Sitzung: 24.06.2004 Rat der Stadt Kamen
Vorlage: 111/2004
Abstimmungsergebnis: Die Sachanträge wurden einstimmig angenommen.
Herr Hupe wies auf zwei gleichlautende Sachanträge der CDU- sowie der FDP-Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt hin. Der beantragte Beschlussvorschlag laute:
“1. Das Projekt “Saubere Stadt Kamen“ wird über
den 31.12.2004 hinaus vorerst für ein Jahr fortgeführt.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit der GWA und der Abfallberatung Alternativen zu entwickeln, die mittelfristig zu einer Kostenreduzierung des Projektes führen. Dabei soll insbesondere das Ziel verfolgt werden, durch Aufklärung und bewusstseinsbildende Maßnahmen die Abfälle im öffentlichen Bereich zu reduzieren.“
Die Verwaltung habe vorgeschlagen, so Herr Hupe weiter, das bestehende Vertragsverhältnis über den 31.12.2004 hinaus bis auf Weiteres fortzuführen. In der öffentlichen Diskussion sei der Eindruck erweckt worden, als ob in Kamen mit dem Projekt lediglich die Müllbeseitigung finanziert werde. Es werde verkannt, dass die Stadt seit Jahren im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und der bewusstseinsbildenden Maßnahmen tätig sei, z.B. Projekte in Zusammenarbeit mit der Verbraucherberatung, Besuche in Schulen und Kindergärten. Als eine der ersten Städte im Kreis Unna habe Kamen die Ordnungspartnerschaften beschlossen. Zudem sei eine ordnungsbehördliche Verordnung erlassen worden, die in der Vergangenheit auch bereits mehrfach Grundlage für Entscheidungen gewesen sei. Zu der wiederholten Forderung nach Bußgeldern und Verhängung durch entsprechendes Personal machte Herr Hupe deutlich, dass aufgrund der bestehenden Rechtslage bereits jetzt Ordnungswidrigkeiten geahndet werden können und auch würden. So seien im laufenden Jahr nach dem Stand vom 15.06.2004 in 25 Fällen Bußgelder in Höhe von 15 € bis zu 280 € für Verunreinigungsverstöße erhoben worden. In einigen Nachbarstädten existierten zwar Verwarngeldkataloge und es werde teilweise auch Personal eingesetzt, dennoch habe dies aus der unmittelbaren Situation heraus noch zu keinem “Knöllchen“ geführt.
Die Müllmenge von 502 t verdeutliche einerseits die geleistete Arbeit der Projektmitarbeiter, andererseits aber auch, dass eine Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung nicht stattgefunden habe, sagte Frau Scharrenbach. Die Müllmenge von 502 t erhöhe sich zudem noch um den Unrat, der in Reinigungsaktionen von den Bürgerinnen und Bürgern freiwillig gesammelt werde. Die aktuelle Presseberichterstattung über das respektlose Verhalten von Müllsündern unterstreiche ihre Auffassung. In der Gebührenberechnung seien bereits jetzt 388.000 € enthalten. Gemeinsam mit der FDP-Fraktion sei daher beantragt worden, Alternativen zu entwickeln, die mittelfristig zu einer Abfall- und Kostenreduzierung führen werden.
Herr Bremmer begründete den gemeinsamen Antrag mit der aus dem Projekt gezogenen Bilanz, wonach es neben positiven auch negative Effekte gebe. So sei insbesondere der Aufklärungseffekt gescheitert. Bei der Einführung habe seine Fraktion ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Projekt nicht zu einer Gedankenlosigkeit bei Bürgern führen dürfe. Negative Beispiele verdeutlichten, dass das Gegenteil von Aufklärung erreicht worden sei. Seine Fraktion sehe auch das Umfrageergebnis aus dem Jahr 2001 für veraltet und als Entscheidungsgrundlage für nicht geeignet an. Die FDP-Fraktion fordere, den Bürgerwillen durch eine Umfrage auf breiter Basis festzustellen. Die Umfrage sollte die Kosten verdeutlichen und neben der Frage, ob das Projekt generell unterstützt werde auch die Frage enthalten, wie viel die Bürger dafür zu zahlen bereit wären. Daneben sollten unterschiedliche Varianten und evtl. weitere Fördermöglichkeiten des Projektes geprüft werden, um über die Fortführung des Projektes entscheiden zu können. Da das Prüfergebnis abgewartet und dennoch ein Handlungsdruck erzeugt werden solle, werde keine vorläufige Kündigung, sondern die Verlängerung für zunächst ein Jahr vorgeschlagen. Herr Bremmer sprach in diesem Zusammenhang die Rationierung der gelben Säcke an. Die Rationierung sei eine Bevormundung der Bürger und verschärfe zudem das Müllproblem.
Die SPD-Fraktion habe das Projekt von Beginn an positiv begleitet, legte Frau Dyduch dar. Bei der Beschlussfassung sei auch der Gebührenanstieg bekannt gewesen. Nunmehr gehe es um die grundsätzliche Entscheidung, ob das Projekt fortgeführt werden solle. Die GWA habe sich als verlässlicher Partner erwiesen. Die Mitarbeiter des Projektes vermittelten eine ständige optische Präsenz. Es müsse auch gesehen werden, dass mit dem Projekt längerfristige beschäftigungspolitische Effekte verbunden seien. Wie sich der Gebührenanstieg ab 2005 tatsächlich entwickele, sei noch nicht bekannt, da auch andere Faktoren aus dem Bereich der Abfallentsorgung bei der Berechnung zu berücksichtigen seien. Die SPD-Fraktion spreche sich grundsätzlich für die Fortführung des Projektes aus. Frau Dyduch zeigte an Beispielen auf, dass Aufklärungsarbeit im Bereich der Müllentsorgung und -vermeidung geleistet werde. Dennoch sei ihre Fraktion für neue Ideen aufgeschlossen. Abschließend bezog sich Frau Dyduch auf den Sachantrag und bat um Erläuterung, welche Vorstellungen es im Hinblick auf Möglichkeiten für eine Kostenreduzierung gebe, z.B. Personaleinsparung?
Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN stelle fest, dass das Projekt einerseits zu einer sauberen Stadt geführt habe, im Hinblick auf die großen Müllmengen unter dem Gesichtspunkt der Abfallvermeidung jedoch versagt habe, erklärte Herr Kühnapfel. Es gehe nicht um einige Ignoranten. Die ständige Präsenz der GWA-Mitarbeiter verleite natürlich auch dazu, den Müll einfach wegzuwerfen. Vor diesem Effekt habe seine Fraktion von Anfang an gewarnt. Das Projekt sollte fortgeführt, der Schwerpunkt jedoch verlagert werden. Zur Zeit gehe es vorrangig um das Aufsammeln von Müll. Zudem habe das Projekt auch eine große beschäftigungspolitische Bedeutung. Herr Kühnapfel betonte, dass die Abfallberatung sehr gute Arbeit leiste. Dennoch reiche diese Arbeit für wirklich gute Ergebnisse nicht aus. Entscheidend sei daher, den Bereich Aufklärung und Beratung weiter auszubauen. Das Ergebnis der letzten Jahre liege vor, so dass die Entwicklung in Bezug auf Müllmengen genau beobachtet werden könne. Die ordnungsrechtlichen Möglichkeiten sehe seine Fraktion als ausreichend an. In Zusammenarbeit mit der GWA sollte der Schwerpunkt auf Müllvermeidung gesetzt werden. Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN unterstütze den gemeinsamen Sachantrag. Der Erfolg des Projektes messe sich an der Reduzierung der Müllmenge.
Herr Lipinski kritisierte ausdrücklich das Fehlverhalten einiger Müllsünder, insbesondere das respektlose Verhalten in Gegenwart von Mitarbeitern des Projektes. Dennoch dürfe das Einzelverhalten nicht zu einem Rückschluss auf das generelle Verhalten führen. Die ordnungsrechtlichen Bestimmungen seien auch angesichts der Müllmenge seiner Auffassung nach ausreichend.
Herr Eckardt rief in Erinnerung, dass gerade das Vorhandensein von Müll im Stadtgebiet Anlass für die Einführung des Projektes gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, das Projekt jetzt angesichts der größer als erwarteten Müllmenge als gescheitert zu erklären. Im Gegenteil müsse man sich die Frage stellen, wie das Stadtgebiet ohne Einführung des Projektes aussähe. Gerade weil das Umweltbewusstsein nicht bei allen Bürgern vorhanden sei, begrüße er das Projekt.
Bei der Diskussion gehe es nicht um die Frage, sagte Herr Hasler, ob das Projekt gewollt oder nicht gewollt bzw. gut oder nicht gut sei. Das Projekt werde von allen gewollt. Die Arbeit der GWA-Mitarbeiter sei auch unbestritten gut. Es gehe vielmehr um die Frage, ob das Projekt unverändert bis auf Weiteres oder unter Beschlussfassung für einen Prüfauftrag zunächst für 1 Jahr fortgesetzt werden solle. Nach Vorliegen des Prüfergebnisses solle dann neu entschieden werden. Bei reduzierten Müllmengen seien Einsparungen beim Personal möglich, was aber nicht gleichzeitig bedeuten müsse, dass die Mitarbeiter nicht an anderer Stelle einsetzbar wären. Im Jahr 2005 beliefen sich die Kosten bereits auf 462.000 €. Obwohl nur ein Teil der Mitbürger sich nicht an die Regeln hielte, müsse dieser Betrag aber von allen Bürgern aufgebracht werden.
Frau Dyduch sah Konsens in der als gut bewerteten Arbeit im Rahmen des Projektes und in dem Wunsch, das Projekt fortzuführen. Vorbehalte habe die SPD-Fraktion im Hinblick auf die Einführung eines Verwarngeldkataloges und wolle das Ergebnis des Erfahrungsaustausches abwarten. Frau Dyduch unterstrich die Aufgeschlossenheit der SPD-Fraktion für neue Ideen im Bereich der Müllentsorgung und -vermeidung. Eine müllfreie Stadt sei angesichts der Wegwerf-Gesellschaft aber nicht zu erreichen. Der Vertrag beinhalte ohnehin eine jährliche Kündigung. Ihrer Auffassung nach werde eine Kostenreduzierung durch weniger Personal aufgrund des weiterhin bestehenden Bedarfs nicht realisierbar sein. Die SPD-Fraktion könne den Sachanträgen zustimmen.
Die gute Arbeit der GWA-Mitarbeiter im jetzigen Vertragsumfang sei belegbar, stellte Herr Behrens fest. Wenn an Kosteneinsparung durch die Herausnahme von Leistungen gedacht sei, müsse dies auch deutlich gesagt werden.
Für seine Fraktion stehe nicht die Kostenreduzierung an erster Stelle, erklärte Herr Kühnapfel, sondern die Senkung der Müllmengen. Durch einen Ausbau der Abfallberatung verlagerten sich die Kosten in diesen Bereich. Es wäre erfreulich, wenn sich die Stadt Kamen zu einem Vorbild bei der Müllvermeidung entwickeln würde. Herr Kühnapfel begrüßte die Zustimmung der SPD-Fraktion zu den Sachanträgen.
Herr Klein führte aus, dass sich das Bewusstsein in der Bevölkerung durch das Projekt “Saubere Stadt“ gegenteilig entwickelt habe. Der Trend gehe hin zu einem noch größeren Personalbedarf.
Frau Lungenhausen bedauerte, dass die Müllsünder nicht feststellbar seien und hoffte, dass die Aufklärung auch gerade diesen Personenkreis erreichen werde.
Herr Plümpe bat um eine größere Bewusstseinsbildung im Umfeld des Jugendkulturcafes, da gerade hier im Außenbereich starke Verunreinigungen festzustellen seien. Die Aufstellung von Papierkörben mit Aschenbechern schaffe an dieser Stelle vielleicht Abhilfe.
Der Vorwurf dürfe sich nicht nur gegen die Besucher des Jugendkulturcafes richten, stellte Herr Brüggemann richtig, da an diesem Standort auch Weiterbildungseinrichtungen untergebracht seien.
Frau Dyduch sah nicht nur die Verwaltung als aufgefordert an, sich mit Ideen um das Thema Müll einzubringen. Es sei ein Wunschdenken, wenn mittelfristig von weniger Müll und weniger Personalbedarf ausgegangen werde. Frau Dyduch bat um Abstimmung.
Nach kurzer Diskussion über Verfahrensfragen ließ Herr Hupe über die gleichlautenden Sachanträge der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion abstimmen.