Bevor Herr Scholz das Interventionskonzept der Kreispolizeibehörde Unna auf der Grund­lage des Gewaltschutzgesetzes vorstellte, gab Frau Grothaus nähere Informationen zur Zusammensetzung und zu den Zielen des Runden Tisches gegen Häusliche Gewalt im Kreis Unna. Die Unterlagen sind der Niederschrift als Anlage beigefügt.

 

Herr Scholz erinnerte an die Einführung des Gewaltschutzgesetzes am 01.01.2002 und wies daraufhin, dass das Gesetz für alle Beteiligten, auch für die Polizei, große Veränderungen mit sich gebracht habe. Eine der wichtigsten Veränderungen sei die Heraushebung der häuslichen Gewalt aus dem privaten Raum. Die Kreispolizeibehörde wurde in dem Zeitraum vom 01.01.2002 bis 01.01.2005 zu insgesamt 881 Einsätzen gerufen, dabei wurden 320 Wohnungsverweisungen ausgesprochen, davon zweimal gegen Frauen. Durch die Gerichte gab es in 46 Fällen zivilrechtliche Anordnungen auf Wohnungsverweisungen. Die Evaluationsergebnisse finden sich in der beigefügten Anlage.

 

Herr Gercek zeigte sich überrascht, dass im Verhältnis zu der Anzahl der Wegweisungen lediglich 46 zivilrechtliche Anordnungen erfolgten. Aufgrund seiner beruflichen Erfahrung habe er diese Zahl höher eingeschätzt.

 

Herr Ebbinghaus nimmt ab 17.30 Uhr an der Sitzung teil.

 

Her Scholz führte weiter aus, dass eine 2003 durchgeführte Opferbefragung ergeben habe, dass ca. 1/3 der Betroffenen Beratungsangebote in Anspruch genommen haben. Ca. 70 % der betroffenen Frauen leben weiterhin mit ihrem Partner zusammen. Nur ca. 2 – 4 % der Fälle werden zur Anzeige gebracht. Auf Grundlage der kriminologischen Dunkelziffer­forschung sei davon auszugehen, dass auf einen bekannt gewordenen Fall schätzungsweise 7 - 15 weitere Fälle kommen. Der Anteil der Migrantinnen an den Opfern von häuslicher Gewalt liegt bei ca. 11 %. Nach Auskunft von Herrn Scholz kommt Gewalt in allen sozialen Schichten und Berufsgruppen vor. Allerdings lasse sich feststellen, dass in den höheren Schichten oftmals nur eine einmalige Information durch die Polizei erfolgt und die Betrof­fenen dann andere Lösungsmöglichkeiten finden, wie therapeutische oder anwaltliche Beratung bis hin zur Scheidung.

Ein besonderer Schwerpunkt des Interventionskonzeptes der Kreispolizeibehörde liegt in der Verhinderung der so genannten “High-Risk-Fälle”. In über 30 % dieser Hochrisikofälle erfolgen im Anschluss an häusliche Gewalt weitere Straftaten bis hin zum Tötungsdelikt innerhalb von 48 Stunden. Bei häuslicher Gewaltanwendung schreitet die Polizei unverzüg­lich ein und führt die entsprechenden Maßnahmen durch.

 

Nach einer Gefährder-Ansprache mit anschließender Gefährder-Analyse wird diese Analyse bewertet und “High-Risk-Fälle” selektiert. Die Opfer dieser Fälle werden mindestens 3 x täglich aufgesucht und bei Bedarf wird Personenschutz angefordert. Parallel dazu führt der Opferschutzbeauftragte die Erstberatung durch. In diesem Zusammenhang wies Herr Scholz darauf hin, dass in der Unnaer Behörde eine 2. Stelle für den Opferschutz eingerichtet werde. Abschließend gab er bekannt, dass das Interventionskonzept der Kreispolizeibehörde Unna als sehr erfolgreich eingestuft werde und laut Innenministerkonferenz als Standard bundesweit Anwendung finden soll. Herr Scholz hob besonders die enge Kooperation mit dem Frauenforum im Kreis Unna e.V. hervor, die ein wichtiger Bestandteil für den Erfolg des Interventionskonzeptes darstellt.