da der hohe Ölpreis bereits verkraftet ist und die Beschäftigtenzahl steigt. Hier sei privater Konsum die wesentliche Konjunkturstütze.

 

Zu dem Zinsniveau in den USA und Deutschland führte Herr Wenge aus, dass der Zins­abstand zwischen den beiden Ländern bei ca. 1,5 - 2,0 % liege. Im nächsten Jahr sei nur ein moderater Zinsanstieg zu erwarten, da die amerikanische Notenbank die erwarteten Zins­erhöhungen bereits vorgenommen habe. Laut Protokollen der FED sieht diese den Zins­erhöhungszyklus derzeit als abgeschlossen an.

 

Aufgrund der schwachen, aber durchaus vorhandenen Konjunktur in Europa in Verbindung mit der Zinspolitik der EZB und auch unter Würdigung des bestehenden Liquiditätsüber­schusses (Spareinlagen der Kunden, die von der Sparkasse auch in festverzinslichen Wert­papieren angelegt werden) wird auch in Deutschland nur ein leichter moderater Zinsanstieg zu erwarten sein.

 

Das Wachstumspotential in Europa ist trotz stimulierender Geldpolitik und guter Auslands­nachfrage eher bescheiden. In Deutschland wird im Jahr 2006 mit einem leichten Anstieg des privaten Konsums gerechnet, dies jedoch nur durch den sogenannten Vorzieheffekt aufgrund der Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2007, in dem dann ein privater Nach­fragerückgang erwartet wird.

 

Der Anstieg der Verbraucherpreise liegt - entgegen dem Ziel der EZB von 2,00 % - derzeit bei 2,5 %, insbesondere verursacht durch den Ölpreis.

 

Gefahren für die Konjunktur drohen durch einen dauerhaft hohen Ölpreis, der nicht nur den privaten Verbraucher direkt, sondern auch das produzierende Gewerbe trifft und damit durch die Umwälzung der Kosten auch wieder den Endverbraucher.

 

Die Aufwärtsrisiken bei der Preisentwicklung sind stärker geworden, sollten jedoch aufgrund der Beruhigung der Ölpreise und der noch immer niedrigen Kernrate der Inflation beherrsch­bar bleiben. Als Gegenmaßnahme erfolgt von der EZB eine Anhebung des Tendersatzes (Refinanzierungssatz für kurzfristige Kredite von Banken/Sparkassen bei der EZB) von 2,0 % auf 2,5 %. Gleichzeitig erfolgt jedoch eine Ankündigung, dass keine Reihe von Zins­erhöhungen geplant sei. In 2006 werden ein, max. 2 Zinsschritte von jeweils 0,25 % erwartet. Aufgrund des somit weiter sehr günstigen Zinsniveaus sollte die derzeitig leichte Konjunktur daher nicht beeinträchtigt werden.

 

Die Anhebung des Tendersatzes bedeutet, dass kurzfristige Kredite (Dispositonskredite und Kassenkredite) teurer werden, da sich der Einkauf für die Kreditinstitute verteuert. Diese Teuerungsrate wird an die Verbraucher weitergegeben.

 

Der Aktienmarkt ist trotz der jüngsten Kurssteigerungen immer noch überwiegend günstig, so dass verzinsliche Titel auch im Jahr 2006 voraussichtlich unattraktiver sein werden als Aktien. Es sollte an dieser Stelle aber weniger über Einzeltitel (Stockpicking), wohl aber über Investmentfonds mit einem hohen Aktienanteil (Risikostreuung) als Beimischung im eigenen Vermögen nachgedacht werden.

 

Inländische Anleger sind mit Blick auf die schleppende Binnenkonjunktur aber auch aufgrund der vor einigen Jahren teilweise schmerzlichen Erfahrungen auf dem Aktienmarkt eher skeptisch, was die Anlage von Vermögen in Aktien betrifft. Dahingegen haben ausländische Anleger aufgrund der niedrigen Bewertung, aber auch aufgrund der strukturellen Verände­rungen am Standort Deutschland die deutschen Aktien wieder entdeckt. Der Aktienmarkt Deutschland wird in ausländischen Anlegermagazinen als der attraktivste in ganz Europa eingeschätzt. Nur allein in den Monaten Mai - Juli 2005 wurden für einen Gegenwert von 72,1 Milliarden € Aktien von ausländischen Anlegern gekauft.

 

Herr Wenge wies darauf hin, dass die Aktie als Anlagealternative wieder zurück ist. Fest­verzinsliche Wertpapiere und auch andere verzinsliche Anlagen sind weiterhin die sicherste Anlage, jedoch bleiben die Zinssätze weiterhin auf einem niedrigen Niveau. Dies bedeutet jedoch letztendlich auch, das bei den Kreditzinsen nicht mit erheblichen Zinserhöhungen gerechnet werden muss.

 

Herr Hunsdiek fragte an, ob es aufgrund der hohen Zahl von ausländischen Aktienanlegern nicht zu einem Ausverkauf der deutschen Wirtschaft komme.

 

Herr Wenge erläuterte, dass es für den deutschen Aktienmarkt gut sei, das er für Ausländer attraktiv ist, da die deutschen Anleger zurzeit keine Aktien kaufen würden.

 

In dem zweiten Teil seines Vortrages stellte Herr Wenge die Ausgangslage in Deutschland  zu der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt unter der besonderen Berücksichtigung der Belange vor.

 

Die Anzahl der Behinderten und pflegebedürftigen Personen wird durch die entstehende Überalterung bei einer insgesamt schrumpfenden Gesellschaft in der Bundesrepublik steigen.

 

Allein bis zum Jahr 2020 ist mit einem Anstieg pflegebedürftiger Personen um rund 50 % (2003: 2,0 Millionen betreute Personen / 2020: 2,9 Millionen betreute Personen) zu rechnen. Im Jahr 2050 wird die Zahl der über 80-jährigen Personen von 3,5 Millionen auf 9,0 Millionen Menschen steigen.

 

Laut Personenbefragungen von 55- bis 75jährigen sind vor dem Hintergrund der möglichst großen Selbständigkeit die Normalwohnung, die Normalwohnung mit Dienstleistungsangebot und der Umbau der bisherigen Wohnung mit Abstand die bevorzugten Wohnformen.

 

Idealerweise sollen die geeigneten Immobilien in der Nähe zu Verwandten und/oder dem bisherigen Wohnort liegen, um die vorhandenen sozialen Kontakte unverändert fortführen zu können.

 

Zwingende Voraussetzung ist daher die behindertengerechte Gestaltung des gemieteten bzw. eigenen Wohnraums (z.B. barrierefreien Zugang, Türbreite, ausreichend große Verkehrsflächen, verbreiterte Treppenhäuser, Aufzug etc.)

 

Beobachtungen der Sparkasse des durch sie finanzierten privaten Wohnungsmarktes zeigt einen generellen Trendwechsel von der früher eher favorisierten ‚Landflucht‘ zum Wohnen in der Stadt, um eine möglichst lange Sicherung der Nahversorgung (Ärzte, Lebensmitte, Kom­munikation) zu erhalten.

 

Ältere Kunden veräußern oder vermieten die zu groß gewordenen Objekte, um in eine kleinere Wohnung zu ziehen, was für die Sparkasse hinsichtlich der Vermittlung von Wohn­eigentum ein sehr interessantes Geschäftsfeld schafft.

 

Bei dem Neubau von Eigenheimen/Eigentumswohnungen ist zu beobachten, das behin­dertengerechtes Wohnen unter dem Aspekt der Vorsorge für das eigene Alter bei den vorliegenden Neubauanträgen ein wichtiges Thema ist, da sich hier viele der notwendigen Voraussetzungen ohne großen Mehraufwand realisieren lassen.

 

Bei dem gewerblichen Wohnungsbau bzw. Bauträgermaßnahmen ist behindertengerechtes Wohnen auch Bestandteil der Beratung durch die Sparkasse, da eine derartige Ausstattung der Wohnung einen Vermarktungsvorteil darstellt. Die Einschätzung eines großen Bedarfes an behindertengerechten Wohnmöglichkeiten in der Zukunft wird von den Initiatoren unein­geschränkt geteilt.

 

Bezüglich laufender Anfragen im Hause führte Herr Wenge aus, dass zurzeit ein Projekt zur Errichtung von Eigentumswohnungen aufgelegt wird, in dem auch ein Pflegedienst bzw. eine Sozialstation als Servicedienstleister eingebunden werden soll.

 

Bei den letzten von der Sparkasse finanzierten Bauträgermaßnahmen sind die Anforde­rungen an das behindertengerechte Wohnen zu großen Teilen umgesetzt worden.

 

Es wird aus Sicht der Sparkasse zukünftig ein verbessertes Angebot auf dem Wohnungs­markt für Behinderte entstehen, da auch Bauherren und Investoren das Thema zu Zwecken der eigenen Altersvorsorge oder aus finanziellen Interessen entdeckt haben.

 

Es besteht die Aussicht, dass die spezifischen Bedürfnisse Behinderter im Bereich des selbständigen Wohnens zukünftig besser berücksichtigt werden können, als dies zurzeit noch der Fall ist.

 

Zum Ende seiner Ausführungen wies Herr Wenge noch darauf hin, dass seit neuestem neben dem Gerät für Rollstuhlfahrer nun auch ein Geldautomat für Sehbehinderte im Gebäude der Sparkasse errichtet worden sei. Die Steuerung des Gerätes erfolgt bei Bedarf mit Hilfe von Kopfhörern, die auch in der Sparkasse geliehen werden können.

 

Frau Borowiak fragte an, ob anhand von Zahlen feststellbar ist, ob dieses Gerät ange­nommen wird.

 

Herr Wenge sagte hierzu, dass eine derartige Erhebung nicht möglich ist.