Frau Schubert erläuterte die Vorschläge der Hartz-Kommission im Zusammenhang mit der aktuellen Politik und die Folgen für Frauenerwerbstätigkeit. Die Folien sind der Niederschrift als Anlage beigefügt.

Als besonders problematisch schilderte Frau Schubert die Einführung von Bildungs­gutscheinen, da anspruchsberechtigt nur diejenigen Personen sind, die im Leistungsbezug der Arbeitsverwaltungen stehen. Von den arbeitslos gemeldeten Frauen erhalten nur ca. 40 % Leistungen, dazu kommen die Berufsrückkehrerinnen und Sozialhilfeempfängerinnen, die keinen Anspruch auf Qualifizierung haben. Hinzu komme, dass Bildungsgutscheine nur für Maßnahmen ausgegeben werden, die eine 70 %ige Erfolgsquote versprechen. Hier bestehe die Gefahr, dass die Weiterbildungsträger vorrangig Teilnehmerinnen und Teil­nehmer auswählen, die gute Vermittlungschancen haben. "Risikogruppen" wie Alleinerzie­hende, Sozialhilfeempfängerinnen oder Migrantinnen können dadurch leicht durch das Netz rutschen. Maßnahmen, gerade für diese Zielgruppen, werden zurzeit aus Kostengründen nicht finanziert. Beispielhaft nannte Frau Schubert die Qualifizierungsmaßnahme für junge Sozialhilfeempfängerinnen mit Kindern, deren Durchführung an den Sparmaßnahmen der Arbeitsverwaltung gescheitert sei. Auch zugesagte Lehrgänge, z.B. im EDV-Bereich, finden nicht statt, da die finanziellen Zuschüsse der Arbeitsämter fehlen.

 

Frau Splieth gab hierzu zu bedenken, dass es aus Sicht der Arbeitsämter gerechtfertigt sei, diejenigen Personengruppen vorrangig zu berücksichtigen, die auch Versicherungs­leistungen einzahlen. Sie widersprach Frau Schubert dahingehend, dass zurzeit auch Kurse für Frauen angeboten werden, z.B. in den Bereichen "Meditec" und "EDV". Sie räumte ein, dass ca. 300 Plätze weniger als vor einem Jahr in Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung stehen.

Davon seien zu 50 % Frauen betroffen. Sie halte es ebenfalls für erforderlich, mehr zielgruppenspezifische Angebote vorzuhalten.

 

Frau Schubert ging in ihrem weiteren Bericht auf die Einrichtung der JobCenter und der dort zu installierenden "Clearing-Stellen" ein. Für Frauen sei von großer Bedeutung, wie zukünftig der Begriff "Erwerbsfähigkeit" und "Nähe zum Arbeitsmarkt" definiert werde. Wenn "erwerbs­fähig" gleichgesetzt werde mit "voll verfügbar für den 1. Arbeitsmarkt" führe diese Definition dazu, dass Frauen z.B. aufgrund von Familienpflichten als nicht verfügbar gelten und somit als nicht anspruchsberechtigt angesehen werden. Erschwerend hinzu komme die Verschär­fung der Zumutbarkeitskriterien.

Bezogen auf die Tätigkeiten der Personalservice-Agenturen wies Frau Schubert darauf hin, dass hier Leiharbeitsverhältnisse geschaffen werden, deren tarifliche Regelungen unter dem Lohn anderer Tarifgruppen liegen. Die Ausweitung dieser Niedriglohnbeschäftigung stelle zum einen eine Konkurrenz zu regulären Arbeitsverhältnissen dar und zum anderen habe diese Situation geringe Beitragszahlungen in das Sozialversicherungssystem zur Folge.

Die Möglichkeit der Qualifizierung sei in einer PSA kaum gegeben, da hier das vorrangige Interesse die Vermittlung sei.

 

Als letzten Punkt ging Frau Schubert noch kurz auf die Problematik bei den Mini-Jobs und bei der Gründung von Ich-AG´s ein.

Bei der Ich-AG machte sie darauf aufmerksam, dass allein ca. 420,00 € monatlich an Ver­sicherungsbeiträgen aufgebracht werden müssen. Um frühzeitiges Scheitern zu vermeiden, sei für eine Selbständigkeit immer ein gutes Grundkonzept Grundlage gewesen. Mit der neuen Regelung nehme das Risiko einer leichtfertigen Gründung mit den Folgen wie z.B. Verschuldung und familiäre Probleme zu.

Abschließend betonte Frau Schubert die Notwendigkeit der Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Umsetzung des Hartz-Konzeptes, damit auch die Interessen aller Zielgruppen ver­treten seien. Beispielhaft nannte sie die „Job-Konferenz“ in Dortmund.

 

Frau Lenkenhoff merkte an, dass der Rat der Stadt Kamen beschlossen habe, die finan­zielle Beteiligung an der KFF zum 31.12.2003 zu kündigen, mit der Begründung, dass die KFF überflüssig sei, wenn das Hartz-Konzept umgesetzt werde. Nach ihrer Erkenntnis sei das Gegenteil notwendig. Gerade für Frauen birge das neue Gesetz viele Nachteile, so dass die Frauen dringend auf Unterstützung und Hilfe angewiesen seien. Bezogen auf den finan­ziellen Aspekt gehe sie davon aus, dass für die Stadt Kamen sogar ein Spareffekt eintreten könne, wenn mit Hilfe der KFF zwei bis drei Sozialhilfeempfängerinnen unabhängig von der Sozialhilfe leben könnten. Der jährliche Zuschuss in Höhe von ca. 16.000,00 € habe sich dann für die Stadt Kamen schon gelohnt.

Um hier konkrete Zahlen nennen zu können, schlug sie vor, die Verwaltung zu bitten, in der nächsten Sitzung des Gleichstellungsbeirates bekannt zu geben, wie hoch die durchschnitt­lichen monatlichen Leistungen sind, die das Sozialamt für eine Sozialhilfeempfängerin mit Kindern aufbringt.

 

Frau Lungenhausen unterstützte die Bitte von Frau Lenkenhoff, einen Prüfauftrag an die Verwaltung zu erteilen und ergänzte, dass sie es für sinnvoll erachte, vor Ort "Job-Kon­ferenzen" einzurichten, wie sie z.B. in Dortmund durchgeführt werden.

 

Die übrigen Mitglieder schlossen sich der Bitte von Frau Lenkenhoff und Frau Lungenhausen an.

 

Frau Grothaus sagte eine Prüfung der Kosten durch die Verwaltung zu.

 

Frau Jacobsmeier bedankte sich bei den Referentinnen des Arbeitsamtes und der KFF und betonte, dass sich gerade heute gezeigt habe, wie notwendig die Arbeit der KFF sei, die sich immer wieder für Fraueninteressen auf dem Arbeitsmarkt einsetze.

 

Frau Splieth und Frau Ernst-Zmiewski erklärten, dass sie aufgrund der heutigen Anre­gungen Presseinformationen zu den neuen gesetzlichen Regelungen zusammenstellen und veröffentlichen werden.