Frau Dolinsky stellte die finanzielle Situation von Wildwasser vor. Vom Kreis Unna erhält die Beratungsstelle über 5 Jahre eine 2/3-Finanzierung in Höhe von 80.000,00 €. Die restlichen Gelder müsse der Verein in Eigenleistung, z. B. über Spenden aufbringen, was aber nicht zu schaffen sei. Deshalb sei nach Beendigung des Vertrages mit dem Kreis Unna zum 31.12.2004 eine Vollfinanzierung notwendig. Sie bat die Mitglieder des Gleichstellungs­beirates, sich hierfür stark zu machen. Frau Dolinsky machte deutlich, dass Wildwasser seit 12 Jahren die einzige Fachberatungsstelle im Kreisgebiet sei, die mit 2 ausgebildeten Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen arbeitet. Zusätzlich haben sie und ihre Kollegin, Frau Teichmann-Wickenhöfer, auch eine heilkundliche Zulassung für Erwachsenentherapie. Weitere Angebote neben der Beratung und Therapie seien z. B. die Prozessbegleitung sowie Fortbildungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in Kindertageseinrichtungen, Schulen und Jugendämtern. Sie wies darauf hin, dass Wildwasser Anlaufstelle für Eltern, betroffene Kinder, Mädchen und Jungen sowie betroffene Frauen sei. Angebote für Täter gebe es nicht.

 

Frau Lungenhausen wies in diesem Zusammenhang auf den Unterschied zum Deutschen Kinderschutzbund hin. Während der Kinderschutzbund auch Angebote für Täter vorhalte, arbeite Wildwasser ausschließlich mit den Opfern von sexueller Gewalt.

 

Frau Gerdes erkundigte sich, ob die Betroffenen freiwillig die Beratungsstelle aufsuchen und ob die Mitarbeiterinnen von sich aus Täter anzeigen, wenn das Vorliegen von sexuellem Missbrauch bekannt sei.

 

Frau Dolinsky gab hierzu an, dass die Betroffenen entweder freiwillig zu ihnen kommen oder von anderen Fachstellen überwiesen werden. Die Entscheidung, Anzeige zu erstatten, liege in der Verantwortung der Betroffenen. Da auch die Betroffene als Zeugin vernommen werde und Aussagen zum sexuellen Missbrauch machen müsse, habe sie auch das alleinige Recht, hierüber zu entscheiden.

 

Auf die Frage von Frau Jung antwortete Frau Dolinsky, dass eine Therapie insgesamt ca. 35 Stunden dauere. Der Zeitrahmen sei abhängig von der einzelnen Person, denn jede Frau habe ihr eigenes Tempo, auch aufgrund der oftmals schwerwiegenden „Begleiterschei­nungen“ wie Bulimie, Boarderline oder schwerste Selbstverletzungen.

 

Frau Bollmann erkundigte sich, wie Kinder mit dieser Situation leben können.

 

Frau Dolinsky erklärte hierzu, dass dies für Kinder eine sehr schwierige Lebenssituation sei, insbesondere dann, wenn keine Therapie angeboten werde. Kinder verdrängen die sexuelle Gewalt über Jahre, was zur Folge hat, dass diese Situation krank mache.

 

Auf die Frage von Frau Hartig bestätigte Frau Dolinsky, dass viele Betroffene bestimmte Verdrängungsmechanismen entwickelt haben, die bis zu einem bestimmten Alter funktio­nieren. Wenn dann ein „Auslöser“ auftrete, kommen die verdrängten Erlebnisse zum Ausbruch. Diese Fälle kommen in der Beratung häufig vor.

 

Frau Gerdes wollte wissen, ob die Täter aus allen sozialen Schichten kommen.

 

Frau Dolinsky bestätigte dies und führte aus, dass die Täter, je intellektueller sie seien, auch umso raffinierter vorgehen. Gerade in Zeiten des Internets erfahre die Pornografie und dabei besonders die Kinderpornografie eine enorme Ausweitung. Nach wie vor müsse man davon ausgehen, dass jedes 4. bis 5. Kind Missbrauchserfahrungen habe. Die Finanzierung von entsprechenden Beratungsstellen sei deshalb aktuell enorm wichtig.

 

Bezogen auf die Ausführungen von Frau Dolinsky fragte Frau Bollmann nach, dass es sehr unverständlich sei, dass die Krankenkassen anfallende Kosten der Therapie nicht über­nehmen. Langfristig sei diese Übernahme doch auch für Krankenkassen sinnvoll.

 

Frau Dolinsky führte hierzu aus, dass diese Bestimmungen von der kassenärztlichen Vereinigung vorgegeben seien. Danach dürfen Krankenkassen nur mit niedergelassenen Therapeutinnen und Therapeuten abrechnen. Obwohl sie selber ins Ärzteregister einge­tragen sei, könne keine Kostenabrechnung erfolgen. Therapeutinnen und Therapeuten haben aber zum Teil Wartezeiten von mehr als einem Jahr. Insbesondere für Kinder seien diese langen Wartezeiten nicht tragbar.

 

Herr Ebbinghaus machte deutlich, dass für ihn eine Verpflichtung seitens der Politik bestehe, Wildwasser weiter zu erhalten.

 

Frau Hartig gab an, dass die SPD-Fraktion den Erhalt der Beratungsstelle unterstützen werde. Sie halte es aber auch für notwendig, sich um andere Alternativen zur Finanzierung zu bemühen, auch wenn die Möglichkeit der Abrechnung über die Krankenkasse nicht zum Tragen komme.